Ritter
Ritter, m., –s (–n Creuz Gd. 36); uv.; -:
1) ein berittner schwerbewaffneter Krieger, wie sie z. B. im alten Athen, im alten Rom einen eignen vor den gw. Bürgern bevorrechteten Stand bildeten und nam. im Mittelalter sich eigth. gestalteten und ausbildeten. Das Nähere gehört in die historischen Werke, s. auch Orden 2b, ferner 3, 164 über den Gebrauch von R. im 15ten und Anfang des 16ten Jahrh. = Soldat überh., auch zu Fuß und Schiffe, ferner in Bibel mehrfach zur Bez. einer Art vornehmer Krieger bei den Jsraeliten, z. B. 1. 9, 22; 2, 10, 25 etc. (eig. Wagenkämpfer, s. s. v. r). Für den im Mittelalter gw. Gebrauch des Worts und die sich für die Jetztzeit daran schließenden Anwendungen genügen wenige Bsp.: So mögen die R. den Knappen (s. d. 2) beschämen. 64a; Die R. und Edelfrauen. 70b etc.; Die R. des Johanniterordens (s. 1) oder die Johanniter-, Hospitaliter-, Malteser-R.; Nur Spitalbrüder und nicht R. . . Durch diesen Sieg wurden sie hinfüro nicht nur Spitalbrüder, sondern Militares, R.-Brüder genennt. 424a; Daß des R–s Vortheil | Gefahr nicht laufe, spielen sie [die Tempelherren] den Mönch. Nath. 2, 1 etc.; „Verkennst du den Werth eines freien Rittersmanns, der nur abhängt von Gott, seinem Kaiser und sich selbst?“ .. Sind sie denn einen Augenblick vor den ungerechten R–n sicher, die den fürstlichen Unterthan auf allen Straßen anfallen? etc. 35, 27; Ein Bauer ist jederzeit so gut als ein Reiter [s. d. 2] und vielleicht so gut als ein R. 7; 97 Wir sind verloren! R. und Reiter! Sie halten den Zug an. 46 etc.; Gegen die Plaker, wie sie’s nennen, gegen die R. aus dem Stegreif. H. 1, 2, 329 = Raub-, Stegreif-R. etc. Selten (vgl. Amazone und a): Des Ostes R–in. 7, 153. —
a) Fahrende (s. d. 1f) od. irrende (s. d. 1a) R. M. 3, 128; 4, 200; 15, 1 etc.; höhnisch: Kommt, ihr irrende Ritterin! Sh. 6, 369 [you she knight-errant] und z. B.: Wobei sie ihn mit Anspielung auf sein unentschlossenes Wesen in der Liebe [s. g] einen fahrenden und fahrigen R. nannte. Kl. 3, 85; Wie dieser Gedanke den Mann .. zum irrenden R. der cynischen Tugend [s. c] machen konnte. 17, 198 etc. —
b) R. von der traurigen Gestalt, eig.: Don-Quichote (s. d.), dann auch z. B. (s. g): Das war sehr unritterlich, mein R. von der traurigen Gestalt. Pr. 2, 96. —
c) Einen zum R. schlagen, ihn durch den R.-Schlag (s. d.) zum R. machen, in den R.-Stand erheben, auch (s. h): Schlug er eilf neue R. des goldnen Fließes. 796a etc. und übertr. auf Sachl.: Aller böser Tadel und Mal hie zu R. geschlagen und edel wird. 1, 297a etc. —
d) (Ein) R. sein, vergl. ⏑, auch übertr., z. B.: Es muß gelitten und gestritten sein, | wer will im Himmel R. sein. 65 etc.; Daß sie in Sachen des Witzes nur schlechte R. waren. 3, 87, sich nur wenig hervorthaten (vgl.
e) etc.; (Zum) R. werden, auch z. B.: Wer könnt nicht R. werden in solchem Streit? 219 = obsiegen, und nam.: an Einem etc., ihn besiegend sich Ruhm und Ehre erwerben (vergl.: sich die Sporen an ihm verdienen, s. N. 76d), z. B.: Er wurde zum R. an ein paar jungen Schriftstellern, die noch weniger fest standen als er selbst. N. 109; 11, 188; Petit ist der Mann nicht, an dem man mit großen Ehren zum R. werden kann. 6, 325; Wollen sie R. werden an der Unsern Blut, so sollen sie es mit Fahr und Sorgen werden, wie sich’s redlichen R–n gebührt etc. 5, 307a; Da Jedermann wollt R. an mir werden. SW. 26, 54; 3; Ein Jeder, der nicht an Worten zum R. werden will. 6, 70 (vgl. Wortstreit) etc. — e) R., als der mannhafte, tapfre Kämpfer für Etwas, dem er sich gewidmet, wofür er „seine Lanze [s. d. 1] einlegt“ (s. g und h) etc., — auch verallgemeint, z. B.: Gestern hätte ich fast Lust gehabt, als R. für ihn aufzutreten. Tag. 1, 232; Die R. vom Geist. Da sollte mein Erbe, ausgehend von den geistlichen R–n [s. h], den geistigen R–n wieder zufließen. R. 8, 189; Ihr R. der Nachtseite der Natur! M. 1, 433; Er schwärmt sich zum R. der Tugend, zum Rächer der Unschuld. F. 197 etc., s. au. Mond-, Wolken-R. —
f) (s. e) scherzh. od. spöttisch: Jemand in Bezug auf den Beruf, den er treibt: Die hier versammelten | R. des Schreibekieles, | Meister des Zungenspieles. Mak. 1, 43; Die wir R. vom Orden (s. h) der Nacht sind. Sh. 6, 13 etc., s. Ellen-, Glücks-, Industrie-, Kommißbrot-, Nebel-, Pandekten-R. etc. —
g) (s. e) Der R. im Dienst einer Dame, deren Farbe (s. d. 1f) er trägt, für die er seine Lanze im Turnier einlegt etc., dann auch verallgemeint (s. R.-Dienst) von einem der Kourtoisie (s. d.) sich befleißenden Herrn (s. Mond-R.; ritterlich 2: 1, 99): Indem ihr lange schon mein treuer Sinn | nicht mißbehagt und ich ihr R. bin. 1, 304; Von einem Landgeistlichen, der .. mit einer verständigen Frau und ein paar liebenswürdigen Töchtern lebe. Die Gastfreiheit und Anmuth dieses Hauses wird immer dabei höchlich gerühmt. Soviel bedurfte es kaum, um einen jungen R. anzureizen. 21, 266, in welcher Stelle auch die Beziehung auf Abenteurerlust hervortritt etc., s. b. —
h) R., Mitglied eines R.-Ordens (s. oben und Orden 2b) und (s. ebd. 3): Einer, dem ein R.-Orden verliehn ist: Den Großmeister des Ordens [des goldnen Fließes] mit dem versammelten Kapitel der R. 9, 192; Den R–n des Fließes. 822b; Des Hosenbandes R. Sh. 7, 292; Preußischer Kammerherr oder R. vom schwarzen Adler. 3, 23; Der Oberste wünscht sich zum General, | der in der schiefen’Bänder [s. d. II 4] Zahl, | der R. endlich zum Minister. 1, 71 etc. Nach den versch. Orden (s. d.) z. B.: Ein pensionierter Ludwigs-R. 21, 178; E. 1, 33 etc. Hierzu auch bei den (schottischen) Freimaurern R. = Inhaber der höhern Grade, nam. nach dem Tempelherrn-System und burschik.: Mitglied eines nassen Ordens [s. d. 1c]. andrerseits auch (im Ggstz. zu den Knappen) = altes Haus. —
i) in einigen Gegenden noch die Adligen und Rittergutsbesitzer, nam. insofern sie als solche auf den Landtagen einen eignen Stand, die Ritterschaft (s. d. und Laudschaft 2) bilden, meist in Mz., doch z.B. auch: Herr R. (iron.) f. freies 2b etc. — k) in manchen Gegenden der zunächst auf den Schützenkönig Folgende (der den zweitbesten Schuß gethan), s. rittern. — l) R. nicht bloß vor Eigennamen, z. B.: R. Toggenburg. 64b; R. Delorges. 70b etc. und (s. Herr, Anm.) in uv. Genit.: Des R. Taylor. 5, 39 etc., sondern auch vor eigennamenartig gebrauchten Wörtern (höhnisch): Man schalt ihn insgeheim Meister Duns und R. Großbrot. M. 1, 83 etc. — Hieran schließen sich noch folg. Anwend.: 2) Kochk.: Von „armen R–n“, wie man an manchen Orten die Schwarzbrotschnitte zu nennen pflegt, die in einem Teige von Weizenmehl gebacken werden. DFam. 1, 146, vgl. Kochb. 390: „mit Ei und geriebner Semmel panierte und dann in Butter gebratne Scheiben von Milchbrot oder Zwieback mit Zucker bestreut“, — oft wortspielend, z. B.: Berliner Witz: „Wieso kam in der Nacht vor dem Ordensfeste Feuer aus auf dem Schlosse?“ Man hatte zu viel arme R. backen wollen. Tag. 2, 15; Sh. 6, 247 etc. und sprchw.: Arme R. braten 464) oder: in Elendsfett backen = in kümmerlichen, elenden Vhen leben. — 3) Schachsp. = Springer (s. d. und Pferd 2d): Unser gesellschaftliches Leben ist ein Schachspiel. .. Frei sind nur die R. [s. 1i], welche Königen und Bauern über die Köpfe springen. 2, 363; Muthige R. stehn | vor den Thürmen etc. 609); Den R. weiß er zu setzen, den Roche zu ziehen etc. SW. 56, 192; Man trieb mit ihm [dem Grafen] Schachzabelspiel. .. Sein’ R. sah man traurig stehn. | Schachmatt ist ihm gesprochen. 1, 1054³⁶) etc. — 4) weidm.: s. Retter 2. — 5) Zoolog.:
a) eine Art Forelle, Salmo umbla: Jurine hält den R., den Sälbling, den Salmarin, das Röthelein und die Alpenforelle für ein und denselben Fisch. 6, 354 (auch „Rothe Rotte“ etc. ebd.). —
b) eine Zunft spinnenartiger Schmetterlinge: Die Breitflügler oder R., sogenannt, weil viele von ihnen rothe Flecken an der Seite der Brust, wie Ordenssterne tragen. .. Man theilt sie in griechische und trojanische R. 5, 1405; gB. 2, 266 etc., vgl.: Cavalieri (R.), so nennt man hier die Seidenwürmer. A. 2, 145. —
c) Spanischer R., Murex ramosus, Art Stachelschnecke.
Zsstzg. zu 1 (s. d.) und nam. zu 1h (s. d.), nach den versch. Orden (s. d.), ferner z. B. — wonach sich leicht ähnl. bilden lassen —: Ehren- [1g]: bei Hof der Geleiter fürstlicher Damen und danach verallgemeint. — Ellen- [1f]: Ellenreiter (s. d. und Ellenprinz): Die Tuchhändler und die übrigen E. Börne 4, 196; Par. 1, 271; Was? vornehmer Herr? Ein E. ist’s. Höfer V. 126; E. und Ladenschwengel. Jahn V. 75 etc. —
Erb-: Titel mancher frühern Reichs-R. —
Fēē(e)n-: Ritter, wie sie in Feenmärchen vorkommen etc. W. 1, 171., ― Férsen- [1f]: Feigling, der Fersengeld (s. d.) giebt: Der große F. ergriff das Hasenpanier. Luther Br. 5, 273. —
Fínken-: Titel einer den ältern Lügenmärchen entsprechenden Rittergeschichte (s. Kurz 2, 149b ff.) und danach verallgemeint z. B. W. 10, 168 etc. — Glücks- [1f]: dem Glück nachjagender Abenteurer (s. Glücksjäger): G. 31, 294; Ein bloßer Edelmann und G. Sch. 1042a; Der Fall dieses Aufschößlings mag eine Lehre und Warnung für alle ähnlichen G. werden. Tieck NKr. 2, 459; V. Georg. 216; W. 23, 401 etc. —
Hálb-: aus ungleicher Ehe entsprossen. Schm. 3, 164. — Industrīē- [1f]: (frz. chevalier d’industrie) betrügerischer Glücks- R. Scherr Bl. 1, 147. —
Kátzen-: veralt. Bez. eines in Thiergefechten als Kämpfer Auftretenden, s. Schm. 2, 346; bei Spate = Sodomit, vergl. Ketzer 2. — Knēīpen- [1f]: Einer, der tapfer zecht. Jahn M. 302, Sauf-R. — Kommíßbrot- [1f]: verächtl. für Soldat. Sch. 121b. —
Krēūz-: Kreuzherr (s. d.); ein Ritter als Theilnehmer eines Kreuzzuges, auch: Kreuzes-R. Uhland 312 und in neuester Zeit (in Preußen) ein Anhänger der Kreuzzeitungspartei (s. K.-thum). —
Kríppen-: s. Krippenreiter. —
Löffel-: L. . ., diese ritterlichen Räuber, welche geschworen hatten, daß sie die Republik [Genf] „mit Löffeln fressen“ wollten und darum den Löffel als Erkennungszeichen an einem Bande auf der Brust oder am Hute trugen. Hartmann (Volksz. 9, 169), s. Löffel 1. Stumpf; Löffel-Bande, -Garde. — Līēbes- [1f; g]: ein der Liebe Huldigender, Verliebter: Auf ins Gewehr, streitbare L. Tieck Liebeslust 4, 1. —
Mōhren-: maurischer Ritter. Uhland 304. — Mōnd- [1g]: Bez. eines im Mondschein empfindsam schwärmenden Ritters, d. h. Verliebten etc. W. 13, 248. — Nêbel- [1f]: (s. Raub-R.) Wegelagrer, die Nebel und Finsternis lieben etc.: Gauner- und Mordgeschichten, in denen Jack Sheppard’s N. eine so wichtige Rolle spielen. Gartenl. 10, 289a. — Ordens- [1h]: Herrig 30, 352 etc. — Pandékten- [1f]: (s. Heftreiter) B. 478a. —
Rāūb-: wegelagernde sich „aus dem Stegreif nährende“ Ritter, — nam. in den Zeiten des Faustrechts, Stegreif-R. (s. Nebel-R.). —
Rēīchs-: ein reichs- unmittelbarer Ritter. —
Sāūf-: (s. Kneipen-R.). SFranck LastK. 1b. —
Stēgreif-: Raub-R. —
Témpel-: Tempelherr. —
Wólken-: höhnende Bez. eines für Wahngebilde Schwärmenden, z. B. im Munde des Satans für Tugendschwärmer. Klinger Giaf. 242; 254; 256 ff.
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