Faksimile 0766 | Seite 764
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Rinne
I. Rinne, f.; –n; Rinnchen, lein; –n-:
(s. Renne) 1) Etwas mehr oder minder in der Form einer in der Längsrichtung durchschnittnen Röhre:
a) eig. und zunächst als der Weg für eine darin oder hindurch rinnende Flüssigkeit, z. B.: Sie fülleten die R–n, daß sie ihres Vaters Schafe tränken. 2. Mos. 2, 16; Über den Hohlweg .. hatte man eine hölzerne R. geführt, die das nöthige Wasser einer jenseits stehenden oberschlächtigen Mühle zubrachte. G. 25, 5; Georg kommt mit einer Dach-R. .. Wie ich zum Dachfenster hinausstieg und die R. holen wollte 9, 90; Aus dem Regen in die Rinne gefallen. Nicolai 3, 25, s. Traufe; Sah .. ein klares Brünnlein | aus dem Fels fließen in ein Rinnlein. HSachs G. 2, 26; Brausend stürzt der Gießbach herab durch die R. des Felsen. Sch. 77a; R–n: kleine hölzerne Kanäle bei den Poch- und Waschwerken .. das Wasser zuzuführen oder das mit den feingestampften Gesteinen vermengte .. weiterzuführen. . . In diesem letztern Falle heißen sie auch Mehl-R–n, Schlamm-R–n. Scheuchenstuel 194; V. Ländl. 3, 491 v. 330 etc., s. Zsstzg., wofür oft das Grundw. genügt. Dann auch verallgemeint, z. B.:
b) zuw. bildl. für etwas länglich Vertieftes, z. B.: Des breiten Maules R. Nicolai 6, 45; In der Furche tiefen Schlund | versank der Zwingherr todeswund. | Dort grub ihn still der Bauer ein | und schloß des Grabes R. Reithard 204 etc. Bes. aber techn., z. B.:
c) Bauk.: = Rinnleiste (s. d. und Sturz-R.).
d) Tischl., Holzarb.: r–n-förmige Vertiefung, z. B.: Auf des Bogens R. | legt den Pfeil er. Platen 4, 318 etc.
e) Orgelb.: Das Zungenwerk ist aus drei wesentlichen Stücken, der R., der Zunge und dem Stimmdraht zusammengesetzt. Die R. ist eine prismatische oder halbcylindrische Röhre etc. Pouillet 2, 77.
f) auch in vielen andern Fällen, z. B.: Zwei Bälge, die nicht durch ein Windrohr, sondern durch eine oben offene R. in den Grund des Herdes münden. Schmarda 1, 423; Ein Geleise, dessen schmale R–n andeuteten, daß kein Ackerwagen, sondern eine Kalesche sie dem Boden eingedrückt. Schücking 2, 260 etc., so auch oft Anat., z. B.: Sein [des Hüftlochs] oberen Rand ist außen mit einer R. . . versehen. Bock An. 137 etc., vergl. 949: Fossa und nam. Thränen-R. 2) weidm.: Stoßgarn [s. d.] oder Stoß oder Rönne oder R. oder Habichtsstoß: an vier Stangen aufgestelltes Garn, worin eine Taube den Raubvogel anzieht. Laube Br. 291; Döbel 2, 165; 189a etc. 3) s. Riem 11.
Zsstzg. zu 1, ohne Bem. zu 1a s. auch II, z. B.: Áblaß-, Ábzug-: zum Äblassen von Teichen oder sonst von Flüssigkeiten aus einem Behältnis, z. B.: in Salzwerken, Brauereien etc., s. Lang-R.
Bách-: (vgl. Rinnsal, Runs etc.) Gehen Sie dieser B. nach. Kürnberger N. 2, 210.
Blēī-: aus Blei, ähnl.: Zink-, Holz-R.
Dách-: an der Dachtraufe fürs Regenwasser: Processe wegen D–n und Traufgerechtigkeit. Hackländer Wechs. 1, 81 etc., Regen-, Trauf-R.
Féls-: (s. Bach-R.) Ein voller Gletscherbach schäumte in einer tiefen F. hernieder. Scherr Gr. 1, 36.
Flúß-: (s. Bach-R.) Kürnberger N. 2, 191.
Gássen-: Gosse, Rinnstein. Gíft- [1a; f]: z. B. in den Schlangenzähnen. Oken 6, 515.
Hārz-: in einen Harzbaum für das herausrinnende Harz gerissen, Pech-R.
Kêhl-: Dach-R. in einer Dachkehle.
Láng-: Die Soole wird aus dem Soolkasten mittels Hähne, Leitungs- und L–n .. auf diejenige Fläche der Dornwände geleitet etc. Rabe Mekl. (47) 125, vgl.: Abzugs- u. Tröpfel- R.
Mêhl-: s. [1a] Scheuchenstuel.
Péch-: Harz- R.
Rêgen-: Dach-R. Rūder- [3].
Schlámm-: s. [1a] Scheuchenstuel. Schlúnd-[1f]: bei den Wiederkäuern eine Rinne von der Schlund- öffnung bis zur Psaltermündung. Falke 2, 286.
Schóß-: Rinne aus Hohlziegeln zw. dem Dach und den an dessen Seiten herausgehnden Schornsteine für das darin abschießende Regenwasser.
Sēīge-: Daß auf Stadtsunkosten durch die S. Nichts als rother Wein laufen soll. Schlegel Sh. 8, 142, im Urtext: the pissing conduit run.
Sōōl-: Leitungs-R. für die Soole in Salzw.
Stēīn-: Fels-R. Kohl A. 3, 281. Stúrz- [1c]: ein der Rinnleiste ähnl. Glied am Kranz der Gesimse oder am Fuß der Säulenstühle, s. Sulzer 4, 474 Thrǟnen- [1a; f]: Anat.: fossa lacrimalis: Nach soviel Qual und Leiden wollte die künstliche Th. sich nicht bilden. G. 21, 241, vgl. 233.
Trä́nk-: zum Tränken des Viehs. 1. Mos. 30, 38.
Trāūf-: Dach-R.
Tröpfel-: z. B. (Salzw.): Rinne, wodurch die Soole auf die Gradierwände tröpfelt. Karmarsch 2, 464.
Wásser-: Freytag Soll 3, 90. Wêhr- [1f]: (mittelalterl. Bauk.) Lücke in vorgekragtem Erker überm Thor zur Vertheidigung. Brugger 2, 250. Wóllust- [1b]: Etwas, wodurch (wie durch einen Kanal) wollüstige Gefühle in Einen einströmen. Lohenstein Ros. 46 etc.