Faksimile 0757 | Seite 755
Faksimile 0757 | Seite 755
Faksimile 0757 | Seite 755
Faksimile 0757 | Seite 755
Riem Riemen
II. Rīēm, m., –(e)s; –e; –chen, lein; -. ~en, m., –s; uv.:
1) ein langer, schmaler Streif Leder, Etwas damit zu befestigen, zu schnüren, zu binden etc.: Einen Gefangnen etc. mit R–en binden, z. B.: Als er ihn aber mit R–en anband. Ap. 22, 25; Ich löse die Bande, ich mache dich frei; | ich schneide die Stricke, die R–en entzwei. Schmidt-Phis. 63 etc.; R–en des Pferdegeschirrs etc., z. B.: Und die R–e zerrissen. Wer knüpft mir die R–en zusammen? Alexis H. 1, 1, 94; Zog die R–en sogleich durch die schön versilberten Schnallen | und befestigte dann die langen, breiteren Zügel. G. 5, 46 etc.; Des R–ens Schlinge warf er gleich ihm [dem Roß] übern Nacken. Rückert Rost 13b; R–en zum Schnüren von Kleidungsstücken, z. B.: der Schnürleiber (wofür jetzt Schnürbänder gew. sind), der Sandalen, Schuhe etc., dazu sprchw.: Nicht würdig sein, Einem die R–en der Schuhe ( Mark. 1, 7; W. 12, 120 etc., vgl. Platen 7, 93) oder die Schuh-R–en (Joh. 1, 27 u. o.) aufzulösen (vergl.: ihm das Wasser zu reichen etc.), ferner: R–en an einem Beutel etc., oben hindurchgezogen, um durch Zusammenziehn ihn zu schließen, durch Aus- einanderziehn zu öffnen und zugleich als Handhabe: Zog den gestickten ledernen Beutel | an den R–en hervor, worin der Toback ihm verwahrt war. G. 5, 61 etc., dazu sprchw. in Bezug auf den Geldbeutel: Die R–en ziehen müssen; Es geht ihm an die R–en (s. Bind-R., vgl. 7), er muß blechen (s. d.), bluten (s. d. 5) etc.; Zieh den R. und gieb nen Bihm [mundartl. statt Böhm, s. d. 2]. Sprchw. (Bernd 25); Frisch 2, 119b; Simplicissimus 1, 379; Walther Spaz. 3, 616 etc.; ferner z. B.: Aus fremden Leder ist gut R–en schneiden. Sprchw.; Wie schön, wenn Knaben . . | zur Schul’, in R–en eingeschnallt, | mich, alten Knaster tragen. B. 40b, s. Bücher-R.; Die Theile einer Glocke: . .der R–e [womit der Klöpfel in der Glocke befestigt ist]. Garzoni 660a; Goldene Schwerter | hangend an silbernen R–en. Stolberg Jl. 18, 594; V. Il. 18, 598 (s. Faust-R.): Wie mit dem Bohrer ein Mann den Balken des Schiffes | bohrt und Jene von unten herum ihn drehn mit den R–en | fassend an jeglicher Seit’ etc. Od. 9, 385 (Schaidenreißer 38b) etc., s. Zsstzg. Zuweilen auch ohne den Begriff des Befestigens etc., z. B.:
a) sprchw.: An R–en (oder R–chen) lernen die Hunde (s. d. 1a) Leder (s. d. 1) fressen (kauen, nagen), vergl. Lappen 5 etc. und z. B.: Jetzt lernt Herr Omnes .. am R–en nagen. Mathesius Lthr. 129a, der Pöbel fängt bei Kleinem an.
b) zum Prügeln, z. B.: Er hieb sie mit knotigen R–en. B. 61b; Sie zerbläuten einander mit derb einhauenden R–en. V. Th. 22, 108 (s. Koner GR. 1, 248 ff., auch: „Faust-R–en“ ebd.), vergl.: Blei-, Knoten-R.
c) Thierarzn.: s. Leder 3c.
d) s. R–en-Stecher. In einigen Fällen auch von nichtledernen Bändern, sei es daß die Bez. zunächst von ledernen galt (vgl. Schnür-R.) oder verallgemeint und bildl. (s. Zungen-R.), ferner von etwas einem R–en Ahnlichem. Hierzu gehören wohl manche der folg. Anwend., wobei aber auch andre Stämme mit einspielen. 2) Bauk.: R., R–lein, ein kleines Glied in den Verzierungen der Baukunst. Es ist platt und dient vornämlich, zwei größere Glieder von einander abzusondern und dadurch das Glatte, das Runde und Geschweifte zu unterbrechen und etwas zu erheben. Sulzer 4, 106a, s. Überschlag; vgl. 11. 3) Bergb.: der R. (1), woran die Bergeisen des in die Grube fahrenden Bergmanns hangen und: die Gesammtheit dieser Eisen (R–en-Eisen). 4) Botan.: cirrhus, s. Gabel 2d. Krünitz 15, 597. 5) Drahtzieh.: R–en, Draht-R–en, schmale Messingstreifen zum Drahtziehn, s. Regal 5. 6) Fisch.: (niederd.) Ein R–en Lachs, eine geräucherte Lachshälfte, s. 9. 7) Fleischer.: ein etwa parallelipedisch ausgeschnittner Längsstreif Fleisch, z. B.: Ausgekernte (s. d. 1) R–en; Rück-R., längs des Rückgrats (vergl. Rückbengel) und so auch vralt. = Rückgrat (Schm. 3, 87); Vorder-R., aus dem Vorder-, Wurzel-R., aus dem Hinterviertel etc. Hierzu rechnet Schm. auch die sprchw. R. A. (s. 1): Es geht Einem an die R–en, vgl. ans Magre (s. d. 2, doch vgl. Bind-R.). 8) Kartenmach.: die mit der Riemenschere auseinandergeschnittnen Streifen der fertigen Kartenbogen. 9) Naturgesch.: R–chen, ein Fisch, Schmerle (s. d.), vergl. 6; Fisch-R., Band- oder R–en-Wurm im Eingeweide von Fischen (s. Riemer 2). 10) Papiermach.: Ein R–en [Ballen, s. d. 2h] Papier vgl. Ries 1b. 11) Schiff.: die unten blattförmigen Stangen, die, in die Dullen (s. d.) gelegt, als Hebel zur Fortbewegung des Fahrzeugs dienen, unseemännisch Ruder genannt, womit seemänn. speciell das Steuerruder (s. d., vergl. Steuer-R.) bez. wird, s. Bobrik 565: Ruder und R–en. Brant N. 103, 11; Den DeG R–en oder den Rudel. .. Die Breite des Ruders. Eppendorf 38; Der Fischer greift zum R. Freiligrath 1, 21; Ein Schiff mit dem Ruder, R–en und Segeln zu regieren. Gar- zoni 871a; Das Boot .. von vier tüchtigen R–en getrieben. Gerstäcker BlW. 368; 11; Daß die Ruderer . . Raum für ihre R–chen behielten. Äq. 1, 334; Warf den großen R. über Bord. Höfer Leb. 44; Den R–en zu führen verstehn, wie das Handruder. vHorn Maje 1, 117; 122; Die R–en eingelegt! Kinkel 466; Daß sie nach allen ihren Kräften ruderten. Sie . . zogen emsig an den R–en. Schaidenreißer 39b = Anzustrengen die Ruder. .. Sie stürzten sich rasch auf die Ruder. V. Od. 9, 490 etc., s. Ruder-R–en. W. 34, 295 und: Die Sonne .. schien so hell in die Ruderrinnen, | daß sie von fern wie Spiegel schienen. Fischart (Wackern. 2, 148 ¹), s. riemen, riehen, rojen. 12) Wappenk.: Linksbalken (s. Balken 2f). 13) Wasserbauk.: Querhölzer oder Riegel zur Verbindung der Pfähle, Wasserleiste, s. Schm. 3, 37; Brem. Wörterb. 3, 476.
Anm. In Bed. 1 ahd. riumo, mhd. rieme, altsächs. riomo (in Bed. 11 riemo, vgl. lat. remus).
Zsstzg., ohne Bem. zu [1], vergl. die von Band, Gurt etc., z. B.: Bácken-: am Geschirr der Pferde, auf den Hinterbacken liegend.
Bāūch-: um den Bauch geschnallt, s. Bauchgurt; Schmacht-R.
Bequêmlichkeits-: z. B.: im Fonds einer Kutsche schleifenförmig befestigt, einen Arm hindurchzustecken u. bequem darauf ruhen zu lassen. Schlichtkrul LatMag. 7.
Betrīēbs-: auf eine Scheibe (die sog. Riemenscheibe) befestigt für den Betrieb des Werks. Karmarsch 3, 254, vgl.: Daß ein Treib-R–en Dasselbe ist, wie die Schnur an einem Spinnrade. Bucher (Nat.–Zeit. 15, 356).
Bínd(e)-:
1) zum Binden, zu binden dienend, z. B. des Geldbeutels und daher s. [1] sprchw.: Wenn’s an (oder auf) den B–en geht, ist bei ihm Niemand zu Hause. Campe, eig.: wenn’s zum Bezahlen geht, dann allgem.: wenn’s zum Klappen (s. d. 1c) kommt, Ernst wird etc.; An den B–en kommen. Simplicissimus 2, 366; Dann es ihm auch jetzund anfing, an die Bindriemen zu gelangen. Fischart Garg. 172b, ans Magre (s. d. 2) zu gehn, ihn empfindlich zu treffen; Es wird gleich an die Bündriemen gehen. 102b; Schuppius (Wackernagel 3, 744³²); Wir sind nun dem Tugendbund am Bindriemen. König Jer. 1, 199, wir werden ihn für das Verschuldete zu büßen zwingen etc.; Wann es an den Bund-R–en gehet. Philander 2, 228; Paracelsus 1, 218 etc. und so als Bezeichnung Dessen, worauf es wesentlich ankommt: Ich hab allein den Haft, Satz, Jnhalt, Kern und Bund-R–en derselben [den Historien] angezeigt. Franck Chr. 3b.
2) (s. 1) bei den Nadlern ein Riemi, womit die grade zu richtenden Schachte (s. d.) in ein Bündel oder Büschel gebunden werden. Bírsch-: Hetz-, Pirsch-R–en, woran der Schweißhund geführt wird. Laube Br. Blēī- [1b]: mit Bleikugeln versehn: Mit B–en bis auf den Tod geschlagen. Gryphius 1, 479. Brúst-: um die Brust gehnd, nam. am Pferdegeschirr und so übrtr.: Die Gurt-, Brust-, Schwanz- und Sattel-R–en des höfischen, kleinstädtischen und bürgerlichen Lebens. IP. 22, 122. Bücher-: zum Zusammenschnüren der von Schulknaben etc. zu tragenden Bücher dienend. Sch. 106b, s. [1]. B. 4ob. Bǖgel-: woran die Steigbügel hängen, Steig-R. Búnd-: s. Bind-R. Dēīchsel-: wodurch das Pferd an die Deichsel befestigt ist. Dénk-: s. Gebet-R. Drāht-[5]. Fāhr-: womit sich in die Grube fahrende Bergleute an das niederzulassende Seil schnallen. Fálken-: um den Fuß des Jagdfalken. Fāūst-: an der Faust befestigt, z. B. [1b], ferner: Der breite Säbel hing an dem F–en von dem Handgelenk sciner Rechten nieder. Volksz. 10, 77. Físch- [9]. Gebêt-: den Juden beim Gebet dienend (und zwar: Hand- und Kopf-R–en), auch Denk-R–en oder -Zettel (Matth. 23, 5, vgl. 4. Mos. 15, 39). Gúrt-:
1) am Gurt festgeschnallt, s. Bauch- R.
2) nach Nemnich = Hedysarum onobrychis, Wickenklee. Hánd-: s. Faust- und Gebet-R. Hänge-: woran Etwas hängt, nam.: die Riemen worin eine Kutsche hängt. Hāūpt-: ein hauptsächlicher für das Festbinden etc., s. auch Kopf-R. Hêbe-: zum Aufheben von Etwas dienend. Hêtz-: s. Birsch- 95* C R. Kǟkel-: s. Zungen-R. Kárren-: vom Karrenschieber über die Schulter gelegt und an die Karre befestigt. Klausūr-: bei den Buchbind., zur Befestigung der Klausuren (s. d. 2) dienend. Knīē-:
1) lederner Kniegurt. 2) bei den Schustern ein Riem, den zu nähenden Schuh etc. damit übers Knie fest zu spannen (Spann-R.). Klencke Gsp. 1, 67 etc. Knōten- [1b]: vgl. Knotenpeitsche, Knute. Kópf-: nam. des Pferdegeschirrs, s. Gebet-R. Krēūz-: sich kreuzend, nam. am Pferdegeschirr. Kūh-: nach Ade- lung u. Nemnich, am Harz Bez. einer beim Eisenschmelzen als Fluß zugeschlagnen Erzart. Kūtschen-: s. Hänge- und Bequemlichkeits-R. Lêder-. Lénk-: zum Lenken des Zugthiers. V. Ländl. 3, 100. Nǟh-: dünn und sehr schmal, den Sattlern zum Nähen dienend. Pírsch-: s. Birsch-R. Rück- [7]: Speck, das man vom R. abgeschnitten. Landwirthsch. Zeit. (55) 101b. Rūder- [11]. Sáttel-: zur Befestigung des Sattels. Talvj 2, 248; 250 etc., s. Brust-R. Schmácht-: um den Bauch gegürteter Riemen, nam. insofern dadurch der Hunger bewältigt werden soll: Den Sch–en fester schnallen. Kotzebue NSch. 10, 337; Ob sie gleich ihr Wehrgehenke zum Sch–en gebraucht und sich damit so eng gegürtet hatten als möglich. Musäus M. 1, 99; Als die abgedörrten Lenden mir | des Hungers Sch. unbarmherzig gürtete. Prutz W. 65; Den Sch. um den leeren Magen festschnüren. Steffens Malk. 2, 324. Schnūr-: zum Schnüren dienend, s. Schnürband. Schūh-: s. [1]. Schwánz-: am Pferdegeschirr ein Riemen, durch dessen ledernen Ring der Schwanz des Pferdes gesteckt wird. Spánn-: s. Knie-R. Sprúng-:
1) ein unten am Bauchgurt des Pferds befestigter, zw. den Vorderschenkeln durchgezogner und dann am Zaum befestigter, das Pferd am Springen und Schnellen des Kopfs hindernder breiter Riem: [Das Pferd] stieg, daß es ohne Sp–en nicht zu reiten war und sattelte gern ab. Musäus Ph. 1, 60.
2) (s. 1) Schneider.: ein unten an der Hose befestigter Riem, der die angezogne am Stiefel fest hält und ihr In-die-Höhe-Schieben verhindert, auch: Beinkleider ohne Steg-R–en. Kladderadatsch 15, 150, Steig-R., Steg. Stêg-, Stēīg-: s. Bügel-R. und Sprung-R. 2. Stēūer [11]: selten statt Steuerruder. Gerstäcker BlW. 356. Stóck-: Stockband. Strēīch-: ein Riem, nam. Schermesser darauf zu streichen und zu schärfen. Trāg-: woran oder wodurch etwas zu Tragendes befestigt ist. Trēīb-: s. Betriebs-R. Vórder-, Wúrzel- [7]. Zúngen-: s. Band 5d, niederd. Käkel-R. (z. B. Laurenberg 81, s. Schütze Holst. 2, 241): Ihm ist der Z. gut gelöst oder geschnitten, er spricht viel etc.