Faksimile 0746 | Seite 744
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richtbar Richte Richtel richteln
Richt~bar, a.:
1) was gerichtet werden kann, sich richten (s. d. und Zsstzg.) lässt, z. B.: Jedem Winde auf ihn stoßender Meinungen und Rathschläge nach allen Seiten, zu allen Stunden, beweglich und r. L. 8, 374 etc.; Die Pudel sind leicht ab-r. etc. 2) veralt. in Zsstzg.: Ge-r.: Jemandes Jurisdiktion unterworfen. Haltaus 669, dazu: Ge-r–keit, heute gw.: Gerichtsbarkeit (s. d.).
~e, f.; –n:
1) Richtung:
a) zuw. allgm.: Eine Meile in der R. von Göttingen. Cham. 5, 93; Gieb du meinem Weg die R.! G. 4, 5; Wir haben im Allgm. die R. bezeichnet, welche seine Urtheile durchgängig nehmen. Guhrauer Less. 1, 77; Die R. angeben. Jahn M. 307 etc.; Aus der Nähe des Baums zu gehen, weil er leicht in dessen Fall-R. kommen könne. Gutzkow 3, 255 etc.
b) (s. a) häufig: die grade Richtung, der grade Weg als der kürzeste (s. Richt-Steig, -Weg und Gericht 5b), z. B.: Als ich von der Jagd abkam und in die R. zu jagen glaubte. Alexis H. 1, 1, 142; Laß uns hier | durch diesen Tempel in die R. gehen. L. Nath. 5, 6; Nicht über drei Stunden richtiges Fußwegs . ., richtiger Distanz nach zu rechnen, wo man .. die R. wandeln möchte. Stumpf 600b etc.
c) (s. a) oft: die grade, richtige, normale Lage, in der sich Etwas befinden muß: Es hat sich Alles verrückt und der Einzle thut genug, wenn er, was an ihm ist, die Sache wieder in die R. schiebt. Alexis H. 1, 1, 181; Was wir glauben, daß es ganz in der R. sei, mag .. einen kleinen Stoß bekommen haben und der Bau wird schief. 46; Drum kommt nie ’was bei uns in die R. [zurecht]. Dor. 1, Kap. 11; Wenn Alles wieder in der R. Auerbach D. 4, 231; Ich brächt’ es in die R. schon, ich führt’ es doch hinaus. Freiligrath 2, 135; Es geschieht nichts Unvernünftiges, das nicht Verstand oder Zufall wieder in die R. brächten. G. 3, 166; Brachte mich aus der R. 27, 186; Außer Geschick und R. Zelt. 4, 135: Reinh. 249; Die Frage würgte ihn wie eine verschluckte Gräte, er konnte sie nicht in die R. bringen. Kürnberger N. 2, 60 etc.
d) (s. a) zuw.: etwas die Richtung Bestimmendes, als Richtschnur (s. d.) Dienendes: Ein Halt der Schwachen und eine R. der Unentschiedenen. Jahn M. 125.
2) (s. 1) zuw.: etwas Gerichtetes und der Ort desselben, z. B.:
a) Wer .. seiner Schwelle heilige R. .. überschreitet. G. 12, 183, die wagerecht gerichtete Schwelle; Eine R. [Reihe] Häuser. Adelung etc., s. auch Gericht 1.
b) in Zsstzg. z.B.: An-R., s. An-Richt; Ich reiße mir einen Span aus der Holz-R. Höfer Leb. 18, aufgerichteter Holzstoß, s. richten 3 etc.
3) (mund- artl.) Nachgeburt, bes. der Kühe. Schwäb. W. 431 (auch „Verrichtung“); Stalder 2, 273.
~el, n., –s; uv.:
s. Gericht 3b.
~eln, intr. (haben):
kleinlich richten und urtheilen: R–de können’s [das Werk] mit Tadel bestäuben und Lobe. Kl. Od. 2, 69 etc. Zsstzg. (vgl. die von richtern), z. B.: Kunst-r. Merck’s Br. 1, 64 etc. Dazu: Der Richtler; Das Auweh-Geschrei des Sittenrichtlers. Kosegarten Rh. 1, 56 etc.