Rede
II. Rêde, f.; –n:
das Reden (s. d.) mit versch., in einander spielenden Nüancen: 1) (ohne Mz.) zuw.: die Fähigkeit zu reden, vgl. Sprache: Wie der Verstand Erfahrung, so hat Vernunft zu ihrer Sphäre das weite Reich menschlicher Gedanken mittels der R. Er hat die Gabe der R. [Beredsamkeit] in hohem Grade; Seitdem ihn der Schlag gerührt, kann er mit der R. nicht gut fort; Die R. ist ihm vergangen, kehrt wieder etc. — 2) (s. 1) zuw. (o. Mz.) die Art und Weise des Redens, z. B.: Seine R. [,,der Schall seiner Worte“ war wie ein groß Getöne. 10, 6; Eine vernehmliche, — undeutliche R. [Sprache] haben. (vgl. Aus-R. 2); Jch kenne ihn an der R. [Ton der Stimme, Sprache]. Jakob’s R. und Esau’s Hände (Sprchw.). (vgl. 1. 27, 22) etc., häufiger wo bei dem Klang des Organs zugleich der Bezug auf den Inhalt des Gesprochnen (s. 3) mit hervortritt, z. B.: Seines Mundes Lächeln, | seiner Augen Gewalt | und seiner R. | Zauberfluß. 11, 148; 1, 233 (s. u.) etc.; ferner in Bezug auf Stilart und Rhythmus: In der gehobnen R. [Sprache] des Dichters; Gebundne R. (s. binden 4e), in best. Rhythmus, Ggstz.: die ungebundne, schlichte, gewöhnliche R. [Prosa], z. B.: Reime oder Vers machen gute Sentenz oder Sprichwort, die man lieber braucht, denn sonst schlechte [schlichte] R. SW. 56, 305 etc., vgl.: Da wird Lispeln Geschwätz, wird Stottern liebliche R. [s. v.], | solch ein Hymnus verhallt ohne prosodisches Maß. 1, 233 etc. — Gw. aber mit Bezug auf den Inhalt: Das, was geredet, gesprochen wird (3—5) — und zwar: 3) wo es sich um eine Konversation mehrerer mit einander sprechender (zuw. auch: verhandelnder) Pers. handelt (vgl. Unterredung, Gespräch, Wort): Entschuldigen Sie, daß ich Ihnen in die R. [ins Wort] falle und vergessen Sie Ihre R. [Das, was Sie sagen wollten] nicht; Der Dachs nahm jetzo die R. [das Wort]. 5, 126; Die Hand des Todes zertrennte den Faden seiner R. 720b etc.; Von wem | ist denn die R.? [sprechen Sie] 283b; Der in R. [oder in Frage, s. d.] stehnde Ggstd., wovon gesprochen wird, worum es sich handelt; Davon ist ja eben die R. (versch. 5); Von Teufeln ist die Frage nicht, | von Göttern ist allhier die R. 34, 329; Nicht ist von Recht noch von Gericht die R., | hier ist Gewalt. 13, 303; Schon ist | die Red’ nicht mehr davon, den Herzog bloß | bei Ehren zu erhalten. 351b; 418b u. v.; I! Das ist keine R. [Frage]! Das versteht sichvon selbst. Ferd. 1, 199 etc.; Ich werd’ es ihm sagen, wenn die R. [das Gespräch] grade darauf kommt; Ich will suchen, die R. darauf zu bringen; Die Sache muß endlich einmal zur R. [Sprache] kommen oder gebracht werden, besprochen werden etc.; Es kam hernach die R. von den [gw.: auf die] Freistätten. Jt. 1, 100; Ich weiß nicht, wie wir in der R. auf diesen Ggstd. kamen, (ver)fielen); Die R. kam zufällig, fiel auf deinen Vater, wandte sich bald auf andre Personen etc.; Hiervon muß die R. werden. Ästh. 2, 85; Als er menschlicher Undankbarkeit zu Red ward [darauf zu reden kam]. 1, 180; Sie sind also unter einander zu R. worden. 41a, einig; haben es mit ein-, ander verabredet; Endlich wurden sie der R. [vgl.: des Handels] eins, es sollte etc. 3, 67 etc.; Lassen Sie die Kleinigkeit! es ist nicht der R. werth, nicht werth, daß man davon spricht; Das ist meine R. immer gewesen, die von mir ausgesprochne Ansicht; Das hab ich immer gesagt. In Bsp., wie den vorstehnden, wo das Gesprochne kollektiv bez. wird, gilt nur die Ez., bei Ver- einzelung dagegen auch die Mz., vgl.: Er kehrt sich an deine R. nicht, — an die R–n all seiner Verwandten nicht: er thut doch was er will; Als die R–n der Bauernbursche zu derb wurden. R. 2, 28; Die schlüpfrigsten R–n, die buhlerhaftesten Scherze. Samps. 2, 3; Die sich besprachen von Allerhand. . ., Heute nun ergoß sich der R. Brunst | über die Redekunst. .. Wie nun die R–n sprudelten etc. Mak. 1, 43; Wenn gute R–n sie begleiten, | dann fließt die Arbeit munter fort. 77a etc., vgl. 4; Was habt ihr für R–n unter einander? etc. — 4) wo es sich nur von einer redenden Pers. handelt oder von einzelnen — ohne daß eine Konversation statthat (vgl. 3), z. B.:
a) (vgl. 3) von einzelnen (abgerißnen) Außerungen, die man an oder gegen Jemand richtet: Gotteslästerliche R–n [Worte] ausstoßen; Kurzweilige, — verfängliche R–n führen; Einem die losesten R–n anhängen. Luc. 4, 262 etc., so: Hohn-, Schimpf-, Schmäh-R–n ausstoßen; Spott-, Stichel-R–n etc. —
b) (s. c) ein sich an Hörer wendender zusammenhängender Vortrag überh., s.: Gedicht .., eine sinnlich vollkommene R. ..; R. ist Ideenreihe in Worten und Worte sind hörbare Zeichen unserer Gedanken. 4, 111 etc., z. B.: Ihr Weiber Lamech’s, hört meine R. [meinen Spruch, mein Lied] und merket, was ich sage. 1. 4, 23; Die R. gefiel Pharao .. wohl. 41, 37, Das, was Joseph ihm seinen Traum deutend gesagt; Merket auf, ihr Himmel! ich will reden und die Erde höre die R. meines Mundes. Meine Lehre triefe wie der Regen und meine R. fließe wie der Thau! 5, 32, 1 u. v.; so auch bibl. von dem „Wort (s. d.) Gottes“: Höre das Gesetz von seinem Munde und fasse seine R. in dein Herz. 22, 22; Der Herr sprach: Darum, daß sie mein Gesetz verlassen und gehorchen meiner R. nicht. 9, 15 u. o. Ferner auch von schriftl. Aufzeichnungen etc.: Dies sind die R–n des Predigers etc. 1, 1; Die erste R. habe ich zwar gethan, lieber Theophile, von alle Dem, das etc. 1, 1, vgl.: In meiner ersten Schrift habe ich, o Theophilus, von alle Dem erzählt. —
c) (s. b) in engrem Sinn: ein Vortrag, den Jemand nach den Regeln der Kunst (der Redekunst oder Beredsamkeit) hält, damit die Zuhörer — überzeugt oder überredet — das Vorgetragne als geltend und richtig annehmen: Eine R. ausarbeiten, memorieren, — aus dem Stegreif halten; Geistliche, weltliche, akademische, gerichtliche R–n; Eine R. ans Volk halten; Die R–n des Demosthenes gegen den Philipp; Cicero’s R. für sein Haus, für den Ligarius; Die R–n im Parlament für und gegen den Antrag; Eine R. über Etwas (als Ggstd., Inhalt der R.), auf Etwas (das dadurch gefeiert, verherrlicht wird); Seine R. beim Abgang zur Universität (Abgangs-, Abiturienten-R.); beim Antritt seines Amts (Antritts-R.) etc., am Grabe (Grab-, Leichen- R.) etc. Hierzu zahlreiche Zsstzgn (s. d.) nach dem Ort, wo —, nach dem Anlaß, wobei — nach dem Ggstd., worüber die R. gehalten wird, nach dem Jnhalt etc. S. ferner (im Ggstz. zu a): Es war nicht möglich, R–n mit ihr zu halten, es wurden von selbst Gespräche. Luc. 174. — 5) Das, was „die Leute“ reden (vgl.: das Gerede, Gerücht):
a) allgm.: Was ein echter Schulze ist, Der kehrt sich an die R–n der Leute nicht; Es gehn seltsame R–n von ihm; Man hört seltsame R–n über ihn; Es ist die R. davon (versch. 3), daß etc.; Hier im Publikum ist stark die R. davon, daß der Minister abdanken wird; Durch das ganze Dorf hört man die R. gehn: | der kleine Töffel hat den Hadrian geschlagen. 87; Auf hübsche Christendamen so erpicht, | daß einmal gar die R. ging — — nun, nun, | man spricht nicht gern davon. Nath. 4, 5; Schon vor Jahr und Tag ging die R. aus einem 86* Ohr ins andre, Feridun brüte über den Anschlag. 9, 267 etc. —
b) speciell von etwas Nachtheiligem, das von Einem geredet wird, — häufiger: das Gerede, z. B. bei In der R. sein; in die R. kommen; Jemanden in die R. bringen; Ein ehrlicher Mensch kann oft unschuldig in die R. [ins Gerede] kommen. Also hat er meine Tochter nur in die R. bringen wollen. ins Gerede, in der Leute Mäuler etc. — 6) in einigen Fügungen = Rechenschaft, Verantwortung, Antwort, zunächst von Dem, was Jemand auf eine Anklage zu sagen, zu erwidern hat (s. Wider-R.) und danach verallgemeint, z. B. in der Verbind.: Red’ und Antwort (s. d. am Schluß) Einem auf Etwas geben, — Einem stehn, — Einem von Etwas schuldig sein; Bin ich dir von meinem Thun und Lassen Red’ und Antwort schuldig?; So kann ich mir von allen ihren Abweichungen R. und Antwort geben. 6, 415, sie mir erklären; Dir steh ich nicht zur Red’ und Antwort hier. 504b etc.; ferner: Einen (wegen einer Sache) zur R. stellen oder setzen, z. B.: Ich hatte ihn einmal zur R. gestellt und ihm seine Laster vorgeworfen. 28, 67; 33, 298 u. o.; Diese Minister, die dem Volk zur R. stehen. Par. 1, 198; Deutschen Gelehrten, die ihn über Manches befragten, nicht zur R. stehen [Antwort geben] wollen. 30, 30; Frag! ich stehe zur R. Mak. 1, 45 etc. und häufig ohne „zu“: Steh mir R., was ich auch dich früge. 4, 171; In tollem Übermuth forderte man das Gespenst der Revolution heraus und das Gespenst stand R. 2, 210b; [Man hat] auf schlaugefaßte schwere Klagepunkte | mich die Betäubte, Überraschte, flugs | aus dem Gedächtnis R. stehen lassen. 407b; An dem Throne | der Königin sollt ihr mir R. stehn. 432b; Erst rettet mich und dann steh ich euch R. [will ich euch berichten, erzählen]. 517b; Sh. 2, 76 etc.
Anm. S. Rath, Anm. und 3, 460 ff. Veralt. auch uv. Mz.: Die R. des Herrn sind durchläutert. 18, 31; Meine R. sind freundlich den Frommen. 2, 7 etc., vgl.: Weil ihr solche R. triebet. 5, 14 (s. 4a — wo es sich freilich auch als Ez. fassen lässt). Selten Verkl., s. Gegen-, Vor-R.
Zsstzg. zahlreich, nam. zu 4c, was unbez. bleibt, leicht zu mehren und zu verstehn nach den angeführten, vgl. auch die von Predigt und Spate, ferner zu 4a, b die von Wort und zu den mit Vors. die entsprechenden von reden, z. B.: Ab-:
1) [3] ein durch gemeinschaftliche Besprechung und Berathung festgestellter Beschluß, Verabredung, vgl. Unter-R.: Gemeiniglich führen dergl. Innungsabschiede den Namen von Sprachen und A–n. Osn. 1, 20; Wir wollen der Heirath haben ein’ A. 3, 2, 10b; Die Heiraths-A. etc.; (Eine) A. mit Jemand pflegen, treffen, nehmen; Gegen, wider die A.; der A. zuwider handeln etc.; Mit dem Vetter Zimmermann ist schon A. genommen. 6, 321; Er tadelte .., daß sie bei dem Geschäfte gegen die erste A. handelten und doch hatte er in die zweite A. gewilligt. 15, 111; 119; Inwiefern Sie schon sichere A. getroffen. Sch. 103; Soll mein Bedienter Emilien ergreifen . .. und in das Schloß bringen. So ist die A. Gal. 3, 1; Lasst uns (mit den Andern) Abred’ nehmen. 521a; 329b; Sie hatten ihre A. kaum genommen, als etc. 1, 79; Die Sache sah einer A. zu ähnlich, um für einen Zufall gehalten zu werden. 6, 228 etc. —
2) [4a] eine Außerung, wodurch man Etwas von sich abweist, z. B. (veralt.) = Aus-R., Ausflucht. Es. 3, 11b; nam. wodurch man das Statthaben von Etwas abweist, leugnet, z. B. (veralt.): So ist auch ohne A. [Wider-R.; unwidersprechlich] wahr etc. Liv. V etc.; gw. nur abhäng. von in: Etwas (entschieden) in A. nehmen, stellen, ziehn oder auch: sein, z. B.: Nicht in A. sein, daß etc. 22, 74; 31, 395; 39, 63 etc.; 4, 103; 42; 4, 2, 363; Bereds. 203; G. 197; 16, 406; 24, 28; 31, 498; 33, 108; 306; Att. Mus. 3, 2, 330 u. o., zuw. auch (vgl. leugnen) mit pleonast. Verneinung im abhäng. Satz: Ich will nicht in A. sein, daß diese Eigenschaften nicht Etwas beitragen etc. Br. 1, 189 etc. Bei Altern mit abhäng. Genit.: Der Vergleichung .. bin ich nicht in A. Wend. 264a etc. (vgl.: Daß der Thäter . .. keiner Bekenntnis Abred gesein [gewesen]. f. 13, 441), — heute mit Accus., gw. nur der allgem. sächl. Fw.
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