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Rechtigkeit
Réchtigkeit, f.; –en; –s-:
in Zsstzgn., s. Rechtheit, nam.: Ge-:
1) (ohne Mz.) das Abstraktum zu „gerecht“, s. d., worauf sich die Hinweise in [ ] beziehn, doch nur in einigen Bedd., dazu als Ggstz.: Un-G., nam.:
a) [6a] Die (Un-)G. des Kampfs, Kriegs, der Rache; Wenn du selbst an der G. deiner Sache zweifelst oder gar ihre Un- G. einsiehst, wie kannst du da bei dem Glauben an die G. Gottes (c) dich in den Kampf zu stürzen wagen? etc.
b) [6c] Rechtthun, Unsträflichkeit etc., nam. bibl.: Will ich nicht weichen von meiner Frömmigkeit; von meiner G., die ich habe, will ich nicht lassen. Hiob 27, 6; Richte mich, Herr, nach meiner G. und Frömmigkeit! Ps. 7, 9; Mache dich los von deiner Sünde durch G. Dan. 4, 24; Abraham glaubete dem Herrn und Das rechnete er ihm zur G. 1. Mos. 15, 6; 5, 6, 25; 9, 4 ff.; Spr. 15, 9; Tit. 3, 5 u. o. und im prägn. Sinne von Gott, oft = Güte, Milde, Huld, Gnade (versch. c): Errette mich durch deine G. [,,Barmherzigkeit“. Mendels- sohn]. Ps. 71, 2; Die Gnade des Herrn währet von Ewigkeit zu Ewigkeit über Die, so ihn fürchten, und seine G. [,,sein Wohlthun“. Mendelssohn] auf Kindes Kind. 103, 17 (vgl. 10); 36, 11 etc. Ferner zuw. personif. (vrsch. c, obgleich oft nahe daran grenzend): Die fromme Stadt . ., sie war voll Rechts, G. wohnete darinnen, nun aber Mörder. Jes. 1, 21; Daß Güte und Treue einander begegnen, G. (s. c) und Friede sich küssen etc. Ps. 85, 11 etc.
c) [7a und b] Die (Un-)G. des Richters, des Urtheils, der Strafe, der Kritik etc.; Gottes (All-)G., vrsch. b; Der Herr wird den Erdboden richten mit G. Ps. 96, 13 etc.; Wenn wir Recht haben, werden wir G. finden. G. 9, 255; Der den Leuten Recht sprechen soll und vor lauter Recht nicht zur G. kommen kann. 18, 131; Daß nicht der Nutzen | des Staats euch als G. erscheine! Sch. 413a; Sie gestehe dann. daß sie die Macht | allein, nicht die G. geübt. 414a; Was die G. [s. u.: personif. = das Recht] gesprochen, furchtlos, | vor aller Welt wird es die Macht vollziehn. 407b; Hielt er durch gleicher Strenge furchtbare | G. die heftig Brausenden im Zügel. 489b; Was ist G.? Das, welches Allen gleich | sich giebt, entbeut, gelässt hier und im Himmelreich. Silesius 1, 215; Einem, selbst dem Feind, seinem Talent, Charakter G. widerfahren lassen etc.; Die Göttin der G. (s. Themis) und so oft mehr od. minder personif. (vrsch. b): Die G.; Die Diener der G.; Einen der G., dem Schwert, den Händen der G. überliefern; Die G. um Schutz, den Schutz der G. (vgl.: Einen um G.) anflehn; Die G. verletzen, unterdrücken etc.; Es giebt ein Walten der G., s. Nemesis etc.
d) Zsstzg. z. B.: Gottes All-G. (b; c); [Diese Manier mancher Geschichtsschreiber] ist zugleich eine Verletzung der Grenzen-G. (c); denn diese Methode gehört ausschließend und eigenthümlich dem Redner und Dichter; dem Geschichtschreiber bleibt nur die letztere übrig. Sch. 706a; Die Straf-G. (c) des Himmels. 870a, die von ihm im Strafen bewiesene und geübte, versch. 2 etc., nam. aber der Ggstz.: un-G., mit Mz. da (s. I recht Anm. und Rechtlichkeit), die Norm und Richtschnur nur eine ist, der Abweichungen davon viele im Sinne von ungerechten Handlungen, z. B.: Sich Sünden und Un- G–en (b) zu Schulden kommen; Die Un-G–en (c) des Richters, der Kritik; Viele Un-G–en (b; c) begehn etc., s. ferner die Bsp. in a, b, c und z. B. zu b: Es trete ab von der Un-G. [,,vom Laster“. Eß], wer den Namen Christi nennet. 2. Tim. 2, 19; Daß er [Christus] uns erlösete von aller Un-G. [,,Sünde“. Eß]. Tit. 2, 14 etc. und personif.: Also behielt Un-G. das Feld und ward die Wahrheit auf den Straßen niedergeschlagen. Luther 6, 323b etc.
e) in den übrigen Bedd. des Ew. gerecht ist das abstr. Hw. G. unüblich und hier gilt das in den oben angeführten : Bedd. im Allgm. unübliche Gerechtheit (z. B. in Bed. b: Deine Gerechtheit wird er bringen zu Gesicht | als hellen Tag. Melissus, Wackern. 2, 126³), so namentl. in Zsstzgn., s. die von gerecht, vgl. z. B.: Die Bühnengerechtheit eines Dramas, die Eigenschaft, daß es bühnengerecht ist, und: Im Leben herrscht nicht immer die Bühnen-G. (c, die auf der Bühne waltende), oft trägt der Böse hier den Sieg davon etc.; Die Fährten- (Forst-, Hirsch-, Holz-, Hunde-) Gerechtheit des Jägers; Die Kampf- (Kriegs-, Schlacht-) Gerechtheit der Waffen; Die Sattelgerechtheit des Reiter; Die Kunst-, Schulgerechtheit des Ausdrucks; Die Zunftgerechtheit des Meisterstücks, versch. (2) Zunft-G. etc.
2) die einer (wirkl. oder s. g. moralischen) Pers. zukommende, nam. die ihr verliehene Berechtigung zu Etwas, bes. insofern Dies ein Vorrecht (Privileg) ist, vgl. Gerechtsame, z. B.: Pergamente und Briefe von uralten Stiftungen, Kontrakten und G–en. G. 9, 165; Ein Eingriff in meine G.; Jemandes G. schmälern; Einem Ort die G. einer Stadt Stadt- G. (vgl.
3) verleihen; Dem Ort die G. ertheilen, einen Markt, eine Messe zu halten, Markt-, Meß-G. etc.; Alters-G. im Bergb., s. Alters-Recht; Dies Haus hat Back- und Brau-G.; Euch der Theilung des Plaggenmatts nach Erbes-G. zu widersetzen. Möser Ph. 3, 219; Einen Theil seiner Fischerei-G. dem Nachbar abtreten; Ich komme, Gast-G. zu flehn. G. 6, 289, gw. Gast- recht, weil es jedem Gast gebührt, nicht einem vor andern; Die Hut- (oder Trift-, Weide-) G.; Jagd-G.; Eingriffe in seine Koppeljagd-G. des Federwildbrets. IP. 48, 121; Eine Schild- (oder Wappen-) G. ertheilen oder abschlagen. Börne 3, 317; Uns Tyrannen ist die Straf-G. (vrsch. 1c) um so unentbehrlicher. W. Luc. 6, 312; Processe wegen Dachrinnen und Trauf-G. Hack- 86 länder Wechs. 1, 81; Streitet um eine Wege-G. RHeller Ausgw. Erz. 3, 94; Zunft-G., s. 1e etc., s. Zsstzg. von Recht. 3) zuw. auch: das Ortsgebiet, soweit sich eine G. (2) erstreckt, z. B.: Alle in der G. dieser Bannmühle liegenden Ortschaften; In der Stadt-, Mark-G. gelegen (versch. 2) etc.