Rauch
II. Rāūch, m., –es; (–e, Räuche); Räuchlein; -:
1) das von etwas Brennendem sichtbar aufsteigende Gemenge von sich entwickelnden Gasen und nicht zur vollständigen Verbrennung gelangten Theilen (vergl. Dampf, Dunst, Nebel, Qualm, Schmauch und s. 4), z. B.: Ein R. geht, steigt, wallt, wirbelt auf etc., steigt kerzengrade in die Höhe etc.; Die Säule des R–s; Dicker R.; R. und Dampf 22, 30 etc.), R. und Qualm 5, 96; 13, 47 etc.); R. aus dem Ofen, aus dem Schornstein, aus der Tabackspfeife; Der R. des Opfers, des Räuchwerks, des Schießpulvers, der Geschütze, des Kohlenmeilers etc.; Vom R. schwarz, geschwärzt, angelaufen oder blind (s. d. 2c); Der R. beißt in die Augen, macht die Augen thränen etc.; Fleisch, Schinken, Spickgans, Wurst in den R. [vgl. R.- Fang und 2] hängen; Das Essen schmeckt nach R.; In R. (und Flammen) aufgehn, auffliegen, verbrennen (s. 5) etc.; Wo R. ist, ist auch Feuer. Sprchw. etc. (s. 4924— 4932); Die Sorgen fliehn davor, wie Bienen vor dem R. D. 146 (s. ausräuchern); In Wirbeln wallt der R. auf. 3, 313; Der irrend zwar und träumend oft den R. | für Flamme hielt. 4, 22 [den trüben Dunst für helle Wahrheit etc.]; That gewaltige Züge voll R. [aus der Pfeife]. 3, 246; Die halbe Stadt steht in der schrecklichsten Feuersbrunst, noch ehe die Polizei R. gemekt hat. 11, 79; Sehnsuchtsvoll, nur den R. von fern aufsteigen zu sehen | seines Lands. Od. 1, 58; 9, 167 etc. —
a) Bsp. der Verkl.: Ein Räuchlein kräuselt eben in die Lüfte. 2, 667; SW. 60, 320 etc.; Wo ein blaues Räuchel aufging [wo nur ein Schornstein rauchte], waren sie zu finden. Vog. 1, 263; 327 etc. —
b) Mz.: Der R.? von welchem Holz? . . Von allen Räuchen der herbeste. Ar. 1, 325 etc. (s. 2). — 2) zuw. ein zu best. Zweck bereiteter R. (s. 1 und räuchern) und die zu diesem Zweck zu entzündende Masse, z. B.: Vom Fasanen-R–e. .. Dieweil es .. ein Geheimnis ist, die Fasanen also mit dem R–e zu ergötzen, so will ich noch mehrere Räuche [s. 1b] anführen. 1, 139a etc.; Die bösen Geister ausgetrieben mit Kräutern, Rauchen und allerhand Medicinen. 340b etc., s. Fluß-, Weih-R. etc. Auch übertr., z. B.: Das span’sche Weißfähnlein macht auch | den Fröschen einen bösen R. Fr. 614; Herzog Guntram, der auch K. Sigibert’s Partei war, richtet K. Hilfrichen auch ein R. in die Nasen. 211a, vgl. 3, 13: Von vergiften Räuchen und Dämpfen [die man unter die Feinde schießt]; Einem den Dampf (s. d. 2) anthun und Anm. — 3) Hüttenw.: der R., insofern er sich im R.-Fang etc. ansetzt: Den giftigen R. solcher [Arsenik-]Erze zu Nutze zu bringen. 471b, nam. in Zsstzg., s. Hütten-, Zechen-, Blei-R. etc. — 4) zuw. auch von etwas dem R. (1) ähnlich Erscheinendem (s. nam. rauchen = dampfen, auch in Fällen, wo nach allgm hochd. Gebrauch das Hw. nicht üblich ist), z. B. von aufsteigenden Nebel, s. 3, 13 (2): Der R. (Nebel), der den Reisenden blind macht, stieg von der Etsch auf. Vog. 1, 222 etc. (s. Wasser-, Wald-, Berg-, Haar-R. etc.); ferner (vergl. Qualm, Dunst): Die tief, in Thales Dampf und Rauch, | behaglich meinen, sie lebten auch. 11, 51, im Ggstz. zur reinen, freien Bergluft]; Der Wälder R. | und Dämpfehauch | steigt auf. Lied. 157; Es war um die Zeit der Roggenblüthe; der R. ging: von den Ähren und wallte in den warmen Sommerlüften, ein Opfer der Scholle. M. 1, 295; Im grünlichen R–e der Ähren. 3, 14 etc.; Ähren-R., vergl. Ähren-, Halmenmeer und Wolf. — 5) Als Vergleich und danach gradezu als Bild des leicht Verfliegenden und Verwehnden, des Nichtigen (vgl. Dunst 1b): Wie ein R. vergehn 37, 20; 102, 4 etc.), verweht oder verwebt 5, 15) werden; In R. aufgehn etc.; Etwas in R. aufgehn [verfliegen] lassen etc.; Das Schnauben in unsrer N–n [unser Lebensathem] ist ein R. 2, 2; Es ist Alles Schall, Schaum, R. Narc. 40; Wo Jener Stolz zu R. geworden. 4, 75; 100; Meine schönen Studien .. gingen mir alle im R. fort. 28, 81; 354; Was ging nicht Alles durch diese Anerkennung in Dunst und R. auf! 39, 106 etc.; [Die Ehre] hat selbst Könige zu Gästen, | allein mit R–e speiset sie. 11; Daß sich . . der Thron in R. verkehrt. 219; R. ist alles ird’sche Wesen! 54a; Daß ich selber nur Schatte und R. sei. N. 6, 203; Was Kluge — R. und Narren — Ehre nennen. 1, 44; Du glänzend Nichts! o R. der Ehre! 2, 44; Soll denn in R. aufgehen der Rath und die Sorge der Männer? Il. 2, 340 etc. — Hierzu auch wohl die (im niederd. übliche) volksth. RA.: Hinter Einem steigt ein R. auf oder: es raucht hinter ihm, (ihm raucht der Kopf. 3, 517; 518) = er flunkert, lügt, vgl.: Blauer (s. d. 12) Dunst etc. — 6) in einigen Gegenden = R.-Fang, Feuerstätte, Herd (s. d. 1a), Haushalt: Eigenen R. haben. 3, 12; Mz. R–e. Daher auch als Maß der Abgaben nach der Größe des Haushalts: Ein Edelmann bezahlt vier R–e, ein Anspanner zwei und ein Kothsasse einen. vgl. R.-Huhn 1.
Anm. Ahd. rouh, mhd. rouch, von riechen, ahd. riuhhan, mhd. riechen, zunächst: ausdünsten, rauchen, noch mundartl. (s. 3, 17) wie umgekehrt R. (zu riechen in der jetzigen hochd. Bed.) = Geruch (13 und Br. 388b), vgl. 2 und hebr. f riechen, ī hauchen.
Zsstzg. leicht zu mehren nach den folg., s. Spate, z. B.: Āhren- [4]. ― Álp-: s. Erd-R. — Bérg- [4]: Spate, vgl. Wald-R. — Bīēnen- [2]: zum Ausräuchern der Bienen. — Blēī- [3]: ein beim Rösten des Bleiglanzes sich bildender weißer Anflug, als Malerfarbe und Weißschminke benutzt. — Ehren- [5]: Wenn Dem der E. entsteckt die Phantasie. Gryphius Fr. 551, wenn das nichtige Phantom der Ehre seine Phantasie entzündet. —
Erd-: eine Gattung Pflanzen, Fumaria (gr. πνóς, nach Dioscorides so, weil der Saft die Augen thränen macht): Die E–e . . . Der Heil-E., P. olficinalis. Oken 3, 1414 (nach Nemnich etc. auch: Alp-, Feld-Rauch oder -Raute etc.), bei Adelung etc. neutr.: Des E–s Purpurstrauß. Salis 103; Jm brachen Feld | hat Lülch und Schierling und das geile E. | sich eingenistet. Schlegel Sh. 7, 174; Bekränzt mit rankem E. V. Sh. 3, 269 etc., versch.: Geläutert fühl’ ich mich vom Erden-R–e [4]. Rückert 1, 180, vom Dunst des Irdischen etc. — Fasānen- [2]. —
Féld-: s. Erd-R. —
Flúß-:
1) [2] ein Mittel zum Räuchern der an rheumatischen Schmerzen leidenden Glieder. — 2) [4]. — Hāār- [4]: eine Art dicken Nebels (s. haarig 2), eig. der vom Wind herbeigewehte Qualm aus den Bränden in den Moor- und Heidegegenden: Des gelben H–s dunstig Nebeltuch | umweht als Decke flatternd seine [Westfalen’s] Flanken. Garb. 34; Ein brenzlichter Geruch schwebte in der Luft .. Es giebt heute H. M. 3, 191; 299; 4, 32 etc. Andre Bez. für dasselbe oder ähnl. Phänomene: Der durch den Brand [des Torflands] erzeugte dicke schwere Rauch verpestet dem Oldenburger seinen Frühling. Vom Winde in das mittlere und südliche Deutschland geführt, figuriert er dort als Höhen- oder Heer-R. 3, 26; Daß so viele Leute noch immer nicht an dieses ferne Ziehen des Moor-R–es glauben wollen, sondern Allerlei von zersetzten Gewittern und Höhen-R. fabeln. Sch. 3, 450 etc.; Als hätt’ ich die Welt gesehen | durch Höh-R. oder durch farbig Glas. Pol. 2, 35; Es war ein ganz reiner Himmel, kein Wölkchen, nur am Horizont eine Art Höhe-R. 23, 121; 37; 40, 249; 344; Beim Heer-R. 37, 60; Wundersame nicht durch vulkanische Asche oder Höhe-R. (Moor-R.) erklärbare Verfinsterungen der Sonnenscheibe. K. 1, 137; Die Sonne schaut durch Höhen-R. 366; Die ersten Regungen in einer zarten Seele | sind keine Wolken nicht, nur leichter Häge-R. Soph. 31 v. 369; Die Donnerwolke zerfloß in einen sanften Heide-R. M. 2, 28 etc.; vgl.: „Hai-R. (oder -Nebel, -Dampf) = trockner Nebel in der Atmosphäre zur Sommerzeit). 2, 127 und übertr.: Mich aus dem theologischen Heer-R. ganz herauszuziehen. 6, 85. Dazu z. B.: Mit einem höhrauchigen Gasflor überdeckt. 15, 273; hairauchig. etc. — Hütten-:
1) [1] der aus einer Hütte aufsteigende Rauch: In dieser dringenden Noth | kein H. von fern, kein hilfewinkend Boot! N. 2, 144 etc. —
2) [3] in Schmelzhütten sich niederschlagender Rauch, z. B.: An den kälteren Krusten sich wie ein H. anzusetzen. EE. 297, bei vom (weißen oder grauen) Nicht (s. d. I), namentl. aber vom Giftmehl (s. d.); Welcher ihr lieber Hauswirth im H. (wie manchem Schmelzer widerfähret) umkommen war. 3, 427⁶), s. 471b; 1, 480b, vgl. ebenso 2, 466c Zechen-R. — Kīēn- [3]: veralt. statt Kienruß. — Küchen- [1]. — Mōhren- [1]: veralt. vom Taback: Der theure M. belief den ganzen Saal. 7, 83. — Mōōr-: s. Haar-R. — Nêbel- [4]: Pfiff .. | ein Weihe hoch im N. 2, 605); Verdichtet schwankt der N. und wächst | und webt, er webt undeutliche Gestalten. 10, 243 etc. — Öfen- [1]. — Opfer- [1]:. Daß die Götter durch .. O. bewogen werden können, den Sündern zu verzeihen. 24, 54; 2, 217 etc. — Péch- [1]. — Púlver- [1]: N. 2, 103 etc. — Stūben-: Ofen-R. — Tabáck- [1]. — Wáld-:
1) [4] vgl. Heide-R. etc.: Ein W. um die Welt sich ziehet. 1, 157. —
2) das zum Räucherwerk gebrauchte Harz aus den Haufen der Holzameisen, s. 5, 902. —
3) Name einer stark duftenden, den Wald gleichsam durchräuchernden Pflanze, Adoxa moschatellina (s. Waldmeister 2) — Wásser- [4]: Und spritzet W., so [welcher] platschet im Vergehn. 1004. — Wēīh- [2]:
1) ein wohlduftender Rauch zu geweihetem (gottesdienstlichem) Gebrauch und die dazu dienenden Stoffe (Harze): Bringen .. Speisopfer und W. zum Hause des Herrn. 17, 26 u. v.; W. ist nur ein Tribut für Götter. 2, 217; Willst du W–s Geruch erregen, | feurige Kohlen musst unterlegen. 3, 89; Der Mann mit dem Rauchfaß .. erfüllte den Versammlungsort mit einer Wolke von W. 16, 192; Daß ich nicht in der Schar | der Wesen bin, die wir mit W. nähren [der Todten]. 12, 239 etc., vgl.: Die glatte W.-Spille, Boswellia glabra, .. schwitzt das wohlriechendste Harz aus, welches als W. .. verwendet wird. 3, 1762 etc.; ferner: Aus der Rinde dieses Baumes (Storax officinalis) .. fließt der harzige Saft, welcher eingetrocknet in den Apotheken unter dem Namen Storax oder Juden-W. seit den ältesten Zeiten gehalten wird. 929; Bauern- oder Dorf-W., Fichtenharz zum Räuchern etc. —
2) (s. 1) Einem W. opfern, streuen etc., ihn hoch ehren, lobpreisend verherrlichen: Wäret ihr .. mit weltlichem und geistlichem W. umnebelt worden. 174; Er wird Triumphe ernten und bald von dem W. der Parteigunst so betäubt sein, daß etc. R. 6, 45; Uns am Busen ruhn Kosacken | und im W. steht der Zar. 6, 9 etc. —
3) (s. 1) Wohlduft etc.: Die Birken streun mit Neigen | ihr den süßen W. auf. 1, 38; Der W., der dir aus tausend Blumenkelchen | von der befruchteten Erde zuwallt. A. 11, 118 etc.; Blumen-W. wirbelt in die Lüfte | von seinem [des Bergs] Haupt. Fahr. 4, 22 etc. —
4) (s. 3) Bez. für Muskatellertraube, z. B.: Blauer, rother, schwarzer, weißer W. 642 etc. —
5) Fortbild. zu 1 und 2: In der Kirche weihräuchern und iron. z. B.: Er legte dort ein Räucherwerk [scheißend ein Häufchen] hin .. Wie ich vor allen drei Altären geweihräuchert. Bild. 1, 242 etc.; Daß man des S. Gregorii Drachen .. ebensowohl anbetet und beweihraucht [2] als die Heiligen selbst. B. 155a; Sich beweihrauchen lassen. Bürg. 350 etc.; In der Akademie ward er beweihräuchert. Bl. 1, 257;, Zu Beweihräucherern seiner Majestät. 17; Zu gegenseitiger Beweihräucherung. 14, 579 etc.; Scheiterhaufen, | den der Aloe Gedüft umweihraucht (1). 4, 285 etc. — Wēīß-: eine Pflanze, Achillea clavennae, Jochraute. — Wírbel- [1]: wirbelnder Rauch. — Zāūber- [1; 2]: zu Zaubereien dienend. — Zéchen-: s. Hütten-R., nach lung = Schwefelkies.
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