Faksimile 0630 | Seite 628
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Rachen
Ráchen, m., –s; uv.; -:
1) ,„der obere hinter der Mundhöhle liegende Theil des Schlundkopfs“ (Bock An. 803; Diagn. 392). 2) = Mundhöhle, z. B.: So müsse mir die Zung’ am R. kleben. Opitz Ps. 137, 6 [,,am Gaumen.“ Luther]; Mir klebt die Zung’ am R. W. 12, 162 etc. Bei Pferden: Den R. stechen = Kern (s. d. 19c). 3) Schlund (s. d.), Mund, bes. ein zu gierigem Verschlingen weit geöffneter u. nam. oft ein Einem drohend entgegengähnender:
a) von großen Raubthieren etc.: Erlöset aus des Löwen R. 2. Tim. 4, 17; Dan. 6, 22 etc.; Der Drachen | umschuppte feuerspeinde R. G. 12, 45; Sah . . er einen Drachen | aufgähnen mit entsperrtem R. | ... Es ist der Drach’ im Brunnengrund | des Todes aufgesperrter Schlund (s. c). Rückert 1, 68 ff.; Rost. 67a; Sch. 66a; Dem Wolf das Lamm aus dem R. reißen; Des Tigers R. etc.
b) von Pers. etc. gw. nur, insofern sie Etwas verschlingen, und verächtl. (vgl. Maul etc.): Ihren R. sperren sie auf wider mich [mich zu verschlingen] wie ein brüllender und reißender Löwe (a). Ps. 22, 14; Ihr R. ist ein offnes Grab (s. c). 5, 10; Wenn du bei eines reichen Mannes Tische sitzest, so sperre deinen R. nicht auf [gierig]. Sir. 31, 12; Ich habe aus seinem [des Götzen] R. gerissen, das er verschlungen hatte. Jer. 51, 44; Sollte ich einem andern Wirthe so einen Verdienst muthwillig in den R. jagen? L. 1, 512; Wir können nicht den zehnten Theil Gott zu Ehren geben, so wir zuvor dem Teufel in R. verschüttet haben. Luther 5, 410b; Rabner 3, 37; Laß dich von den Ambrosiadüften [iron.] begraben, die aus seinem R. dampfen. Sch. 111b; Er lügt’s in seinen R. [s. Hals]. W. 15, 110 etc., auch euphemist. = Hintermaul (s. d.): Wenn er von vorn nicht fallen will, so stich ihm von hinten durch den „R. .. “. IFalk G. 131 etc. Dagegen veralt. in edlem Sinn: Was Anmuth hat mir deine Red’ erregt! | wie lieblich ist sie doch in meinem R.! Opitz Ps. 119.
c) von Sachen (mehr od. minder personif.) vgl. a und Schlund: Dem Tode im R. stechen. Baruch 3, 4 (W. 12, 105); Er wird dich reißen aus dem weiten R. der Angst. Hiob 36, 16; Die Hölle hat den R. aufgethan ohne alle Maße, daß hinunterfahren Beide, ihre Herrlichen und Pöbel. Jes. 5, 14; Sir. 51, 6; Sprang | ich .. in dieses Schlundes R. (s. a). Cham. 4, 96; Hier standen wir an dem ungeheuren R. [des Vesuv], dessen Rauch .. das Innere des Schlundes verhüllte. G. 23, 239; Wann .. der Wellen schwarzer R. | den Frachten droht und Mast und Kiel ereilt. Hagedorn 1, 14; Abgrund und Chaos gähnen ihm verschlingende R. zu. Tieck N. 6, 123 etc. 4) Botan.: der Raum zw. den beiden Lippen (s. d. 2b). 5) Wappenk.: am Helm der Raum zw. den beiden äußersten Enden und dem untersten Einschnitt.
Anm. Ahd. (h)rahho, racho, mhd. rache, vgl. Anm. zu Rack 1 und 3a.
Zsstzg. leicht zu mehren nach dem Obigen und den folg. Bsp.: Fēūer-: ein feuerspeiender etc., z. B.: Der Drachen | mit dem F. und ähnl.: Mit offnem F. brüllt, | ha, welche Löwinn. H., feuerrother Rachen etc. u. [3c]; Des Vesuves F.; Begrüßt aus hundert F. [Kanonen]. W. 12, 46, s. Feuerschlund. Höllen- [3c]: Alle Klöster, als des Teufels „hellrachen“ zu fliehen. Luther 6, 178b; Wie aus offnem H. | speit es Verderben zündend aus. Sch. 79b; 64a; W. 20, 183; 196 etc.
Krokodīles-: Sch. 65a. Lȫwen-.
Mêêr-: ein gefräßiger Wasservogel, die mittlere Tauchente, Mergus serrator. Oken 7, 444; Der „Meerrache“. Nemnich; Zum „Meerrach“. Droysen A. 1, 344 etc., vergl.: Vom See-R. Döbel 1, 71. Tīger-. Tōdes- [3c].
Wólfs-:
1) der Rachen eines Wolfs. 2) die angeborne Mißbildung, wo das knöcherne Gaumengewölbe gespalten ist. Falke Th. 2, 442; Kinder mit W. und selbst mit Hasenscharten können nicht saugen. Bock Diagn. 116. 3) (Bergb.) ein Werkzeug, die Bruchstücke aus dem Bohrloch zu bringen. Scheuchenstuel 25, vergl. Krätzer 1 etc.