Faksimile 0615 | Seite 613
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Qualm
I. Quálm, m., –(e)s; (–e, Quälme); -:
1) (mund- artl., veralt.): Zustand der Bewusstlosigkeit, Betäubung, Ohnmacht etc.: Mein Schlaf ist nur ein Q. Günther 267; 685; Im Traum und Q. 466; Wie wenn ein feuchter Schlaf der Sinnen Kraft entreißt | und Q. und Dämmerung die müden Augen bindet. 733 etc.; Sichtlich sah ich in Q–es Traum etc. HSachs, s. Schm. 2, 402.
2) sehr dicker Dampf (s. d. 1) und Brodem (s. d.), eig. u. übrtr.: Ringsum qualmte der Dampf aus 1000 Ritzen [des Vesuvs] . . . Sonneverfinsternd und erstickend wirbelte ein unüberwindlicher Q. . . Wir entwanden uns diesem Höllenbrudel. G. 23, 267; 239; Da.. von Jlion’s Trümmern Rauch und Q. sich erhebt. 5, 96; 13, 47; Im Q. | erhitzter Dünste. 303; Des Moders Q. 4, 151; Der Q. des überheizten .. Ofens. Gutzkow R. 7, 148; Der Schwaden, Q. und Geruch [des Haarrauchs]. Immermann M. 4, 32; Die Kunst sei dazu da, das Gemüth über den Q. der getrübten und bestäubten Wirklichkeit zu erheben. Kühne (Mo- natbl. 1, 362a); Die nebelreiche Lombardie, | wo winterlich der Flüsse Q. | umdampft den dürren Stoppelhalm. Platen 1, 336; Hoch ob der Dünste Kreis und erdenahem Q–e. Rückert W. 3, 29; Wie die Pest die erhabenen Orte fliehet, | dem Q. der Städte wälzt es sich nach. Sch. 513a; 531b; In Q. und Brodem. Schwab 345; Voll Blut und Q. [Dampf der Schlacht]. Uhland 418; Die in Stuben und Q. versessenen Menschen. Vischer Ästh. 2, 147; Jst es möglich, mehr Q. hervorzubringen als Hr. W. bei Gelegenheit der Eigenschaften seiner Seelensubstanz? Vogt Köhl. 102 (vgl. blauer Dunst, Nebelei etc. und qualmen 1a); Wie er, von des Schmauchpfeifchens mystischen Q–e dusselig, auch seine Andächtigen benebelt. V. Ant. 1, 107 etc.
a) Mz. selten, doch z.B.: Drei Q–e schnell nach einander ausstoßend und die Pfeife fester fassend. Auerbach D. 1, 45 (vgl. Paff) etc. und: So verdrängt mit liebevollem Streiten | der feuchten Quälme Nacht. G. (bei Campe).
b) Zsstzg. z. B.: Blut-Q. steigt ihm von den Altären entgegen. Thümmel 4, 176; Brand-Q. G. 33, 40; Feuer-Q. 34; In Todesnebel, Höllen-Q. 6, 358; Den Pest-Q. der pontinischen Sümpfe. Matthisson E. 1, 161; Den das ganze Haus erfüllenden Rauch-Q. G. 21, 51; In dem Siede-Q. .. | seh ich die Flammenstadt [Hölle]. 12, 292; Wirbelnden Tabacks-Q. Ense Denkw. 1, 11 etc.; Könnt’ ich, .. von allem Wissens-Q. entladen, | in deinem Thau gesund mich baden! G. 11, 19 etc.
3) mundartl.: Bei den an großen Strömen und Gewässern gelegenen Gütern .. Äcker .., die .. von Überstauungen und sogen. Q. inkommodiert werden. Erbvgl. Beil. 48; so auch: Auf-Q. (Deichb.) = Stauwasser, das durch den Damm sickernde (,aufqualmende“) Wasser, vgl. Quell und Q.-Deich. 4) s. Qualle.
Anm. Im Vorstehenden greifen mehrere sich berührende Stämme in einander, vgl. zu 1 ahd. qualm, Tod (s. Qual, Anm.) u. twalm, Betäubung etc. (auch mhd.), Dwal(l)en. Paracelsus 1, 138b; 728b; dwalmich [betäubt, ohne Gefühl und Empfindung] 621a und bei HSachs 3, 1, 231b: In einem Dolm gelegen, wie Tolm-Wasser, -Trank (3, 2, 211c u. 213c) = Schlaftrunk etc. (s. toll), von ahd. twëlan, betäubt, starr sein (vgl. in Bezug auf den Anlaut Quarg, Anm.). S. Schm. 2, 402 (auch: quälmig etc. = betäubt, bewusstlos etc.); Wackern. Gl. 541; Grimm 2, 1229 und Brem. Wörterb. 3, 393. Die Bed. 2 geht aus 1 hervor (vgl. Dampf), doch spielt auch wohl ahd., mhd. walm von wallan (s. brennen, Anm. 2 und Quell) hinein.