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Puppe
Púppe, f.; –n; Püppchen, lein; –n-:
1) zum Spiel dienende (menschl.) Figur:
a) Spielwerk für Kinder, Docke (s. d. 2c), Spiel-, Dockel-, Kinder-P: etc.: Fischart B. 117b; G. 14, 13; Kinkel E. 81; W. 2, 143; 5, 4; Luc. 6, 225 etc., s. d ff., auch zuw.: eßbare P., so: Pfefferkuchen-, Zucker-P. etc.
b) Marionette (s. d. und P–n-Spiel, -Theater), Draht-P. etc.: G. 11, 27; 31, 15; Sch. 213a etc.
c) Schachfigur, Schach-P. etc.: Gökingk Lieb. 118; Mohnike Fr. 27 etc. Daran, nam. an a schließen sich Vergleiche und Fügungen, z. B.:
d) Gradleibig wie die P–en. Freiligrath 2, 74; Gewachsen wie eine P. G. 9, 48, schlank etc.; Steif wie eine P.; Er war doch ein starker Mann und der Herr nur wie eine P. [zierlich, schwach aussehnd]. Höfer V. 115; Ein süßes artiges Herrchen, ist geputzt wie eine P. und denkt auch so. Rabner 3, 26 etc.
e) etwas zum Spiel Dienendes, Spiel-, Tändelwerk, Spielzeug etc., von Sachen und Personen: Sei die P. eines erwachsenen Mädchens! komm . ., wenn sie pfeift (vgl. b). Leisewitz Jul. 14; Dem die heiligsten Gefühle der Liebe nur P–n waren. Sch. 209b; 732a; War ein Lingam in den Augen unserer Weiber ein bloßes Tändelwerk, eine P., womit sie spielten. W. 9, 123; Wir haben .. aus dem Weibe | bloß eine P. gemacht zu unserm Zeitvertreibe. 15, 207; 260; 17, 118 etc.
f) etwas sehr Liebes, ein Ggstd. besondrer Vorliebe und leidenschaftlicher Neigung (vgl. Steckenpferd 2), von Sachen und Pers. (s. i): Glücklich ist Der, dem sein Geschäft auch zur P. wird, der mit demselben zuletzt noch spielt und sich an Dem ergötzt, was ihm sein Zustand zur Pflicht macht. G. 18, 164; Etwas, das von seinem ersten Entwurf meine Sorge, meine P., meine Unterhaltung war. Stein 1, 277; Wenn deine strafbaren Augen ihre sterbliche P. [statt des unsterblichen Schöpfers] suchen. Sch. 207b; Das Recht, eure P. und euer Steckenpferd nach Belieben zu putzen und zu reiten. W. 13, 63; 60 etc.
g) wohl zu f (u.
a) gehört die Wendung: Etwas über die über alle P–n lieben, loben = über Alles, über alle Begriffe, ungemein etc. und dann verallgemeinert: Freisinnige und bis über alle P–n liberale Schriftstücke. Volksz. 9, 260 etc.; ähnlich: Das geht bis in die P–n, sehr hoch hinauf, hat keine Grenzen. Oder sollte etwa (s. c) an die Figuren des Kartenspiels zu denken sein? h) als verächtliche Bez. ohnmächtiger Bilder (s. d. 2e), z. B. der Heiligen (vgl.: Bilder-Dienst, -Sturm etc.): Fleht’ ich als Katholik | es von den P–n aller Hochaltäre. Thümmel 8, 85; „Poppen“. Zinkgräf 3, 114; vgl. 1, 263 u.: Kram-P. Fischart B. 146b. Ferner von Pers. gradezu, in versch. Sinne: h) (s. Anm.) = Kind: Sie hat die P. gewickelt. G. 5, 57; Wo sich am Püppchen (a) Püppchen hoch entzückt. 6, 78, Weihnachten als Kinderfest; Wie ihr .. zu den Püppchen hier | gekommen seid [sie geboren]. W. 12, 22; 199 etc., s. i. i) (s. h und f) als kosende Bez. einer lieben Pers., nam. für Kinder u. Frauenzimmer: Süße P.: war in solchen Fällen sein [Goethe’s] Lieblingswort. Falk G. 22; Faust [zu Gretchen]: Liebe P.! fürcht ihn nicht. G. 11, 152 etc. und bes. oft verkl.: Wenn ihr erst herauf, herum | durch allerlei Brimborium | das Püppchen geknetet und zugericht. 113; (Gutes, süßes, liebes etc.) Püppchen! 1, 180; 6, 292; Heine NGd. 314; Michaelis 231; 15, 58 u. o., seltner: Es war so ein gar feines Puppchen. Weiße Kom. Op. 3, 355 etc. So auch: Gold-, Perlen-, Zucker-P. k) mit mehr od. minder hervortretendem tadelhaftem Sinn des Kindischen, Albernen, Tändelhaften, Aufgeputzten, Gezierten, Geckenhaften, Feigen, auch des Unselbständigen und Marionettenhaften (s. die vorangehnden Nummern und Dirnen-P.): So ein Püppchen von 18 Jahren will mir etwas abgewöhnen, einem Manne von gesetztem Charakter! Börne 2, 189; Da erschienen zwei abgeschmackte gezierte, hagere, blasse Püppchens, die sich einander Alceste! Admet! nannten [s. b]. 7, 215; Verfluchte P–n! | was quirlt ihr in dem Brei herum? 11, 101, ihr albernen Wesen, Meerkatzen!; Es thut wohl, mndlich einmal auch auf eine Natur (s. d. 3e) zu stoßen, wenn man soviele P–n gesehen. Immermann M. 4, 206; Meine Frau hat ihre P–n fortgeschickt [ihre schnippischen, zu Nichts brauchbaren Dienerinnen]. Möser Ph. 1, 3; Die Frauen sind solche kostbare P–n! 176; Für Schönen, die den Zwang der ernsten Liebe scheuen, | taugt eine P. nur, die trillert, hüpft und lacht, | ein bunter Thor etc. W. 3, 14; Wüßten die Gecken, die Würde der Mannheit zu schätzen, | .. die P–n [Frauen] sollten wohl bald bei uns [Männern] um Gnade flehen. 15, 122; Sokrates, der des Scherzens mit der albernen P. überdrüssig zu werden anfing. 22, 129 etc. 2) übrtr. auf P–n-Ahnliches:
a) die Mittelstufe in der Metamorphose eines Insekts, z. B.: von Ameisen. Forster Br. 1, 224; Oken 5, 898 etc. (s. Ameisen-Ei), bes. oft aber (auch außer naturgeschichtlichen Werken) von dem Gebild, in das sich die Raupe (s. d.) verwandelt (verpuppt) und aus der dann der Schmetterling (s. d. und Psyche) hervorbricht, eig. und übrtr., s. Chrysalide, Dattel, Kokon, Nymphe, ferner: P–n- Hülle, -Stand, -Zwang etc.: Arnim 203; Börne 3, 96; Wie der ungeborne Schmetterling mit zusammengewickelten Flügeln in der steifen, starren P. gefangen bleiben. Devrient 1, 87; Das erste Flügelregen | des Falters in der P. Schoß. Geibel J. 124; G. 2, 32; Kohl Pet. 1, 221; Eine entzweifallende Rose, eine durchlöcherte P., ein sich ausspannender Schmetterling, der jene als Würmchen zernagt hatte, waren auf die Sarg-P. [die Hülle des Leibes, aus dem die Psyche ausgeflogen] gemalt. P. 2, 139. Andre Zsstzg. z. B.:, Insekten-, Schmetterlings-, Falter-, Schwärmer-P. etc. und nach den einzelnen Jnsekten, z. B.: Ameisen- etc., Admirals-, Bären-, Fuchs-, Kohlweißlings-, Libellen-, Schwalbenschwanz-, Todtenkopf-P. etc., auch: Fenchel-, Perlmutter-P. etc., die des Fenchel-, des Perlmutterfalters etc.; Wolfsmilch-P. etc., die des Wolfsmilchschwärmers etc., ferner z. B.: Gold-P–n, goldglänzend; Gürtel-P–n, mit einem Gürtel um den Rücken; Menschengesichts-P–n, mit scharfeckigen Erhabenheiten, einer Menschenlarve ähnlich etc.; Ganz-P., das Jnsekt ganz ein- und verhüllend, Ggstz. Halb-P. Campe.
b) die walzenförmigen Rohr- oder Schilfkolben. Adelung, vergl. auch Mönch 4c.
c) im Felde aufgerichtete Garben, s. Docke 2a u. Mandel 2a und Anm.: P–n setzen, in der Lausitz = aufmandeln. FBWeber Term. 428b.
d) Fischer.: ein Bündel Binsen, Reiser etc. mit daran befestigtem Köder zum Fang von Fischen, z. B.: von Aalen etc. (Aal-P. od. -Quast etc.; Quast (s. d. 2a) oder P–n vor das Wehr stellen. Brandenb. Fischerei-Ord. von 1574, s. Frisch 2, 77a etc., vergl. puppen 2.
e) ein zum Messingbrennen benutzter zusammengeschlagner Klumpen ausgeglühten Bruchmessings.
f) Tabackshandel: s. Malotte.
g) Weber.: das Bündel oder die Partie der zu einem Kegelzuge eingelesenen Schnüre etc.
Anm. Aus lat. pupus, Kind (s. Bube, Anm.), weibl.: pupa, Mädchen, P. (vrkl. pupilla = Pupille 1; 2), vgl. auch in Bezug auf schwzr.: Das Püppi. Gotthelf Sch. 307 = Brustwarze, bei Stalder Bübbi. Diez 269. Vralt. Nbnf. Poppe, s. 1h, Popanz, Anm. und vgl. Popeia.
Zsstzg. außer zu 2a (s. d.), nach den versch. Insekten nam. zu 1a (was unbez. bleibt), auch übrtr., z. B. nach dem Stoff: Elfenbein- [1c], Holz-, Lappen-, Pfefferkuchen-, Porcellan-, Wachs-, Zucker-P. (s. u.) etc., nach Dem, was die P. darstellt [1a und b]: Hanswurst-, Harlekins-, Soldaten-P. etc. und. [1c] Thurm-, Läufer-, Springer-P. etc., ferner z. B.: Āāl- [2d].
Bāde-: nackte Puppe, die gebadet wird.
Dēgen-: degentragende Puppe oder Person, z. B.: [1k]: Unsre Degenpüppchen. FMüller 2, 112.
Dírnen-: z. B. [1k]: Verkriech ich dann mich zitternd, ruf mich aus | als D. Tieck Makb. 3, 4 [„nenn mich die Puppe eines Mädchens“. B. 302a; „schilt mich eine weibische Memme“. Sch. 571a]. Dóckel- [1a].
Dónner-: nach Nemnich = Hirschkäfer, Feuerschröter (s. d.). Drāht- [1b]: Marionette (s. d.), eig. und übrtr.: Der Doktor, der eine sehr steife dogmatische D. ist. G. 14, 33; Aus tausend D–en das einzige Wesen. Möricke N. 38; Sch. 205b; Verheirathet ihn an eine Dock’ und D. V. Sh. 3, 352; Nur zu oft sind die Götter bloße D–en ihrer Priester. W. 18, 22 etc.
Dréchsler-: Holz-P., oft als Bez. des Steifen. L. 1, 573, vergl.: Dreßler-P. Riemer G. 2, 87. Físch- [2d]. Gánz- [2a].
Gāūkel-: gaukelhaft beweglich, z. B. der Treppenläufer (s. d.) und [1b].
Gelénk-: Glieder-P.
Glīēder-: mit beweglichen Gliedern, sowohl [1a] als nam. [1b] etc., s. Gliedermann: Eine G., um Kleider neuer Moden daran zu versuchen. Arnim 189; G. 29, 270; 32, 188; Jahn M. 98 etc.
Góld-:
1) [2a].
2) [1i]. Gürtel- [2a]. Hálb- [2a]. Hécht- [2d]. Kámmer- [1k]: Sie kann, zu einem eiteln Kammerpüppchen zusammengeschnürt, sich .. zieren und trippeln. Lichtenberg 3, 342 etc., vgl. Zier-P. Kínder- [1a]. Krām-: wie sie im Kramladen zu Kauf stehn und übertr. [1h]. Ménschengesichts- [2a]. Mōde- [1k]: Schöner als die Gruppen | gezierter M–n. V. 4, 48. Pérlen- [1i]. Sárg- [2a]. Schách- [1c]. Schlótter-: schlottrige Glieder- P. Waldau N. 2, 11. Schrēī-: mit einem Mechanismus, die Puppe schreien zu lassen, ähnlich: Sprech- P., die einzelne Wörter spricht. Spīēl- [1a]. Stēh-: Puppe, die steht od. unangelehnt stehn kann. Theāter-: nam. [1b]. Wáchs-: s. o.: So standen sie wie W–n [steif]. G. 23, 389 etc. Wásser-: Libelle (s. d. 2), Wasserjungfer. Wíckel-: ein Wickelkind darstellend [1h] ein solches selbst: Kinder von jedem Alter von der W. bis zum Flegeljährigen. Spindler Stadt 1, 48 etc. Zīēr- [1k]: Ihm wäre mehr mit einer guten Wirthin als mit einer kostbaren Z. gedient. Möser Ph. 2, 79; 1, 5 etc. Zúcker-: s. o. und [1i] etc.