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Posseln
Posseln P–en dauern zu lange. L. 1, 498; Wir haben jetzt von wichtigern Dingen als von solchen Narrenpößchen zu reden. Weiße Kom. 3, 23 etc.; Ihr Ockes-Bockes-P–en treiben. Schuppius (Wackern. 3, 711¹, vgl. Hokuspokus, Anm.); Bescheiden heißt man affektiert, galante Briefe Satans- P–en. Günther 429; Keine Sau-P–en und Unflätherei ver- übt. Olearius Reis. 49a; Treiben allerlei Schalks-P–en. G. 9, 168; Was sollen die Teufels-P–en?; Die schärfsten Witz-P–en getrieben. Ense Tag. 2, 226 etc. 4) (s. 3) Bühnenspr.:
(immer fem.) Die P–e = P–enspiel, Farce (s. d.), ein burleskes Drama von niedriger, derber Komik im Ggstz. zum feinern Lustspiel: Drum tummle sich im Thal der P–e, | wer sich nicht höher schwingen kann. Gottsched; Sich an P–en und Quängeleien satt zu lachen und zu weinen. Zelter 2, 54 etc.; Die Wiener Lokal-P–e ist der Spiegel des dortigen Volkslebens. Düringer 887a; Der Oper-P–en, Getösstücke, Nachspiels-P–en zu viel gegeben. Schütze HambTh. 703; 504; Zauber-P–e mit Gesang etc. Übertr. (s. 3): So pflegen Kinder und Volk das Große, das Erhabene in ein Spiel, ja in eine P–e zu verwandeln. G. 20, 95 etc. und Zsstzg.: Hätte nicht der Tod der Lebens-P–e ihres Vaters zu rechter Zeit ein Ende gemacht. VWeber 2, 177; Wie weit er mit Leoparden die tragische Liebes-P–e getrieben hätte, Das bleibt dahingestellt. W. 15, 233 etc. 5) (immer masc.) Der P–en, ein neckischer, neckender Streich, der Einem gespielt, wodurch ihm mitgespielt, ihm Verdruß und Arger bereitet wird, gw. mit dabei genanntem persönl. Dat., nam.:
a) (s. 2) Einem einen P–en reißen, z. B.: So sind uns bald gerissen | der Bossen zwei für ein. Doman (Wackern. 2, 254¹⁰); Hat dem Teufel keinen ärgern Bossen als mit Krucifixlein reißen können. Fischart B. 194a; Rollenhagen Fr. 153; 560; 645; Schweinichen 2, 328 etc.
b) Einem einen P–en spielen. Bodenstedt 2, 36; Gryphius 1, 895; Günther 269; Immermann M. 4, 21; König Kl. 3, 102; L. 12, 510; Prutz W. 91; Thümmel 3, 69; Zschokke 8, 191 etc.
c) Einem einen P–en thun. G. 10, 127; L. 6, 177; Thümmel 1, 5 etc., s. e; auch: Er hat mir gemachet manchen P–en. Soltau’ Volksl. 519 etc.; Ist deiner Schwester Brief ein angestellter P–en? [ein gegen mich gekartetes Spiel]. Günther 624; Der den Bossen merkte. Zinkgräf 1, 302 etc.
d) Einem widerfährt (Rollen- hagen Fr. 128; Simplicissimus 1, 116; 2, 70) ein Poss(e), geschieht ein P–en (Logau 3 Zug. 188) etc.
e) Einem zum P–en, z. B.: Rein mir zum P–en .. und nur mir zum Schabernack. Alexis H. 1, 1, 60; B. 109b; Thun Sie es mir zum P–en. G. 19, 354; L. 12, 378; 508; Du wählst als wie zum P–en | die plumpsten unter meinen Rossen. Rückert N. 230; Uhland 498; Weise Abs. 246; W. 1, 157 etc.
f) zuw. Zsstzg. z. B.: Bei allen unglücks-P–en. Günther 373, bei allem mir widerfahrnen Unglück.
Anm. S. Boß etc., namentl. auch (veralt., mundartl.) Boß, Poß, m., –en; –en = (junger) Gesell, Bursch (s. Grimm 2, 267; Schm. 1, 288), etwa mit der Grundbed. der kleinen Figur, von der auch vgl.: Possierlich kleine Gestalten. G. 1, 157 etc. die Bed. 1 ausgegangen sein dürfte, für die wir noch die Fortbild. anführen: Viel Behausungen von Steinwerk auf Schlössermanier mit angesetzten Thürnen, Zinnen und Erker, ganz „bössisch“ gebauen. Stumpf 658a, mit Berücksichtigung der Perspektive. Niederd. entspricht in Bed. 2; 3; 5 Putze(n), mit der Fortbild. putzig = possierlich (s. d.). Brem. Wört. u. I. Putz.