Faksimile 0574 | Seite 572
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poltern
Póltern, intr. (haben u. sein, s. flattern, Anm.) u. zuw. tr.:
bullernd (s. d.), kollernd (s. d.) schallen, nam. in wildem Durcheinander; solch lärmendes Schallen bewirken; mit solchem sich bewegen [mit ,sein“]etc.: 1) Etwas poltert, z. B.: hohle Geräthe etc. beim Fallen, Werfen, Rollen; Vor dem Rasseln ihrer Wagen und P. [,,Tosen“ Zunz] ihrer Räder. Jer. 47, 3; Es poltert Alles drüber und drunter. G. 7, 159; Es poltert Alles über ein’n Haufen. Rolenhagen Fr. 364; Die Erde polterte [vgl. schollern] auf meinem Todtenbaum. Gotthelf G. 75; Der p–de Brummbaß. V. 1, 140; 177; Die teutsche Sprache hat mir noch aus keiner singenden Kehle so gut gefallen als aus der ihrigen; sie verliert das Wiehernde und P–de. W. Merck 2, 230 etc., s. 2e u. f u. Zsstzg. 2) Jemand poltert, z. B.:
a) Etwas zu Boden, hin und her, über und durch einander werfend etc., so: Am Vorabend der Hochzeit, dem sogenannten Polterabend [s. d.] p., Geschirr etc. vor dem Hause der Braut zerwerfend; Das Dienstmädchen poltert gar zu viel, zerbricht viel Geschirr etc.; An den Schubkästen zu p. und zu ordnen. Gutzkow R. 5, 246, auch tr.: Alles durch einander p., auch übrtr.: Schlurck polterte Alles durch einander, war an demselben Abend katholisch, dann ein Botokude etc. Gutzkow R. 8, 139 und veralt.: Einen p., ihn hin und her stoßen, übel mit ihm umstehn, ihn beunruhigen, s. Schm.; Daß der Gast dir zu Schmach in unserm Haus übel um[gelzogen, „gepoldert“ und geschlagen wird. Schaidenreißer 78a etc.
b) lärmend an Etwas schlagen, klopfen, pochen, hämmern etc., z. B.: Richten ein P. an vor seiner Kammer, davon er sollt aufwachen. Judith 14, 8; Da poltert’s am [verschloßnen] Thor; | der Vater, da ist er! G. 1, 141; Wenn sein kurzarmiger Grimm an das Geländer der Majestät unmächtig poltert. Sch. 162a; Das p–de Wirbelschlagen [der Trommeln]. 189a; An der Thür um Einlaß p. Schlichtkrull Lat. Mag. 54; V. 1, 28 etc., s. c u. d.
c) (s. b) Kupferschm.: ausgetieftes, bauchiges Geschirr (Kessel etc.) mit einem hölzernen (dem sogen. Polter-)Hammer in die gehörige Form bringen, auch: heraus-p.
d) (s. b) unheimlichen, spukhaften Lärm machen (vgl. Poltergeist): Diese Schicksalsidee polterte wie ein Justinus Kerner’scher Geist aus dem Zwischenreich hinter den Koulissen der Bühne. Gutzkow B. 128; Bei Einigen rutschte . ., polterte es in den Stuben. Immermann M. 2, 259; Das Geräusch, P. und Rufen erklang. 271 etc. 2) sich in Hast mit Lärm fortbewegen: Wenn uns ein Freund lustig in die Stube gepoltert kommt. Thümmel 7, 99; Um des Scheines willen setzte er sich selbst zu Roß und polterte über Stock und Block. Alexis H. 2, 3, 233 etc. f) in bullernden, hastig sich überstürzenden Tönen laut werden, in solchen Worten sprechen, nam. eifernd, zankend (s. 1 u. Polterer): Ein Anderer, so von der Kanzel poltert. 2, 2, 48; Sie war .. unendlich sanft und zart und machte gegen ihren Mann, dessen Gutmüthigkeit sogar polterte, einen entschiedenen Kontrast. G. 21, 38; 16, 128; Das will ich nicht hoffen, polterte Dankmar. Gutzkow R. 1, 68; 2, 33; 8, 121; P–d roh und widrig greinend | ist abwechselnd seine Stimme. Heine Rom. 265; Der zornige Vater poltert. L. 7, 96; Solche tolle Heiligen .., die da . . nur p. und rumoren und mit Gewalt fahren, das Ihre zu schützen. Luther 5, 353b; Wie sie toben und p. 6, 124a; P–d über ihre Langschläferei. Mügge Ad. 75; Nicht der Polterende, noch der mit sanftmüthiger Verträglichkeit etc. Olearius Baumg. 84b; Diese kurze, p–de Art, mit der er seine Sätze hervorzustoßen pflegt. Prutz E. 358; Ward roth und polterte voll Wuth, | gleich einem Hahn aus Kalekut. Ramler F. 3, 23 (s. kollern); Einer poldert über seinen Knecht, daß er etc. Weidner 289.
Anm. Wohl Tonw., vergl. Boller, Anm. wie auch gleichbed. podern. Mathestus Sar. 303; 311, doch s. auch ahd. polôn, mhd. boln, wälzen, werfen, im ältern Nhd. noch erhalten in der Zsstzg.: [Der Satan] schleppt sie in sein Reder [Sieb] u. „polwirft“ u. dermartert sie. Mathesius Pr. 77; In’s Teufels Reder „gepollwerfft“ u. gerüttelt. 108.
Zsstzg. wie bei ähnl. Tonw. (s. bellen etc.), vergl. auch die von stolpern, stürzen etc., z. B.: An-p. [2b], an die Thür; Angepoltert kommen [2e] etc.; Der über die erste Anregung höchst unwillig aufpolterte [2f]. Hormair An. 2, 167; Einen auf-p. [2c etc.], aus dem Schlaf etc.; Die Magd aber polterte sich nun erst recht aus [2f]. Gutzkow R. 9, 198; Daß man am besten thut, ihn aus-p. zu lassen. Pz 2, 214; Gasthäuser unablässig bescholten, beschrien, be- poltert [2f]. Zelter 4, 423; Wie nun eure Musik einpolterte [1, unversehns einfiel], gleich unversehens | polterte Trauung daher und Brautmahl. V. 1, 158; Hat’s denn nicht gleich dir geknurrt im Gedärm und dich kullerndes Toben durchpoltert [1]? Droysen A. 3, 50; Der Spuk, der nächtlich das Haus durchpoltert [2d] etc.; Die Menschlein, welche im Donner ihrer Unfehlbarkeit einher-p. [2e] etc. Demokr. Stud. 176; Hergepoltert kommen [2e]; Blöcke, welche aus den Kalksteinbergen herab-p. [1]. Kohl A. 1, 167; 42; 117; Verdeckte Abhänge unter uns, die wir wieder hinab-p. mußten. 2, 56; Als nun fröhlich der Zug auf die Trepp’ hinab von dem Vorsaal | polterte. V. 1, 113; Da poltert’ was die Treppe ’rauf. Fouqué Dr. 1, 223; Da p. sie mit deinen Sachen die Treppe herauf. G. 35, 151; Als er Solches gegen Sp. herauspolterte [2f]. Auerbach D. 4, 50; Da aber Agathe sich kaum zu sammeln vermochte, polterte er den Inhalt des Briefes mit den Worten heraus etc. Gutzkow 11, 341; R. 3, 182; 9, 442; Er polterte und sprudelte nun eine Anrede an den Grafen heraus. FSchlegel Fl. 1, 264 etc., s. auch [2c]; Daß er sich bemühe, aus der Welt hinauszulachen, was unsere Weisen hinausmoralisieren und unsre Eifrer hinaus-p. [2f] wollen. JGMüller Lind. 1, 21 etc.; Als der Fürst .. zu mir hereingepoltert kam. Pz 2, 214; P. Sie doch nicht so in den Tag hinein [2f]. L. 10, 166; Brach in heftige Verwünschungen aus und polterte sich in diese Stimmung so hinein [2f, versetzte sich durch sein P. immer mehr in dieselbe]. Gutzkow R. 4, 409; 1, 106; Felsen, die am Meeresufer herumpolterten. Kohl Irl. 2, 430; Wir polterten und stolperten so schnell und glücklich die kahlen Abhänge hinunter. A. 1, 198; Aus den –.. Felspforten seien Eisblöcke . . hervorgepoltert. 28; Nachdem der Arzt hinweggepoltert. Prutz Mus. 3, 326 etc.; Der Kurfürst wird .., wenn die Bürger sich Das erfrecht, los-p. [2f]. Aleꝛis H. 2, 2, 84; Und nieder- poltert [1] donnernd das rauchende Gestein. Grün Ritt. 117; Er überpoltert sich [2f, sich überstürzend], die Galle schwillt ihm. Alexis H. 2, 3, 275; Indem die Blocke über einander verschoben zusammenschlagen, sich reiben und über-p. [1, sich überstürzen]. Volger EE. 191; Sie zu hart halten mit Pochen und sie allwegen über-p. [2f] und anschnauen mit harten, unwirschen Worten. Geiler Has. 21d etc.; Er poltert auf sie zu [2e]. Sealsfield Tr. R. 1, 149 etc.