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plaudern
Plāūdern, intr. (haben), zuw. auch (s. 2c, d und e) tr. und refl.:
1) platschend rauschen, nam. von „geschwätzig murmelndem“ Wasser (s. um-p.), z. B.: Ein naher Bach plauderte verwirrend in seine Gedanken hinein. Eichendorf Lärm 30; Wo eine Quelle plaudert | und über Kiesel rollt. Nicolai 2, 85; Das Mühlbächlein plauderte geschäftig an der Gartenmauer vorüber. Rank Arm. 52 etc.
2) (s. 1) Weber.: Das Zeug (nam. halbseidnes) plaudert, knistert und rauscht beim Aufbäumen und Appretieren, als ob es reißen wollte.
3) gw. (s. 1 und vgl. plappern, schwatzen, klatschen etc.): viel und Allerlei durch einander reden, theils von traulichem Kosen in leichter, ungezwungner Unterhaltung, theils mit tadelndem Nbnsinn des Schwatzens an ungehöriger Stelle oder Dessen, was man nicht sagen sollte etc., zuw. auch von Thieren, insofern ihre Töne menschlicher Rede ähnlich sind oder gedacht werden:
a) intr.: Ein grober ungezogener Mensch plaudert unvorsichtiglich. Sir. 20, 21; Er plaudert mit bösen Worten wider uns. 3. Joh. 10; Hiob 34, 37; Die Thierle können doch 71* keinen Augenblick ruhig sein, das plaudert und pflāttert in Einem fort. Auerbach D. 1, 188; Der plauderte mit Allem, was nur ein Ohr hatte, immer die Reihe herum. Engel 1, 89; Ja, ich plaudre und plaudre, es ist schon spät. Iffland 3, 2, 21; Er hat nicht einmal in Barbierstuben, wie man zu sagen pflegt, von Syrien p. gehört. W. Luc. 4, 106; Der Papagei plaudert allerliebst; In der Schule (während des Unterrichts) p.; Aus der Schule p. (Geheimnisse verrathend) etc.
b) im subst. Infin.: Unnützes Zagen! Zaudern und P. G. 11, 206; Weiber, die immer .. ein Zischeln und P. mit einander gehabt. Immermann M. 2, 236; Weiber schmähen gern! Je seltner sie | zum P. kommen, desto emsiger | wird die Gelegenheit benutzt. Sch. 238a; Red’ ich mit ihm, so wird sein schuldlos P. | mein Mitleid wecken. Schlegel Joh. 4, 1 etc.
c) tr. (s. d) Wer Viel plaudert. Sir. 20, 8; Die unnützen Wäscher p., das nicht zur Sache dient. 21, 27; Sie plauderten nicht Menschenrechte [schwatzten nicht davon]. Claudius 6, 56; Ich plaudre da ein Langes und Breites. Engel 12, 226; Über ein Ding wird Viel geplaudert. G. 3, 19; Die da Viel waschen und p. können vom Gesetz. Luther 6, 35a; 140b etc.
d) tr. (und refl.) mit Angabe der Wirkung: Mein Hang zu . . glänzenden Aussichten, den der Schneider mir in die Seele geplaudert hatte. CFBahrdt 1, 180, s. ein-p.; Sie soll mit ihrem Schnack mich müde p. Immermann Card. 43; Ihn zu Boden [oder nieder-] p. L. 11, 298; Die Einem das Herz aus dem Leibe p. W. Luc. 1, 287; Einen in Schlaf [oder ein-] p.; Sich müde, matt p. etc., s. Zsstzg.
e) Es [s. d. 7] plaudert sich besser, wenn man dazu raucht. Hackländer Erl. 1, 5.
Anm. Tonw., vergl. mhd. blôdern, plódern, vom Rauschen des Wassers, der bauschig wallenden Fahne (s. Wackern. Gl. 65 und plaustern, Anm.), dann auch in Bed. 3, s. Schm. und Grimm (und Ploderer. HSachs G. 2, 137 etc.), vergl.: Plödern, pläudern, faktitiv zu plodern, rauschen .. nam. gebraucht für das rauschende klappernde Fegen des Getreides auf der Pläuder, der Getreidereinigungsmaschine [s. Fege 2]. Weinhold 72a. S. ferner blattern 2; pladdern, platschen, in Tirol platzedern. Spindler Vog. 2, 315 etc., und in Bed. 3 (zumal von traulicher Unterhaltung) nam. östreich.: Lassen Sie uns einmal recht aufrichtig zusammen plauschen. Carion Mar. Th. 1, 54; Das freundliche Plauschen der alten Wienerin. Gutzkow Z. 3, 334; 1, 176; Was ihm der [Rabe] wohl ins Ohr geplauscht hat von Galgen und Rad. R. 1, 20; Schücking Erz. 1, 32; Er [der Baum, personif.] rauschte und plauschte sich täglich heiser. Waldau (DMus. 1, 2, 761); Wickede Sold. Fr. 1, 21; Willkomm Banc. 2, 304; Polko Mus. 55, dazu: Das Geplausche und Gekose. 54; Im Geplauder und Geplautsche mit ihm vergisst sie halt Alles. LMühlbach Kais. Jos. 4, 51; So oft es thunlich sein würde .., in einem Winkel des Hauses „auf einen Plausch zusammenzurumpeln“ und einander Alles zuzutragen, was von Wichtigkeit. Rank SchM. 80 etc.
Zsstzg. zu 3, vgl. die von sprechen, schwatzen, plappern etc., z. B.: Áb-:
1) Als plauderten wir traut und seelenvergnügt .. das Ereignis mit einander ab. Cham. 5, 235 etc.
2) refl.: s. aus-p. 3. Án-:
1) Einen a., plaudernd anreden.
2) [3d] Müsst davon laufen, wenn sie euch nicht ein Fieber a. sollen. W. Att. 2, 2, 20 etc., an den Hals etc. Āūf- [3d]: Einen a., aus dem Schlaf plaudern. Āūs-:
1) plaudernd Etwas verrathen, ver-p.: Ein Geheimnis etc. a. Arndt Ber. 39; Heine Verm. 1, 47; W. 2, 232; HB. 1, 248; Luc. 6, 58 etc., auch ohne Obj.; Weil auch Gräber noch a. Sch. 704b etc., ähnl.: Er habe schändlich herausgeplaudert. 170a. Dazu: Ausplauderer. V. Ant. 1, 285; Ausplauderung. Ense Tag. 2, 135.
2) intr.: Weil ich heute recht con amore schreibe und noch lange nicht ausgeplaudert habe. Forser Br. 1, 228, mit dem Plaudern zu Ende sein, s. 3.
3) refl.: sich plaudernd aussprechen (vergl. auslachen 2), ähnlich: Sich ab-p., die Fülle Dessen, was Einem Stoff zum Plaudern giebt, plaudernd mindern oder erschöpfen. Be-: plaudernd besprechen. Durch-: eine Zeit ganz mit Plaudern ausfüllen und hinbringen (s. ver-p. 1): Die durchplauderte Nacht. Eīn- [3d]:
1) Der Kopf .. ist ein neuer, der von Allem | Nichts weiß, was Jenem eingeplaudert ward. L. Nath. 3, 8; Zachariä 2, 285 etc., vgl. vor-p., einreden. 2) Einen in Schlaf plaudern. Fórt-:
1) fortfahren zu plaudern. Hackländer Tag. 2, 122 etc.
2) s. weg-p. Hêr- etc.: z. B.: Heraus-p., s. aus-p. 1, aber auch [3d]: Ich muß mir den Siegbert einmal hier hinaus-p. [durch mein Plaudern hinausbringen, locken]. Gutzkow R. 2, 20; Einige Stunden einer langen Nacht hinweg- zu-p. [oder hin-zu-p.]. Hackländer Tag. 2, 102, s. ver-, weg-p. etc. Nāch-:
1) etwas Gehörtes, Vorgeplaudertes nachsprechen: Ein n–der Papagei, Staarmatz; So bin ich sehr übel auf dich zu sprechen, daß du solche Nichtswürdigkeiten nachplauderst. L. 4, 9; Dem oder jenem Ausländer n. 7, 453; Der Nachplauderer.
2) plaudernd etwas Nachtheiliges von Jemand sagen und ihn so ins Gerede bringen (s. nachsagen): Bin ich ein zusammengeronnener Homunkulus, wie der Spitzbube Karl mir nachplauderte? Immermann M. 3, 376. Nīēder- [3d]: Einen n., zu Boden plaudern, so daß er nicht dagegen aufkommen kann, vgl. über-p. 1a. Uber-:
1) Einen ü.:
a) ihn plaudernd überschreien etc., vergl. nieder-p.
b) ihn plaudernd überreden, s. Frisch 2, 62c.
2) über Etwas plaudern, vgl. be-p., überdenken 1 etc.: Ich überplaudre nur, was wir lebendigen Wortes geredet. Cham. 5, 133. Um-: mit Geplauder umgeben: Die Musik ist die Sprache, die unser Ohr mit süßem Schmeichelton umplaudert. Brachvogel FB. 1, 305 etc., auch [1]: Es darf nur .. | die kleine Quelle murmelnd dich ump. Gutzkow R. 7, 461 etc. Ver-:
1) durch oder unter Plaudern hinschwinden machen, s. weg-p., z. B.: Einem die Langeweile v.; Die Grillen v. etc. und nam.: Eine Zeit v. Iffland 3, 1, 26; Wir verplauderten den Morgen in verliebtem Unsinn, verfuhren den Nachmittag. FLSchröder Beitr. 3, 1, 50; Eine Stunde, die fröhlich verplaudert wurde. Thümmel 5, 57; W. 11, 178; HB. 1, 104; Ein geschwätziges Papchen, | welches .. seiner Gebietrin | manche Stunde so gut wie ein leerer Stutzer verplaudert. Zachariä 1, 280 etc.
2) Etwas v.:
a) plaudernd verrathen, z. B. ein Geheimnis (LPHahn Hohn. 21), Alles (Börne 1, 384); Im Gespräch wird verplaudert, daß Lissel den Reinhold heirathen werde. G. 32, 245 etc., im Infin. auch ohne Obj.: V. ist schädlich, verschweigen ist gut. G. 1, 181 etc., ngl.: Ihr V. meiner Historie. Thümmel 4, 212 etc., s. 3.
b) zuw.: Etwas über dem Plaudern vergessen, versäumen: A propos! Bald hätt’ ich Das verplaudert. Sch. 159b etc.
3) Sich v. (vgl. 2), durch unbedachtes Plaudern sich verrathen; sagen, was man verschweigen wollte: Die Gabe, Alles zu sagen, ohne sich zu v. Börne 5, 337; GRaimund N. 5, 157 etc.
4) im Partic. (vgl. vergeizt) = plauderhaft: Dem waschhaften und verplauderten Vogel. Olearius Ros. 68b. Vōr-: in Jemandes Gegenwart, so daß er es hört, Etwas plaudernd sagen, und zwar gw.:
1) damit er es glaubt, obgleich es sich nicht so verhält: Wenn vollends mir Daja nur ’was vorgeplaudert hätte, | was schwerlich zu erweisen stünde? L. Nath. 5, 3; Möser Ph. 1, 220; Er plauderte ihr eine Menge schöner Phrasen vor. Pfeffel Pr. 10, 29; Wie deine Schmeichler dir es vorgeplaudert. Platen 1, 342; Daß er der Bürgerkanaille .. Flatterien sagt, auch meinetwegen Empfindungen vorplaudert. Sch. 185a etc.
2) Behufs des Nachplauderns: Einem Staarmatz, Kinde Etwas vor-p. Wég-:
1) [3d] durch Plaudern wegschwinden machen, wegschaffen, vertreiben etc. (s. ver-p. 1): Ich kam, Sie zu zerstreuen, Ihre Melancholie durch kleine Malicen weg-zu-p. Freytag DW. 364; Den Quacksalber, der uns das Einzige w. wollte, was wir noch hätten, die Wissenschaft. Gervinus Lit. 5, 349; Sie sollen mir nicht nachsagen, daß ich Sie weggeplaudert. L. 1, 445; Die Sommernacht vertraulich weg-zu-p. W. HB. 1, 100 etc.
2) (s. 1) Ich plaudre mich .. ziemlich weit von meiner Materie weg. Engel 7, 244, ich entferne mich durch mein Geplauder davon. 3) Aus (Cham. 5, 88) oder von der Leber [s. d.] w. (oder besser: weg plaudern). Wēīter-:
1) fortfahren zu plaudern.
2) etwas zu Verschweigendes durch Plaudern weiter verbreiten, so auch: Wieder-p. [wie denn schon das Vertrauen an den Plaudern als ,,plaudern“ betrachtet wird]. Zer-: durch Plaudern zerstören, entzwei machen, z. B.: Der zerplauderte | Mund. Kl. Od. 2, 95. Zū-: drauf los plaudern etc.