Nicht
† II. Nícht: 1) die in einem Satz stehnde u. einen Satztheil, z.B. auch nam. den Träger des Satzes, das Verbum, verneinende Partikel (vrsch.:
nein, die statt eines verneinten Satzes stehnde, ihn ersetzende Partikel). — 2) in Frngesätzen, im Ggstz. zu etwa (s. d. 2a), hervorhebend, daß der Fragende eine bejahnde Antwort erwartet. So nam. auch: N. wahr [s. d.]?, zuw. auch bloß: N.?, z.B.: Was du hörtest, rief dich an den Rhein. | N.? Garb. 114 etc. — Ähnlich auch (pleonast.) n. in Aufrufen, z. B.: Wie seid ihr n. so gut! 6, 60; Die Kokarde. .. Wie sie den alten Hut n. ziert! 10, 122; Wie erschrak sie nicht, als etc. 19, 324 etc. — 3) substant., abhäng. von Präpos., theils mit, theils ohne Flerion:
a) (vralt.) Aus N. (gw.: aus Nichts), z. B.: Wie er aus Nichte alle Dinge macht. 5, 183b; 2a; 6, 543a etc.; Aus Nichten wird Nichts. 11, 153. —
b) Mit Nichten, mitnichten = keineswegs, durchaus n. etc., z. B.: 1, 60; 1, 165; 8, 40; Od. 3, 133; 4, 195; 377; 19, 264 etc. Vralt.: Du .. bist „mit nichte“ die kleinest etc. 2, 6; Noch ließ er mit nichte davon. 63 etc.; So seid ihr mit nicht ein tugendlicher Mann. 74; Dein Knecht | in deim Gericht | mit n. | wöllst lassen geurtheilt werden. Ps. 143b, 1. —
c) Zu Nicht(e), zunicht(e), nam. mit machen, zu Grunde richten, zerstören, verderben, unwirksam machen etc.: Den Rathschlag .. zu n. machen. 2. 15, 34; Der uns verderbet und zu n. gemacht. 21, 5; 4, 15; 5, 12; 16, 12; Solltest du mein Urtheil zu n. machen? 40, 3; Ich will die Krone zu n., zu n. machen. 21, 27; 6, 6 etc.; Ihr habt Vieles zu nichte gemacht. 9, 52; 153; Der Text, der . . Herzog Georgen Schrift also zu n. und Schanden macht. 6, 7a; Zu n–e macht ein Augenblick | die ganze Folge eines reichen Lebens. 1, 210. Mundartl. auch: Der größten Siege Glanz macht ein Affekt zu nichten. 78 (später: kann Eitelkeit zernichten), s. auch nichtig. So auch: Zu n. schlagen, hauen, prügeln etc. (vgl.: zu Schanden); Man dreschet es nicht gar zu n., wann man’s mit Wagenraden [-Rädern] und Pferden ausdrescht. 28, 28 etc. u. intr.: Zu nicht(e) werden (4. 21, 30; 1. 2, 9; 7, 5; 24, 24; 73, 19; 11, 7; 19, 7; 30, 28; 5; 5, 36; 13, 41: 1. 1, 17; 23, 101 etc.), gehn (4, 21), sein etc., vgl.: Kaputt; zu Grunde gehn etc. — Ungw. aber: Zu n. nütze, denn daß etc. 5, 13 etc.; Sie halfen mir zu n., als meine Eitelkeit | auf einen Grad .. zu treiben etc. 15, 261, st. zu Nichts, wie es in der Quart-Ausg. (von 1794) 5, 149 heißt (also wohl nur Druckf.). — 4) in manchen imperat. Hw. etc., z. B.: Das Vergißmeinnicht; Das Rührmichnichtan; Der Taugenicht(s), Thunichtgut etc., s. die bezügl. Zeitw.; auch in leicht zu mehrenden Scherz-Bildungen, z. B.: Ein Gebe- oder Gieb-n., Einer der n. gern giebt; Herr Kann-n., Will-n. (s. können 4d) etc.
Anm. Die eig. Verneinung (s. 1) ist goth., ahd. ni, mhd. ne u. daraus en (s. 2, 666 ff. u. 1, 68, z. B. noch: Das Gott nit en wolle. 273 etc.), vgl. die verneinenden nie, niemand, nimmer, nirgend etc. zu je, jemand (früher: ie, iemand), immer, irgend etc., s. auch vralt. nienen, niender(t) etc. Gl. 406. N. aber war urspr. substant. (s. 3), ahd. nêowiht, als Verneinung (s. o.) von êowiht, welches zsgstzt ist aus êo (s. je) u. wiht (s. Wicht), also = nicht irgend ein Ding, nicht Etwas, Nichts, — mit vielfachen, verkürzten Nbnf., s. und Gl. 407, mhd. niht (mundartl. nicht), — vgl. nam. auch niwiht, newiht u. enwiht (409 ff.) u. danach noch im ältern Nhd. en(t)wicht = Nichts, nichtswerth, unnütz etc., s. 5, 18, auch als Ew., z. B. im Superl.: Der aller- übelthätigst, verzweifeltst und entwichtest Rauber. 2, 288a. — Aus der mhd. Verstärkung von niht mit vor- angehndem Genit., also nihtes niht, nichtes nicht, nichtsnicht (s. Gl. 408) u. noch nhd. häufig: Nichts (s. d.) nicht ward durch Weglassung des zweiten „n“ unser Nichts, vgl. holländ. niet, Nichts, Null etc., s. Niete 2. — Die zu n. u. nichts gehörigen Gegensätze ohne das Verneinungs-n, icht u. ichts etc.,sind im Allg. vralt. u. nur noch mundartl. (s. Gl. 302; 1, 23; Holst. 2, 186), z. B.: So doch nie icht in die Länge bestanden. 3, 327 Z. 24); Ob .. icht Fruchtbars entspringen wöll. 1; Jchtwas. Hy. 23; 3, 1, 659 Z. 40); 376b etc.: Ehe .. ich noch ichts thun konnte. 8, 315b; 259a; 1, 280a; Davon weder Christus .. noch die alte Kirche ichtes gewusst haben. SW. 26, 19; Ich werde für ichts oder nichts gehalten. hagen Fr. 288 etc., vgl. etwa auch schwzr. ächt G. 208), echt N. 48, 34; 102, 11; 1, 137 etc., s. jedoch Gl. 109 ff.). Von den vielen mundartl. Nbnf. erwähnen wir zunächst als volksthümlich nit = n., z. B. 65; 9, 8; 34, 6; 7, 180 etc.; Stein 1, 22; 53; Fürcht dich nit. 325b; Bin nit so reich. 517a; Der wackre Schwabe forcht sich nit. 379; Einen bessern findst du nit. 291 etc., vgl. schwzr. nüt, nünd etc. 2, 245; Z’nüte werden. G. 327 etc. Vereinzelt auch nich. 36; Ich weiß von Nichts, von nischts (s. u.) niche. 5, 126 etc. Ferner st. Nichts (vralt.): nichtes. 9, 9; 404; 80; 5, 158); 7, 567 etc., vgl.: Vernichter alles Todes, alles Nichtes. 576, was wohl als Genit. des substant. Nicht zu fassen ist; ferner volksthümlich: Außen fix (s. d.) und innen nix. U. 2, 79; Das verschlägt mir nix. 146; Nix, nix! du willst mich betrügen. 320 etc. Ferner: Mit Ihrer gewöhnlichen Antwort: Es kömmt doch nischt dabei heraus. 13, 166, vgl. 12, 240); Von Anno „Komm her und thu mir nischt.“ Sag. 1, 281 etc. Vralt.: Nichzit ausgenommen. 261! Nichzit dester minder. 273 etc.; Wer .. nichtsen acht. G. 1, 79; Nichtsen werth. 52 etc., s. o. das verneinende „en“; Neugst. 590b [Reim: betreugst]; schwzr.: Da ihnen Nieman[d] nüts gedar darin reden. 2, 4; 3, 8; Daß wir nüts lehren, das seinem Willen nit gemäß, noch üzid [Etwas, s. o.: ichts u. Gl. 302] annehmen, das wider die ewige Wahrheit sei. 3, 2, s. 2, 245 ff. u. vernütigen, Etwas nicht achten, herabsetzen, z. B. G. 306; 344 etc.; vernüten. 3, 44 Z. 7. S. auch: aut, naut.
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