Faksimile 0423 | Seite 421
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neiden
Nēīden, tr. und zuw. ohne Obj.:
1) Neid (s. d. 1 und
2) gegen Jemand oder auf Etwas haben, s. ben.:
a) Eine Person oder etwas Personif. n., sie so glücklich halten, wie man es selbst sein möchte, sehr oft mit dem Nbnbegriff, daß man ihnen das Glück mißgönnt oder selbst sie ihres Glücks wegen hasst (s. 2). Das den Neid Erregende kann dabei mit „um“ etc. beigefügt oder in einem grundangebenden Satz ausgedrückt werden (s. b): Er ward ein großer Mann . . Darum neideten [haßten] ihn die Philister und verstopften alle Brunnen etc. 1. Mos. 26, 14; Da Rahel sah, daß sie dem Jakob Nichts gebar, neidete sie ihre Schwester. 30, 1; Daß ihn [den Cederbaum als Bild Assur’s] alle lustigen Bäume im Garten Gottes neideten. Hes. 31, 9; Pred. 4, 4; 9, 6 etc.; Doch neid’ ich nicht das Bonzenheer | um seine dicken Köpfe. B. 40a; Nicht um dich, um deine Lieder | wollen, müssen wir sie n. G. 4, 90; Da er der Wiese Gras um deine Tritte neidet. 7, 5; Welche Fürstin neidete nicht das arme Klärchen um den Platz an seinem Herzen? 9, 158; Wie Held und Dichter sich einander suchen | und keiner je den andernn. soll. 13, 125; Sein Talent kann [nach seiner Meinung] Niemand sehn, | der ihn nicht neidet, Niemand ihn be-n., | der ihn nicht hasst etc. 206; Man neidete sich um seine kleinen Billetts. Gutzkow R. 8, 417; Einen Zunftgenossen, den er begünstigt oder neidet. H. Ph. 4, 181; Könnt’ ich die Knechtschaft nur erdulden, ich neidete nimmer | diesen Wald [um seine Freiheit]. Hölderlin (Wackern. 2, 1256 Z. 24); JvMüller 15, 39; Ich neide nicht die Herrscher. Platen 2, 320; Schon die Gattin neidete ich im Geist, die einst | an deiner Seite stehen würde. 3, 23; Wir n. unsern Sieger nicht, | ihn trifft der Zeiten Fluch. Pol. 25; Ich wurd doch geneidet. HSachs G. 2, 28 [s. Anm.]; Nicht euch, Himmlische dort oben, | neidet sie in ihrem Traum. Sch. 61b; Jch neide die Werber nicht um ihr Fressen und Trinken. Schaidenreißer 7a; Bleibst du mir nur, so werde ich Keine n. W. 20, 202 etc.
b) Etwas n., z. B.: Unzufriedener Mann! du bist ein Dichter und neidest | jenes Alten Talent? G. 1, 250; Hundert n. ihre Reize. H. 8, 227 etc., öfter mit persönl. Dat.: Einem Etwas n. = ihn darum n. (a), z. B.: Dort wägt man besser solchen edlen Schatz, | der Vater neidet ihn dem Sohn. G. 13, 261; Beneid es nicht, wenn Jener .. gefüllete Fässer .. in seinem Keller .. hat | . . Neid es ihm nicht, wenn etc. H. 11, 152; Sie neidete Henrietten das Wohlleben in ihren jetzigen Verhältnissen. Lewald Ferd. 1, 173; W. 4, 287; Ich neidete dir deinen Muth. Tieck Ant. 2, 6; Dich lieb’ ich brüderlich, doch neid’ ich dir | die That die du mir nahmst. Cymb. 4, 2; Dagegen neidet dir der Stadtbediente | das freie Holz etc. W. HB. 1, 197.
c) ohne Obj.: neidisch, mißgünstig sein, schelsehn etc.: Ihr hasset und neidet und gewinnet damit Nichts. Jak. 4, 2 etc.; - Daß die schelen Augen nicht zu sehr n. mußten. Luther SW. 56, 12; Mit einer Lust, die, wenn sie n. könnten, | .. die Engel selbst beneidenswürdig nennten. W. 20, 238 etc. Nam. im Partic.: N–d = neidisch. G. 1, 225; 12, 220; H. 9, 14 etc. c) Dazu: Neider (s. Neidhart), z. B.: Besser Neider als Mitleider [haben]. Sprchw.; Mich einen Neider und Neckser zu heißen. G. Kestn. 157; Der Neider Lästerung. WKoner Sinnspr. 183; Meine Feinde und Neider. W. Luc. 6, 304; Die Neiderin ihrer Schwestern etc. Seltne Fortbild.: Neiderei statt Neid, z. B.: Verleumderei, Brotneiderei. JGMüller Lind. 1, 113 etc., wie auch: Also beschloß sie, die Welt „neidern“ zu lassen. Rank Haus 102. 2) (s. 1) hassen, zunächst aus Mißgunst, z. B.: Seine Brüder neideten ihn [den Joseph wegen seines Traums]. 1. Mos. 37, 1; Hebel 4, 38 etc.; Der Neid wider Ephraīm wird aufhören . . ., daß Ephraīm nicht neide den Juda und Juda nicht sei wider Ephraim. Jes. 11, 13 etc. Veralt. ohne den Nbnbegriff der Mißgunst, z. B.: Die . . die Schmeichler hart geneidet hat. Kantzow 1, 403 etc.
Anm. S. Neid. Ahd. nidón, nidan, mit schwacher, mhd. nîden, meist mit starker Abwandlung und so noch: Wie der Mensch so heftig niet. HSachs 2, 110; Du neidst und wird wi(e)der genieden. G. 2, 156 etc. Angelehnt an n. ist das (mehr) mundartl. neidschen: in feindseliger, gehässiger Stimmung (s. 2 und 1c: Neckser und Neider) Einem Vexationen bereiten, ihn quälen und plagen: An uns zu necken und zu neidschen. G. 7, 214; Schlangen, die es [das Herz] heimlich neidschten. 232; Ach, so neidscht’ und quält’ ich ihn. 34, 239; Er neidscht dich, daß du dich in diese uralte Literatur tauchst, unterdessen er an längst geleerten Eierschalen knabbert. Zelter 3, 70; Einen Mann, den sie wohl neidschen, aber nicht missen konnten. 277 etc., s. das gleichbed.: neisen (Frisch 2, 14c), vergl.: „Hodiernum naußen, plagen, molestare.“ Schilter 627b, ahd. neizjan, mhd. neizen, vgl. Schm. 2, 707.
Zsstzg., s. Spate, z. B.: Án-: Einen a. ihn zum Ziel seines Neides machen. Weckherlin 93.
Be-: sehr gw. statt des (mehr nur noch der gehobnen Rede angehörigen) Grundw., doch gw. nicht ohne Obj. [1c], also: a) [1a] Einen b., ihn um Etwas b.; Darum beneid’ ich ihn nicht, ich möchte nicht in seiner Lage oder Stelle sein; Er ist grade nicht zub., in keiner b–s-werthen Lage; Heut bin ich zu b. G. 8, 3 etc.; Ich beneide dich um diese Reise, ohne sie dir im geringsten zu mißgönnen (s. d. und die Bsp. dort); O, wie muß ich euch b., | gönn’ ich euch auch Alles gern. Hiltscher (Hungari 2, 621) etc.; Besser beneidet als bemitleidet. Sprchw.; Wunderlicher Mann, der du Den lieben kannst, den du beneidest. G. 9, 61; Einen Schatz . ., warum [korrekter: worum] ich ihn beneide. Oehlenschläger Corr. 32; Du sagst, man beneide mich. Armes Ding! beklagen sollte man mich vielmehr. Sch. 188a etc. b) [1a] Etwas b., z. B.: Ich hatte seine hübschen Kleider schon längst beneidet. G. 21, 275; Indem man die Barschaft beneidet. 27, 194; Freuden, | die die Götter selbst b. Sch. 59b etc., noch häufiger: Einem Etwas b., ihn darum b., z. B. Engel 7, 265; Gervinus Lit. 5, 40; G. 2, 308; 4, 2; 13, 144; Stein 1, 176; Wo ist das südlichere Volk, das uns nicht den großen Meister b. sollte? Humboldt K. 2, 75; L. 2, 298; 6, 224; Lewald W. 4, 313; Sch. 102a; 248b; 500a; V. H. 2, 270 etc. c) Zu a und b das adjekt. Partic.: Eine (viel-, all-) beneidete Pers., Lage, Stellung; Die beneidetste der Frauen. Ring Sohn Nap. 1, 256 etc.; Unbeneidet. d) Be- neider unsers Ansehens. L. 11, 24 etc., aber (s. a) gw. nicht ohne abhäng. Genit. e) (s. d) Die Beneidung der Glücklichen, unsres Glücks. Veralt.: Beneidigung (ohne abhäng. Genit.). Olearius Baumg. 60a = Neid, Haß, vgl.: Grimmiges B. Lenau Alb. 47 u. ä. m.