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genau
Genāū, a., –(e)st:
1) körperlich an etwas Verbundnes sich eng anschließend: G. (aufs g–este) anschließen, anliegen, sich anschmiegen, passen, verschließen, zusammenfügen, zusammenleimen, in den Leim bringen (Murner Ul. 88), verbinden etc.; Der g–e Anschluß des Stöpsels; Der g–e Verschluß der Flasche; Die g–e Zusammenfügung und Verbindung der Bretter etc.
2) (s. 1) übertr. und verallgemeinert in versch., vielfach in einander spielenden Anwendungen:
a) von einer bis aufs Einzelne und Besondere sich erstreckenden Verbindung: In der g–esten [engsten, innigsten, speciellsten] Verbindung, Beziehung, Freundschaft mit Jemand stehn, leben; G–e Freunde, Bekannte [s. c]; Diese Dinge stehen g. im oder im g–(st)en Zusammenhang, hängen g. (aufs g–este) zusammen oder von einander ab etc. b)von einer bis aufs Einzelne sich erstreckenden Übereinstimmung, ohne die geringste Abweichung: Die Übersetzung schließt sich g. an das Original an; G. (überein)stimmen; Beide Uhren gehn g. überein; Das ist mit andern Worten g. [ganz] Dasselbe; G. ebenso etc.; G. mit dem Glockenschlage vier; G. um vier Uhr; G. die Hälfte; G–e Übereinstimmung etc. c) bis aufs Einzelne eingehend: Etwas g. wissen, kennen, ergründen, berechnen, bis auf Heller und Pfennig ausrechnen; Mit Etwas oder mit Einem g. [speciell] bekannt sein; G–e Bekannte (s. a), Bekanntschaft, Kenntnis, Berechnung; Ein g–er Kostenanschlag; G–e Stellenangabe; G–es Verzeichnis, Register; Sich g. nach Etwas erkundigen; G–e Erkundigung, Nachforschung; Etwas g. durchnehmen, erwägen, betrachten, mit sorgfältiger Berücksichtigung alles Einzelnen; Jch habe die Arbeit vorläufig nur oberflächlich angesehn, ich muß sie noch g–er durchsehn; Betrachten wir es g–er, so handeln wir Beide thöricht. G. 15, 16; In das Feinere und G–ere zu gehen. 39, 438; Alle einschlägigen Versuche des G–eren beschreiben. Linck Schl. 50; Von denen ich sogleich des G–eren sprechen werde. Prutz GschTh. 126 etc. d) mit Dem, wie es sein soll, mit dem Richtigen (ohne daß Dies immer genannt wird) bis ins Einzelne übereinstimmend; ohne die geringste Abweichung davon: Die Uhr geht ganz g. (richtig), auf die Minute g.; Eine g–e Wage; Ein aus freier Hand gezeichneter Kreis ist nie so g. wie ein mit dem Zirkel geschlagner; Eine g–e Abbildung; Alles bild’ ich nach g. Sch. 66a etc. e) sorgfältig, so daß auch im Geringsten keine Abweichung von Dem, wie es sein soll, statthat, streng, pünktlich: Angstlich oder peinlich g. in Etwas sein; G. auf Etwas achten, Acht oder Obacht haben, es in Acht oder Obacht nehmen, beobachten, bewachen, darauf wachen, sehn, halten; Sich g. an die Vorschrift, an das Muster etc. halten, binden; Etwas g. abpassen, abzirkeln, (ab)messen, wägen etc.; Ein g–es [vgl. als Ggstz. weites] Gewissen haben etc.; Eine g–e Beobachtung der Regeln, des Ceremoniells etc.; Der Briefsteller hat .. keine so ängstlich g–e Methode als der Kompendienschreiber. Engel 7, 297; Das Schweigen geziemt allen Geweihten g. G. 1, 225; Bewacht sie g.! aufs g–ste! 35, 47; Schauest .. so „gnaw* darauf, daß du alle meine Schritte zählest. Luther 6, 1b; Gerechtigkeit ist eine Sache, | die man nie zu g. in Obacht nehmen kann. Nicolai 1, 12; Ihr seid g. in eures Kaisers Dienst. Sch. 389b; G. und präcis im Ausdruck sein etc. So nam. oft: Etwas g. oder es g. mit Etwas, mit Einem nehmen, streng, à la rigueur, z. B.: Nimm’s, Bruderherz, nicht zu g.! Cham. 3, 209; G. 1, 112; Er hat zuerst den fremden Lehrern nachgesehen, hat’s so g. nicht genommen. 9, 154; 11, 182; 174; Es mit den Mitteln so g. nicht nehmen. 25, 75; Da sie es mit ihrem Rufe gar nicht g. nahm. 28, 208; 31, 35; Hebel 3, 294; Er hat’s sein Lebstag nicht g. mit mir genommen. Müllner 5, 307 etc.; Der Mann soll sein Weib lieb haben, etwas nachlassen, nicht „gnaw“ mit ihr handeln. Luther 1, 251a etc., auch: G. genommen. Prutz GschTh. 184 etc. = wenn man’s g. nehmen [mit dem scharfen, eigentlichen Ausdruck bez.] will; G. gesprochen oder zu sprechen, zu reden; Es gebe nämlich, g–er zu reden, nicht unzählige, sondern nur fünferlei Regierungsformen. W. 24, 122 etc.; ferner: Ob es kräftig oder zierlich, | geht uns so g. nicht an. G. 1, 119, Das nehmen wir so g. nicht, darum kümmern wir uns nicht so sehr. f) eben nur das Ausreichende oder Nothwendige enthaltend, Nichts darüber, vgl. knapp = kaum soviel: Knapp drei Ellen, kaum; eher weniger; G. drei Ellen, nicht weniger, aber auch nicht mehr etc.; Mit g–er [oder knapper] Noth (s. d.), z. B. Guhrauer Less. 1, 5 etc. = kaum. Ferner: Diesen Leib. Sein reizender Kontour | floß wellenhaft . .. zwischen dem G–en | und Überflüssigen so weich und lieblich hin. W. 20, 286 etc. g) seinen (pekuniären) Vortheil zu wahren auf das Äußerste bedacht, so daß man das Seinige sehr zu Rath hält und nicht mehr als das Allernothwendigste auszugeben oder Andern zukommen zu lassen beflissen ist: Um Etwas g. markten, feilschen, dingen, handeln; Das ist so g. bedungen, ich kann Jhnen Nichts mehr ablassen; auch: Der g–(e)ste Preis, der äußerste, von dem Nichts mehr abgeht etc.; [Du sollst] nicht Alles „gnaw“ aufsammeln . ., auch deinen Weinberg nicht „genaw“ lesen .., sondern dem Armen . . es lassen. 3. Mos. 19, 9 ff.; Was hab ich nicht schon Alles schaffen müssen? | Die Mutter ist gar zu g. G. 11, 133; Es ist eine Lust, mit ihnen zu verkehren, ob sie gleich g. sind; denn man hat zwar keinen großen, aber einen sichern Gewinn. 19, 4; Du lebest zu g. Hagedorn 2, 208; Der g–e Wirth ließ sonst Niemand über seinen Vorrath gehen. Lewald W. 4, 120; So g. der Bauer ist, so sehr er seinen Vortheil .. wahrzunehmen weiß. RothE. 106; Sehen sie so „genaw“ auf ihren Pfennig und geizen. Luther 5, 410b; Geizest du mit Augenblicken? | Bist du, lieblicher Verschwender, plötzlich so g. geworden? Platen 2, 65; HSachs G. 1, 191; Gar sparsam sie sich nähren, | gar leben sie g. Spee (Wackern. 2, 292 Z. 28); Er .. ist fleißig, lebt g. | und kauft sich bald ein Schweinchen. V. 4, 127; Hatte einen g–en Hofmeister. Zinkgräf 2, 23 etc. h) (selten) Mit dir steht’s nicht g. [just, richtig]. H. 8, 372.
3) Dazu (1 und nam. 2):
a) Der scharfen G–heit der Hand. Pestalozzi 4, 348; Eine G–heit und. Bestimmtheit im Anschauen und Beurtheilen. 324 etc. Häufiger:
b) Mit einer bewundernswürdigen G–igkeit zusammengefügt und abgeglättet. Forster R. 1, 320; Die G–igkeit der Verbindung, in der wir mit ihnen stehen. Garve Phil. 1, 30; Daß ich die Gegend mit der Magnetnadel aufnähme .. Wenn es auch nicht die größte G–igkeit gewährt. .. Denkst du einmal an eine g–ere Ausmessung. G. 15, 26; Ihre [der Landkarten] G–igkeit. 19, 194; Weil nun hierzu eine große G–igkeit und Reinheit erfordert wird. 30, 347; Aufmerksame G–igkeit. 31, 106; Für seinen künftigen Beruf mit dieser kümmerlichen G–igkeit [2h] sammelt. Sch. 1003a etc.
Anm. Mundartl.: Gieb nau Acht. Auerbach D. 1, 14 etc., s. nam. Brem. Wörterb. 3, 224 auch für die Bed.: nau, a.: g., karg, enge, sorgfältig, kaum, mit den Fortbild. (vgl. Spate 1336): nauen: beengen, pressen (z. B.: Wenn die Noth nauet) u. Zsstzg.: Einem Etwas abnauen: abpressen; benauen: beengen, beklemmen (z. B.: Ob seinem .. benauten Aussehen. Heine Lut. 2, 100; Mir wurde all ganz benauet [beklemmt]. IGMüller Lind. 4, 311 etc.; Er, von Waffen unbenauet. Spee Tr. 300 etc.), dazu: Die Naute, Benaute, Benautheit = Enge, Herzensbeklemmung etc. Wohl eines Stamms mit nah und Noth, s. Schm. (wo auch die veralt. Bed.: beinah) und Wackern. Gl. 397. Vgl. auch nagen und knausern. Ältre Schreibw. g(e)naw. Luther (s. o.); Murner Ul. 88; 89; Greifen darein als ich „uf das gnawest“ kann. 134 [möglichst wenig]; Allergnöwest. 51; Genow. Brant N. 33; 61. Veralt. Adv.: Genawlich [accurat etc.]. Egenolph Abm. 23 etc.
Zsstzg. z. B.: Somit lässt sich auch das Ende haar-g. [haarscharf] vorausbestimmen. Bamberger (Demokr. Stud. 163) etc.; Wie viel weiter in sinniger Betrachtung organischer Naturwesen sind wir seit dem fleißigen und über-g–en [allzu-g.] Lyonet gekommen. G. 27, 327; Über-g. [2h], ja ein Filz sein etc.; Un-g–e Rechnungen, Beobachtungen, Messungen, Citate etc.; Die Un-G–igkeit des Resultats, der Messung, des Ausdrucks etc.