Faksimile 0376 | Seite 374
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nachten
II. Náchten, intr. (haben):
Nacht oder nächtig dunkel sein oder werden, eig. (unpersönl.) u. übrtr.: Sieh dort den Berg mit n–den Geklüften. Beck FahrP. 4, 22; Der Tag erschien; mir war als ob es nachte. G. 2, 88; Daß es auch in ihr zu tagen und zu n. schien. 19, 172; Nach diesen Sommernächten, wo’s nicht n. will. 33, 23; Wolken, die stets n–der wälzt der Orkan. Kl. Od. 2, 160; Wenn das Leben uns nachtet. Lenau (Echtermeyer 547); Alb. 6; Wo unter uns des Abgrunds Tiefen n. Meißner Gd. 83; Es tagt’ und nachtete dreimal. V. Th. 12, 1; So nachtet der Sinn [ist verdunkelt, befangen]. Ov. 1, 361; N–de Sonnen. Ant. 1, 190 etc. Ferner als scherzh. Ggstz. zu tagen (s. d. = Tagsatzung halten): Wo der deutsche Bundestag nachtet.
Zsstzg.: Be-:
1) intr. (vralt.):
a) Nacht werden: Ehe es benachtete. Möser Osn. 3, 195.
b) die Nacht bei einer Beschäftigung bleiben: Im Gebet b. [die Nacht durchbeten]. Franck Weltb. 167a.
c) die Nacht wo bleiben, über-, durch-n.: 178b; Keller Fastn. 214.
d) von der Nacht überfallen werden, schwzr. ent-n.: So wir b. sollten, | wir halt daselbsten bleiben wollten. Ayrer 358a.
2) tr.:
a) mit Nacht oder Dunkel bedecken, vgl. durch-, ent-, um-n., gw. im Partic.: Die benachteten Wipfel Cithäron’s. B. 249a; Der benachtete Himmel. Kl. M. 16, 412; 10, 578; Spee Tr. 253; Durch- irr’ ich des Lebens | benachteten Pfad. Stamford (Matthisson A. 7, 138); Eine benachtete Höhle. V. Od. 12, 80 etc.
b) (vralt.) wie „nächten“, einen Tag anberaumen, Schm. 2, 673 insofern die Alten eben nach Nächten st. nach Tagen rechneten —: Jemand b., vorladen, citieren; Benachtung. Clev. Lehensord. (s. Frisch 2, 4c).
Durch-:
1) intr.: die Nacht durch wo bleiben, über-n., be-n. (1c): Den ohne Gefährde | hier d–den Schwestern. Baggesen 1, 252; Wo d. wir alsdann? B. 291a; Manchen Wald habe ich durchwandelt . ., in mancher Mühle durchnachtet. G. 6, 331 etc.
2) tr.: durch und durch mit Nacht und Dunkel erfüllen, gw. im Partic. (s. be-n. 2a): Die tief durchnachtete Grotte. Baggesen 1, 85. Ent-:
1) tr.: im Ggstz. zu be-n. (2a): von der Nacht und Dunkelheit losmachen: Daß entnachtet jetzo die Hölle, | helle vor sich selber erschrak. 2, 337; Der den Geist in Irrsinns Nacht versenkte, | kann den Geist auch wiederum e.
2) intr. (schwzr.):
a) be-n. (1d). Rütte.
b) auswärts die Nacht zubringen. Ders. s. Fasching, Anm. s. über-n. 2c. Mitternacht, tiefste Nacht werden: Was dunkel, was Nacht nur an ihm war | mitternachtete jetzt. Sonnenberg (selten).
Fāß-: Heráb-: Mítter-: Über-:
1) intr.: die Nacht über wo bleiben, ngm. im Quartier sein (vgl. 2a): Als wir bei dem Köhler übernachteten. G. 18, 342; Ho, ho! ein Schwein geschlachtet! | .. Laß doch sehn, | ob’s hier wohl übernachtet! V. 4, 128; Man sah sie einst sogar . . | in einem Gartenzelt beisammen ü. W. 10, 114; Das Ü. | im Gasthof. HB. 1, 241 etc. Jn ungw. Form: Daß ich flöge, Rast zu suchen, | ferne weg, in weite Irre, | übernächte [übernachtete] in der Wüste. Mendelssohn Ps. 55, 8. S. I nächten.
2) tr.:
a) (s. 1) Einen die Nacht über beherbergen: Wir ü. die Fremden hier in der Hütte. Freytag DW. 14 etc. Dazu: Übernachtet [die Nacht über einquartiert] sein (vrsch. das Pers. von 1: übernachtet haben), z. B.: Ein anderer Wandersmann, der in der nämlichen Kammer übernachtet war. Hebel 3, 4.
b) mit Nacht, Dunkelheit überdecken (s. be-n. 2a): Ob auch sein Verbrechen übernachtet [ist|, | entgehen soll er nicht der Strafe. Hausmann (Campe); Vom Schrecken der Freude | übernachtet [des klaren Bewusstseins beraubt]. Kl. M.
c) scherzh.: Ich wollt euch ü. [in dem Vergleich der Nacht überbieten]. Schlegel Kaufm. 5, 1, vgl.: Ich nachtet’ euch herab. V. Sh. 2, 114.
Um-:
1) tr.: mit nächtigem Dunkel umhüllen etc.: Zum umnachteten Erdpol. Baggesen 1, 130; Von Todesschlaf umnachtet. Gotter 3, 569; Den Strahl eines reinern Bewusstseins in deine umnachtete Seele werfen. Gutzkow R. 5, 399; Der Wahnsinn umnachtete sein Gemüth für immer, der Glaube ist eine Umnachtung (b) für den Augenblick. Z. 4, 338; Das Leid, das mich umnachtet. Hartmann Pet. XXXVIII; Hat Finsternis | umnachtet seiner Stirne Falten. 166; Im Kerker, der uns umnachtet. Hölderlin H. 1, 55; Düstere Schwermuth umnachtete die .. Burg. Kosegarten 2, 264; Seines düster umnachteten Daseins. Lewald Ad. 42; W. 4, 192; Meißner Gd. 11; Ein Blick . ., trüb umnachtet. Platen 2, 96; Von Wolken war mein trüber Sinn umnachtet. 108; Rückert 2, 77; 6, 325; Welch schwarze Ahnung mir | den Sinn umnachtet. Sch. 595b; ESchulze 3, 47; Schwab 155; V. 3, 213; Die umnachtete Styx. Georg. 1, 243; Umnachtete Kimmerier. Ant. 1, 279; Il. 4, 167; 5, 864; In umnachteter Grotte. Ov. 1, 299; Die [Diejenigen, welche] Hügel schon u. Werner Osts. 1, 8 etc.
a) Schmerz-umnachtet. Meißner Gd. 130, von Schmerz umnachtet etc.
b) In jener heiligen Umnachtung, | wo jede Sehnsucht wird geheilt. Lenau Sav. 22; Was will die Sonne hier, da längst Umnachtung | ich übern Horizont der Welt verbreitet? Platen 1, 339; In des Aīs Umnachtungen. V. Th. 16, 30 etc.
2) (s. 1) refl.: Das Aug’ umnachtet sich. Echtermeyer 2, 612 (Scherenberg); Grün- eisen 106 etc. Ver-, tr.: in nächtiges Dunkel verhüllen: Erde, vernachte und verschlinge mich! Heine NG. 312.