Faksimile 0358 | Seite 356
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Müßigen
Mǖßigen, müssigen:
tr. (veraltend):
1) (s. müssen, Anm.) am füglichsten in der zweiten Form: Einen zu Etwas nöthigen, veranlassen: Zu .. Ämtern angesucht, berufen, erwählt und gemüssiget werden. Frank Weltb. 76a: Ich bin mit Furcht und Gewalt dazu gemüßiget worden. Spate etc., nam. mit abhäng. Infin.: So zu lehren aber werde ich leider gemüßigt. Kosegarten Rh. 3, 251; Einen Verdacht, den er durch die nachdrücklichste Vertheidigung der gegenseitigen Lehre zu vernichten sich gemüßiget sah. L. 8, 372; Da es vermuthlich die letzte Gefälligkeit dieser Art war, zu welcher er sich jemals wieder herabzulassen gemüssiget sein würde. W. 6, 140 etc.
2) frei lassen, frei aeben, z. B.: Von der Göttin Kalypso sieben Jahr gehalten, erst im achten Jahr aus Geschäft [auf Befehl] Jovis gemüssigt. Schaidenreißer XII, s. Schm. 2, 639 und refl.: sich einer Sache enthalten (vgl. müßig 3): Des Volltrinkens und anderer Laster sich m. SFranck Chr. 1, 415; Jch konnte mich auch schwerlich des Lachens müssigen oder mäßigen. Moscherosch (Wackernagel 3, 1, 654 Z. 8); Sich weltlicher Geschäften zu entziehen und müssigen. Stumpf 374b.
Zsstzg. z. B.: Áb-:
1) [1] (Kanzleispr.) Einem eine Erklärung a., abnöthigen. Campe.
2) [2] Sich [Accus.] a. (von Etwas), sich davon los, frei machen (vgl. 3); Könnten Sie sich soviel von Ihrer Denkart auf einige Augenblicke a. Hippel Leb. 4, 342; Wenn ich mich den Winter auf acht Tage a. kann, so möchte ich doch wohl nach Hamburg reisen. L. 12, 382; Es sind Personen bei ihm, von denen er sich keinen Augenblick a. kann. Gal. 4, 5; Die Länder hab’ ich nur von Zeit zu Zeit | des Blicks gewürdiget, da selten ich | von meinem Tagebuch mich abgemüßigt. Platen 3, 178; Weil ich mich immer noch nicht von Rom a. könnte. W. Cic. 1, 127; Simson konnte und mochte sich von seinem Gedanken, die auf seine Liebste gerichtet waren, so lange nicht a. Zesen Sims. 121 etc., auch mit abhäng. Infin.: Der sich nicht einmal auf der Straße a. [enthalten] könne, gelehrte Dinge zu treiben. W. Luc. 5, 143 etc.
3) Eine Zeit, eine Stunde, einen Augenblick a. oder sich [Dat.] a. (vgl. 2), von der Arbeit, dem Geschäft abbrechen, um sie zur freien Verfügung für sich (als Mußezeit etc.) zu haben: Alle abzumüßigenden Stunden und Tage in freier Luft zubringen. G.; In Stunden, die Sie von ihrem Dienst a. können. Lichtenberg; Wenn ihr noch einen Augenblick von euren Geschäften a. könnt. Tieck 3, 36 etc. Selten (s. 4): Wenn mein langes Geplauder dir Zeit abmüßigte [entzog]. V. H. 2, 309.
4) (ugw., scherzh. s. 3): Einem seine Börse a. Platen 4, 81, stehlen, nehmen. Be- [1]: Die Lektion beginnt um 8 Uhr, er sieht sich jedoch nicht bemüßigt, sich .. so früh einzufinden. Mo- natbl. 2, 441; Jene Reisenden . ., die ihr Unstern bemüßigte, hier Ruhe und Nachtlager zu suchen. Sealsfield Leg. 1, 2 etc.