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Musik
* Musīk (gr.), f.; –en; -:
1) Tonkunst, d. h. die Kunst, Töne in einer dem Ohr angenehmen Weise als Ausdruck von Empfindungen und Seelenzuständen zu verbinden, oft auch personif., s. Polyhymnia: M. studieren; Sich der M. widmen; Einen in der M. unterweisen, unterrichten; Rhythmus, Melodie und Harmonie sind die Grundpfeiler der M.; So weit entfernt wie jene sogenannte Tonkünstelei von der M. Zelter 5, 252 etc.; Der M–en (–⏑⏑) ein Meisterin. Luther (Wackernagel 2, 21 Z. 2). Auch: Ein edler Philosoph [F. Schlegel] sprach von der Baukunst als einer erstarrten M. .. Wenn wir die Architektur eine verstummte Tonkunst nennen. G. 3, 259, vgl.: Der so oft von den Platten bekrittelte und bespöttelte Ausdruck Friedrich’s, die Architektur sei versteinerte M. Dor. v. Schlegel (Dorow 4, 118); Es steigt der hohen Säulen Pracht | und der gefrornen M. [–⏑, Anm.] Schall | ist ganz harmonisch über- all. Hebel 2, 165 etc.
2) (s. 1) Werke, Erzeugnisse der Tonkunst, wie auch: die Ausführung oder der Vortrag solcher Werke, und verallgemeinert: ein dem Ohr angenehmes Ganze von Tönen etc. und übertr.: Von wem ist die M. zu dieser Oper?; Ein Freund italiänischer M.; Türkische M., s. Janitscharen-M.; Einen mit M. empfangen; Einem eine M. bringen, ein Ständchen; M. machen, auf Instrumenten spielen, s. auch gw.: Einen in der M. unterrichten, unterweisen; M. lernen etc.; dagegen: Zu einer Gruppe .. habe ich ein M–chen gemacht [komponiert]. Zelter 2, 377; In seinen auf jedem Pult anzutreffenden M–en [Kompositionen]. Schlichtkrull Lat. Mag. 289 etc., ferner: Panzer- und Schwertergeklirr | sind die M. alsdann, die ehern ihn umbraust. Freiligrath 1, 427; Da Sie so ganz der M. der menschlichen Seele in ihren tiefsten Accorden zu lauschen verstehen. Gutzkow Z. 2, 242 Machte die unendliche schöpferische M. des Weltalls zum einförmigen Klappern einer ungeheuren Mühle. Novalis 1, 199, s. Sphären-M.; Wie wurde mir, als ich ins Innre nun | der Kirchen trat und die M. der Himmel | herunterstieg. Sch. 409b, s. Himmels-M.; Der Mann, der nicht M. hat in ihm selbst. Schlegel Kaufm. 5, 1 [den Sinn für M. etc.]; Es ist nicht irdische M., | was mich so freudig macht, | mich rufen Engel mit M. Uhland 282; Sie anzuschauen, die M. ihrer Lippen zu hören. W. 27, 27 etc.
3) zuw.: die M. Machenden oder Musikanten: Die M. war in einem Nebenzimmer aufgestellt etc.
Anm. Aus gr. μocή, lat. musica, so ahd. (mhd. museke) und noch bei Luther mit lat. Abwandl.: Sie haben „Musicam“ gelernet. Sir. 44, 5; Musica ist eine schöne liebliche Gabe Gottes. SW. 62, 111; 307 ff. und noch: Ihr habt ja sonst euch | an der Musica ergötzet. Scheffel Tr. 190; Hoch geschwenkt den vollen Beutel, l Das giebt eine Musika! WMüller 1, 108. Daran schließt sich die südd. übliche Betonung –⏑ (s. Schm. 2, 635 und Kl. Gel. 229), die sich bei Ältern, vereinzelt auch noch bei Dichtern findet, s. z. B. 1 (Hebel); Opitz 1234; M. ist die Kunst der Liebe. Schlegel Gd. 1, 152; Spee (Wackernagel 2, 275 Z. 21; 281 Z. 26); So stimmen wir auch unsre M. an. Uhland 203 (204 ⏑–); Weichmann 3, 154 etc. Als Regel aber gilt im Hochd. heute nach dem Frz. jamb. Betonung (⏑–).
Zsstzg. z. B. nach den vrsch. Instrumenten, nach der Ortlichkeit oder der Gelegenheit, wofür die M. best. ist, dem davon Begleiteten etc., leicht zu mehren nach den folg. (vgl. die von Klang, Ton, Melodie, Marsch etc.), meist zu [2]: Ābend-: abendliche, nam. abendlich gebrachte, Ständchen, s. Morgen-, Nacht-M.: Fenstern | dann mit A. V. 1, 155 etc. Ábschieds-.
Áfter-: im Ggstz. der wahren Kunst und ihren Werken [1; 2]: Die A., die, mit üppigem Modegeklimper | sinnlos kälbernden Tanz nachhüpft. V. 1, 169 etc., vgl. Un- M. Ballétt-.
Bléch-: von Blechinstrumenten. Chorāl-. Dórf-.
Ehren-: eine Jemand zu Ehren gebrachte Musik, Ständchen.
Féld-: für die Soldaten im Felde, Militär-M.: Unter klingender, lustiger F. Hackländer SoldKr. 14; Die F. [3] begleitete den Gesang. Sch. 963b etc. Ungw. st. Hirten-M. Spate.
Fést-: zur Festfeier, zum Festzuge etc. gehörig.
Figurāl-: mit Figuren (s. d. 8b) verziert.
Flȫten-: Ihre Stimme ist eine wahre F.
Gárten-: gw. von Blase-Instrumenten.
Gássenhauer-: in der Weise von Gassenhauern, s. Leierkasten-M.
Glūth-: feurige: Strömt eine G. aus deiner vollen Seele | voll trunkner Siegeslust. Freiligrath SW. 5, 344.
Harmonīē-: bloß von Blasinstrumenten, s. Harmonie 3.
Hímmels-: himmlische, vgl. Sphären-M. Hírten-. Hóchzeits-.
Höllen-: schreckliche, vgl. als Ggstz. Himmels-M.: Zu H–en, | zum teuflischen Ton. G. 8, 308.
Instrumentāl-: durch Instrumente erzeugt, im Ggstz. der Vokal-M.: Bei J–en. 17, 322.
Jāgd-: Horn-M. bei Jagden, auch: Die J. | der Hunde. Schlegel Somm. 4, 1.
Janitschāren-: türkische Musik, Feld-M. von Blase-Instrumenten, verbunden mit Becken, Trommeln etc., vgl. Schm. 1, 181.
Kámmer-: Musik zur Aufführung in Zimmern (fürstl. Gemächern) bestimmt, Koncert-M., im Ggstz. zur Kirchen- u. Opern- M.
Kanōnen-: Kanonendonner als Musik aufgefasst (Schlacht-M.): Nach K. zu tanzen. Sch. 122b.
Kátzen-: das widerliche Schreien und Heulen von Katzen, nam. zur Rammelzeit: Kater . ., die auf dem Dache .. der jungen Katze vom Hause ,. eine Serenade brachten und so jämmerlich in die Wette heulten . . Die K. W. 1, 227; Hunde- und K. Spate etc. (vgl. Lichtwer 33), dann auch ein ähnliches Durcheinander widriger Mißtöne: Jeder streicht zu, versucht sein Glück, | es ist zuletzt eine K. G. 3, 106; Die unrhythmische K. [dieses Latein]. V. Georg. XIII etc. und bes.: Einem eine K. bringen, im Ggstz. der ehrenden Ständchen durch solche Miß- und Un-M. der Verachtung etc. gegen ihn Ausdruck geben: Man brachte den Generalen eine K. Cham. 5, 174; Über die K–en von Philipps (1849) etc., vgl. Charivari, Thierjagd, Katzenconcert, Haberweide etc.; K–a. Scheffel Tr. 154.
Kírchen-: Gewisse K–en. G. 22, 80; 3, 157.
Kírmes-: Während tanzende K. um ihn her jubelte. Heine Reis. 3, 205. Kóncert-.
Krīēgs-: Feld-M.
Lēīchen-: Trauer-M. bei Leichenbegängnissen. Lēīerkasten-.
Militǟr-: Feld-M., s. Janitscharen-M.
Míß-: mißtönende, vgl. Un- M.
Mórgen-: s. Abend-M.: Der neuankommende Brunnengast wird mit einer M. bewillkommt.
Nácht-: (s. Abend-M.) nächtliche Musik: „Hörst du Etwas?“ Den seufzenden Windlaut durch die Ritzen des Thurms, eine N., davon Einem die Zähne klappern. Sch. 135a; W. 12, 279. Opern-. Orchéster-.
Orgel-: Kirchen- M., auch (vgl. Drehorgel): Herzieht O., dem Zug nachkreiset ein Volksschwarm. Sonnenberg D. 1, 468. Quartétt-.
Salón-: JKinkel Jb. 2, 83. Schǟfer-.
Schlácht-: Feld-M.: Flöte und Kithara, welche bei den Doriern hauptsächlich die Sch. bildeten. Koner GrR. 231, s. auch Kanonen- M.
Schnāder-: (vgl. Schnader-Hüpfel u. schnattern): Dem Midähatte des Pan’s Sch. besser gefallen als des Apollinis Harfenklang. JBernouili (s. Crelle Journ. f. Math. 23, 200).
Sēēlen-: seelenhafte, die Seele ergreifende, aus der Seele tönende: [Der Schluß von Goethe’s Egmont] ist ganz aus der äußern Welt in das Gebiet einer ideakischen S. entrückt. Schlegel Dr. 2, 2, 405.
Singe-: Vokal-M.: Da Musik und vor Allem S. den geheimen Gedanken ihres Herzens berührte. Arnim 308.
Sphǟren-: die nach Pythagoras durch die Bewegung der Himmelssphären (s. d.) entstehende Musik, Himmels-M., vgl. Harmonie 4, Tisch-M. und z. B.: Die Sonne tönt nach alter Weise | in Brudersphären Wettgesang. G. 11, 13 etc.
Tāfel-: Tisch-M.: Um die Ohren .. beim Schmause mit T. zu kitzeln. Klinger F. 38.
Tánz-: Aus rauhem Feldlärm wurden muntre Feste, | aus furchtbarn Märschen holde T–en. Schlegel Rich. III. 1, 1. Theāter-.
Tísch-: Tafel-M. und z. B. (vgl. Sphären-M.): Man hört [bei dem Götterschmaus] die T. der Sphären. Hagedorn 3, 191.
Tōdten-: Leichen-M.
Trāūer-: Trauer ausdrückend, z. B. Leichen-M. etc. Triúmph-.
Ún-: Miß-M., eine Musik, die in der That keine ist, diesen Namen nicht verdient: Nicht die U. macht den Musiker sondern die Musik. G. Zelt. 1, 192; Uhland 207 etc.
Vokāl-: im Ggstz. zur Instrumental-M., Singe- M.
Vólks-: aus dem Volk hervorgehende oder doch ins Volk dringende, volksthümliche Musik (vgl. Volkslied).
Wáld-: wie sie im Wald ertönt, z.B. Jagd-M., auch: Die W. der Vögel. W. 12, 231, s. Waldkoncert.
Zwíschenakt-: im Theater die Zwischenakte ausfüllend u. ä. m.