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Mund
II. Múnd, m., –(e)s; –e, Münde, Münder (s. Anm.); Mündchen, lein; -:
1) die Offnung im Kopf, wodurch die Stimme dringt und die Nahrung aufgenommen wird, nam. von Menschen (anthropomorphisch auch von Gott, oft in der Bibel), in der gehobnen Rede auch von Thieren, vgl. Maul (auch die Belege), das hier als der gw., von Menschen aber als verächtlicher oder wenigstens derber und unedler Ausdr. gilt, z. B.: Da that der Herr . . der Eselin den M. auf. 4. Mos. 22, 28; Der Leviathan wolle den Jordan mit seinem M–e ausschöpfen. Hiob 40, 18; 41, 10; 12; Matth. 17, 27; Off. 9, 17; 12, 15; 13, 2; 16, 13; Die .. Ameise .. schleppt mit dem Munde, soviel sie nur kann. V. H. 2, 10 etc., zuw. auch von personif. Dingen (s. 3 etc.). Theils die ganze Mundhöhle bez., theils nur den äußern Theil (vgl. Lippen), z. B.: Einen großen, kleinen, schönen, schöngeschnittnen, rothen, schwellenden, kußlichen M. haben; Das kußliche Mündlein. V. Ov. 1, 346; Einen auf den M. küssen; Schwammen, | sie, M. auf M., dahin und Brust an Brust. W. 20, 187 etc.; Der schreckenbleiche M. [fast = Antlitz] | macht schnell die Schuldbewußten kund. Sch. 59a etc. Als Organ des Sprechens (s. u.) zuw. zur Umschreibung des gesprochnen Worts oder der sprechenden Pers., z. B.: Trunkner M. | thut Wahrheit kund. Sprchw.; Die Rede meines M–es [meine Rede]. 5. Mos. 32, 1; Ps. 19, 15 etc.; Deinem M–e [Worte] ungehorsam. Jos. 1, 18; Dein M. [du selbst, dein eignes Wort] hat wider dich selbst geredet. 2. Sam. 1, 16; Aus deinem M–e richte ich dich, du Schalk. Luk. 19, 22; Aus dem M–e der Kinder hast du deine Macht zugerichtet. Ps. 8, 3; Nach ihrem M–e sollen alle Sachen gehandelt werden. 5. Mos. 21, 6; 4, 27, 22; Auf zweier .. Zeugen M. [Wort, Zeugnis] soll sterben, wer des Todes werth ist. 5. Mos. 17, 6; 19, 15; Matth. 18, 16; Durch zweier Zeugen M. | wird allerwegs die Wahrheit kund. G. 11, 129 etc. (s. a). Ferner in Bezug auf das Sprechorgan, z. B.: Bewahr die Thür deines M–es. Mich. 7, 5; Ich will euch M. [Rednergabe] und Weisheit geben. Luk. 21, 15; Ihm schenkte des Gesanges Gabe, | der Lieder süßen M. Apoll. Sch. 57a; Er soll dein M. [der Redner für dich] sein. 2. Mos. 4, 16; Der Rath .. ist des Volkes M. und Hand [s. d. 3]. L. 3, 341 etc. Ferner in Bezug auf den Genuß von Speis’ und Trank, z. B.: Du warst genährt, M., was begehrst du? G. 29, 224, nach frz. bouche, que veux-tu? = wie’s der M. [das Herz] nur verlangen konnte etc.; M. an und ab, M. ab und an [den Becher]. WMüler 2, 75 etc. Nach diesen Vor-Bem. erwähnen wir von den gew. Verbind. (die zuw. auch auf Personif. ausgedehnt werden), durch *die bezeichnend, wo auch Maul (s. d. auch in Bezug auf die Erklärung) üblich ist, nam.:
a) unabhäng. von Präpos., z. B. mit Ew., s. o., ferner nam. in Bezug auf die Rede (s. o.): Thue von dir den verkehrten M. [das Wort als Verkünder und Spiegel des Sinns] und laß das Lästermaul fern von dir sein. Spr. 4, 24; 6, 12; 8, 13; Ein vernünftiger M. 20, 13; Giftiger M. 26, 23; Ein falscher, heuchlerischer, loser M. etc. = Mensch, nach seiner Rede etc.; Reinen M.! [Verschwiegenheit, s. u.: halten]. Laube DW. 5, 145; V. 1, 75 etc.; Reiner M. ist allewege willkommen. Prutz Mus. 3, 79 etc.; Ein fauler M., der wenig spricht etc., aber auch: Heilet den faulen [s. d. 1c] M. [= M.-Winkel]. Rollenhagen Fr. 74 etc.; Henrich saß wie versteinert, seine Augen starrten gradaus und der M. war halb offen. Stilling 1, 134; Offnen M–es [vor Staunen und Schreck]. Platen 4, 356; Mit weit offnen Augen und gähnendem M–e zu gaffen. W. 1, 159 u. ä. m. Nam. in Verbind. mit Zeitw. (alphab. nach dem Grundw.) als Subj. oder Obj.: Einem den M.* verbieten (Benedir 10, 35; G. 18, 117; Waldau N. 2, 13 etc.), Etwas, z. B. ein Eid, Furcht etc. bindet Jemandes M. oder Zunge. Einem den M.* aufbrechen. Sich den M.* verbrennen. Alexis H. 2, 3, 193 etc. Ich will den M.* schon finden. Weß das Herz voll ist, Deß gehet [oder läuft] der M. über. Matth. 12, 34. Einen großen etc. M.* haben, gw. körperlich (s. o.), doch auch wie Maul = das große Wort etc.; Einen losen, leichtfertigen etc. M.*, den M. auf dem rechten Fleck haben; Den M.“ auf, offen haben, gaffend, staunend (s. o.); Die Weisen haben ihren M. im Herzen [reden bedacht]. Sir. 21, 29. Den M.* halten, schweigen, seltner: zuhalten (Jes. 52, 15), auch: Scham hält [bindet etc.] ihren M., | sobald sie reden will. W. 11, 139 etc.; Reinen M. halten (über, wegen, in Bezug auf Etwas, gegen Jemand), in Bezug auf anvertrautes Geheimnis Verschwiegenheit bewahren etc. G. 19, 90; Hebel 3, 66; Heine Verm. 1, 233; L. 7, 282; Möricke N. 269; Musäus M. 3, 111; Sch. 708b; Tieck 2, 39; W. 1, 163; 14, 56; Luc. 1, 108 etc. Den M.* hängen, hängen lassen. Den M. über Etwas krümmen (Nicolai 1, 96) oder rümpfen, schief ziehn. Jemandes M. [ihn auf den M.] küssen. Der M. lief [stand] mir voll Wasser. Thümmel 6, 137, wässerte (s. u.) mir, wurde mir wässrig; s. o. „gehen“. Lord Burleigh leiht dienstfertig dem Gerichte, | dem er den Geist geliehn, nun auch den M. [die Rede, das Wort]. Sch. 412a. Einem den M. nach Etwas wässerig (Kurz Weihn. 59) oder wässern (s. u.) machen; Eine Spröde, welche aus Noth den kleinen M. macht. Möser Ph. 3, 9, frz. faire la petite bouche, durch Gebärden Geringschätzung, Verachtung etc. ausdrücken; Den M.* auf-, zumachen, auf-, zuthun, öffnen, schließen. Die Franzosen nehmen eben gern auch bei kleinen Anlässen den M.* etwas voll. Stahr Par. 1, 45 etc. Wie er den M. öffnete [zu sprechen anfing]. G. 16, 301 etc. Den M.* weit aufreißen; Einem den M.* aufreißen (s. o.: aufbrechen); Sich den M.“ über Etwas zerreißen (oder zerschlagen). Sein M.* ruht nicht. Den M.* rümpfen. Ramler F. 2, 540. Sich den M. zerschlagen (s. o. zerreißen). Den M.“ schließen, zumachen; Das verschließt [bindet] mir den M. auf einmal. W. 27, 405 = Einem den M. zusiegeln. 17, 172. Das Hofgesind sperrt M.* und Augen auf. W. 12, 42 etc., auch: Den M. wider Jemand aufsperren. Hiob 16, 10. Den M.* spitzen, zuspitzen, z. B. zum Kuß. W. 11, 255. Seinen M. in den Staub stecken, bibl., sich demüthigen, tief beugen. Klag. 2, 29. Sein M.* steht nicht still; Der M.“ stand [lief] ihm voll Wasser. Hebel 3, 216. Einem den M.“ (mit Etwas) stopfen. Ps. 40, 10; Danzel 157; W. 16, 10 etc., Einen zum Schweigen bringen, vgl. eig.: Der M. wird | ihm verstopft. Platen 4, 291 etc. Den M. aufthun, nam.: zum Reden, zum Beginn des Sprechens. Hiob 33, 2; Ps. 38, 14; 78, 2; Spr. 24, 7; 31, 9; Matth. 5, 2; G. 6, 324; Tieck N. 5, 98 etc., zur Lästerung. Off. 13, 6; zum Bösen. Heine Reis. 3, 332 etc.; gegen Jemand. Richt. 11, 35 ff.; für Jemand [sein Interesse wahrend]. Spr. 31, 8; über Jemand [schreiend etc.]. 1. Sam. 2, 1 etc.; Den M. nicht aufthun [schweigen]. Ps. 39, 10; Jes. 53, 7 etc.; Einem den M. aufthun, öffnen, 44 ihn sprechen machen. Sir. 15, 5; 4. Mos. 22, 28 etc., aber auch: Thue deinen M. weit auf, laß mich ihn füllen. Ps. 81, 11; 119, 131 etc., s. auch 3. So darf sie nur reden, wie ihr der M.* [oder der Schnabel] gewachsen ist. L. 7, 71, ihrer Natur gemäß und ungeziert. Seinen M.* bewahren. Spr. 13, 3; 21, 23 etc. Der M.* wässert Einem (nach Etwas). Cham. 3, 204; Hebel 3, 161; W. 11, 62; 34, 35; Luc. 3, 385, oder steht, läuft Einem voll Wasser; Das Wasser im M–e läuft Einem zusammen etc., vor lüsternem Verlangen nach Etwas, vgl.: Er sagte, mit Wasser im M–e: jede Zeile ist köstlich. Börne 4, 328 etc.; Einem den M. nach Etwas wässern [oder wässerig] machen. W. 9, 38 etc. Sich den M. wischen. Seinen M. zäumen. Ps. 39, 2 oder zügeln, sich in seinen Ausdrücken und Worten mäßigen, zügeln. Lächelnd zog den M.* der Paladin sogar. W. 12, 214, verzog das Gesicht ein wenig; Den M.* verziehen; Das Bier war sauer, zog ihm den M. zusammen. Hebel 1, 74 etc. Ferner abhäng. von Präpos. (b—o) alphab.:
b) Daß ich könnt’ ein Schloß an meinen M. legen [das Reden bezwingend etc.]. Sir. 22, 33; 28, 28; Das Siegel, das Demuth und Ehrfurcht vor den Eltern an seinen M. gelegt, war gelöst. Kompert Pfl. 1, 275 etc., s. c; Sich Etwas am (oder vom) M–e* abdarben, absparen etc.
c) Einen auf den M. küssen; Ich muß die Hand (s. d. 5) auf den M.“ legen [schweigen]. Lichtenberg 4, 391; Stilling 4, 142 etc.; Einem ein Schloß auf (oder an, vor) den M.“, ein Siegel auf (oder an) den M.* legen; Den Finger auf (oder an) den M. legen, als Zeichen für Jemand, zu schweigen; Einen oder sich auf den M.* schlagen (L. 6, 244; Rabner 1, 153), lügenstrafen; Auf den M.* gefallen sein, nicht sprechen können. Hackländer Hdl. 1, 192 etc.
d) Aus eurem M–e sollen anderer Götter Namen nicht gehört werden. 2. Mos. 23, 13; Einem entfährt ein Wort etc. aus dem M–e. 3, 5, 4; Mein Gebet, das nicht aus falschem M–e geht. Ps. 17, 1 etc.; Ich hab es aus seinem eignen M–e [von ihm selbst gehört]; Eine Geschichte, die ich für dich aus dem M–e eines wackern Mannes [unmittelbar nach seiner Erzählung und mit seinen Worten] aufgeschrieben. G. 18, 27; Wie Cicero aus dem M–e einer ganzen Welt sagt. W. 34, 140, die Ansicht einer Welt aussprechend etc.; Alle riefen wie aus einem M–e [einstimmig]; Was versteht Glaukon, aus dessen M–e Plato hier spricht, unter „Unrecht thun?“ W. 24, 42, dessen Plato sich bedient, um die eigne Meinung auszusprechen etc. (s. f); Einem das Wort, die Bemerkung aus dem M–e nehmen, genau Das aussprechen, was man eben selbst zu sagen im Begriff stand etc., auch: Einem einen Bissen, etwas zu Verschlingendes aus dem M.“ nehmen, reißen etc.; Aus dem M–e’ riechen, einen stinkenden Athem haben.
e) Das Wasser geht ihm bis an den M.* etc.
f) [Er] thut dir durch meinen M. | aus Phocis eine Post von großer Folge kund. IESchlegel 1, 438 etc., s. d.
g) s. die bei Maul 1g aufgeführten Wendungen, ferner: Einem Worte, Äußerungen etc. in den M. geben, eingeben, inspirieren, z. B. 4. Mos. 22, 38; 23, 5; 5, 18, etc., ebenso: Einem Worte in den M. legen (s. d. 7), auch: fälschlich, erdichtend angeben, daß er sie gesagt; Ein Wort (beständig) im M–e führen oder haben, es oft gebrauchen; Des Herrn Gesetz sei in deinem M–e. 2. Mos. 13, 9 etc.; Einem die Worte im M–e* umdrehn (L. 12, 483; V. Ant. 1, 23), verdrehn etc.; Honig im M–e und Galle im Herzen haben, süß sprechen und Arges sinnen; Gold im M–e haben, führen, auch mit sachl. Subj. (s. 3), z.B.: Dies Fabelchen führt Gold im M–e. B. 32b, enthält eine goldne, sehr werthvolle Lehre; Morgenstunde hat Gold im M–e, Sprchw., ist von unbezahlbarem Werthe für die Arbeit etc.; Aus oder von der Hand (s. d. 6d) in den M. oder zum M–e leben etc., das Erworbne sogleich verbrauchend, nur das augenblickliche Bedürfnis, nicht die Zukunft im Auge habend, z. B. Auerbach Tag. 52; Forster Br. 2, 79; 440; G. 3, 155; 34, 313; 39, 274; Lewald W. 3, 173 etc.; Das Wasser läuft Einem im M–e’ zusammen, s. a: wässern etc.; Gradehin und wie mir die Worte in den M.* kommen. Claudius 5, 60; In dem M–e eines [solchen] Mannes mußten so gute Gründe ein noch stärkeres Gewicht erlangen. Engel 7, 17; Wenn Sie wünschen, nicht lange zu zappeln und im M–e* [Gerede] der Leute zu hängen. Klencke Gsp. 1, 41; Male den Teufel nicht an die Wand! So Etwas muß man gar nicht in den M. nehmen. Lewald W. 1, 314; Auch in Feindes M–e fort | lebt ihm seines Namens Ehre. Sch. 53b; Blieb ihnen die Frage im M–e stecken. W. 18, 7 etc.
h) Mit vollem M–e* [Backen] kauen, essen etc.; Fix mit dem M–e* sein, sich mit dem M–e zu behelfen wissen; Am schnellsten mit dem M–e voraus sein. Gutzkow R. 1, 156 etc.; Mit offnem M–e“ [staunend, gaffend] dastehn, Etwas hören etc. L. 11, 186; Nicolai 1, 274 etc.; Mit M. und Feder [mündlich und schriftlich] sich zu Etwas bekennen. G. 22, 230; Mit Hand (s. d. 3) und M. Einem Etwas versprechen, geloben etc.; Dich mit fröhlichem M–e loben. Ps. 63, 6; Zu ihm rief ich mit meinem M–e. 66, 17; Sie heuchelten ihm mit ihrem M–e. 78, 36; Sie sprachen mit [oder wie aus] einem M–e, in der ältern Spr.: mit gemeinem M–e etc.
i) Einem nach dem M–e* [zu M–e] reden. W. 34, 378, wie er es gern hört, sich seinen Wünschen anschmiegend, auch z. B.: Daß die Gesellschaft gar Manches an mir auszusetzen hatte, und ich, nachdem ich mich ihrem Sinne gemäß gekleidet, ihr nun auch nach dem M–e reden [mich ihrer Sprechweise bequemen] sollte. G. 21, 47 etc. k) Einem (mit dem Theerquast) über den M.* fahren; Jemandes Ehre über seinen M.* springen lassen etc.
1) Einem um den M. [Bart] gehn; Einem Brei, Honig etc. um den M.* schmieren, streichen etc. m) Sich Etwas vom (oder am) M–e* abdarben etc.; Das geht euch flink vom M–e; Laß das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem M–e kommen. Jos. 1, 8; Ps. 119, 43 etc.; Vom M. aus gen Himmel fahren, von der Seele, unmittelbar in den Himmel kommen, ohne Durchgang durch das Fegefeuer; Von M. aus (Kanzleispr.) = mündlich. n) Einem Etwas vor dem M–e’ wegnehmen. Fichte 8, 44 etc.; Kein Blatt (s. d. 4a) vor den M.* nehmen etc. o) Die Hand zum M–e führen, bringen. Spr. 26, 15; Was zum M–e eingehet, Das verunreiniget den Menschen nicht, sondern was zum M–e ausgehet. Matth. 15, 11 etc.; So läuft’s [das Wort] von M. zu M–e schnelle. Sch. 59a; Einem zu (oder nach dem) M–e* reden; Von der Hand zum (od. in den) M.* etc. p) verbunden mit „voll“ (s. d.) als Maßbest. (mit ur. Mz., vgl. Hand 1): Ein Mundvoll = ein Bissen, Bischen: Wie .. der Ritter sich erfrischt | mit einem Mundvoll Luft. W. 11, 81 etc., scherzh. auch: Einen schönen Mundvoll Latein etc. sprechen etc., schwzr.: Mumpfel (vgl. Hampfel = Handvoll), vrkl. Mümpfeli. Stalder, auch in Zsstzg. z. B.: zur Bez. eines leckern Gerichts oder Bissens: Die Pfaffenmündvel oder Gugelhupf [s. d.]. Keler (Auerbach Volksk.) 46; 47. Dazu: mum- pfeln, mit vollem Munde, mümpfelen, in kleinen Stücken essen. Stalder etc., s. mummeln 2 und muffeln1. g) dazu viele Zsstzg., nam. nach dem Wesen, dem der M. angehört oft auch (s. o.) als Theil fürs Ganze dieses Wesen selbst, zumal nach der Beschaffenheit des M–es bezeichnend, ferner z. B. nach der Röthe, der Süße und Lieblichkeit, den Küssen, den Worten des Mundes u. ä. m., s. Zsstzg. von Lippe, Maul etc. z. B.: Aus keinem Dichter-M–e. Gutzkow R. 9, 328; Rückert 1, 9 etc.; Was sein Engel-M. gelehret. Mühlpforth 2, 50; Weggeküsst mit deinem Feuer-M–e | meiner Augen milde Thränenfluth. Göckingk Lieb. 120; Es sprüht vom Flammen-M–e | Allen der Begeistrung Wort. Ausw. d. Lied. 16; Sie öffnen Trug[-] und Frevel-M. Mendelssohn Ps. 109, 2; Gelb-M., eine Schnecke, Murex ricinus, vgl. Silber-M.; Das letzte Wort vom Gna- den-M–e. G. 6, 277; Gold-M. (s. u.: Silber-M.), auch: eine Pers., deren Worte und Rede köstlich wie Gold; Greisen-M. voll Rathes ist ein Hort. Rückert Rost. 56a; So süß, wie Nestor’s Honig-M. die Red’ entströmt; Aus frischem Jünglings-M–e, den noch kein Bart umblüht. Grün Ritt. 19; O, du Kinder-M, | unbewußter Weisheit froh! Rückert (Wackernagel 2, 1541); Was dasteht auf damastnem Grund | verschmähet auch kein Königs-M. Schwab 387; Des Jünglings Auge hängt an dem Korallen-M–e. Nicolai 2, 76; Zschokke 8, 301 etc.; Diesen Kuß-M. [zu küssenden, kußlichen]. Zinkgräf 1, 32; Ich laß Ihnen mit Fächerschlägen diesen Läster- M–zerplatzen. Klinger Th. 2, 224; Er Lecker-M., wie nun? Gleim 3, 355; Seine Kost dem Lieder- M–e weigre nicht. Daumer 1, 26, dem Dichter etc.; Der Vormund, der überhaupt ein Nach-M. [nachsprechender Jabruder] war. Holtei Jahr. 2, 247, s. I: After-M.; Wie’s Propheten- M. beschworen; Der Purpur-M., der Schnee der Wangen. Gryphius; Der zarte Rosen-M. Mühlpforth 2, 13; Schmidt-Phis. 7; W. 11, 169; 26, 284 u. v. vgl.: Dieser Rosenblatt-M; dessen Lippen nur ein wenig geöffnet sind. Waldau N. 1, 199; Sing, o lieblicher Sänger-M. Daumer 1, 309; Silber-M., z. B.: Name v. Schnecken mit silberfarbiger Mündung, Turbo argyrostomus und T. cochlus, ähnlich: Gold-M., T. chrysostomus, wie Mündchen, Name einer Blasenschnecke, Bulla verrucosa etc.; Das einst mit Tauben-M. meine Amme .. mir zugelullt. FMüller F. 7; Tönen tausend Vogel-M–e. Oehlenschläger Gd. 32; Damit aus deutschem Volkes-M. | des Herren Wille werde kund [in Luther’s Bibel]. Echtermeyer 153; Fleethenkieker, wie der Volks-M. sie nennt. Willkomm Bank. 2, 175; Den Zinnober-M. Lohenstein Ros. 71; Er ist zum Küssen! O du Zucker-M.! West Dian. 2, 3. Vielfach auch im Eigenn. (s. Vilmar 1, 49, oft sich mit „Mann“ berührend, s. Frisch 1, 673c), die wir hier nur erwähnen wegen analoger volksthüml. Bildungen, z. B.: Frei-M., Einer der sich frei äußert; Wahr- M. etc.; Spar-M. und Übelleb dem Wohlleb sein Haus abkauft. Sprchw. (Schottel 1145b) etc.
2) (s. 1) M. auch von mundähnlichen Offnungen, zunächst von personif. Dingen, z. B.:
a) in Bezug auf das Verschlingen: Daß die Erde ihren M. aufthut und verschlinget sie etc. 4. Mos. 16, 30; 32; 26, 10; 5, 11, 6 (vergl. „Maul“ 1, 4, 11); Nach jenem Durchgang [des Todes] hinzustreben, | um dessen engen M. die ganze Hölle flammt. G. 11, 32; Flammen | durchbrechen die Mitte, entwallen dem M. [dem Krater des Vulkans]. Kind (Echtermeyer 292); Wer wagt es . ., | zu tauchen in diesen Schlund? | Einen goldenen Becher werf’ ich hinab, | verschlungen schon hat ihn der schwarze M. Sch. 63a; Das war kein glücklich Zeichen, daß des Grabes M. | geöffnet blieb. 513b;
b) in Bezug auf hervordringende Töne: Als Bälge noch nicht athmeten, | der Orgel M. noch schwieg. Ramler 314; Er ließ dem ehrnen M. der Zinken Athem geben. Rückert Rost. 50b; Nur ewigen und ernsten Dingen | sei ihr [der Glocke] metallner M. geweiht. Sch. 80a; Es sind die Steine des Kerkers, die das grausenhafte Wort hervorstöhnen und M. empfangen, um Faust zuzurufen etc. Schubarth G. 2, 21 etc.; auch: Welchen M. meinest du? da die Förze ausfahren? Luther 8, 215a, vergl. ähnlich als euphemist. Bez. für Arschloch: Hintermaul (s. d.); Die unterste Kehle. Olearius Ros. 37b und niesen (am Ende) etc.
c) auch in einzelnen Fällen, wo die Beziehung von a und b minder entschieden od. nicht hervortritt, z. B.: Der M. (bu.
a) der Kanonen, der Geschütze (s. Anm. 2c); ferner: Der M. [gew. die Mündung], v. Gewässern, z. B.: An Ganges letztem M–e. Haller 15 (spätre Lesart: Strande); Wir maßen den M. oder Eingang zu diesem Inwig. Iversen 151b; Weil aber durch auflaufenden Sand der Mund desselben [des Hafens] flach worden. Olearius Reis. 75b etc. Ferner: Hier zieht der Bäcker ein Röstelbrett aus dem Ofen-M–e. Bucher (Nat.-Z. 13, 301); Schleuß, Wunden-M., die rothen Lippen zu. Fouqué Dr. 1, 112; Ranken, | die um den M. der Höhle sich ziehn. W. 15, 146; Führte sie bis an den M. des Schachtes. Zachariä 1, 346 u. am häufigsten (Anat.) von dem Eingang gewisser Körpertheile: Der M. des Magens oder Magen-M.; Der M. der Gebärmutter oder Mutter-M. etc.
3) s. 1q: Silber-M. Anm.: 1) Goth. munths, ahd., mhd. munt. Ob etwa (vgl. Anm. zu muh, mumm, Munk etc.) als Organ des Brummens etc. und Sprechens? 2) Die Mz. wird im Allgem. vermieden, vgl. z. B.: Alle Knie, die sich nicht gebeugt haben vor Baal, und allen M., der ihn nicht geküsset hat. 1. Kön. 19, 18; Die Wundergewalt | beides so mächtigen M–es. Droysen A. 3, 474 etc., doch findet sich (vgl. ahd. munda, mhd. munde und münde):
a) So viel M. [Personen], soviel Pfund [Theile], Das ist das wahre Erbrecht. Gotthelf U. 2, 229. Gieb uns unser täglich Brot vom Zucker | holdseliger geliebter süßer Munde. Daumer 1, 39; Zarte M–e. 47; König Bußf. (1836) 82; Oehlenschläger Inseln 4, 309; Ich zeig euch des geliebten Cäsar’s Wunden, | die armen, stummen M–e [2b], heiße die | statt meiner reden. Schlegel Cäs. 3, 2; Ob ein Gott mir hundert ertönende M–e mit Zungen | schenkt’. V. Ov. 2, 91 etc., s. 1q: Vogelmund.
b) Durch die Münde der Menschen herumgetragen. Arndt Ber. 54; Was damals alle Münde und Herzen bekannten. 87; 273; Erinn. 28; So viele Schnabels und Nasen und Münde. Claudius 3, 22; Verhüllen ihre Münd mit den Tartschen. Franck Chr. 7a; Wie Gänseleberpasteten nur für gelehrte Münde. Hegel 17, 583; Hielt unsere Münd mit seinen Händen zu. Schaidenreißer 16a; Zu schauen die Macht | zwei so gewaltige Münd’ [Dichter]. V. Ar. 3, 161 etc.
c) Daneben auch: „Ich habe doch, was ein M. heißt“. Ein M., aus 12 Mündern zusammengesetzt. Alexis Sh. 1, 138; Derweil aus den Mündern der .. Kapitäne Streifen vorgingen, darauf geschrieben stand etc. 3, 162; Rol. 1, 41; Wold. 2, 131; Zwölf Nächt. 1, 81; Hörten wir das Gedonner der ehernen Münder verhallen. Chamisso 5, 116; Seht das Geschütz auf den Laffetten stehn, | auf Harfleur mit den Mündern tödtlich gähnend. Schlegel Sh. 7, 63, auch: Der die Abgründ’ ergründet | und die Strom-Münder mündet. Rückert Mak. 2, 18 etc. 3) Schwzr. Vrkl.: Mündschi = Mäulchen (s. d. 3), Küßchen, mit Ableit., s. Stalder.
4) Als Bstw. in vielen Zsstzg. zur Bez. des unmittelbar zur Tafel eines (vornehmen) Herrn, zu seinem eignen Gebrauch Dienenden, z. B.: M.-Becher, -Semmel, -Tasse, -Wein, und so auch für Hofämter wie: M.-Koch, -Schenk etc. und danach scherzh. z. B.: Ihr wohl berufener und verordneter Leib- u. M.-Schulmeister. Rabner Br. 42 etc.
5) In einigen Wörtern ist Mund nur umgeformte Endung, so z. B.: Ackermund oder Agermund, Agrimonie (s. d.); Füllmund, s. Fundament.
Zsstzg. vgl. die von I, s. [1g]; [2c] u. [Anm. 5].