mögen
Uber-Mögen
Mȫgen, Hilfszeitw. und nur vereinzelt selbständig tr. und intr. (haben): Úber-: (s. I) selten:
I. Formbem. (vgl. können, müssen etc. u. s. Belege in II): 1) Abwandl.: Präs.: Ich mag, du magst, er mag, wir m. etc.; Konjunkt.: Ich möge etc. —– Jmpf.: Ich mochte etc.; Konj.: möchte. — Partic.: gemocht und m., in der Regel dies Letztre bei einem danebenstehnden Infin., dagegen m. oder gemocht bei einem zu ergänzenden, z. B.: Ich habe ihn immer gern leiden m. und: Ich habe ihn immer gern gemocht oder gern m. etc., dagegen vralt.: So hätten sie doch mocht vor Furcht vergehen. 17, 9, vgl. mügen (s. 2) 6, 20; 1, 21 etc. (s. dürfen I). — 2) vralt. mit „ū“ st. „ö“ bei nachfolg. ,g“: mügen, müge etc., noch bei Andre vralt., mundartl. Formen s. 2, 557, z. B.: Ob du . . ihn mächst [möchtest] erfragen. 3b etc. — 3) unübl. der Imperat. und das Pass., auch beim Nichthilfszeitw., doch zuw. im Partic.: Er mag das früher gern Gemochte jetzt nicht mehr. — Selten das Partic. Präs. vom Hilfszeitw.: Widrigenfalls .. ich mich .. gegen alle daher entspringen m–de [gw. etwa entspringende| Verantwortung verwahrt haben will. 21, 273, s. u.: Mögend und Fortbild. — Unüblich: Mögung, Möger etc. — 4) der abhäng. Jnfin. ohne „zu“, das nur vereinzelt sich daneben findet, nam. bei dem durch Inversion vorangestellten, z. B.: Dies ihr Heil vermagst | du ganz allein zu schaffen, die Gefahr | von ihr zu wenden magst du ganz allein. 13, 265, doch auch: Rings versammelnd in dir, was zu erfassen du [ver]magst. 1, 381 etc., s. II 1. — 5) statt des Plusqpf. Konj. hin und wider der Indik. des Jmpf.: Wie oft mocht’ ich schon in diesen vierzehn Tagen mit dem Kopf an die Wand rennen! R. 8, 81 etc., vgl.: Da möcht’ ich gewesen sein = da hätte ich sein m. — II. Bedeutung: 1) im Stande sein, Etwas zu thun oder zu wirken, die Kraft dazu haben: Das Land mocht’s nicht ertragen, daß sie bei einander wohneten. 1. 13, 6; Lasset uns hinaufziehen und das Land einnehmen, denn wir „mügen“ es überwältigen. Aber die Männer sprachen: Wir vermügen nicht hinaufzuziehen gegen das Volk; denn sie sind uns zu stark. 4, 13, 31 ff.; 4, 17; Daß Niemand löschen „müge“. 7, 20; Fürchtet euch nicht vor Denen, die den Leib tödten und die Seele nicht m. tödten etc. 10, 28; 6, 39 etc.; Kein Sakrament mag Leben | den Todten wiedergeben. 13b; Waaren, an denen man den Stoff kaum unterscheiden und den Zweck oft nicht erkennen mag. 19, 391; Wenn Keiner sie [Gottes Werke] ergründen mag. 11, 13 etc., s. auch I 4; Sie hätten soviele, daß sie sie nicht meistern möchten [bezwingen oder aufessen könnten]. Sch. 406; So Wunderbares | auf bloßes Wort zu glauben, magst du nicht | von mir begehren. Dicht. 3, 158; Daß wir ihn wohl tappen und greifen möchten, so nahe ist er uns. 8, 313a; Das stärkt und muthigt ihn aufs Neue, | doch ihn erretten mag es nicht. 30; 38 etc.; Mein Trank, welchem bisher Niemand Widerstand m. thun. 43b; Soviel .., daß es nicht mochten tragen | die Pferde. N. 707; 313 (vgl. 1062: können); Alle .. möchten mich nicht abwehren. Jl. 8, 451; Er schlug drauf, was er Leibes mocht. 2, 51 Z. 31); Nichts mocht’ ihm seine Vorsicht frommen. 11, 115; Eh die Frau . . | es hindern mochte, stieß er mit dem Schwert | sich durch und durch. 147; Sie nähern sich, bis sie erkennen m., | es sei ein Frauenbild. 12, 207 etc. Dieser Gebrauch (s. 2, 557) eignet im Allgm. der ältern und der gehobnen Spr.; gw. gilt heute dafür können (s. d. II 1) und ver-m., welches die Bed. des „Im-Stande-sein“ freilich stärker hervorhebt, vgl. die Verbind. mit der Verneinung zur Bez. der Unmöglichkeit, auch von Etwas, das nicht als etwas zu Leistendes von dem Subj. gefordert wird, wo statt m. heute nur können, nicht ver-m. gilt, z. B.: Es mag [kann] die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. 5, 14, es ist unmöglich, daß sie verborgen ist; Vergessen ist ein Mangel; nun ist Gott ein unmangelbares Gut; so mag [kann] er je nit vergessen. 2, 205 etc. —
a) über den abhängigen Infin. mit „zu“, s. I 4. —
b) mit zu ergänzendem Infinitiv s. I 1 und vergl. können II 3a, z. B.: Jch will sehen, ob du auf [stehen] mögest. G. 155; Weiter m. meine schwankende[n] Kniee nicht. etwa: sie können (und wollen) mich nicht weiter tragen etc.; schweizer. auch mit Obj.: Ich möchte keinen Krauch mehr. G. 326, ich vermöchte keinen Athemzug mehr [zu thun] und eigenth. (vrsch. 2i): Einen m. (mhd. mit Dat., s. 2, 4b): ihn zwingen, meistern m. (oder können), ihn bewältigen, z. B.: Er hat schon drei Weiber gehabt und Alle m. (ins Grab gebracht). G. 174 und dann allgm.: Einem überlegen sein (z. B. an körperl. Kraft. 2, 212, vgl. über-m. und ver-m. 5), ihn übertreffen: Mit dem Haushalten möge sie nicht bald Eine. 9; 64; 244; Mit Beten mag mich Niemand. Sch. 336; Er möge den Pfarrer weit. GsSchr. 5, 57 etc. —
c) Mögend, s. u., vgl. I 3. — 2) (vgl.
1) zur Bez. der Möglichkeit, insofern Nichts hindernd entgegensteht, mit der Hinneigung zur Wahrscheinlichkeit, also: Ich mag = es kann wohl sein, daß ich etc., — mit mannigfachen sich dar- aus entwickelnden Nüancen, z. B.:
a) zur Angabe bloß möglicher Fälle (zumeist im Präs. und Impf.): Es ist unrecht, daß er nicht geantwortet hat; aber er mag krank sein [es kann sein, daß er krank ist] oder er mag unsern Brief vielleicht nicht bekommen haben etc.; Mag er nun krank sein oder mag er unsern Brief nicht bekommen haben, so ist er entschuldigt etc. So auch, wenn Etwas als möglich, aber auch zugleich als einflußlos auf eine etwa daraus zu ziehende Schlußfolge bez. wird: Du magst es so verstanden haben, ich hab’s aber nicht so gemeint; Ich bin überzeugt, daß er’s gethan hat, er mag es nun zugestehn oder leugnen, Beides ist möglich, aber ohne Einfluß auf meine Überzeugung; Aus diesen krummgebognen Rücken | .. will immer keine Demuth blicken, | ihr mögt euch winden, mögt euch bücken. 34, 335, wenn ihr auch und wie sehr ihr auch euch windet etc. — Nam. in einem durch auch, immer (s. d. 1c) verallgemeinerten Relativsatz oder in Verbind. mit wollen in einem Relativsatz (vgl. c): Was ich auch (immer) thun mag oder: Ich mag thun, was ich will, so ist es dir nicht recht, vgl. mit leichter Nüance: Jch thue, was ich will, oder: Was ich auch immer thue, so ist es dir nicht recht, Dies: unter dem Verschiednen, was als mein Thun wirklich angenommen wird, ist dir Nichts recht, — Jenes stärker: Unter Allem, nicht bloß was ich wirklich thue, sondern auch was ich überhaupt nur möglicherweise thun kann etc.; Wie Dem auch immer sein mag; Dem mag sein, wie ihm wolle; Er belügt euch mit unbekannten Töpfen, aus welchem uralten Gerümpelschranke es nur immer mag. G. 31, 20, aus irgend einem, es sei, welches wolle unter allen möglichen; Was ich auch habe einwenden m., gewöhnlicher: Was ich auch einwenden mochte; Diese Lehre — ich mag es so ungern gestehn, als ich will — liegt allerdings in dem rasenden Herkules. 4, 255; Hier gilt’s, mein Sohn, dem Kaiser wohl zu dienen, | das Herz mag dazu sagen, was es will. 357, Das, was das Herz sagt, darf keinen Einfluß üben, wo es gilt, dem Kaiser zu dienen etc. Ungw. mit umgekehrter Stellung der beiden Hilfszeitw.: Mit denen hab’ ich’s aufgenommen, mit Wolken niemals, sie wollten eine Gestalt haben, wie sie mochten. 7, 227 etc. — Hierher gehören auch ellipt. Wendungen, wie: Das mag der Teufel (Henker, Geier, Kuckuck) thun etc., es ist möglich, daß der Teufel es thut, Das will ich nicht streiten, — aber ein Mensch thut es nicht oder — ich thu es nicht, z. B.: Hans stutzt, — der Geier mag nicht stutzen, | wenn man auf einmal Schulze wird. Fab. 166; Das mag der Henker wissen; Das mag er Andern einreden können [mir nicht] etc. —
b) zur Bez. von Etwas, dessen Statthaben man vermuthet od. glaubt, wenn auch nicht bestimmt weiß, gw. im Präs. und Jmpf.: Er hat es Keinem gesagt, er mag’s wohl geheim halten wollen; Sie mochte etwa zwölf Jahr alt sein; Das mag wohl sein; Ihre Gierigkeit dünkte uns ein deutlicher Beweis, daß ihnen dergleichen zu Hause selten oder niemals vorgekommen sein „mochte“. R. 1, 255; Er mochte aus einem guten Hause sein. 4, 304; Ein Esel mochte lüstern sein | und wollt .. sein Stimmchen hören lassen. Der Satan mag seine Leute kennen, daß er dich zu seinem Mäkler gemacht hat. 118b, ich kann aus dieser Wahl vermuthen, abnehmen, daß er seine Leute kennt, vgl. iron.: „Eine Frau ist ohnedem ein Lamm.“ | Ein Lamm? Du magst die Weiber kennen. du kennst sie schön, recht (d. h. schlecht, nicht). Auch in Fragen, anzudeuten, daß der Fragende weiß, es werde vielleicht keine best. Antwort erfolgen können, also z. B.: Wie geht’s Ihnen? aber: Wie mag’s dem Kranken jetzt gehn?; Wer mag ihm Das gesagt haben?; Wo mag er Das gehört haben? etc. Ferner nam. auch (vgl. h und dürfen 4) im Jmpf. Konj., oft als bloße Wendung der Urbanität: Das möchte schwer zu beweisen sein; Es möchte wohl besser sein, wenn wir es unterließen; Das möchten wir wohl besser unterlassen; Ich will Das hier gleich abmachen, ich möchte des Weges so bald nicht wieder kommen; Das Erste und Letzte, Anfang und Ende möchte es wohl sein und bleiben, aber in der Mitte dürfte dem Künstler Manches fehlen. 16, 139; Wie Solches auf dem vor’gen Blatt | Herr Reyniers sich ausgebeten hat. | Möcht er wohl vorgesehen haben, | was drüber kämen für feine Knaben. 6, 65, etwa = gleichsam als ob er vorausgesehn etc., am füglichsten als Fragesatz zu fassen: Ob er Das wohl etwa vorausgesehn? etc. Auch substant.: Dgl. dürfte, möchte, könnte, würde u. s. w., u. s. w. die Angelegenheit nur bedenklicher machen. Obwohl wir all solch Dürfte, Möchte, Könnte und Würde keinesweges für Staatsgefährlichkeiten betrachten. 9, 67. Mehr mundartl.: Mag leicht, daß etc., es ist leicht möglich, daß etc. 2, 557; Es möchte leicht, ich gäb dir Eins aufs Ohr. 1, 125 etc. —
c) zur Bez., daß Etwas freisteht, erlaubt ist, kein Hindernis entgegensteht, nam. auch von Seiten des Sprechenden, daß dieser Nichts dagegen habe etc.: Das mag er immerhin thun, was kümmert’s mich?; M. die Leute doch reden, was sie wollen (s. a); Das hätte er von mir immer sagen m., wenn er nur nicht meinen Vater beleidigt hätte; Nach M. und nach Dürfen | frug er im Eifer nicht. Garb. 52; O lieb, so lang du lieben kannst; | o lieb, so lang du lieben magst. 69 (s. f und können II 2b); Ich merkte, daß er von meiner Urtheilskraft nicht das Beste dachte. Mag er! [immerhin]. 14, 264; 274; Wer mir den Becher kann wiederzeigen, | er mag ihn behalten, er ist sein Eigen. 63a. —
d) Neigung zu Etwas in sich verspüren; geneigt sein, es zu thun, zunächst insofern danach das Eintreten dieses Thuns leicht möglich, ja fast zu erwarten ist, z. B.: Ich bin so froh, ich möchte laut aufjauchzen; Wenn ich daran denke, möchte ich weinen; Ich möchte mich krank lachen; Ich hätte laut aufjauchzen m. etc. Auch in einer Art von Personif. mit sachl. Subj., z. B.: [Das Schloß] möchte sich niederneigen | in die spiegelklare Fluth, | es möchte streben und steigen etc. 245 —
e) (s. d und f) von einem aus Geneigtheit hervorgegangnen wirklichen Thun: Lasst uns den Vater preisen, der solch eine Gattin dem Menschen gesellen m. [zu gesellen geruht hat]. 2, 48 etc. —
f) (s. d und e) wollen und können, insofern dies von des Subjekts Willen und Geneigtheit abhängt: Nur habe ich eine kleine Bitte an ihn zu thun. Er mag [wolle] so gut sein und etc. 4, 134 (s. h). Nam. verneinend (s. i): Ich mag’s ihm nicht sagen; Ich hab’s ihm nicht sagen m.; Ich hätt’s ihm nicht sagen m., und wenn etc., auch mit zu ergänzendem Infin.: Ich mag nicht nach Hause oder heim, zurück, hin [gehn] etc.; Die Natur geräth auf Specifikationen, wie in eine Sackgasse, sie kann nicht durch und mag nicht wieder zurück. 3, 170 etc. Auch fragend, bes. (s. c) verbunden mit können (s. d. II 2b): M. und können Sie mir Das erklären? 18, 81 etc. —
g) (s. d) wünschen, z. B.: „Zu wünschen das Unmögliche.“ Was kannst du m., das du nicht vermagst? 3, 51; Daß ich diese Saite hätte m. ein wenig anklingen hören. G. 1, 195. Auch (s. f): Ich hätte wohl hinausgemocht. W. 1, 252, ich hätte gewünscht, aufs Land hinauszukommen, wäre gern dort gewesen etc. Nam. oft: Ich möchte [wollte, wünschte], daß er etc. und: Ich möchte nicht, daß er es wiedererführe = es wäre mir unangenehm, wenn er es erführe; ich wünsche, daß er es nicht erfährt, oder bei nicht wechselndem Subj. mit dem Infin.: Nur einmal noch möcht’ ich dich sehen. Lied. 202 etc. und mit zu ergänzendem Jnfin. (s. f) Er möchte gern an mich [kommen, mir Etwas anhaben] und traut sich nicht. 8, 39; Die thau’gen Thränen möcht’ ich weg vom Boden [haben etc.]. Rich. III. 5, 3; Ich möchte wieder fort [gehn, sein]; Ich möchte heute wohl ins Theater oder hin etc. —
h) im Konjunkt. des Präsens oder Imperf., den Konjunkt., Optativ oder wünschenden Jmperativ des danebenstehnden Infinitivs zu umschreiben, als Ausdruck des Wünschens, Fürchtens, der Besorgnis, der bangen Erwartung, der zweifelhaften Hoffnung, der Ungewißheit etc. (s. f und b), z. B.: Ich bitte, daß er es thun mag (s. f), thun möge, thue; Ich wünsche, daß er komme od. kommen möge; Ich wünschte, daß er käme od. kommen möchte; Möchte er doch kommen!; Ich fürchtete, daß ihm Etwas zugestoßen sein möchte; Kommen Sie, [ich fürchte,] der Thee möchte sonst kalt werden; Ich zweifele, ob ihm Das willkommen sein möchte; Mögest du immer recht gesund sein!; Möchte ich nur sein Kleid anrühren! 9, 21; Eins bitte ich vom Herrn, Das hätte ich gern, daß ich im Hause des Herrn bleiben möchte. 27, 4; Auf daß wir ein ruhiges Leben führen m. 1. 2, 2; deutsches Wörterb. II. Daß sie den Herrn suchen sollten, ob sie doch ihn fühlen und finden möchten. 17, 27; Mit dem Bedeuten, daß er alles Dieses den Fremden vorzeigen möchte, die et wa nach uns hieher kommen dürften [s. d. 4]. R. 1, 292; Ein beständiger Wechsel treibe ihr Reich umher! abscheulicher Laster wegen m. sie vertrieben werden! 4, 261; Möchtet ihr euch nie etwas Anderes als Gift erloben! 1, 148 etc. —
i) (s. d) von dauernd haftendem Geschmack oder Neigung: Etwas (gern) m., es gern haben, lieben, mit und ohne Infin.: Etwas gern sehn, hören, essen, thun, leiden (s. d. 6) m.; Etwas nicht thun m. (s. f), es nicht gern thun oder es scheun; Graben mag ich nicht. 16, 3; Ich habe nie gern tanzen m.; Jch mag wohl tanzen, aber nicht mit Jedem etc.; Jemand (vrsch. 1b) oder Etwas, z. B.: eine Speise, Kleidung etc. m., gern m., nicht m.; Zum Henker, sie m. uns Alle nicht. 327a; Daß er all das Zeug vor’n Teufel nicht mag. 4, 63 etc., veraltend (oder alterthümlich) mit Genit. der Pers. oder Sache, z. B. 1, 13; 101, 5; 11, 8; 5, 373a; G. 2, 122 etc. und z. B. noch: Ich mag nicht ihres blutigen Opferweins, | mag ihren Namen nicht auf meinen Lippen tragen. Ps. 16, 4.
Anm. Goth., ahd. magan, mhd. mügen, s. Anm. zu Macht u. Magd. Über die nur vermeintlich korrekte Schreibweise: mogte, gemogt, s. Orth. 77.
Zsstzg. s. die durch Wegfall eines Infin. entstandnen (II 2f und g und 1b) nur scheinbaren, ferner: I. Über-: tr., s. [II 1b] und ver-m. 1d: Einen zu überwinden ver-m., ihn an Macht und Stärke überwinden, stärker sein, bewältigen, auch: überwindend zu Etwas ver-m. (Partic. nur: übermocht): Wer den Andern übermag l,vermag“ Luther 5, 271a], stößt ihn in den Sack. Sprchw., z. B.: H. 10, 352 etc.; Sie haben mich oft gedränget . ., aber sie haben mich nicht „vbermocht“. Ps. 129, 2; Womit wir ihn vbermögen, daß wir ihn binden und zwingen. Richt. 16, 5; 1. Mos. 32, 25; Wie er so große Kön’ge übermocht. H. 9, 115; Ph. 13, 66; Der übermochte sie Alle. Kinkel E. 4; Die mit täglichem Anhalten dennoch den Rath „vbermöcht“, Schulen .. anzurichten. Luther 5, 172b; SW. 64, 132; Mendelssohn Ps. 129, 2; Ich freue mich des Nachtritts, wenn ü–de Größe vorangeht. FMüler F. 11; Sich [einander] nicht bezwangen sie, noch übermochten sie. Rückert Rost. 100b; Von Amorn übermocht. W. 10, 66; Stolz war’s, nicht Tugend, was die lockende Begier | in diesem Busen übermochte. 12, 315; Die kleinen Proben, die er stündlich von ihrem Kaltsinn erhielt, übermochten endlich seine Geduld. 21, 315; Daß er durch un- ablässiges Bitten Klarissen endlich übermocht habe, das Modell zu dieser Pallas abzugeben. 19, 306 etc. — II.
Das Sprichwort: Wem Gott wohl will, Dem mag Niemand über. 4, 169. — Ver-: (im Partic. heute nur: vermocht, s. 2; mit Pass. s. 5): 1) mit Infin. und „zu“: im Stande oder fähig sein, die Kraft haben, das durch den Infin. Bezeichnete ins Werk zu setzen, s. [II 1] und können II 1, auch die Belege: Wir vermügen nicht hinaufzuziehen. 4. 13, 32; Die betrübte Stadt vermag sich nicht zu trösten. 1, 12; Wer vermag, dies .. Volk zu richten? 1. 3, 9; Gott vermag, dem Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken. 3, 9; 5, 36 etc.; Schand’ und Tod auf sie herabzurufen | vermag ich nicht. 35, 273; Ich werd' es (s. 3) wohl v., | .. die Tollheit ihm zu legen. Rol. 12, 41; Oft möcht’ ich auf deine Kunst zürnen, daß die Zaubrerin, die dem bloßen gefärbten Schatten soviel Lebenähnliches geben konnte, ihm nicht auch Das, was zum Leben noch fehlt, zu geben vermochte. 23, 313 etc. —
2) in der ältern Spr. auch mit Infin. ohne ,,zu“, z. B.: Ich vermag das Volk nicht alles allein ertragen. 4. 11, 14; Er vermag euch nicht erretten. 2. 18, 29; 6, 10a; Es vermöchte dich auch .. Neptunus von Verderbnis nit erledigen. 51b und demgemäß im Partic. in der Infin.-Form, auch bei zu ergänzendem Infin.: Hat doch der König .. soviel bei den Eidgenossen vermögen, daß sie .. daheim blieben. 765b etc. Bei Neuern findet sich ein Infin. ohne „zu“, gw. nur voranstehend und durch ,,es“ (s. d. 5) wiederholt (vgl. 3): Solche Schande dulden, wer vermag’s? 35, 271; Das Bild öffnen, nach seinem Inhalte forschen, er hätte es jetzt nicht vermocht. R. 5, 35 etc. —
3) mit zu ergänzendem Infin. (s. 4), z. B.: Vermag er wider mich zu streiten und schlägt mich, so etc.; vermag ich aber wider ihn [zu streiten] und schlage ihn, so etc. 1. 47, 9; Lachten, was sie aus dem Halse [zu lachen] vermochten. 1, 302; Drum allein vermag | ich Dinge [zu bestehn], die ich andrer Weise nie | bestehen könnte. 11, 142; Vermagst du, Das zu thun? Ich vermag es; Die Kunst vermag wunderbare Dinge oder Wunderbares [zu leisten] etc.; Nur allein der Mensch | vermag das Unmögliche | . ., er kann dem Augenblick | Dauer verleihen. 2, 68 etc. und nam. oft mit allgm. Fw. als Obj.: Etwas, Alles, Viel, Wenig, Nichts, Was? etc., z. B.: Du vermagst Alles, was du willst. 12, 18; Ob es [das Meer] schon wallet, so vermag es doch Nichts. 5, 22; Des Gerechten Gebet vermag Viel. 5, 16; Daß Menschen Dasjenige noch zu können glauben, was sie gekonnt haben, ist natürlich genug; daß Andere zu v. glauben, was sie nie vermochten, ist wohl seltsam, aber nicht selten. 3, 192; Was Verstand und Vernunft nicht immer v., vermag oft | solch ein glücklicher Hang. 5, 7; Man sieht es erst recht, wieviel er vermag, in Gefahren. 11; Nicht Alles, was die Kunst vermag, soll sie v. 11, 131; Was kannst du mögen, das du nicht vermagst? 3, 51 etc. und so auch mit abhäng. Präpos., z. B.: Die störr’ge eigenwill’ge Dirne, | an der die Überredung Nichts vermag. Heinr. IV. 1, 3, 1 etc.; Alsdann vermag die Zeit, das Alter Nichts | auf dich. 13, 169; Wenn Sie irgend Etwas auf den Prinzen v., so ersuchen Sie ihn etc. 25, 43 etc.; Violette, die sonst bei dem Skapin Alles vermag. 4, 379 etc.; Ich vermag Alles durch Den, der mich mächtig macht, Christus. 4, 13 etc.; Was kann er gegen dich v.? 4, 268 etc.; Du vermagst Viel über die Gemüther, aber was wirst du über diese Balken und Steine v.? 6, 330; Ruhige Vernunft | will Alles über sie allein v. Nath. 5, 6; Weil das Kammermädchen Alles über die Tänzerin vermochte, von welcher vorausgesetzt wurde, daß sie Alles über den Erzpriester vermöge etc. 14, 16 etc.; Gott, wider dich vermag kein Mensch Etwas. 2. 14, 11; Die Pforten der Höllen sollen Nichts dawider vermügen. .. Wie geht es denn zu, daß die Pforten der Höllen wider sie vermocht? 1, 422b, ohne „Etwas“ (= Macht haben) und so intr. nam. noch schwzr.: Noch Zeit, noch Land, noch Schwang vermag auf die Natur. 156; Das Übel kommt von zwei Ursachen, über die wir nicht [= Nichts] v. 6, 373 etc. —
4) zu 3 gehören Sätze wie die folg.: Er theilet einem Jeglichen mit von seinen Gütern, was er [mitzutheilen] vermocht. 1, 9; Beschloß ein Jeglicher, nachdem er vermochte, zu senden eine Handreichung. 11, 29; Außerdem, was er sonst vermag, wie er gelobt hat, soll er thun. 4. 6, 20; Vermag er aber nicht ein Schaf, so bringe er zwo Turteltauben. 3, 5, 7; 11; 12, 8 etc. und dann auch (mehr vralt. u. mundartl., s. 2, 557) ohne ein nahe stehndes Zeitw., woraus der Infin. zu ergänzen: Wer eine arme Hebe vermag. 40, 20, wessen Mittel dazu ausreichen: Unser Einer vermag keinen Hund [sich zu halten etc.], die Speise haben wir sonst zu brauchen. Sch. 55; Die müssen nicht immer das Beste haben .., die besten Kälber und die besten Diensten, wir v. sie so gut wie sie [zu bezahlen etc.]. 388 etc., dann auch: So und so viel Gulden v., im Besitz haben, besitzen, z. B.: 8, 235a; 5, 231a; 1, 219 etc. (s. vermögend 3 und das Hw. Vermögen 2), seltner: Das Augstthal vermag [hat] eine große Menge Volks und hat eine schöne Mannschaft. 679a etc. —
5) (s. 3) Jemand zu Etwas v., durch den auf ihn geübten Einfluß ihn dazu bestimmen, bringen, bewegen; Er hat mich durch viele Bitten vermocht, einzuwilligen oder: zur Einwilligung vermocht; Ich wurde durch seine Bitten dazu vermocht; Ich habe mich dazu v. lassen; Sich zu solchem Stande gutwillig v. zu lässen. Beil. 1; Versuch am Lastkamel, ob Peitschenschlag | zum Übermaße den Instinkt vermag. Mensch. 10; Der Schmerz des Hungers vermochte ihn, Nahrung aufzusuchen. Voln. 28; Meine Mutter dahin gütlich v., daß sie sich ehelich verbinde. 17a etc. Vgl. vralt., s. [II 1b]: Welcher Freund den andern vermag [zu überwältigen vermag oder übermag], Der steckt ihn in Sack. 5, 271a; Einer von seinen vornehmen Bedienten, der ihn wohl vermochte. Ros. 15b, der Viel 41 bei ihm galt, ihn zu bestimmen vermochte etc. —
6) (schwzr.) Sich einer Sache nicht(s) v., Nichts dafür können, nicht Schuld daran sein; Die Rosse vermöchten sich Dessen nichts, daß der Kutscher ein Lümmel sei. U. 1, 258; 216; Wenn ihr nicht glücklich werdet, so v. wir uns Dessen nicht. 295; 326; Was vermag ich mich Dessen und soll ich es jetzt entgelten? 328; 329; 352; 2, 122; G. 36; 81; 153; 281; Sch. 250 etc. —
7) andre mundartl., veralt. Bedd., s. 2, 557 ff. —
8) der Infin. als sächl. Hw., s. u. —
9) das adjekt. Partic. v–d und Fortbild., s. u.
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