mild
Milde
Mild(eMild(e), a., –st:
das Gefühl angenehm und wohlthuend durch Weichheit, Sanftheit, Lindigkeit, Gelindigkeit berührend. Die dieser Grundbed. gemäßen oder sich daraus entwickelnden, vielfach in ein- ander übergreifenden Anwendungen trennen wir im Folgenden nur der Ubersichtlichkeit halber: 1) vom Wetter, der Temperatur etc., Ggstz.: rauh, streng etc.: Wir hatten einen m–en Winter; In einem m–en Klima, unter einem m–en Himmel(sstrich), in einer m–en Gegend leben; M–e Frühlingslüfte; M–es Wetter; Bei still-m–em Wetter. Kl. 1, 297; Der Frühling kam m., der Sommer warm. 3, 238; M–er wehen Zephyrs Flügel, | Augen treibt das junge Reis. 54a; Jugendlich m–e | beschwebt die Gefilde | ewiger Mai. 8b etc., seltner im Ggstz. glühender Hitze: Nach Tagesgluth am m–en Abend. 6, 371 etc. — 2) in Bezug auf den Geschmackssinn: Unreifes Obst schmeckt herbe (s. d.), reifes m–e; Der alte [Wein] ist m–er. 5, 39 etc. Seltner: M–es [mürbes, weiches] Fleisch. — 3) in Bezug auf den Gesichtssinn, vom Licht: sanft strahlend: Der Sterne blendend (s. d. 2) M–es. 6, 48; Sternelein funkeln, | m–ere Sonnen | scheinen darein. 11, 60; M–e blitzend Glanzgewimmel. 12, 144; M–er Schein | durchglänzt den düstern Eichenhain. 71; 114; Schön ist des Mondes | m–ere Klarheit | unter der Sterne blitzendem Glanz. 491b; Das Lichte, das du dort gesehn, | umglänzt dich m. auf finstern Wegen. 3 etc. Zuw. auch von Farben (Ggstz. grell, schreiend, s. 4): Ein m. graues Kleid mit rothen Schnüren. N. 112 etc. — 4) zuw. in Bezug auf den Gehörsinn, Ggstz. grell (vergl. 3): M–e Klänge, Töne etc. S. auch übertr. (vgl. 6): Hallt in mir die Weise | nach . ., traurig m. und schaurig wild. 3, 40; M–ere [vgl. gelindere] Saiten aufziehn. R. 8, 363, nachgeben etc. — 5) in Bezug auf das körperl. Gefühl als Ggstz. zu hart, z. B.: M–es [weiches, geschmeidiges] Oberleder, Kalbfell etc.; Die m–e, gleichförmige Masse [des Speisebreis]. 4, 212, nam. aber von Mineralien, Gestein etc. als Ggstz. zu fest und spröde, vgl. 1, 103; Aus einer Lava, welche die allerm–este ist und am leichtesten verwittert. 30, 141; M–e ist [bergmännisch] der Festigkeitsgrad, wenn der Zusammenhang der einzelnen Theile sich durch Anwendung geringer Kraft aufheben lässt, wie dies bei dem Thon, Lehm und Letten, bei Steinkohlen und dem Steinsalz u. s. w. der Fall ist. 1, 167. Ähnlich: M–er [leicht zu bearbeitender] Sandstein und (Kupferstech.): M–es Kupfer etc. — 6) in Bezug auf das geistige Gefühl, auf das Gemüth, die Gesinnung und Das, worin sich diese äußern oder die Art, wie Etwas sie berührt, — weich, freundlich, sanft, gütig, liebreich, barmherzig, wohlthätig, von Wohlwollen zeugend, dem Gefühl wohlthuend etc. (s. auch 7): M–e herrschen; M–er Herrscher, m–e Regierung, m–es Urtheil; Ein m–er Tadel; Den Tadel in der m–esten Form aussprechen; M–e strafen; Ein m–es Herz; M–e Gesinnung; M–er Blick, der von mildem Herzen zeugt; M–e [Wohlthätigkeits-, fromme] Stiftung; M–e Gaben; Seine m–e Hand aufthun; M. gegen Jemand, gegen die Armen, Nothleidenden etc. sein, zuw. auch: mit Jemand. NLeb. 1, 129 etc., ferner: Elporen kenn’ ich, Bruder, darum bin ich m. | zu deinen Schmerzen. 10, 302, fühle Mitleid damit; Dabei war sie m. [freundlich etc.] zu Jedermann. Char. 1, 5 etc.; Er ist .. | so männlich fest, so kindlich m. 3, 225; Der Gottlose borget und bezahlet nicht, der Gerechte aber ist barmherzig und m–e. 37, 21; Das Übrige zu m–en Sachen . . ., ad pios usus. 58; Daß wir Solches Alles aus milter Gab des Geistes bettelischer Weis müssen empfangen. B. 46a, als Almosen; Die m–e Freude | floß von dem süßen Blick auf mich. 1, 56; Euch künd’ ich die m–en Gesetze. 143; Ihre [der Deutschen] Anmaßung ist hart und herb, ihre Anmuth m. und demüthig; das Eine schließt das Andre aus. 3, 176; So trägt uns freundlich dein Geleit | durchs rauhe, m–e Leben. 4, 27; Thränen folgt der Thränen, | das strenge Herz, es fühlt sich m. und weich. 11, 4; Was noch übrig ist von Schreck und Weh, | nimmst du, o Herr, durch deinen m–en Blick, | durch deiner Worte sanf- tenTon hinweg. 13, 241; Sie zu entfernen, ist das M–este; | willst du zu diesem Plan nicht thätig wirken | . .. so liegt sie todt in deinen Armen. 267; Seitdem der rauhe Sinn des Königs m. durch deinen göttergleichen, heiligen Rath sich bildet. 34, 158; Fürchterlich oder m–e. 11, 406; Wiewohl das Wörtlein „maledeien“ bei den Ebräern nicht so hart ist wie bei uns Deutschen, sondern ist etwas M–ers denn Böses fluchen etc. SW. 58, 211; Ein m–er König. 4, 284; Der sonst so weichherzige, m–e Mann wurde schroff und rauh gegen sie. Mus. 2, 49; Von Haus aus m. und gütig. W. 4, 136; Dieser Schicksalsknoten ist dir vorgelegt, | löse m. und hau ihn streng entzwei nicht. Mak. 1, 69; Himmlisch m. sein Blick wie Maiensonne. 1a; Jüngling, dein Blut ist rosenroth, dein Fleisch ist m. geschmeidig, dergleichen Naturen fühlen menschlich weich. 161b; Diese Weisheit, welche Blut befiehlt, | ich hasse sie ... Sinnt einen m–ern Rath aus. 417b; In eurer m–en Haft. 426b; Weiber sind sanft, m., mitleidsvoll und biegsam, | du starr, verstockt, rauh, kieselhart, gefühllos. Sh. 8, 218; Der Tiger selbst wird m–e. 260; Nun weint ihr und ich merkt’, ihr fühlt | den Drang des Mitleids, Dies sind m–e Tropfen. Cäs. 3, 2; Lasst mich hart scheinen, damit ich m–e sein kann. Malk. 2, 151; Der Herzog . . äußerte sich sehr m–e [nachsichtig] über diese Mißheirath. Acc. 2, 33; Der König furchtbar prächtig wie blut’ger Nordlichtschein, | die Königin süß und m–e, als blickte Vollmond drein. 444; Wendet auch dir nicht | m–es Erbarmen das Herz? Od. 1, 60 etc. — 7) (s. 6) verallgemeinert: freigebig, — Ggstz. karg, geizig: Der M–e giebt sich reich, der Geizhals nimmt sich arm. Sprchw.; Allen andern Huren giebt man Geld, du aber giebst allen deinen Buhlern Geld zu. ... Weil du denn so m–e Geld zugiebst. 16, 36; Die Natur .. begabete mit m–em Geiz [s. d. 2d]. 15, 65; Ul. 28; 36; Jch geb mein Geld fein ringlich [leicht] aus, | gleichwie mein „milt er“ Vater thut. G. 2, 160; Sind m–e von fremdem Gut. reißer 74b; Nib. 486a etc., s. 2, 570 und 2, 171 und danach namentl. von Pers. edeln Standes: Die Herren waren m–e, von Stamm hochgeboren. N. 5; Fürstentochter m. 399; 953 etc.
Anm. Ahd. milti, mhd. milte, nam. freigebig (7), — aber auch: freundlich, wohlwollend etc. (6), vgl. goth. milds, als Grundw. in Zsstzg. = liebend, zugeneigt etc., vgl. russ. o (milo), liebreich, — wonach mil als Stamm erscheint. — Mundartl. bei als beschönigender Ausdr. für unwahr, nicht streng wahrheitsgemäß. — Daneben als Adv.: Mich mildiglich verpflegen. 291; [Der Mond] schwebte klar und mildiglich. 1, 341; SW. 5, 351; Dafür sollst du mildiglich [reichlich] belohnt werden. M. 264; Nun öffnet mildiglich sich deine Hand. Po. 1, 45; Dicht. 3, 135; NGd. 145; 146; Fielen mir die Zähren mil tiglich aus meinem Auge. 46a; 42b; Die Jungfrau neigt sich mildiglich. 460 etc.; Fürst mildiglich geruhen [in fürstlicher Gnade]. 10, 306 etc., seltner als Ew.: Dem Mildiglichen gesellt. Pind. 71. Auch: Wo ist der Geist, der mildlich fleußt? 364, s. mhd. milteclich und miltliche, ahd. miltlihho, s. auch Milde II, Anm.
Zsstzg. nam. zu 6 und 7, z. B.: All-m–e öffnest du die Hand. Mendelssohn Ps. 145, 16; Die drei Kurfürsten christ-m–ester Gedächtnis. Rockenphil. 1, 62; Über den man so christ-m–e gespöttelt. L. 10, 49, iron.: ohne allechristl. Milde etc.; Ruhig, engel-m. Sch. 65a; Frühlings-m. Hungari 1, 615; Ein herberg-milter Gott. Schaidenreißer 37b, veralt. = gastlich etc.; Eine lämmer-m–e Politik. Humboldt Ens. 65; Sah so mutter-m. herunter auf die Reine. Uhland 231; Un-m. als Ggstz. zu m.: So un-m. m. | wird Saladin [Almosen reichend] im Hafi nicht erscheinen. L. Nath. 1, 3; Er hat die heiligen Koncilien unmildiglich und unverschämt verspottet . . . Auf solch un-m–e Antwort. Luther 1, 459b; Unmilt er von Sitten und Gebärden, denn die, so in miltem, klarem Luft wohnen, welche milter und lieblicher. Ryff Sp. 9a etc.; Nie sah ich sonst so wunder- m–en Glanz. Giesebrecht Ep. 31 etc.
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