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Milch
Milch, f. (s. Anm.); 0; -:
1) die in den Brüsten (Zitzen) der weibl. Säugethiere enthaltene, zur Nahrung der Jungen bestimmte weiße Flüssigkeit, so nam.:
a) von Thieren, die der Mensch zu seinem Nutzen melkt, z. B.: Esels-M. wird Brustschwachen verordnet; Aus Pferde-M. bereiten die Kalmücken ein berauschendes Getränk; Käse aus Schaf-, Ziegen-, Kuh-M. Ohne Zusatz gew. Kuh-M., als die am meisten benutzte (s. auch Zsstzg.): Die Kuh giebt viel M. (s. auch: her- unterlassen); Junge (s. d. 2) M.; M. trinken; Kaffe, Thee mit M. trinken; Viel M. in der Küche zu Speisen gebrauchen; Den Rahm, die Sahne von der M. nehmen, die M. abrahmen; Butter und Käse aus M. machen; Die M. laben, gerinnen machen; Die Molken von der M. absondern; Die M. käst, gerinnt, wird sauer, ziegerig (s. d.), schlägt um; Wie viel Milch schlug in der Hitze um! Alexis Dor. 1, 115; So entsetzlich schwadronnieren, daß die M. auf dem Tische sauer wurde. Heine Reis. 1, 115; Gestandne M. und Schwarzbrot. Auerbach SchV. 74; Eine gestandene M. Leb. 1, 89: Einen Teller gestockter M. Waldau N. 2, 230; Saure oder Sauer-M. (s. d. und Sülz-M.) etc.; Ein Kümpchen mit gebrockter M. (s. II. Brocke). Stilling 1, 14; Wir essen eine M. Gellert 3, 473; Der Salat von Zartheit und Geschmack wie eine M. G. 23, 313; Frische M. . ., von frischmelkenden Schafen. V. Ländl. 1, 63 etc., s. auch Hühner-M. Dazu (schwzr.): M., die Gesammtheit des den Sommer durch auf einer Alp gemachten Käses.
b) M. als Nahrung des Säuglings: Die Mutter hat nicht genug M. für das Kind; Die Amme hat gute, gesunde M. etc., s. M.-Bruder, -Sohn etc. und vergl. d—f. An a und b schließen sich Vergleichungen und Übertragungen, nam.:
c) in Bezug auf die Farbe: Weiß wie M., s. milchweiß; Weißer (4. Mos. 49, 12), klärer (Klag. 4, 7) denn M.; Mit M. gewaschen. Hohel. 5, 12; Die Augen Kohl’n, die Hände M. Gleim 3, 198; Anstatt der Jugend M. ein lebhaft männlich Braun. Hagedorn 2, 142; Aussehn wie M. und Blut, weiß mit rothen Wangen etc.
d) Süß wie gelabete M. war der Mund mir. V. Th. 20, 26 etc.; Deine Lippen, meine Braut, sind wie triefender Honigseim; Honig und M. ist unter deiner Zunge. Hohel. 4, 11; 5, 1 etc. und so zusammengestellt auch: Ein Land, darinnen M. und Honig fließt. 2. Mos. 3, 8 u. o., zur Bez. reicher Fülle der angenehmsten Nahrung, s. Joel 3, 29, und übrtr. M., theils zur Bez. des Süßen, Milden, Nährenden und Erhaltenden (vgl. e und f), auch in geistiger Beziehung, vgl. als Ggstz. theils Galle, theils Gift etc., z. B.: Jes. 55, 1; 1. Petr. 3, 2; Mit der M. des göttlichen Rechts getränkt. Demokr. Stud. 174; Die er mit der M. seines Unterrichts getränkt. Kosegarten Rh. 1, 166; Winckelmann, weil er ohne Studium der Grammatik seine wohlgebildete Seele mit der gesunden M. der alten Literatur zu der Stärke aufnährte, welche etc. JvMüller 13, 40; Sah man diese Monarchie an einer langsamen Zehrung schwinden, weil ihr die M. [die Hauptnahrung, Erhaltungsquelle] der Staaten, der Feldbau, entzogen wurde. Sch. 906a (vergl. sprchw.: Wein ist die M. der Greise, das sie Stärkende, Erhaltende etc.); In gärend Drachengift | hast du die M. der frommen Denkart mir verwandelt [die milde Denkart]. 544a; Der Trübsal süße M., Philosophie, | um dich zu trösten. Schlegel Sh. 1, 101; Doch, fürcht’ ich, dein Gemüth, | es ist zu voll von M. der Menschenliebe. Tieck Makb. 1, 5; Einen Hasser, bei dem, wie es im Makbeth heißt, die M. der Menschenliebe in Galle verkehrt ist. V. Sh. 3, 688; Da es .. unmöglich ist, deine zu M. gewordene Galle zu reizen [da du zu milde und sanft bist]. W. 31, 491 etc.
e) (s. b) nach der Annahme, daß die M., womit der Säugling genährt wird, auch auf dessen Gemüth etc. wirke: Etwas mit der M., Mutter-, Ammen-M. einsaugen; Einem Etwas mit der (Mutter-)M. einflößen, von etwas aus der ersten Kindheit her in ihm Einwurzelnden etc.; Ja, selbst des Vaters Wahn kann nicht mit ihm versterben, | er lässt mit seinem Gut sein Vorurtheil den Erben; | Ver- ehrung, Haß und Gunst flößt mit der M. sich ein. Haller 79 etc., auch: Der rothe Balthes hat böse M. getrunken [stammt von schlechten Eltern]. vHorn rhD. 2, 264 etc.; Wohin erst Mancher kaum nach langem Schweiß gediehn, | Das war ihm Alles schon in erster M. [in frühster Kindheit] verliehn. Canitz 321; Mich, der ich deutsche M. gesogen [ein geborner Deutscher bin]. Creutz 1, 58 etc.
f) (s. b) übrtr. auch auf Geistiges, eine für Kinder passende Nahrung im Ggstz. der derbern Kost für Erwachsne: Daß man euch die ersten Buchstaben der göttlichen Worte lehre und euch M. gebe und nicht starke Speise etc. Hebr. 5, 12 ff.; 1. Kor. 3, 2 etc., vgl.: Sie heißen Das M.-Speis, wenn man von Christo predigt und stark Speis, wenn man von S. Peter prediget, gerad als wäre Petrus ein höher, größer, schwerer Ding zu verstehen, denn Christus selbst. Luther 1, 258b etc., s. Katechismus-M., M.-Glaube, -Gemüth zur Bez. des nicht Festen, des weibisch Weichlichen etc., vgl. Butter-M. etc.
2) (s. 1) Bez. mehrer milchähnlichen Flüssigkeiten od. weicher Körper, z. B.:
a) Saft mancher Pflanzen, z. B.: M. von der Kokusnuß; Kräuter, woraus sich M. zur Betäubung | sammelt die Nacht. V. Ov. 2, 233; Bedienten sich der M. der Feigen, welche sich zeigt, wann sich die Feige, die zu reifen anfängt, von dem Stengel ablöst. Winckelmann 1, 265b, vgl.: Die Blätter [der Feige] mit dem ätzenden M.-Saft. Oken 3, 1558 etc., ferner: der weiße Saft mehrerer Euphorbien, welche Pflanzen selbst danach heißen, nam.: Esels-, Teufels-, Wolfs-M., Euphorbia esula; Hexen-, Hunds-, Teufels-M., E. peplus etc., ähnlich: Ha- fer-M., Tragopogon; Hühner-, Vogel-M., Ornithogalum; auch: Sau-M., (s. Saumelk) Sonchus oleraceus, auch „Gäns’ und M.“; Nattern-M., Scorzonera humilis. s. 3. Ferner nam. beim Getreide, der weiße Saft der noch unreifen Samenkörner: Alle zu selbiger Zeit in der M. stehende Früchte. Rockenphil. 2, 174, vgl.: Es stockte in dem zarten Halm die M. | der Ähren. Stolberg Sch. 1, 5 und sprchw.: 14 Tage schosst es [das Korn], 14 Tage blüht es, 14 Tage milcht es, 14 Tage körnt und 14 Tage reift es. Gutzkow Unterh. 2, 2, 358a etc. Ferner: ein aus ölhaltigen Samen und Kernen bereitetes weißes dickliches Getränk, eine „Emulsion“, Pflanzen-, Samen-M., s. nam. Mandel- M.
b) Den Durst mir stillend mit der Gletscher M., | die in den Runsen schäumend niederquillt. Sch. 527b; Dem klingenden Geräusch der thalwärts stürzenden Gletscher-M. Scherr Gr. 1, 25, das schäumende weiße Wasser etc., s. Blei-, Jungfer-, Kalk-M. etc.
c) Einen großen Theil der Bauchhöhle füllen beim Männchen [der Fische] zwei Dād O I große Drüsen aus, welche man M. nennt. Lenz Nat. 3, 49; Man pflegt darnach die männlichen Fische Milcher oder Milchner zu nennen. Die meisten Milcher haben eine doppelte; verschiedene, z. B. Perca nur eine einfache M. Nemnich 289; Das Weiblein lässt die Eier fahren und folgt das Männlein hernach und geußt die M. darüber aus. Ryff Th. 192 etc. Dagegen untersch. z. B. Oken durch das Geschlecht (s. Anm.): In den Milchdrüsen die M., in den Rogensäcken die Eier, in den Milchsäcken der M. 4, 223; 298 etc.
d) Bienenz. die als Made in einem weißen dicklichen Saft liegende Brut.
e) Kochk.: s. Kälber-M.
f) Weißgärb.: Felle durch die M. ziehn, sie durch Eindringenlassen weißer Stärke zu Handschuhleder schmeidigen. 3) mundartl.: M., Milchen, eine Pflanze, Lampsana communis, früher bei Eiterung der Brustwarzen als Heilkraut dienend, daher auch Zitzenkraut.
Anm. S. Anm. zu melk und Milz. Mundartl. masc. (s. 2c): [Maria,] der es am Männerlust, doch nicht am M–e fehlt; | denn ihren Brüsten giebt die Keuschheit selber Saft. Lohenstein Himm. 30 v. 646 etc.
Zsstzg. s. 1a, mit den Namen aller Säugethiere, so auch: Menschen-, Frauen-M. etc., und zu [2c] mit den Namen aller Fische; ferner z. B.: Abend-: des Abends gemolken, Ggstz. Morgen-M. Landwirthsch. Zeit. (1855) 1077b. Ammen- [1b und e]: Was uns gleichsam mit der A. anerzogen wurde. Mügge Standp. 264. Bérg- [2]: ein sehr lockrer, schwammiger Kalk. Oken 1, 235, auch Mond-M., vgl. Berg-, Himmelsmehl.
Bīēst-: s. II. Biest und Anm.
Blēī-: kalkhaltiges Bleiwasser (s. d.), von milchigem Aussehn.
Bútter-: die nach dem Abscheiden der Butter aus der Sahne übrigbleibende wäßrige Masse, vergl. Käse-M.: Kern- oder B. Weidner 277, auch: Rühr-, Schlägel-, Tumpel-M. etc., übrtr. zur Bez. des Weichlichen etc. [1f]: Er konnt’s nicht mit ansehn, der B.-Kerl. Böttger Byr. 8, 103.
Dráchen-: s. Heren-M.
Eīer-: mit Eiern abgerührt; nach Pictorius auch: geschiedne Milch, worin Zieger und Schotten noch in einander sind (vgl. schwzr. Suffi, ferner: Käse-M., Schotten). Esels- [1a] u. [2a]: Euph. esula. Fēīgen- [2a]. Glétscher- [2b]. Hāfer- [2a]. Héren- [2a]: nach Spate auch: Milch als Erzeugnis von Hexerei, „Drachen-, Zauber-M.“
Hǖhner-:
1) nach latein. lac gallinaceum (griech. γyα Gρ- ~í-oν), zur sprichwörtl. Bezeichn. einer gefabelten Fülle des Köstlichsten, wie im Schlaraffenland: Kurz, wenn du H. verlangst, so steht sie den Augenblick da. Heinse Petr. 1, 100; Nach dem Text des Evangelii suhren sie dahin ins Schlauraffenland. Einer predigt .. von blau Enten (s. d. 2), ein Ander von H. Luther 6, 96a, vgl.: Sogar die Hühner werden dir Milch geben. .. Unsere Alten sagten: Wer Glück hat, Dem kalbt ein Ochs. W. Luc. 5, 125 etc.
2) zuw. nach frz. lait de poule, ein mit heißem Wasserabgewälltes Eigelb mit Zucker, vgl. Hoppelpoppel.
3) [2a]. Húnds- [1a u. 2a]. Júngfern-:
1) Milch in der Brust einer Jungfrau.
2) [2] eine mit Wasser vermischte weingeistige Auflösung v. Benzoe. Karmarsch 3, 270. Kä́lber- [2]: Kälberbrissel, Kalbsbröschen, Kalbs-M.: die weiche Brustdrüse der Kälber, nieders. Schweder und Midder. V. 2, 215; Briesel oder K., Schweder. Rumohr Kochk. 104. Kálk- [2a]: eine milchige Mischung von Kalk und Wasser. Karmarsch 2, 327; 1, 271 etc. Kǟse-: der wäßrige Rückstand der Milch nach dem Käsen, „Eier-M.“ (s. d., vgl. Butter-M.), Molken, Schotten: Ihr vornehmstes Getränk ist K., die sie „Süfi“ (Gesäuf, d. h. Getränk) nennen, sowie der Käse „Spise“ d. h. Speise genannt wird. Kohl A. 1, 137, vgl. nam. Stalder 2, 304; 349. Katechísmus- [1f]: Eine solche K. meinen Lesern noch vorkauen zu wollen. L. 10, 88. Kérn-: Butter-M. (s. d. und Kern 17). Kráft-: eine milchähnliche kräftigende Arznei. Lécker-: s. leckern und [1b und f]: Junker L. Rachel 6, 253, Bez. eines jungen Gelbschnabels, Milchbarts (s. d.). Liebfrāūen-: eine Art sehr milden Rheinweins. Mándel-: [2a]: eine Emulsion aus Mandeln (Oken 3, 2060) und allgemeiner aus Kernen von Samen, z. B.: von Melonen (829) etc. Mōnd-: Berg-M. Brockes 9, 80; Mon-M. Scheuchzer 39* Nat. 2, 183; 6, 107. Mórgen-: s. Abend-M. Mútter- [1b]: Ohne Zweifel war es die M., die den Menschen zu dem Versuche einlud, sich der Thiermilch zu bedienen. Sch. 1010a etc., nam. [1e]. Nátter- [2a]. Pflánzen- [2a]. Plúnder-: abgerahmte saure oder dicke Milch: Die noch übrige dicke Milch, sogenannte P. Landwirthsch. Zeit. (57) 234a, auch: Plumper-, Schlicker-, Schlipper-, Schlotter-, Tumpel-M., vgl. Käse-M. Rǖhr-: Butter-M. Sāmen- [2a]. Sāū- [2a]. Sāūer-: saure Milch. Landwirthsch. Zeit. (55) 67b. Schlǟgel-: Butter-M. Schlícker-: Plunder-M.: Zweitens bleibt die ausgesahnte oder die unter der Sahne abgegoßne Milch, an einigen Orten Sch. oder Schlotter-M. genannt, zurück. Krünitz 7, 467. Schlípper-: Plunder-M.: Wenn ich den [sauren] Rahm abgehoben habe, finde ich die Sch. G. 10, 137; Wir leben fast nur von der sauren oder sogenannten Sch. Immermann M. 1, 9, vgl.: Süße Milch und nachher machen sie den sauren Schlipper daraus. ebd. Schlótter-: Schlipper-M., vergl.: Sein Herz „wappelt und schluttert“ hin und her. Luther 1, 97b und wabblig. Sülz-: saure Milch: Fülle die Schal’ in der Kammer mit S. V. 1, 128, s. Kompost 2 und Gloms. Tēūfels- [2a]: s. Hexen-M. Túmpel-: Butter-M. und Plunder-M. Vōgel- [2a]. Wólfs- [2a]. Zāūber-: Hexen-M. u. ä. m.