Faksimile 0306 | Seite 304
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Michel
Michel, m., –s; –s:
ein meist nur noch auf dem Lande üblicher Taufname und danach (vgl. Hans etc.) Bez. theils einer tölpelhaft dummen oder philisterhaft ledernen, theils einer bäurisch derben Pers. etc., z. B.: Macht mir keine Flausen vor. .. Ihr wisst, ich lasse nicht das Michele mit mir spielen. Scherr Nem. 2, 61; Hielt ihn für den trocknen M., für den er sich gab. OWildermuth Heim. 322 etc.; Einige von den Dorf-M–n wollen durchaus diese Grobheiten nicht fahren lassen. Immermann M. 1, 389; Heul-M., Schimpfname eines weinerlichen Menschen. Schütze Holst. 3, 97; Vetter M., Bez. eines beschränkten, in sich selbst begnügten und selbstgefälligen Philisters, s. Kretzschmer V. 1, 288 das Lied von dem mit allen Philistern sich zu verhalten wissenden „Vetter M.“; G. 1, 118; Bei welchen [Gelagen] uns denn freilich manchen Abend Vetter M. in seiner wohlbekannten Deutschheit zu besuchen nicht verfehlte [s. u.: deutscher M.]. 22, 43; Daß es der Hänse und Vetter-M–n viel gebe. JGMüller Lind. 4, 340; 352, abwechselnd auch: „Die Hänse und Barthel“; „Alle die Mätze“ etc. (s. u.: ausmicheln); Die Genies, das lüftige Völklein der Wind-M. [s. Wind- Beutel, -Müller etc.] und Hasen. 1, 24 etc. Nam. aber: Deutscher (s. d. 2) M.; Den vierschrötigen deutschen M. Börne 3, 141; SFranck Spr. 1, 24b; L. 10, 187; Man wagt’s, den Calderon dir auszupochen! | Das ließ vom deutschen M. sich crwarten. Platen 2, 138; Unsre teutschen M. und Michelinnen. W. Merck 2, 87; Da zittern denn alle Betschwestern u. Deutsch-M. Scherr Pr. 169; Der Sympathie-M. ist der widerwärtigste von Allen. KAndree (Auerbach Volksk. 61) 124, der Deutsche, wenn er Sympathien für fremde Völker statt Nationalgefühl hat etc. und Fortbild., z. B.: Diese neueste französische Michelei [übermüthige Dummheit etc.] des Herrn Michel Carré, ausgeübt an dem tiefsinnigsten Werke des deutschen Genius. Stahr Jahr. 1,224; Solche Jungdeutschmicheleien. Scherr (Schwegler 47) 638; Heulmichelei [Weinerlichkeit etc.]. JGMüller (s. Schütze Holst. 3, 97); Die Herzogmichelei. Lind. 2, 269, die Luftschlösser, mit Bezug auf das Lustspiel von „,Herzog M.“, in welchem (vgl. Shakespeare’s Zähmung einer Widerspenstigen) M. in den Wahn versetzt wird, er sei Herzog etc.; Die Staarmätzchen und, die sich von ihnen einreden ließen, Achmed habe ihrer Vettermichelei u. s. w. eine Ehre gethan. 4, 350, s. o.: Vetter-M. und u.: ausmicheln etc.; Während wir Andern immer doch noch eine michelhafte Stellung zu respektieren haben. Ruge Rev. 1, 108; Als verböte der alte Römer die Bewunderung, da er doch nur die vatermichelhafte Verwunderung, das Vielgeschreimachen von kleinen Dingen gemeint. Stahr Jt. 2, 388 etc.; Er mochte seinem Vaterlande nur noch den Spottnamen Michelien [⏑–⏑⏑] gönnen. Scherr Gr. 1, 20 etc.; Alle die deutschmichelnden Vettern und Basen. Pr. 213; Als die Staarmätzchen ausgemichelt und .. ihre Weisheit an den Mann gebracht. JGMüller Lindenb. 4, 350 (s. o.: Vetter-M. und Vettermichelei); Eine ziemlich vermichelte Deutschthümlichkeit. Goltz 1, 437 etc.
Anm. In „Michel“ scheint der hebr. Michael (s. d.) zusammengeflossen mit dem vralt. Ew. michel, s. mehr, Anm., Benecke 2, 164 und z. B. noch: Ein michel Theil. Matthesius Lthr. 104b; 170a etc.