Faksimile 0274 | Seite 272
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meiden
Mēīden, tr.:
mied; gemieden: aus Scheu vor Einem oder Etwas sich fern halten, s. fliehen 2, auch die Bsp.: Jemand (Tit. 3, 10; 2. Tim. 3, 5 etc.), das Böse (Hiob 28, 28; Spr. 13, 19; 14, 16 etc.), die Sünde (Tob. 4, 22), heimliche Schande (2. Kor. 4, 2), die Hurerei (1. Thes. 4, 3), allen bösen Schein (5, 22), Geschwätz (1. Tim. 6, 20) m.; Jemand, wie ein (aus)schlagendes Pferd, ein Haus wie die Pest (vHorn Schmj. 18) m.; Einen Ort, z. B. den Hof, die Stadt m. müssen, nicht hinkommen dürfen; Leide, was du nicht m. kannst; Ade! | ja Scheiden und M. [M.-müssen, Entbehren durch Entfernung, s. Anm.] thut weh. (Kretzschmer V. 1, 51); Scheiden und m., was sonst so schwer aufs Herz fällt, ward hier zum kleinen scherzhaften Frevel, man floh [s. d. 2] sich, um sich einander Augenblicks wieder zu finden. G. 18, 257; Die Gegenwart eines Paria wird von allen übrigen Indiern mit Abscheu gemieden und geflohen. 32, 359; O Menschengeist, .. | hättst du nicht so unselig und entschieden, | Natur, dein Lieb, verlassen und gemieden. Lenau A. 13; Wer miede nicht, wenn er’s umgehen [s. d.] kann, | das Äußerste? Sch.; Jch bin schwach, kann ihre Wuth nicht fliehn, | und wär’ ich stark, wollt’ ihre Wuth nicht m. Schlegel Sh. 8, 213 etc. Auch mit abhäng. Satz, z. B.: Meide, wenn du es kannst, daß man dich dort sieht; Zu widersprechen, meid’ ich. G. 10, 295; Was morgen annaht, meide vorauszusehn. V. H. 1, 33 etc. In dichter. Personif. auch mit sachl. Subj.: Dann fragt, wenn zu fragen | die Lust euch noch nicht mied [verließ etc.]. Grün Gd. 207 etc. Zu dem pass. Partic. als Fortbild.: Auch auf Amrei ging ein Theil dieser Gemiedenheit über. Auerbach Barf. 75.
Anm. Ahd. midan, mhd. miden, urspr.: verborgen sein; fern bleiben von Etwas, auch entbehrend, z. B. die stadt miden (Haltaus 1335) = die Stadt m. müssen, wie noch ohne „müssen“ (s. o.) in der Verbind.: Scheiden und m. Das Imperf.: meidet(e) z.B. Hiob 1, 1; Tob. 1, 5; Daß sie sein Haus meidete. Karschin Leb. 57; Damit die Leute die Straße meideten. Olearius Reis. 278a; 330a; Was mir in ihrem Thun und Wesen mißfiel, Das vermei- dete ich. Ros. 34a etc.; Daß ihr die Zweiung mitten [miedet]. IDoman (Wackernagel 2, 240 Z. 33); das Partic.: So wir doch . . das Wort .. mit Fleiß gemeidet haben. Luther 6, 458b (Just. Jonas) etc.; Solches habe ich bisher noch gemidden. 6b; 8, 5a etc.; Vermitten. Garzoni 479a (vgl.: geschnitten). Wörter verschiednen Stamms, aber ähnlichen Lauts, s. Anm. zu Meißel und Miete.,
Zsstzg.: Ver-: verstärktes meiden und in der gw. Rede häufiger als das Grundw.: Jemand, seine Gesellschaft, einen Ort, einen Ausdruck, eine Sünde, etwas Böses v.; Jch vermied es, mit ihm zusammenzukommen, von ihm gesehn zu werden, daß er mich sah; Wer miede nicht, wenn ers v. könnte, | mit alten Freunden einen solchen Kampf?; Mich, es [das Geschick, der Tod] will nur mich v. Cham. 4, 157; Er vermeidet sogar der jungen Mädchen Gesellschaft | und den fröhlichen Tanz, den alle Jugend begehret. G. 5, 12; Daß man das Übel v. und am Orte bleiben oder ihm ausweichen und einen andern Weg erwählen müsse. 16, 263; Er schien vielmehr mich v. als aufsuchen zu wollen. Tieck A. 2, 243 etc., auch ohne Obj.: Ihre Unterhaltungen waren v–d. G. 15, 281, sie vermieden gewisse Punkte zu berühren, zurückhaltend etc.; Die Vermeidung der Gefahr etc.