Faksimile 0259 | Seite 257
Faksimile 0259 | Seite 257
Faksimile 0259 | Seite 257
matt
I. Mátt, a., –est:
1) (ohne Steigrung, als Prädikat) im Schachsp.: Schach-m., richtiger m.; Wenn der König so angegriffen ist, daß er weder aus dem Schach ziehen, noch den angreifenden Stein selbst nehmen, noch auch einen andern Stein zwischen das Schach setzen kann, so ist er matt. Bilguet Schach 9b, vgl. patt; Der Spieler ist m., besiegt, sein König ist m. und damit das Spiel aus; Einen (in so und so viel Zügen) m. machen, m. setzen, seltner legen (s. d. 2a); Schach [s. d., als Ruf den bedrohten König zu schützen] und m.!, dafür auch (s. 2a) schach-m., z. B.: Nach der Tafel trug sie mir ein Schachspiel an . . Du kannst dir einbilden, wie oft ich schach-m. ward. W. 27, 273; „Schoch m.“ (s. b) ist ihm gesprochen. VWeber (Wackernagel 1, 1054 Z. 36).
a) dazu auch als sächl. Hw., z. B.: Blindes M. nennt man dasjenige, welches ein Spieler giebt, ohne es selbst zu wissen und ohne es also durch den Zuruf „M.“ anzuzeigen, ersticktes M. wird Sanders, deutsches Wörterb. II. dem feindlichen Könige, der von seinen eigenen Steinen so eingeschlossen ist, daß er gar nicht ziehen kann, von dem Springer geboten. Bilguet Schach 10a etc., s. auch matten 1 und schachmatten.
b) oft bildl. (s. 2a): Herr König, .. | der schlechte Bauer da wird bald schach-m. (⏑–) euch machen .. | Ha! m. ist Danemohnd, m. ist er durch den Bauer . . Und Doolin ruft [den König tödtend]: Schach-m. (⏑–), gekrönter Bösewicht! Alxinger D. 351 ff.; Der Kaiser ist schach und m.! Babo Otto 102; Daß alle unsere weiblichen Künste einzig für dieses wehrlose Stichblatt fechten, wie auf dem Schach alle Officiere den wehrlosen König bedecken. Überrumpelst du diesen m.! und wirf getrost das ganze Brett durch einander. Sch. 171a etc.
2) übrtr.:
a) von lebenden Wesen, nam. von Pers. und Personif.: erschöpft, so daß man kaum von der Stelle kann, ohne Lebenskraft; kraftlos; schwach etc., z. B. wo die Ubertragung bes. stark hervortritt in der Zusammenstellung: O du feile Stadt, | wie wärst du so bald schach und m.! Brant Narr. 46, 54 etc. od. der Zsstzg.: Schach-m. (⏒–) bin ich, | doch Sie, Sie tanzten noch drei Andre nieder. Göckingk 2, 215; Dem schach-m–en Stubensitzer. Heinse A. 1, 24 etc.; Mußte es nicht ihre Feinde entmuthigen oder m. legen [s. 1a]. LHerbert Nap. 3, 247; ferner: M. vor Hunger und Durst (vgl. hellig), vom Laufen, von der Anstrengung etc.; Einen Hirsch, einen Bedienten m. hetzen etc.; Ein Labsal, eine Stärkung, Erquickung für den M–en, für das m–e Herz etc.; Das ganze Haupt ist krank, das ganze Herz ist m. Jes. 1, 5; Der Herr-. . wird nicht müde noch m. .. Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, .. daß sie laufen und nicht m. werden, daß sie wandeln und nicht müde werden. 40, 28 ff.; Wie die Widder, die keine Weide finden und matt vor dem Treiber hergehen. Klagel. 1, 6; Die Sonne stach . ., das er m. ward. Jon. 4, 8; Dazu sind wir m. von Fasten. 1. Macc. 3, 17; 1. Sam. 14, 24 ff.; Ich will ihn überfallen, weil er m. und lass ist. 2, 17, 2; Daß ihr nicht in eurem Muthe m. werdet und ablasset. Hebr. 12, 3; Da sie ihn aber trieb .. und zerplagte ihn, ward seine Seele m. bis an den Tod [ohne Kraft zum Widerstand gegen ihr Bitten]. Richt. 16, 16; Niete dich [Fortuna,] denn satt und m. B. 56b; Bis mich [Veilchen, s. d] das Liebchen abgepflückt | und an dem Busen m. gedrückt. G. 34, 224; Setzte sich, m. bis in den Tod. HKleist E. 1, 264; Müßte doch vor solchen Mann der Türke sein so m. als eine Fliege. Luther 5, 468a; Wenn er gleich sich m. gefastet, gewachet, gearbeitet. 1, 405b; Haben sie doch das Koncil zuvor „mat“ [unwirksam, machtlos] gemacht damit, daß etc. 289a; Müd und m. vom Stubenhocken. Werner Lthr. 127; Der’s immer mehr an Kraft zum Widerstehn gebricht. | Stets lässiger und m–er ficht | die holde Scham mit Amor’s süßem Triebe. W. 12, 309; Wo ich mich satt und m. gesehen habe an Herrlichkeiten. Zelter G. 1, 407 etc., s. auch Matte 1. Ferner auch v. Sachlichem zur Bez. Dessen, dem es an Kraft, Energie, Wirksamkeit, Lebhaftigkeit fehlt, so nam.:
b) in Bezug auf den Gesichtssinn, von Licht u. Farben: glanzlos, wenig leuchtend, schwach hervortretend etc. (s. mattieren): M–e Farben; Ein m–es Blau, Roth etc.; m.-blau etc.; M–e Diamanten, die wenig Feuer haben; M–e, m. geschliffne Gläser, die wenig Licht durchlassen; M–es Gold, im Ggstz. zum polierten, brünierten etc.: Glänzend und m. G. 6, 113; Vor der herrlichen Gestalt | [ist] selbst die Sonne m. und kalt. 12, 197; Ew’ge m–e Nacht. 13, 25; Ekelt dir schon vor dem m–en Gemälde? [s. f]. Sch. 111b; Beleuchtungsglocken, die .. ihren Schimmer durch ein m–es rothes Glas warfen. Gutzkow R. 2, 376; Ein kaum bemerkbarer m.-violetter Streifen. Höfer V. 169; Da die Zeit die Bilder ehemaliger Visionen dieser Art zu m. gemacht hat, um von dem lebendigen Eindruck der gegenwärtigen nicht ausgelöscht zu werden. W. 17, 121; Beim m–en Licht. 11, 201; Lunens m–er Strahl, | der mit der Nacht nur m. und sterbend kämpfet. 209; [Da] begann ich weiß nicht welch ein m–er Farbenton | dem Glück der Liebe was von seinem Glanz zu stehlen. 12, 35 etc.
c) in Bezug auf den Geschmackssinn: schmal, fade, abgestanden etc.: Das Wasser war m. Gutzkow R. 5, 449; Einem Wein zu vergleichen, der sich dem Geruch mit vollwürzhaftem Bouquett ankündigt, hinter starken Zügen aber auf der Zunge m. abfällt. König Jer. 3, 52 etc., s. e und f.
d) zuw. in Bezug auf den Gehörsinn: In dem ersten Ständchen war der Klang viel zu oy m. und unbedeutend für den frischen Morgengruß der Liebe. Gumpert (Nat. Zeit. 13, 477); Die Donner verdröhnten als m–es Echo. Waldau N. 1, 38 etc., ähnlich in Bezug auf den Geruchssinn: Moschus riecht zu penetrant, nur ein m–er Duft davon ist angenehm etc.
e) von Herz und Seele, ohne Gefühl etc., z. B.: Die Limonade ist m. (s. c), wie deine Seele. Sch. 211b; Wer viel Geld im Beutel hat, | Dessen Herz ist kalt und m. Sprchw., z. B.: Hackländer Hdl. 1, 10 etc.
f) in Bezug auf geistige Eindrücke, nam. ästhetisch: Das M–e in Gedanken und in der Schreibart. .. Es giebt von Natur m–e Köpf, die keinen Eindruck lebhaft fühlen, die also nothwendig sich immer m. ausdrücken. Sulzer 3, 369a etc., aber auch sonst: wenig Wirkung hervorbringen (s. f), z. B.: Daß der Bube in das Heiligthum der Gesetze griff, diese Aufforderung war dir zu m., der Bube mußte noch in das Heiligthum deines Bluts greifen. Sch. 150b; Unter dem m–en platten Einerlei stehen, zuletzt alle Gedanken ab. Zschokke 8, 247 etc.
g) von abgeschoßnen Pfeilen, Kugeln etc.: Auf meine Brust laß [Amor] deine Pfeile zielen, | .. sie werden .. stumpf und m. um meinen Busen spielen. W. 10, 12; Ein paarmal rollten m–e Kugeln bis zu unsern Füßen. Steffens Malk. 1, 250 etc.
h) Bergb.: M–e [faule, Ggstz. frische] Wetter, z. B. Volger EE. 446 (vgl. c) u. ä. m.
i) Hüttenw.: strengflüssig, nam. von Kupfer. k) dazu Zsstzg., z.B.: Erden-m. Auerbach D. 1, 302 etc.; Als wälzte fraßes-m. [m. vom Fraß], träg auf dem Bauche | dahin die Schlange sich der Ewigkeit. Grün Gd. 194; Der kriegs-m–en [vom Krieg erschöpften oder m–en] Erde den Frieden gegeben. H. 9, 399; Die Mannschaft, todes-m. [m. bis zum Tode] und triefend. Platen 4, 321 etc., áuch (s. 1 und 2a) schach-m. und danach, z. B.: Den Gegner .. zu einem Nonplusultra zu treiben, d. h. witz-m. zu machen. Gervinus Sh. 1, 308, so daß er im Witz besiegt ist und nicht weiter kann u. ä. m.
3) dazu (nam. 2) als abstr. Hw.: Schleichender Tod; nur dem schnellen entfloh die verhungerte Mattheit. Bag- gesen 1, 80; Die zur letzten M–heit herabgesunkene Leibnitzisch-Wolfische Metaphysik. Hegel 17, 4; Daß unter dem Mantel der M–heit | sich nur verberge die Lust nach Sattheit. Rückert Mak. 1, 122 etc., häufiger: Mattigkeit des Todes befällt sie. H. Ph. 3, 276; Die M–igkeit jedes Ausdrucks. ETAHoffmann Ausgw. 7, 342; Allenthalben eine M–igkeit, ein lauliches Wesen. Mendelssohn 4, 2, 167; Die Leere, die M–igkeit, das Geistlose jenes Buchs. JvMüller 13, 218; Schlaffe M–igkeit | drückt meine Glieder. Oehlenschläger Corr. 145; Er ist vor M–igkeit eingeschlafen. W. 1, 163; Verfiel in eine gewisse M–igkeit der Seele, welche wir nicht kürzer zu beschreiben wissen, als wenn wir sagen, daß sie vollkommen das Widerspiel von der Begeisterung war, worin etc. 5, 118; Eine nicht unangenehme M–igkeit ist der Wink, den uns die Natur giebt, unsere Arbeit mit Ergötzungen zu unterbrechen. 7, 64; Endlich überschlich mich eine wollüstige M–igkeit und ich verschlummerte die heißen Stunden. 16, 133 etc., auch in Zsstzg., vgl.: Als wenn Todtenmattheit auf mir läge. WHumboldt Son. 11; Mit der Todesmattigkeit des gehetzten Hirsches brach er zusammen. W. 1, 366 etc.
Anm. Wie das Schachspiel aus dem Orient stammend (pers. schach matt = der König ist todt), s. Diez 221 und Benecke 2, 87 ff. Ugw. Kompar. mätter (2b). FKind (Hungari 1, 500).
Zsstzg. s. 2k.