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mahnen
Māhnen: 1) tr.:
Einen lebhaft und eindringlich erinnern, nam. an eine zu erfüllende Verpflichtung, vorzüglich an eine Schuld, zur Bezahlung antreibend:
a) An Etwas m., unwillkürlich (vgl. 2) oder absichtlich die Erinnrung an Etwas erregen, s. d: Er mahnte mich an meine Verpflichtungen; Zeus .. | m–d an Lebensbedarf. V. Arat. 3 etc.; Dieser Vorfall mahnt (mich) an eine ähnliche Geschichte; ugw. mit ,,an“ und Dat.: Seltsam m–d an kolossalen Bauwerkmonstren. Heine Rom. 100, und sel- 0α7 ten (s. c): Die Kälte mahnte an [trieb an zur] Bewegung und in fliegender Eile ging es fort. Steffens Malk. 1, 11.
b) Einen um (oder wegen) Etwas m., ihn daran er- innern, um es von ihm zu erhalten; Er hat mich um das Geld, um das Buch schon öfters gemahnt etc., s. f.
c) Einen zu Etwas m., antreiben, mit persönl. und sachl. Obj.: Er aber mahnte Jede zu Gebet. B. 172a; Der her- einbrechende Abend mahnt zur Eile etc., s. a und g.
d) in gehobner Rede mit Genit. statt „an“ (s. a): Weil schon die | .. sinkende Sterne den Müden des Schlummers gemahnet. B. 245a; Es mahnt die verwitterte Inschrift | ihn schöner Vergangenheit. Grün Gd. 44; 238; Eine Freundin, die ihn dann und wann des Menschlichen mahnte. König Mar. 1, 82; [Daß sie ihn] mahnte des Vaterlands. V. Od. 15, 3; 2, 222 etc.
e) mit abhäng. Satz: Einen m. [erinnernd antreiben], daß er Etwas thue oder es zu thun; Mahne unsre Mutter, daß sie stracks | versammle die Matronen. B. 170a etc.
f) ohne abhäng. Vh.: Einen Schuldner m. [zu bezahlen e; um das Geld b]; Dem M–den wie dem Schuldigen. Jes. 24, 2; Welche .. in Gelübd genommen und folgends gemahnet wurden [sich zu stellen, s. leisten III 2 und k: Leistmahnung]. Berlichingen 107; Trat einst ein Vergeßner m–d [an das Versprochne] vor ihn. Cham. 3, 238; Verhangen und verfinstert das göttliche Gebot, | das leis’ aus tiefstem Herzen sich doch mir m–d bot [eindringlich an die Pflicht erinnernd]. 325; Ich stehe bittend da, | ich schreit’ am Rheine m–d [an die Schuldigkeit] auf und nieder. Freiligrath Garb. 46; Vom bösen Geist gemahnt [angetrieben]. Rückert Morg. 1, 6 etc.
g) zuw. mit Angabe der zu bewirkenden Ortsverändrung: Alle Knechte wurden streng und mit Erfolg heim- gemahnt. JvMüller 24, 339, heimzukommen gemahnt; Es mahnt [treibt] uns in das Feld. Schlegel Sh. 8, 222; Aus London ward vom König ich gemahnt [zum Kriege aufgeboten]. 247; Er mahnte: Fort! (s. c und zurücken).
h) zuw. mit persönl. Dat. statt Obj., s. nam. gem., seltner: Dessen männlicher Laut der Ermunterung mir noch einmal, wie unser Luther, mahnt [m–d zuruft], in die eigenen Hände zu schauen. Joh. Falk (Dorow 3, 65).
i) Dazu: Zwar grollt der Scheich, der ernste Mahner. Dau- mkr 1, 301; Die von den Bergen ihr herniederschaut, | graustirn’ge Mahner dem Geschlecht im Thale. Freiligrath Garb. 37, vgl. Manichäer (2). k) Lasst die Mahnung nicht vergebens sein! 48; 49; Der Mahnung trotz’ge Hörer. Rückert Mak. 1, 86; Die ungestüme Mahnung, zu einer Zeit gethän, wo die Kriegskasse erschöpft etc. Sch. 972a; Leistmahnung, s. Leisten III 2 etc. 2) intr. (haben): weidm.:
a) flüchtiges Wild durch einzelnes Geräusch (,anpfeifen, anrufen, anschrecken“) zum ,,Stutzen“ bringen. Laube Br. 275.
b) Der weibliche Hirsch, das Thier mahnt, schreit in eigenth. Weise, nam. nach der Setzzeit.
Anm. Ahd. manôn, mhd. manen, vgl. lat. monere und die stammverwandten meinen, Minne, Mann. S. auch (veralt., mundartl.) m. oder mähnen = Pferde, Zugvieh antreiben, z. B.: Mit den Sporn er sein Pferd mandt. Theuerdank 41 etc., auch Ermahnen, s. d. 2 und: als Zugvieh ziehn, vgl. Grimm 3, 909; Frisch 1, 635b; Schm. 2, 589 ff.; Stalder 2, 207, doch s. auch Diez 222.
Zsstzg. z. B.: Áb-:
1) durch Mahnungen, Ermahnungen, Erinnrungen von Etwas abzuhalten suchen: Jeremiaden, mit denen uns Gellert von der Poesie abzumahnen pflegte. G. 21, 49; Deinen Schwager von dem rebellischen Vorhaben abzumahnen. 9, 103; Er hatte mich wiederholt vom Kartenspiel abgemahnt. .. Indem sie die Abmahnung meines Vaters nur von dem Mißbrauch erklärte. 164; Sie werden im Traum von der Rückkehr zu Herodes abgemahnt. 32, 264; Eine Abmahnung, einen Verweis. 18, 74; Ich .. | hab dringend, hab mit Ernst ihn abgemahnt. Sch. 357b; V. Il. 9, 109; Trotz Stein’s A. Waldau N. 1, 133 etc.
2) Einem Etwas a., mahnend abfordern oder abnehmen; Er ist stark genug, der’s ihnen wird a., zum wenigsten mit dem ewigen höllischen Feuer. Luther SW. 26, 56.
3) (mundartl.) Die Gäste a., sie zum Weggehen mahnen, abbieten (s. d. 2b). An-: Einen an Etwas, nam. an etwas zu Thundes mahnen, um ihn zu dem Thun zu bewegen, vgl. er-m.: Der Bote Gottes mahnt uns an, zu hemmen | den Sturz. Brückner 171; Daß sie von Eltern und Lehrern angemahnt und angeleitet werden, sich mäßig .. zu betragen. G. 20, 78; Ich säumte nicht, auf gnädigste vorsorgliche Anmahnung den vierten Platz einzunehmen. 25, 99; 21, 97; 33, 260; Über die Anmahnungen des ihn zur Unwahrheit verlockenden Gelustes Herr zu werden. Immermann M. 1, 286; Mahnte ihn an, zu seinen Eltern zurückzukehren. Musäus M. 1, 39; Seid angemahnet: wacht! Scultetus (L. 8, 295); Wir schreiben euch, wenn Zeit und Umständ’ uns | a. werden. V. Sh. 2, 133; Angemahnt [erinnert], daß Jugend den Nymphen | . wiedergebracht sein könne. Ov. 2, 29 etc., vgl.: Sie halten nur der Sonnen Stich | für „anmannung“, zu fördern sich. Fischart (Wackernagel 2, 154 Z. 26) etc. Āūf-: mahnend aufrufen oder auffordern, aufbieten, z. B. Truppen etc. a., zum Zuge, zum Kriege; Wenn ein Kaufmann einen Pfeffersack verliert, soll man das ganze Reich a. G. 9, 66 (nach Berlichingen 131); Ich [der Kriegsgott] mahne sie auf. 5, 107; Aufgemahnt, ihrem Retter Dienste und sonstigen Zuzug zu leisten. Mager Les. 2, 284; Die Christenheit a. JvMüller 24, 332; Einen starken Haufen a. und versammeln. Stumpf 215a; Als er .. von den Bundsgenossen auch wider den Kaiser aufgemahnt ward. Zinkgräf 1, 120 etc., übertr.: Mahnet [bietet] auf zur Stunde | den besten Athem gut [zum Gesang]. Spee 79 etc.; ferner: Eine Festung etc. a., zur Ubergabe und danach übertr.: Sie brennt vor Ungeduld, sein Herz bald aufzumahnen. W. 11, 185. Be-: (selten) Alte oft bemahnte Schulden. Tieck 8, 235, s. ein-m. Eīn-: etwas Einem Zukommendes durch Mahnen eintreiben: Das Geborgte (5. Mos. 15, 2 ff.), eine Schuld (Musäus M. 4, 27), beträchtliche Summen (37), das versessene Deputat (Schweinichen 2, 9; 12) etc. (von Einem) e.; Verspricht eine andere Vergeltung, die sie schwerlich e. wird. V. Ländl. 2, 300; Einmahnung ihrer Schulden. Schweinichen 3, 11 etc. Er-:
1) (veralt.) durch Mahnung, Einmahnung erlangen: Tob. 5, 2; Ich sollte das Deputat ein-m. .. Wenn ich aber Nichts e. konnte. Schweinichen 2, 16; 150 etc.
2) statt des Grundw.:
a) (veralt.) Ein Roß e., antreiben, anspornen, s. [Anm.].
b) (vgl.
a) Einen oder sich e., ermunternd antreiben, ermuthigen etc., auch verbunden mit ermannen (s. d. und c): Sie e. sich [einander] eifernd, höhen den Muth mit Geschrei. V. Ov. 2, 80; Wann man meint, es sei mit den Teutschen gethan, ermannen und e. sie sich erst und streiten erst auf das Neu. Weidner 300; Als die Teutschen diese Unerschrockenheit sahen, ermahneten sie sich auch und trieben den Feind etc. Zinkgräf 1, 71. c) Einen durch Bitten, Vorstellungen und Erinnerungen zu bewegen suchen, daß er Etwas thue, z. B. (veraltend): Luther SW. 64, 224; Indeß aber ermahneten [,,baten“ Eß] ihn die Jünger und sprachen: Rabbi iß. Joh. 4, 31; Ermahnet Philippum, daß er auftrete [,,Er bat den Philippus, daß er doch einsteigen möchte“ Eß]. Ap. 8, 31; 16, 15; 39 etc., heute gw. nur: Einen durch eindringliche Erinnrung an Das, was recht ist und Warnung vor Unrecht, zumpflichtgemäßen Handeln zu bewegen suchen, s. ver-m. 1 und vgl. nam.: Man lehret, die es nicht wissen und ermahnet, die es zuvor wissen. Luther SW. 64, 224 zu Röm. 12, 7 ff.; Die jungen Männer ermahne, daß sie züchtig seien. Tit. 2, 6; Ermahnet euch unter ein- ander. 1. Thess. 5, 11; Euch zu stärken und zu e. in eurem Glauben. 3, 2; Ich ermahne euch, .. Solches zu thun. Hebr. 13, 19 etc., auch: Ich will dich e. und ermannen [warnen], so deine Stund wird kommen . ., daß du vor meinem Bild und Gedächtnis nicht erschreckest noch verzagest. Luther 1, 364a; Einen zur Tugend, zum Fleiß, zum Gehorsam, zur Tapferkeit etc., an seine Pflicht, Schuldigkeit etc. e., auch zuw. mit sachl. Subj.: Ein Exempel, das Jedermann zur Tugend e. sollt. 2. Macc. 6, 31 etc. und seltner: Der Hunger ermahnte [erinnerte eindringlich] ihn ernstlich an seine Rückkehr. Sealsfield Leg. 1, 242, ferner: Er habe ihn oft vergebens über seine Laster ermahnt. Kohl Irl. 1, 328, ihn wegen derselben ermahnt, e–d gewarnt etc. und im alterthüml. Kurialstil mit Genit. statt „zu“ (s. d): Bitte und ermahne also’ Ew. Liebden dienstlichen Fleißes. W. M. 2, 93. d) zuw.: erinnern mit ,,an“ oder Genit.: Man belehrt und ermahnt ihn eines Bessern. Claudius 5, 77; Also ermahnet er uns des schrecklichen Zorns. Luther 4, 59 etc., s. e. e) veralt. = durch Ahnlichkeit in den Gedanken eine Erinnrung an Etwas wecken, ge-m.: Das mich ermahnet [mir etwa so vorkommt], wie etwan die Korybantes. Franck Weltb. 50b etc. f) Dazu (s. nam. c): Er- mahner(in); Ermahnung. 1. Kor. 14, 3; 2, 8, 17; Hebr. 13, 22 etc.; Alle Ermahnungen verachten. Ge- [1a]: die Erinnerung an Etwas erregen, z. B. absichtlich: Gemahne ihn nicht an dich! du weißt, er grollt uns. Sch. 532b und häufiger unwillkürlich, s. er-m. 2e: Gemahnt uns des ritterlichen Kämpen. Linck Schl. 101 etc. und: Etwas gemahnt mich (oder mir) so und so, kommt mir so vor; Fast gemahnt er sie wie der Andre [er scheint ihr ähnlich]. Gottschall G. 57; Solches Trostes voll | gemahnten ihr des Kerkers [moder-] grüne Quadern, | wie Marmelstein. Kosegarten Dicht. 3, 100; Es gemahne ihn der frommen Christen gleich als einer Gans. Luther SW. 61, 139; Es ahnet mir | und gemahnt mir, | daß die Beiden .. Betrüger seien. Rückert Mak. 1, 70; In dem Augenblick als er sich zum Vortrage anschickte, gemahnte es mir gerade so, als wenn ich ein solches Buch läse. Tieck 16, 225; seltner: Der ihr [wie] ein Engel des Lichtes gemahnt’ im ewigen Dunkel. Kosegarten Dicht. 1, 169.
Ver-:
1) wiederholt und eindringlich er-m. (s. d. 2c): Wir er-m. euch, lieben Brüder, vermahnet die Ungezogen. 1. Thess. 5, 14; Nicht schreibe ich Solches, daß ich euch beschäme, sondern ich vermahne euch, als meine lieben Kinder. .. Darum ermahne ich euch: Seid meine Nachfolger. 1. Kor. 4, 14 ff.; Lehret und vermahnet euch selbst mit Psalmen und Lobsängen. Kol. 3, 16; Einen Jeglichen mit Thränen zu verm. Ap. 20, 31; Judas vermahnet sein Volk und sprach: Rüstet euch. 1. Macc. 3, 58; Da vermahnet Judas sein Volk, daß sie für ihre Brüder streiten wollten. 5, 32 etc.; Seit 1579 kam er, selbst vermahnt, nicht in das Stadthaus. Gervinus Sh. 1, 42; Als der Gast seine Wirthe ernstlich vermahnte, nicht weiter .. zurückzuhalten. G. 15, 19; Was [vgl. Das 4 und Es 9] sie alsdann .. der liebe Gott vermahnt, Das wollten sie thun. Hebel 3, 170, vgl.: Alles vergessen, weß sie vermahnet sind. Luther 5, 491a; Das Volk durch Zeichen zur Ruhe zu verm. W. 14, 103 etc. Dazu: Vermahner(in); Vermahnung. Eph. 6, 4; Weish. 12, 26; Sir. 44, 16; Trotz wiederholter Vermahnungen etc.
2) (veralt.) = ge-m.: Ihr vermahnet mich eines rechten Junkern. Zinkgräf 2, 39 etc. Vōr-: warnend in Bezug auf Künftiges mahnen: Nicht deine Freude hat den Schaden angebahnt, | du freutest dich nur so, vom drohnden vorgemahnt. Rückert W. 4, 9. Zurück- [1g]: Ihr großes Herz mahne mich auf die richtige Straße zurück. JvMüller 13, 4, zurückzukehren; Geld z., mahnend zurückfordern etc.