Faksimile 0204 | Seite 202
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Magen
Māgen, m., –s; uv., (Mägen); -:
1) der häutige oder fleischige Sack in der Bauchhöhle zur Aufnahme und Verdauung des Genoßnen, s. Bauch 2:
a) Die vielen M. der niedrigeren Geschöpfe. H. Ph. 3, 97; Nach der Einrichtung ihres M–s oder ihrer Mägen. Liebig Th. 106, von den grasfressenden Thieren etc., s. Blätter-M.; Brauch ein wenig Weins um deines M–s willen. 1. Tim. 5, 23 etc.; Die Leute sehn Einem nicht in den M., wohl aber auf den Kragen. (Sprchw.), es kommt weniger darauf an, womit man sich sättigt, als wie man sich kleidet; Einen guten M. [eine gute Verdauung] haben, Viel verdauen (s. d.) können, eig. und übrtr.: Die Kirche hat einen guten M., | .. kann ungerechtes Gut verdauen. G. 11, 121; Er scheint mir einer von denen Menschen zu sein, die einen guten moralischen M. haben, um an dem großen Welttische immer mitgenießen zu können, anstatt daß Unsereiner, wie ein wiederkäuendes Thier, sich zu Zeiten überfüllt und dann Nichts weiter zu sich nehmen kann, bis er eine wiederholte Kauung und Verdauung geendet hat. 24, 29; Er, der ehemals den M. eines Straußes (s. d.) besessen, könne heutzutage kaum so viel vertragen, wie eine verliebte Turteltaube. Heine Lut. 2, 291; In der Liebe haben der Deutsche und der Engländer einen ziemlich guten M. Kant SchE. 95 etc.; Einen schlechten, schwachen, einen ausgepichten (s. d.) M. haben; übrtr.: Dieweil ihr [der Kirche] der M. damals noch zu blöd [schwach] darzu war. Fischart B. 18a etc.; Der (leere) M. knurrt (Cham. 3, 211), bellt, z. B.: So lang’ auch Weiser M. bellen. Göckingk 2, 110, so lange auch Weise Hunger haben, essen müssen; Indessen Andere . . mit ungestümen Mägen wie sie, mit einem wiederkehrenden Hunger Nichts für ihren Zahn finden. G. 29, 310; Der M. ist Einem öde. Rückert Mak. 1, 122; Gott- helf G. 147 etc.; Um ihrer M. Zorn zu stillen. Lichtwer 16; Den M. füllen, überfüllen, überladen, sich verderben, z. B. For- ster Br. 1, 164; Kürnberger Am. 225 etc., auch übrtr. auf Geistiges etc.: Der Lecker hat sich mit zu viel Süßigkeiten den M. verdorben, Nichts will ihm mehr schmecken. L. 7, 147 etc.; Etwas liegt Einem schwer, wie Blei etc. im M.; übrtr.: Dieser Bund that dem Adel gar weh im Kropf und lag ihnen gute Zeit unverdaut im M. Stumpf 643b. So auch: Etwas im M. haben, Nichts mehr davon mögen oder wissen wollen, weil man die unangenehmen Folgen davon noch verspürt; Einen im M. haben, ihn wegen gemachter schlimmer Erfahrungen nicht leiden mögen etc., vgl. eig.: Jch hab’s im M., der M. thut mir weh, ich habe Leibschmerzen, Leibschneiden etc. Auch: Schäm dich in den Kragen [s. d. 1] und M. IGMüller Lind. 3, 89. Ferner: Etwas kommt Einem über den M., schwzr.: es erweckt in ihm lebhaften Unwillen, ärgert ihn etc.: Vreneli kam diese Rede über den M., die Augen blitzten. Gotthelf U. 2, 186; 139; G. 10 etc.; auch: Ihr hießt mich Wechselbalg . ., es kroch (s. d. 2) mir übern M. W. 12, 22 etc. Ferner: Drückt Sie der M.? Sie gähnen | ja ein Mal übers andre. . . Den M. so zu lüften. 15, 27 etc.
b) (s. a) zuw. zur Bez. einer Pers., in Bezug auf den M. (eig. und übrtr.): Vornehmen und verzärtelten Mägen die bittere Wahrheit beizubringen. Börne 3, 132; Zur Stunde der lungernden M. B. 80b; Dagegen bücken viel Autor-M. [hungrige Autoren] sich. G. 7, 151; Daß die Sorge nicht klein ist, sehen Sie wohl an den acht gesunden Mägen. Gutzkow R. 4, 169; Nektar reichetet ihr den groben Mägen. H. 15, 337; Erschlafften M. thut | auch grobe Kost mitunter gut. W. 12, 16 etc.
c) Kochkunst: der M. von Thieren, insofern er zur Speise zubereitet wird: Allda sieden zween Mägen bei dem Feuer, mit Schweiß [Blut] und Feisten angefüllt. Schaidenreißer 76b; Hier sind Ziegen-M. gelegt auf glühende Kohlen, | welche, mit Fett und Blute gefüllt, wir braten. V. Od. 18, 44; 20, 25 etc.
2) (s. 1) zuw. der dem M. entsprechende äußere Theil, s. Bauch 1: Eine Binde um den M. tragen etc., auch übrtr.: Das war wohl gesprochen, sich den M. warm (s. d.) zu halten. Sch. 122a etc., sich vor Schaden zu bewahren etc.
Anm. Ahd. mago, mhd. mage, wonach die Mz. ohne Uml. den Vorzug verdient, vgl.: Dies kann kein Mag ertragen. Brockes 9, 30 etc. Mz. Mägen, s. v.; ferner G. 7, 226; Gutzkow Bl. 1, 56; Hackländer Stillfr. 1, 29; Musäus M. 2, 75; JP. 64, 94; 197; Schlegel Sh. 3, 94; Sealsfield Leg. 3, 72; Vogt Oc. 1, 130 etc. Vgl. (schles.) Kräuter-M.: magenstärkender bittrer Branntwein, ob von ahd. magan, Kraft, Stärke = Essenz? Weinhold. S. auch magnen (s. I. laben). Dazu in (vralt.) Zsstzg.: magig, mägig, a.: mit einem so oder so beschaffnen M. versehn, z. B.: Undäuig, bösmägig. Fischart B. 169b, und wortspielend: Großmägige [großmögende] Herrn. Wackernagel 3, 471 Z. 18. Ganz versch. das z. B. in Mecklenb. häufige: In Hemdsmagen [Hemdsärmeln], vgl. mhd. mouwe und: Zog er ein Gläslein aus der Mauen [aus dem Ärmel]. Rollenhagen Fr. 156; Wissen Sie da keine Mauen anzusetzen? JGMüller Lind. 1, 157; 2, 263; 4, 311 etc. = Etwas geschickt anzugreifen wissen, s. Brem. Wörterb. 3, 193 und Muff, Anm.
Zsstzg. z. B.: Āūtor- [1b].
Blätter-: Der Magen der Wiederkäuer ist in vier Säcke getheilt, wovon der