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Macht
Mácht, f.; Mächte, (–en); -:
1) das Vermögen, Etwas in die Wirklichkeit oder ins Werk zu setzen, zu bewerkstelligen etc., nam. sofern dies Vermögen stark hervortritt, sich sinnenfällig äußert, sei es bloß ein körperliches, wo es dann wie „Gewalt“ oft dem „Recht“ gegenübergestellt wird, oder ein sittliches, wo es dann oft mit „Fug“ und ,Recht“ verbunden erscheint sowohl mit Angabe des ins Werk zu Richtenden, als auch ohne solche (absolut), vgl. Kraft, Gewalt, Stärke etc. Zunächst mit abhäng. Verhältniß (a—c), dann ohne solche oder absolut (d—k):
a) mit abhäng. Satz, gw. mit Jnfin. und ,zu“: Daß ich M. habe, dich zu kreuzigen und Macht habe, dich loszugeben. Joh. 19, 10; 10, 18; Denen gab er M., Gottes Kinder zu werden. 1, 12; 5, 27; Daß des Menschen Sohn auf Erden die M. habe, Sünden zu vergeben. Matth. 9, 6; Habe ich nicht M. zu thun, was ich will mit dem Meinen? 20, 15; Davon nicht M. haben zu essen [nicht essen dürfen], die der Hütte pflegen. Hebr. 13, 10; 1. Kor. 9, 4 ff.; Die römische Kirch hat . . volle M., alle Koncilien zu ändern. Fischart B. 47a, vgl. Voll-M.; Daß man Allen und Jeden völlige M. sollt geben, gegen den Ketzer zu zeugen. Weidner 384 etc.; Der Kranke hat nicht soviel M. [Kraft, vermag nicht] sich aufzurichten etc. Zuw. mit abhäng. „daß“: Ich hätte wohl soviel M., daß ich euch könnte Übles thun. 1. Mos. 31, 29; Gebet mir auch die M., daß, so ich Jemand die Hände auflege, Derselbige den heiligen Geist empfange. Apost. 8, 19.
b) mit abhäng. Präpos.: Du hättest keine M. [Gewalt] über mich,wenn sie dir nicht wäre von oben herab gegeben. Joh. 19, 11; Wie du ihm M. gegeben hast über alles Fleisch. 17, 2; Ein Mensch hat nicht M. über den Geist, dem Geist zu wehren (a). Pred. 8, 8; Darüber ich M. von den Hohenpriestern empfing. Apost. 26, 10; Weil du bist im Geringsten treu gewesen, so sollst du M. haben über zehn Städte. Luk. 19, 17; Offenb. 2, 26; 13, 7 etc.; ferner zuw.: Dazz hast du Fug und Macht (s. a). G. 6, 47; Daß sie M. [,,Anspruch“ Eß, Offenb. 22, 14] erhalten zum Baume des Lebens. H. R. 7, 377, vgl. (selten): Auf daß ihre M. sei an dem Holz des Lebens. Offenb. 22, 14; So hab’ ich keine M., kein Recht auf dich. Hölderlin H. 2, 10 etc., vgl. c.
c) (s. b) zuw. in gehobner Rede mit objekt. Genit. statt der Präpos., z. B.: Des Bogens [über den Bogen] hat kein Einziger ., | M., denn ich, ihn zu geben, nach Willkür, oder zu weigern. V. Od. 21, 345, und so auch: Es (s. d. 9) M. haben. 1. Kor. 6, 12; Luther 6, 545b etc.
d) ohne abhäng. Verh. (absolut), zunächst von Pers. oder Personificiertem, z. B. in der Bibel oft von Gott (vgl. All-M.): Der die Berge fest setzet mit seiner Kraft und gerüstet ist mit M. Ps. 65, 7; Erhebe dich in deiner Kraft, so wollen wir .. loben deine M. 21, 14; 1. Chr. 13, 12; Wo ist ein Gott, der es deiner M. könnte nachthun? 5. Mos. 3, 24; Wer will dem Donner seiner M. widerstehn? Hiob 26, 14; 23, 16; Jer. 51, 9; Seid stark in dem Herrn in der M. seiner Stärke. Eph. 6, 10 etc., ferner: Ein Weiser gewinnt die Stadt der Starken und stürzet ihre M. Spr. 21, 22; Diese M. will ich dir alle geben. Luk. 4, 6; Wie Könige werden sie M. empfangen. Offenb. 17, 12; Das Reich, Gewalt und M. wird den Heiligen gegeben. Dan. 7, 27; Die Schaden zu thun trachten, weil sie M. haben. Micha 2, 1; Ich will das Land gar verwüsten und seiner Hoffahrt ünd M. ein Ende machen. Hes. 33, 28; 30, 6 etc.; Hast du die M., du hast das Recht auf Erden. Cham. 3, 275; „Der obern M. ist schwer zu widerstehn.“ | Allmächtig ist sie nicht, die obre M. G. 13, 316; Er fühlt in seiner Dürftigkeit, daß er .. mit seinen Kräften nicht auslangt. Dann aber, wenn das Gefühl seiner M. und Herrlichkeit in ihm aufgeht. 39, 69; Warum übst [hast] du solche M.? 4, 32; Vom Lichtgipfel ihrer M. gestürzt. Heine Verm. 1, 218; List mit einem Arme, wohlbedächtig, | hilft, wo M. [person.] mit beiden ist unmächtig. Rückert Morg. 1, 244; Gebet Acht! | Das ist [hier zeigt sich] der Eumeniden M.! Sch. 59a; Von eurer M. und ihrer Furcht allein | erhaltet ihr den gern versagten Dienst. 492a; Sie gestehn . ., daß sie die M. | allein, nicht die Gerechtigkeit geübt. 414a; Macht ist’s, die Euch hier unterdrückt, [nicht Recht]. 409a; Die M. allein giebt Göttern selbst kein Recht. W. 12, 251 etc. In mehr mundartlicher Färbung auch von der bloß körperl. Kraft: Meine M. ist [= ich bin, s. h] schwach über meinem Seufzen. Hiob 23, 2, und z. B. in Mecklenb.: Er hat keine M. in den Armen etc., vgl. Ohn-M.
e) (s. d) auch von Nicht-Personen, doch gw. einigermaßen persönl., insofern dem Genannten eine von ihm ausgehnde, sich thätig äußernde Wirksamkeit zugeschrieben wird (doch s. k: Mit M.), z. B.: Wie die Sonne aufgeht in ihrer M. [vgl. Herrscher-M., Majestät]. Richt. 5, 31; Daß das Feuer keine M. an dem Leibe dieser Männer bewiesen. Dan. 3, 27; Du siehst mein Aug’ von deines Liedes Mächten [s. h] | geschmückt noch mit der Thränen Perlenzier. Cham. 4, 19; Gieb . . | des Hasses Kraft, die M. der Liebe [s. h], | gieb meine Jugend mir zurück. G. 11, 10; Die M. der Gewohnheit, des Vorurtheils, des Aberglaubens, der öffentlichen Meinung, der Presse etc.; Leise müsst ihr Das vollbringen, | die gelinde M. ist groß. G. 10, 231 etc., s. g; minder gw. aber: Ein Testament wird fest durch den Tod [des Testators], anders hat es noch nicht M. [Gültigkeit, Kraft, tritt nicht in Kraft]. Hebr. 9, 17 etc.
f) Die M., personif.: Mit Waffen die Gewalt, die Stärke mit dem Arm | gerüstet und die M. mit einem Dienerschwarm. | Doch wäre nicht hinzugetreten noch die Kraft, | wär’ ihr gesammtes Werk geblieben stümperhaft. RückertW. 2, 30.
g) Die M., für Das, worin Jemandes M. liegt, was ihm M. giebt, z. B.: Der Herr ist meine M. Ps. 118, 4; Mein erster Sohn, du bist meine Kraft und meine erste M. 1. Mos. 49, 3 etc. So nam. von Staaten und Staatshäuptern: die Truppen, die sie ins Feld stellen, ihr Heer: Das Wasser bedeckte Wagen und Reiter und alle M. des Pharao, die ihnen nachgefolget waren [plur.]. 2. Mos. 14, 28; Was er an der M. der Egypter gethan hat, an ihren Rossen und Wagen. 5, 11, 4; David hatte alle M. Hadad Eser’s geschlagen. 2. Sam. 8, 9: Der König von Syrien versammelt alle seine M. 1. Kön. 20, 1; Usia hatte eine M, zum Streit, die ins Heer zogen [plur.]. 2. Chr. 26, 11; Er war mit König Friedrich’s M. | gezogen in die Prager Schlacht. B. 13a; Die feindliche M. (aufs Haupt) schlagen, vernichten; Eine große M. auf den Beinen haben; Seine ganze M. aufbieten (s. d. 4), auch übrtr. z. B.: Die ganze M. seiner Beredtsamkeit aufbieten (s. e) etc. So: Heeres-, Kriegs-, Streit-, Truppen-, Land-, See-M. etc., s. i.
h) M. mit Genit. in gehobner Rede, zur Umschreibung von etwas Mächtigem (Pers. oder Sache), z. B.: Der Feuers M. aufs Neue zu beleben. Cham. 4, 54, das Feuer; Sie zwingt jetzt deines Zepters M. Sch. 57a, etwa = dein mächtiges Zepter; Gleich in ihre Pflege theilet | sich des Styx, des Äthers M. 55a; Fest .. gegen des Unglücks M. | steht mir des Hauses Pracht. 78; Wohlthätig ist des Feuers M. ebd.; Durch welcher Künste M. besiegt. 418a; Es herrschte noch im Lande | des Vaters M. 495b; Wenn des Gestirnes M. den Menschen | ereilt. 502a; Mich packte des Doppelstroms wüthende M. 64a; Oft | lockt uns der Hölle schadenfrohe M. | durch Wahrheit selbst an des Verderbens Rand. 559aetc. So nam. auch nach dem Griech.: Die heilige (s. d. 3d) M. des Alkinoos sprach zu dem Herold. V. Od. 7, 1;§ꝛe.; Im alterthümlichen Saale | saß König Rudolf’s heilige M. Sch. 69a etc., s. Kraft 2 und vgl. i.
i) (s. h) M. zur Bez. eines mächtigen Wesens, z. B.: Wagst du dich | mit jener M., die mich bedroht, zu messen? G. 13, 321; Gesellt zu ewigen Mächten. 4, 35; Mit des Geschickes Mächten | ist kein ew’ger Bund zu flechten. Sch. 78a; Huldiget der furchtbarn M., | die richtend im Verborgnen wacht. 58b; Dann jubilieren die höllischen Mächte. Sch. 556b; Die obern Mächte nicken mir ihr schreckliches Ja herunter. 211a; O himmlischen Mächte! 510b; O ihr schützenden Mächte des Himmels alle! W. Luc. 3, 168 etc.; nam. auch (s. g) ein mächtiger Staat, ein mächtiges Reich, vgl.: England hat (g) und: ist eine bedeutende M. zur See oder See-M.; Mit sämmtlichen Potentaten, größern und geringern Mächten und Gewalten bis auf den Adel herunter. G. 21, 232; Die europäischen Mächte; Die Republik Venedig .. waffnete sich .. gegen seinen Neffen, dessen furchtbare See-M. (g) ihr die Oberherrschaft auf dem adriatischen Busen streitig zu machen suchte. Roger hatte diese kaufmännische M. an ihrer empfindlichsten Seite angegriffen. Sch. 1042a etc. S. Groß-, Handels-, Kriegs-, Land-, See-, Welt-M., auch Türken-M. etc., ferner: Die West-, die Nordmächte etc. k) M. in einigen stehenden (adverbiellen) Verbind., abhäng. von Präpos. (alphab.): Aus waser [s. d.] M. thust du Das? und wer hat dir die M. gegeben? Matth. 21, 23, heute gw.: Aus welcher M. thut ihr Dies und Das? Von wem habt ihr diese M. empfangen? W. 17, 162 etc., etwa = von wem bevollmächtigt, mit welchem Recht?; Aus eigner M., ohne fremdes Geheiß etc.; Ich thue dies aus M. meines Amts, selten (s. Kraft 2): Eh es der Herr Papa Macht seines Amts gethan. Körner 229a, wo M. den Charakter einer Präpos. gewinnt. Ferner: Aus aller oder ganzer (1. Chr. 14, 8) M., aus Leibeskräften, so viel man nur vermag etc.; mundartl. auch: aus allen Mächten, s.: mit M. Etwas steht (Jer. 10, 23 etc.), seltner: liegt in Jemandes M., er vermag es, es ist ihm möglich; Etwas in seiner M. [Gewalt] haben, es beherrschen. Engel 4, 21 etc. Mit (aller) M., soviel man irgend vermag, gewaltig, heftig, sehr, durchaus, von Pers. und Sachen: David tanzte mit aller M. 2. Sam. 6, 14; Hebe deine Stimme auf mit M.! Jes. 40, 9; Pred. 10, 10; Die Stimme des Herrn geht mit M. Ps. 29, 4; So ist der Platzregen da mit M. Hiob 37, 6; Bald dehnte sie ihren Hals, dessen verrätherischer Kürze sie mit aller M. abhelfen wollte. L. 1, 307; Da ich mit M. wehren muste. Luther SW. 56, 78; Es bricht sich die Welle mit M., mit M. Sch. 49a etc. Freigebig nach M. Rückert Mak. 1, 100, nach Maßgabe des Vermögens, so viel man danach vermag. Über M., mehr als man vermag; übermäßig; sehr (= mit M.): Liefen über M. dem nahen Gebüsche zu. L. 1, 307; Über M. essen, trinken, vgl. übermachen 3. l) (vralt.) Da liegt M. [oder mächtig viel] an, s. anliegen 3 und vgl. k.
2) vralt. (s. 1) das Zeugungsglied, s. Schm. 2, 547 und z. B.: Um die M. und Gemächt herum. Ryff Th. 324 etc.
3) (s. 1) vralt. bibl.: Darum soll das Weib eine M. auf dem Haupt haben. 1. Kor. 11, 10, mit Randgl.: D. i. der Schleier oder Decke, dabei man merke, daß sie unter des Mannes M. sei, vgl.: Darum soll die Frau ein Oberherrschaftszeichen auf dem Haupte haben., Eß.
4) als präp.: s. 1k.
Anm. Goth. mahts, ahd., mhd. maht von goth., ahd. magan, mhd. mügen, (ver)mögen, s. d. u. Magd, Mage etc. Die Mz. gw. nur zu 1i; obrd.: die Machten, z. B. Opitz (s. Adelung); Wie die vereinten M–en [Europa’s] | in stetem Gleichgewicht sich selbst zu halten trachten. Haller 115; Mit M–en [mächtig] | sprudle, Quell, aus deinen Höhlen. G. 6, 272 etc., und allgm. von den Zsstzg. Ohn- und Voll-M.
Zsstzg. leicht zu mehren und zu verstehn nach den folgenden, s. Spate und vgl. die von Kraft, Gewalt, Herrschaft etc.: Ā-: s. Ohn-M.
All-:
1) eine all- umfassende, unumschränkte Macht, im eig. und gw. Sinne pon Gott: Gottes A.; Wer einmal die A. verkostet, findet sich schwer wieder in die bedingte Freiheit. Auerbach Tag. 146; Kant phRel. 19; 25; Sein [Kronion’s] ist siegende A. V. Il. 2, 118. Auch [1i]: Der Künstler wählt für das kurze Gesicht der Menschheit, die er belehren will, nicht für die scharfsichtige A., von der er lernt. Sch. 144a; Als durch der A. Wort das Chaos sich zertheilte. Cronegk 2, 325 etc. S. allmächtig. 2) s. Ohn-M. Ámts-: die mit dem Amt verbunden ist, daraus hervorgeht: Seine A. mißbrauchen, Amtsgewalt. Ān-: s. Ohn- M. Angel-: Kardinal-, Haupt-M., s. Angel 4. Blénd-: blendende, Schein-M. Eīgen-: Selbst-M.; Selbstherrlichkeit, wonach man keinem Andern gehorcht, sondern aus eigner Macht handelt, s. Machtvollkommenheit: Die E. des Gemüthes, den Zustand seiner Vorstellungen in seiner Gewalt zu haben. Kant 10, 126; Da führtet ihr [Künstler] aus kühner E. | den Bogen weiter. Sch. 24b etc., zumeist von angemaßter Macht; Daß wir Gesetze haben | und nicht der E. gehört die Welt. Cham. 4, 66; Äußerungen der immer mehr und mehr um sich greifenden E. des Bischofs. Forster Ans. 1, 360 etc., s. eigenmächtig. Erb-: ererbte. Fēīndes-: feindliche Macht, nam. [1g]. Fürsten-: Unumschränkte F. etc., s. Herrscher-, Tyrannen-M. Gêgen-: eine entgegenstehende Macht: Sich von solchen Einflüssen gänzlich auflösen zu lassen, ohne daß sich in ihm die G. der Betrachtung erhoben hätte. König Kl. 2, 334; nam. [1g]. Gēīstes- [1e]. Grōß-: große, vielumfassende Macht, vgl. All-M. und großmächtig: Deines Geistes stille G. zügelt | die Begier. B. 99b etc.: nam. oft [1i]: Durch Friedrich II. wurde Preußen eine G. etc. Hándels-: ein mächtiger Handelsstaat. Hāūs-: Die östreichischen Fürsten suchten vor Allem, ihre H. zu mehren etc. Hêêr- [1g]: 1. Chr. 21, 1; 2, 26, 13; Wenn jener Türke nun mit seiner H. Wellen | daherbraust. Rückert Rost. 55a; 85b etc., häufiger :Wie Mauerbrecher brachen wir | in ihre Heeres-M. Gleim 4, 125 etc. Hélden-. Hérren-. Hérrscher-: s. Fürsten-M.: Legitimität bezeichnet die H., welche über die Gesetze erhaben ist; Legalität das Herrscherrecht, welches den Gesetzen unterliegt. Börne 3, 309. Hílfs- [1g u. i]: helfende Macht, Hilfstruppen. Hímmels-: nam. [1i]: So haltet ihr mir Wort, ihr Himmelsmächte! Sch. 510b; G. 35, 276. Höllen-: nam. [1i]. Kōnigs-: s. Fürsten-M. Krīēgs- [1g u. i]: Frankreich hat und: ist eine bedeutende K. Lánd- [1g u. i]: Ggstz. See-M. Lêhens-: Macht, die auf einem Lehensverhältnis beruht. Līēbes- [1e]: Sein edles Antlitz ist durchlichtet | von L. und Kampfesmuth. Lenau Sav. 33. Lúmpen-: verächtliche, unbedeutende Macht, nam. [1i]. Míttel-: mittelmäßige Macht, nam. [1i] Mittelstaat: Eine M., die sich gern zum Rang einer Groß-M. emporschwingen möchte. Nórd- [1i]. Ob-: Macht des Obherrschenden: Frankreich lebt nicht mehr in dem kecken Rausche seiner un- überwindlichen O. Heine Lut. 1, 217; Das Wort gebühret den Männern | allen und mir am meisten, denn mein ist im Hause die O. V. Od. 1, 360; Mein ist im Volke die O. 11, 353 etc. Öber-: die obre, überlegne Macht, Oberhand, Obergewalt (vgl. Über-M.): Der Kampf zwischen Sparta und Athen um die O. [Hegemonie]; Der König im Kegelspiel, dessen innere O. über seines Gleichen beim ersten Anblick vermöge seiner Stammhaftigkeit in die Augen fällt. Musäus Ph. 4, 134; Der natürlichen O. eines großen Geistes über einen kleinen zuzuschreiben. W. 5, 236; 27, 37; Einen Stnn .. in eine Thätigkeit gesetzt, die sich nicht so leicht beruhigen ließ und sich nun des Einflusses und der O.bemeisterte, in deren Besitz ehemals die Phantasie gewesen. 16, 141 etc. Seltner: die höchste Staatsgewalt: Was auch der O. gewalt’gen Schluß | auf dich herabgerufen. G. 13, 309, vgl. „die obre Macht“ 316. Öhn-:
1) ohne Mz.: der Mangel der Macht, das Machtlos-Sein, gw. Un-M. (s. d.): Die O. des Staats, der Feinde etc.
2) Mz. –en: der todtenähnliche Zustand der Bewusstlosigkeit eines Menschen: In O. fallen, liegen; Aus einer O. in die andre fallen; Aus der O. erwachen, wieder zu sich kommen; O., animi deliquium, bezeichnet eine Unterbrechung der Hirnthätigkeit, also des Bewusstseins, der Sinne, der Empfindungsfähigkeit und der willkürlichen Muskelthätigkeit etc. Bock Diagn. 348; Es befiel mich eine tiefe O., ich lag zine Zeitlang wie in den Armen des Todes. Cham. 4, 296; Eine Art von O., die alle Glieder in wollüstiger Erschlaffung hangen lässt etc. Engel 7, 272; Sie glaubten ihn todt, in solcher schmählichen O. | blieb er. G. 5, 159; Die Angst der O.! Mir selbst nicht bewusst, nicht fähig ein Glied nach seiner Hülfe zu rühren. 9, 227; Ich war nahe an einer O. 273; Die verathmenden O–en des höchsten Liebesrausches. Immermann M. 3, 276; Fiel in O–en und Krämpfe. Kerner Bild. 209; Angstschweiß und O. oder Ohnkraft. Ryff Th. 294; Kann man etwa die O–en bestellen, wenn sie kommen sollen? Wagner Kind. 76; Die O. war so unschuldig als die O–en junger Mädchen zu sein pflegen. W. 1, 211 etc. Nbnf.: Un-M. (s. d.) und vralt., mundartl.: Fluß, Schwindel und An-M. Matthesius Lthr. 132b, auch (1): Unser Elend und An-M. für ihm nicht verhehlen. Pr. 90 etc.; Sank darnieder in Amacht. HSachs 1, 164c; Sank ich in eine Am- macht. Dan.,8, 18; In der Allmacht zu liegen. Gotthelf G. 154 etc. Ost- [1i]. Prīēster-: Durch die Königs- M. wurde die P. gebrochen. Schēīn-: die nur mächtig scheint, nicht ist, s. Blend-M. Schicksals-: z. B. [1i]: Des Menschen Thun ist eine Aussaat von Verhängnissen, den Schicksalsmächten hoffend übergeben. Pz 3, 471. Schíffs- [1g]: See-M. Sēē- [1g u. i]: Was eine kleine Anzahl wohlgeführter Schiffe gegen eine unlenksam große S. vermag. JvMüller 1, 137; Das Bündnis mit den Seemächten. Pz 3, 119. Sélbst-: Eigen- M.: Karfunkel du meiner innern S. und du finstrer Widerstreit der äußern Weltmächte. Cham. 4, 223; Hölderlin H. 1, 56. Stímmen-: Macht der Stimmenmehrheit etc.: Satzungen, die heute walten | durch St. V. 4, 21. Sǖd- [1]. Sünden-: Macht, welche die Sünde übt oder, welche auf Sünde beruht, sündige Macht. Tēūfels-: teuflische, Höllen-M. Tōdes-: z. B. [1i]: Dies seidne Haar, | verfallen schon den finstern Todesmächten. Sch. 430a. Tūgend-: Macht, welche die Tugend verleiht. Fischart (Wackernagel 2, 142 Z. 4). Türken- [1g u. i]: Bei der zunehmenden T. Arnim 6 etc. Tyránnen-: Eine Grenze hat T. Sch. 529b; T. kann nur die Hände fesseln, | des Herzens Andacht hebt sich frei zu Gott. 442b. Über-: überlegne, überwiegende Macht; auch nam.: eine in Bezug auf Andre zu große, ihnen gefährliche Macht, vgl. Ober-M.: Lene hatte eine U. der Verständigkeit [durch ihren Verstand]. Arnim 292; U. . . | ist nicht aus der Welt zu bannen. | Mir gefällt zu konversieren | mit Gescheiten, mit Tyrannen. G. 4, 53; Bis Eins dem Andern Ü. bethätigte. 10, 280; Weil man jeder Ü. große Wirkungen mit geringen Kräften entgegensetzen möchte. 39, 83; Luther SW. 64, 132; Was den einzelnen [Augen] an Kraft abgeht, durch Zahl der Paare und U. zu ersetzen suchen. Lichtenberg Hog. 1, XXVII; Im ungewohnten Gefühl seiner Ü. und Unabhängigkeit. W. 31, 488; Kraft der Ü., die ihm die Waffen seiner Kriegsknechte über friedsame und wehrlose Leute verschaffen. 505; Der Ü. [1g] des Feindes weichen; Er ließ mich seine Ü. fühlen etc. Selten [1i]: Da ihm .. jene düstern Übermächte drohen. G. 32, 121. Dazu: Übermachtet [überwältigt, übermannt] sein. Tschudi Schw. Chr. 105. Un-:
1) gw. st. Ohn-M. 1: Die Dichtung wird dergleichen Eroberungen nicht leicht unternehmen, so lange sie sich nicht in einer gewissen Über-M. (der Form) fühlt; sie wird sie aber auch nicht begehren, wenn sie nicht eine gewisse U. (der Erfindung und Materie) empfindet. Gervinus Lit. 5, 611; Persönliche Gewalt oder U. G. 29, 161; Lauter Kleingezänke, Personenhader, U. Heine Lut. 1, 295; Die grenzenlose U. deiner Zeitgenossen. Hölderlin H. 2, 68; Kein Fürst in seiner U. oder Schwachheit. Luther 5, 2a; Wenn die Frevel der Mächtigen ihrer U. spotten. Sch. 703a; In ihrer [dieser Gesinnungen] U. und ihrem Mangel an Lebendigkeit. 761a; Die U. des schwedischen Reiches. 970b; 1040a; Die griechische U. rief gegen ihn die Waffen .. der Republik Venedig zu Hülfe. 1041b; Eben die U. der Seele, die der Erschütterung eines geschwächten Gehirns nicht widerstehen kann. W. Luc. 1, XXXIII etc.
2) zuw. st. Ohn- M M. (2), z. B.: Dant fiel er in U. Alexis Dor. 1, 179; H. 2, 2, 80; 2, 3, 185 etc. Vóll-: die volle Macht zum Handeln, nam. Einem von Jemand ertheilte volle Macht, in Dessen Namen zu handeln, und: die Urkunde, worin ihm diese Macht ertheilt wird (s. V.- Brief), Mz. –en: Mit ausgedehntesten V–en ausgestattet. Droysen Y. 1, 194; Da Niemand die V–en Christi besaß. Gutzkow Zaubr. 4, 4; Kommt Ihr mit ganzer V.? Sch. 363a; Jch segne dich aus V. deiner Mutter. Schlegel Rich. III. 5, 3; Euch Tribunen, | ertheilt er unumschränkte V., schleunig | die Truppen aufzuheben. Tieck Cymb. 3, 7; Die Repkäsentanten erhalten ihre V–en vom Volk. W. 32, 197; Zinkgräf 1, 268 etc. Dazu: Bevollmachten, tr.: Einem V. ertheilen, ihn damit versehn, häufiger „bevollmächtigen“ (s. d.): Waren ihre Begegnungen, obwohl nicht persönlich, doch königlich bevollmachtet. Schlegel Winterm. 1, 1, geschahen durch königlich Bevollmächtigte. Wēīber-: Macht, welche Weiber (nam. über Männer) ausüben, auch [1g u. i]: Das Reich der Amazonen .. Diese W. etc. Wéllen- [1h]: Die Wolken sind ihr Kleid, | eingewindelt weit und breit | hat er sie mit W. H. 16, 142. Wélt-:
1) eine Macht, die von der (äußern) Welt ausgeht, so im Ggstz zu Selbst- M. (s. d.).
2) [1i] eine sich über die Welt erstreckende Macht: Ein Volk, das seine urwüchsige Freiheit gegen die russische W. vertheidigt. DMuseum 1, 1, 580 etc., auch: Die beiden Hauptweltmächte [des guten und bösen Princips]. G. 31, 291. Wést- [1i]. Wúnder-: Macht der Wunder oder wunderbare Macht. Zāūber-: Macht des Zaubers und zaubervolle Macht, auch [1i]: Jch fühle dankbar Zaubermächte | an diese Lippen festgebannt. Novalis 1, 42; Strömt der Töne Z. [1h]. Sch. 3a; Niemand kann eine größere Meinung von deiner Z. haben als ich. W. 22, 130. Zwíschen-: eine zwischen Zweien liegende Macht, nam. [1i]: Sie konnten sich zu einer Z. erheben, Beides, dem Oberhaupt und den Gliedern ehrwürdig. G. 22, 98; Zwischen Frankreich und der Schweiz dürfe keine Z. sein. JvMüller 24, 224 etc.