Faksimile 0200 | Seite 198
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Gemächt
Gemächt, n., –(e)s; –e:
1) von „machen“:
a) das Erzeugnis eines Machens oder einer Mache, nam. im verächtl. Sinn, wie „Machwerk“ (s. d. und Machels): Als wenn eines Töpfers Ton gedächte und ein Werk spräche von seinem Meister: Er hat mich nicht gemacht und ein „Gemechte“ spräche von seinem Töpfer: Er kennet mich nicht. Jes. 29, 16; Er kennet was für ein „Gemecht“ wir sind. Ps. 103, 14, mit Randgl.: Wie ein schwach, lose Gebäu oder Zimmer, eines kurzen armen Lebens (s. u. Waldis); All eurem enthusiastischen G–e von Acht- undvierzig. Auerbach Leb. 2, 205; Auch das scharfsinnigste G. der Selbstgöttler [die ihren Gott „selbst inventiert und gemacht“]. Claudius 6, 66; Günther 500; Das eitele G–e menschlicher Kunst. Hamann Sib. 279; Ders. (Hegel 17, 93); Ein feierlicher gothischer Dom .. wird immer das kleinliche G. im Großen zu Schanden machen. Heinse A. 1, 46; H. 13, 12; Wenn die Ehre an sich Nichts, vielmehr nur ein G. der Staaten ist. 10, 155; Ihr könnt das G. noch sehen. Immermann M. 1, 256 (s. u.); Sie achten deßhalb auch nur dies ihr G–e und blicken mit Verachtung auf die „fehlerhafte und regellose“ Sprache des Volks. Raumer Päd. 3, 2, 107; Ein elendes G–e voll Schwulst und Plattheit. Schütz Hamb. Theat. Gsch. 54; Wir sind ja Alle einerlei G–s. Simplicissimus 1, 321; Er kennt wohl das schwach Geschlecht | und sein G., | daß wir sein Schlamm und Erden. Waldis Ps. 103, 6 (s. o.); Ihr kennt ja das arme G–e, menschliche Natur und Wesen. W. Merck 2, 231; Das Buch ist ein wunderliches G–e. Zelter 5, 376; 6, 310 etc., auch mit Nbnf. (s. 2 und vgl. Gebäck): Ein Gemächts, wie die Schuld von Müllner. 332; Musäus Ph. 1, 77; 2, 83 etc. Auch Zsstzg., z. B.: Sein eigen Haus-G. auch auf den Markt zu bringen. Rückert W. 4, 247; Die der Menschen-G. [Götzenbilder] Gott heißen. Weish. 13, 10; So abenteuerlich und obscön dies Opern- G–e war. Schütz Hamb. Theat. Esch. 152; Ich Staub-G., ich Wurm! Schubart 1, 7etc. Das Wort wird übrigens heute wegen Bed. 2 gemieden und so ist es z. B. in der Stelle aus Immermann in Quietmeyer’s Leseb. in „Machwerk“ geändert.
b) vralt., mundartl.: Ingredienzien, Würze, womit Speisen und nam. Wein „angemacht“ (s. d. 2) wird. Schm. 2, 541.
c) vralt., mundartl.: Vermächtnis, Testament, z. B. Stumpf 212a; 388a etc., Erb-G. s. vermachen3, ebenso: Vermächt; Aus-G., das einem Kinde vom Erbe Ausgemachte. Schm.
d) vralt.: G., Ehe-G., Gatte (s. d.) und Gattin, wie Dies wohl zunächst die Zusammengefügten, Verbundnen bezeichnend (s. machen, Anm.), ahd. gimachidi: Mit beider Ehe-G. Bewilligung. Fischart Ehz. 13; Ein fromm Ehe-G. ist eine sondere Gab Gottes. Franck Spr. 2, 106b; Bei gut- und ehrgeizigen Ehe-G–en, die mit Kindern beladen sind. Stumpf 211a etc., s. Schm.
2) von „mögen“ im Sinne von vermögen = Macht (2), Zeugungsglied, Genitalien, eig.: Hode (s. Ryf): Ein Mädchen, die Nachts ihm das alte G. | und den Leib warm reibt. Droysen A. 2, 89; 3, 271; Binde, die ihm .. um das G–chen läuft. Heinse K. 1, 283; Das derbe, gewundene G–chen, wie es den Heldensamen verkündigt. A. 2, 225; Das recht G. [Hode] von diesem Thier. Ryff Th. 61; Die Geilen oder G. des Löwens. 60; Solches Knäblein soll auch nicht mehr wenn [als] ein G. öringen. 19; Daß die G. des Bocks solche Kraft haben. ebd.; 20; 28; 52; Geschwulst und Entzündung der G. Th. 175a etc., vgl. Schm. Nbnf. auch hier: Das Gemächts. Vgl. in derselben Bed.: Das Geschäft. Luther SW. 60, 331, s. ferner: Mannsgeräth. V. Ar. 3, 50; Geschirr. Fischart Garg. 236b; Schaidenreißer 77a; Geschröt. Eppendorf 228; Scham. V. Od. 18, 87 etc.