Faksimile 0156 | Seite 154
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Löffel
Lö́ffel, m., –s; uv.; –chen, –ein; -:
1) ein Werkzeug, bestehend aus einer an einem Stiel (oder Handhabe) befindlichen rundlichen, flachen Vertiefung und nam. zum Schöpfen von Flüssigkeiten etc., z. B. in vielen Gewerben (s. Zsstzg.) und als Küch- und Tischgeräth dienend, s. Kelle und Schöpfer: L. von Silber, Zinn, Eisenblech, Holz, Horn etc.; Einen gülden „Leffel“ .. voll Räuchwerks. 4. Mos. 7, 14, mit Randgl.: Leffel oder ein Köpflin [s. Kopf 1] oder sonst inwendig rund, wie die Salzsirichen [s. Saucière], wo also der Stiel als unwesentlich erscheint. Ohne Zusatz nam.: zum Essen der Suppe (best.: Eß-, Suppen-L.): auch als Maß: Er ist die Suppe satt, so daß er keinen L. [voll] mehr essen kann; Einen L. [voll] Medicin nehmen etc.; Der L.-Bund. Anno 1530 .. Das waren die Edelleut von Savoyen, deren jeglicher ihm zu einem Zeichen einen L. anhenkt’, ihres Vermuthens, die Genfer in einer Suppen zu essen. Stumpf 596b; 764a, s. L.-Bande, -Garde. Auch in vielen sprchw. Wendungen, z. B.: Ich hab des Dings so satt, als hätt’ ichs mit „Leffeln“ gegessen. Spate; Thun als hätte man die Weisheit mit L–n gefressen [sehr klug thun, s. Brei-L.]; Einen L. aufheben und eine Schüssel zertreten [im Kleinen achtsam und genau, im Großen unachtsam und verschwenderisch sein]. Franck Last. H. 4a; Luther 6, 146b; Mit Scheffeln [in großen Massen] einsammeln und mit L–n [nur Wenig] ausgeben. SW. 61, 382, karg sein; Weidner 263; Nehmen sie uns das Unsere in Scheffeln, | müssen wir’s wieder bekommen in L–n. Sch. 319b etc.; L.-weise [in kleinen Portionen]: Könnten sie uns im L. versaufen, | sie würden keinen Zuber kaufen. Rollenhagen Fr. 572; Schweinichen 2, 137 etc., von argen Hassern; Den L. (und das Heft) nicht aus der Hand geben. Gotthelf G. 58; 68, Herr im Hause bleiben, den Kindern die Wirthschaft nicht übergeben (als Altentheiler); Indem er .. bei seiner haushälterischen Mutter lebte, welche ihm sozusagen den L. in die Hand gab [ihn im Kleinsten beaufsichtigte]. Keller gH. 1, 33 etc.; Man sieht, mit was für Leuten er am L. gewesen [verkehrt, zunächst als Tischgenosse]. Zelter 4, 310 etc.; Meine Begleitung, in der ich wie (man gestatte mir den schönen schlesischen Ausdruck) „L. am Galgen“ einherzog. Holtei Jahr. 1, 231 [trödelhaft, in schlotternder Tracht]; Den L. aufstecken, eig., aufs Essen Verzicht thun, dann: sterben; Dicht beim silbernen L. [als Preis des besten Schusses etc.] gewesen sein, nahe vorm Gewinnen; Einen über den L. barbieren (s. d. und L.-Bart und 4), ihn betrügen. Dingelstedt 61; Gotthelf Sch. 237; Gutzkow R. 9, 195; Hebel 3, 343; Regis Sh. 239; Waldau N. 3, 194 etc. 2) (s. 1) Ggstde von L.-Form (s. z. B. L.-Bohrer), nam. zu chirurgischen Zwecken, z. B. die nach der Form des Kindskopfs ausgehöhlten Obertheile der Arme an der Geburtszange, ferner ein Instrument zum Aufheben des gefallnen Zäpfleins; ferner s. Augen-, Gänse-, Stein-L. 3) (s. 1) weidm.: die Ohren des Hasen (nach der Form). Döbel 1, 31b; Hagedorn 2, 212 etc., und danach scherzh. z. B. auch: Danach müßte man hinhorchen und mit spitzem L. Seydelmann 111 etc., s. auch Weid-L. 4) Botan.: Ein abweichend gestaltetes und meist verfärbtes Scheldeblatt heißt L. oder Blüthenscheide. Oken 2, 41. 5) Zool.: Name mehrerer Schnecken, Patella cochlear und Murex haustellum. 6) Laffe, läppischer Mensch, Narr, s. Stalder 2, 177: Sie haben’s fein ausgerichtet, die lieben L. Luther SW. 64, 334, vralt. außer burschik. (s. Volmann) und in Zsstzg. Rotz-L. (s. d.); auch (vralt.) Einer der bei Mädchen hofiert und löffelt (s. d. 2) = Löffler: Die L., | die Gassentreter. Brant Narrensch. 61a und dazu 399a: Frisch 1, 620a. 7) s. Lof. 8) burschik.: die Karten beim Cerevis- u. Pereatspiel. Vollmann.
Anm. S. Labbe Anm.
Zsstzg. zahlreich nam. zu 1, z. B. nach dem Stoff: Blech-, Eisen-, Holz-, Horn-, Porcellan-, Silber-, Steingut-, Zinn-L. etc., z. B. Spillbaum-L. V. 3, 153, ferner nach der Art der Benutzung (vgl. Zsstzg. von Kelle etc.), z. B.: Āūgen- [2]: bei Staar-Operationen zum Herausnehmen der Linse.
Bōhr-: am Löffelbohrer (s. d.).
Brēī-: zum Brei-Essen, s. Papp-L.: Sie meinen, sie hätten die Weisheit mit dem B. gefressen. Gotthelf U. 2, 193, s. [1] und vgl.: mit der Mutter- oder Ammenmilch etc.
Eīer-: zum Eieressen, Thee-L.
Eīnschlagen-: mit zusammenlegbarem Stiel. Eß-: womit man nam. Suppe isst.
Fāūm-: Schaum-L.: Feim-L. und Koch-L. HSachs G. 1, 33.
Físch-: die Fische aus dem Kessel zu nehmen, oder (breit und platt) sie vorzulegen etc.
Füll-: zum Auffüllen der Suppe (Potagen-, Suppen-L.) etc. Gänse- [2]: Stein-L., Werkzeug der Wundärzte, bei Stein-Operationen zur Entfernung von Blasensteinen.
Gemǖse-: zum Vorlegen von Gemüse etc.
Gewürz-: damit Gewürz an die Speisen zu thun.
Gīēß-: zum Gießen dienend, s. Satz-L.
Kāffe-: kleiner Löffel, den Kaffe in der Tasse umzurühren, Eingebrocktes herauszunehmen etc., Thee-L.
Kanōnen-: Ladeschaufel der Kanonen, Kraut-L.
Kínder-: für Kinder, s. Papp-L.
Kóch-: in der Küche benützt, meist hölzern und langstielig, Küchen-L., s. Rühr-, Schaum-L. etc.
Krāūt-: Kanonen-L., s. Kraut 3.
Küchen-: Koch-L.
Mílch-: s. Rahm-L. Öhr- [2]: zur Reinigung des Ohrs vom Ohrenschmalz etc.: Ohrlöfflichen. SClara EfA. 2, 739 etc., auch eine Art Schwamm, Hydnum auriscalpium, und eine kleine Schraubenschnecke. (Campe).
Pápp-: zum Pappen der Kinder etc., kleiner als ein gew. Eß-L., s. Brei-, Kinder-L.
Péch-: nam. den Kalfatrern zum Ausgießen des flüssigen Pechs dienend.
Potāgen-: s. Füll-L. Prōbe-, Probīērer-: beim Probieren der Erze benutzt.
Púnsch-: die Gläser aus der Bowle mit Punsch u. Ahnlichem zu füllen.
Rāhm-: Milch abzurahmen, od. Rahm in den Kaffe etc. zu nehmen, Sahnen-L., ähnl. Milch-L. Rótz- [7]: naseweiser Laffe (gleichsam noch mit der Rotznase): Gryphius Säng. 68; Doktor Cochleus, welchen ich pflege zu nennen Doktor Rotzleffel od. Doktor Gauch. Luther 6, 19b ff.; 8, 7b; SW. 64, 327; FrMüller F. 27; Rachel 1, 156; Weidner 405 etc.
Rǖhr-: zum Umrühren, s. Kaffe-L., nam. hölzerner Koch-L. Grube 3, 126; Als wollte er den Marschall von Sachsen mit einem R. über den Ganges jagen. Sch. 126b etc.
Sāhnen-: Rahm-L.
Sátz-: Gieß-L. in den Schmelzhütten.
Schāūm-: Koch-L. zum Abschäumen oder Abfäumen, Faum-L. Karmarsch 2, 413 etc.
Schöpf-: zum Schöpfen dienend, tiefer als Eß-L. etc.: Schöpf- und Rühr-L. Grube 3, 126.
Schūh-: ein nach der Form der Ferse ausgehöhltes Werkzeug, das Anziehn der Schuhe zu erleichtern. Gotthelf 5, 210, s. Stalder 2, 177.
Stēīn-: s. o. Steingut-L. und Gänse-L.
Súppen-:
1) Eß-L.
2) Füll- L. Thēē-: Kaffe-L. Vōrlege-: zum Vorlegen dienend, im Ggstz. zum Eß-L. Wēīd-: (weidm.) die Zunge des Roth- und Damwilds, „Lecker“, „Graser“. Laube Br. 259.