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lieb
I. Līēb, a.:
(s. den Ggstz. leid) mit Wohlgefallen, mit Lust erfüllend, angenehm; theuer, werth, geliebt etc. Der Übersichtlichk. halber ordnen wir nach grammat. Beziehungen, im Positiv (1—8), gesteigert (9—11): 1) attribut. Ew.: L–er [theuer, geliebter] Vater, Sohn, Freund; L–e Mutter, Schwester, Eltern etc.; L–en Brüder! Phil. 3, 1; 17 etc. u. so z. B. auch: L–en Kinder! Arnim 43; L–en Freunde! Sch. 1, 222, vom Herausgeber [51b] geändert in: L–e Freunde etc.; Dies ist mein l–er Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Matth. 3, 17; Du bist ein l–es gutes Kind, (s. 6) das Einem Freude macht etc. u. das man deßhalb liebt; L. Kind (s. d.); O Molly, l. Liebchen! B. 59a; O du loses, leidig-l-es Mädchen. G. 2, 78 etc.; Bei hundert Meilen an die l–e Liebe nicht gedacht. L. 8, 237; Er läuft, sein l–es Schwert | zu retten. W. 11, 146; Die l–e Heimath seh ich endlich wieder; Ihr treibt die Weiber meines Volks aus ihren l–en Häusern. Mich. 2 9 etc.; Übern Sternenzelt | muß ein lieber [liebevoller, liebender] Vater wohnen. Sch. 19a etc. Zuw. in abgeschliffnerem Sinn, wie in den Anreden: L–er Freund! (s. d. 4d); L–en Herren! Ps. 4, 3 etc. u. im Gegensinn: L–er Freund (s. d. 4e), Das verbitt’ ich mir; Ein l–er [saubrer etc.] Patron! etc. Ferner fast pleonastisch in einigen großentheils stehenden Ra., wo l. ein Zusatz der Pietät ist, die Etwas an u. für sich als l., werth etc. od. bei Unangenehmen wenigstens Das anerkennt, was es Einem trotzdem l. macht u. eine innigere Beziehung zu dem Genannten hervorhebt, z. B.: Der l–e Gott (s. d. 2c). L. 1, 414; Ein Vorzug des l–en Gottes. 12, 505 etc.; Das weiß der l–e Himmel; Die l–e Gottesgabe, z. B. das Brot; Nicht das l–e Brot im Haus haben; Wo das l. Brot so theuer ist. OLudwig Thür. 1, 469; Mangelten selbst des l–en Brots. V. Ar. 3, 312; Mäuse, die das l–e Korn zernagten. Cham. 4, 44; Zu einer Zeit, wo der l–e Rocken kaum für Geld zu haben ist. Möser Ph. 1, 371; Saure Milch .. mit geriebenem Brot u. Zucker u. Allem. Das l–e Gut! Man muß es nun wegwerfen. G. 10, 151; Das l–e Geld; Das Königreich Böhmen ist vor Jahren der l–en Bergwerk wegen auch sehr berühmt gewesen. Hammer RH. 404; Die Pferde können sich nicht rühren .., so aufgebrauscht ist das l–e Vieh. Tieck NKr. 2, 31; [An den Armen] melken, | wie an dem l–en Vieh. Claudius 3, 29; Weil er .. wie’s l–e Vieh die Bauern schund. Hölty 24; Steffens Malk. 1, 346 etc.; Labt sich die l–e Sonne nicht, | der Mond sich nicht im Meer? G. 1, 149; Wenn der l–e Mond aufgeht; Der l–e Regen hat Alles erfrischt; Das l–e Gewitter, Wetter etc.; Er hat kaum das l–e Leben in sich; O hoffe, l–es Herz! [s. d. 3b, Anrede an sich selbst]. G. 13, 36; 38; Vorwurf einer zu strengen Sorge für sein l–es Ich. W. 35, 141; Was thut man nicht des l–en Friedens willen! etc.; Dann rath’ ich eurer Lüsternheit | die l–e schöne Tageszeit | u. mir die weitre Müh zu sparen. G. 11, 117; Da sinnierten wir manche l–e Stunde zusammen, was etc. Steub Tr. 3, 31; Thümmel 1, 5; Den langen l–en Tag. Cham. 4, 297; Den ganzen l–en langen Tag. Höfer V. 197; Manche od. die l–e lange Nacht. Müllner 5, 201; Nicolai 2, 19; Die langen l–en Jahre über. Engel 12, 5 etc.; Du l–e Zeit! [s. d., etwa = l–er Himmel etc.] etc.; Seine l–e Noth, Last, Sorge mit Etwas haben; Ich hatte mit dem Kind wohl meine l–e Noth. G. 11, 133; Mein Hofmeister (Gott tröste seine Seele!) hatte seine l–e Noth mit mir. W. 7, 134 etc.; Was das l–e junge Volk betrifft, | Das ist noch nie so naseweis gewesen. G. 11, 179; Eselsbrücken für die l–e Jugend. Prutz DM. 1, 2, 346; In einer so schwankenden, unbiegsamen, breiten, gothischen, rauhklingenden Sprache, als unsre l–e Muttersprache ist. Sch. 28b; Eine Aussicht in das ewige l–e [iron., fast = leidige] Einerlei. L. 12, 366 etc. 2) (s. 1) substant., von Pers.: Der, die L–e (s. 3 und Liebe 3); Mz.: Die L–en; in der Anrede (Mein) L–er! Mz.: Meine L–en! etc., z. B.: Grüßet Epänetum, meinen L–sten [s. 10b] .., grüßet Amplian, meinen L–en in dem Herrn .., grüßet die Persida, meine L–e. Röm. 16, 5 ff.; Wenn Jemand 2 Weiber hat, eine, die er l. hat [s. 7] u. eine die er hasset u. sie ihm Kinder gebären, beide die L–e u. die Feindselige .., so kann er nicht den Sohn der L–sten [s. 10b] zum Erstgeborenen machen. 5. Mos. 21, 15; O L–er! mein L–er! laß fahren den Wahn! B. 34a; O Süßer, o L–er! ebd.; O L–er, o Süßer! 59b; (Fernando zu Stella): L–ste L–e! G. 9, 335; U. also ihr Getreuen, L–en [Vasallen etc.] | willkommen! G. 12, 9; Für meine L–en ließ ich Leib u. Blut. 11, 149; Eurer L–en L–ste [s. 10b] sollen erst v. meinen Händen sterben. W. 34, 280; „Meine L–e, hast du dich vermählet?“ | Hab es L–er etc. Talvj 1, 25 etc. Hierher gehört auch das nam. in der Bibel häufige L–er bei einem Jmperativ, etwa = ach, ich bitte etc., das dort, zur flerionslosen Interjektion erstarrt, auch bei der Anrede Mehrerer od. einer weiblichen Pers. gilt, weßhalb es Einige (vgl. leider) als Kompar. des Adv. fassen, also z. B. nicht bloß: L–er, laß nicht Zank sein zw. mir u. dir. 1. Mos. 13, 8; 9; 16, 2; 50, 17 u. o., sondern auch (vralt.): Sprach er zu seinem Weibe . . .: L–er, so sage doch, du seist meine Schwester. 1. Mos. 12, 13 etc. u.: L–er, gebt sie ihm zum Weibe! 34, 8; L–er, singet uns ein Lied! Ps. 137, 3; Jer. 2, 5; 41, 8; 48, 17; Röm. 14, 15; 20 etc.; L–r [in aller Welt] warum sollten etc. Olearius Reis. 83b etc. 3) substant., v. Pers.: Das L. (s. 4 u. 5), nam. für das weibl.: Die L–e (2), das man im Allgm. wegen der Verwechslung m. dem Abstr. Liebe (s. d. 3) gern vermeidet, nam. in gehobner Rede: Er nahm sein L. .. | u. schwang’s (neutr.) auf den Polacken: B. 53b, daneben häufiger: Wie schön mein L. ist, weun sie [fem.] geht zur Messe. Rückert 2, 369 etc.; Wer hat kein L. an seine Brust gepresst. Freiligrath Garb. 49; Mein L. ist eine rothe Ros’. .. Leb wohl, mein einzig L. SW. 3, 112; Vor einem Altar stand das Männchen da, | mein L. daneben. Heine Lied 12; O Menschengeist . . hättst du nicht . . | Natur, dein L., verlassen etc. Lenau Alb. 13 etc.; Genit.: Des L–s, auch: Meines L. Beck Fahr. Poet. 123 etc., nam. oft vrkl.: Das L–chen, bes.: die Geliebte, (vgl. L. 5, 330: L., das für die Geliebte, ein Schmeichelwort der Liebhaber, wofür Einige itzt L–chen sagen etc.) z. B.: Schläfst, L–chen od. wachst du? B. 14; Schön L–chen schürzte, sprang u. schwang | sich auf das Roß. ebd.; Graut L–chen auch? ebd.; Feins L–chen. 47b; Wenn den Schleier L–chen lüftet. G. 4, 2; In L–chens Augen. 16; 38; So haben über den Alpen die Pfaffen gewöhnlich; eigens ein L–chen. 5, 225; 11, 149; Mein Liebchen, sie schreibt, was ich ihr dichtete, mir. 1, 307; Mein L–chen war die Braut. Heine Lied. 13; L. L–chen, leg’s Händchen aufs Herze mein. 41; Ihre L–chen gar in fremden Armen sehn. Nicolai 1, 204; Seid eurem L–chen treu u. hold’. W. 12, 72 u. o., zuw. auch Schmeichel-Anrede od. Bez. der Gattin, (vgl. 10b) z. B.: Komm, sei mein L–chen, sei mein Weib! B. 47b; Mein Kind, mein Weib, mein L–chen! Cham. 3, 45; Ihr sehet, mein L–chen etc. [Reineke zu Frau Ermelyn]. G. 5, 217 etc. u. auch sonst, ohne Bezug auf Geschlechtsliebe, z. B.: Komm doch, L–chen! B. 207b, Anrede einer Schwägrin an die andre (vgl.: „Du trautes Kind“. V. Il. 3, 130); Was hast du, L–chen? rief die Alte verwundert aus. Um’s Himmelswillen, Töchterchen etc. G. 16, 2; „Höre, L–chen“. .. Erlauben Sie, Mama. 34, 219. König Mar. 1, 43 etc. u. seltner freilich, v. männl. Pers., wiez. B. Luther SW. 56, 150 sich in einem Brief „an seine Hausfrau“ unterzeichnet: M. L[uther], dein alten Liebchen. z. B.: Sie kennen dich [den Knaben]. Nun, L–chen, sei es dir genug. G. 6, 354; Woran soll ich dein L–chen denn | dein L–chen kennen nun? H. 8, 353; L–chen! sagte sie [zu ihm], gedulde dich. Tieck N. 3, 13 etc. Seltner: Jeder herzet | dann sein Liebelein. Hölty 29 etc. Zsstzg. nam. für die Geliebte: Jeder will mit Liebelei scharwenzeln | um sein Fein-L. V. Sh. 2, 505; O, weine nicht Feinsliebelein [od. feins L–elein]. Arndt 339; Drinnen sitzt im Morgenhäubchen | Feins-L–chen. Rückert 1, 239; Aber Herz-L.! Gutzkow R. 4, 416; Auf Flügeln des Gesanges, | Herz-L–chen, trag’ ich dich fort. Heine Lied. 117; Woran erkenn’ ich dein Treu-L. nun? Schlegel Haml. 4, 4; Viel-L–chen, s. viel-l. u. 10b. 4) substant., sachl.: Das L–e, etwas L–es, etwas Erfreuliches, Angenehmes, vgl. den Ggstz. leid I. 2 u. die Bsp. dort: Spr. 31, 12; G. 5, 133; Erzählte so viel L–es u. Gutes v. ihm. 9, 19; Das viele L–e, das mich umgiebt. Stolb. 98; Jedem hübschen Lärvchen ’was L–es zu sagen. Brachvogel FB. 1, 279; Ich danke dir für alles L–e u. Gute, das du ihm erwiesen etc., auch v. Pers. (sachl. gefasst vgl. 3): Ein öffentliches Haus, wo Biondello öfters aus- u. eingeht, er mag da etwas L–es haben Sch. 747b; Greif zu, hat dir die Zeit was L–es zugewandt. Tscherning 258 etc. 5) st. 4 auch: Das L., im Allgm. sachlich (s. 3) vralt. od. mundartl., z. B.: Zu Schimpf u. Ernst, zu L. u. Leid. Zinkgräf 1, 211 etc.; So könne man ihr [der angebrannten Sache] mit keinem L. [durchaus nicht] mehr eine andere Kust [Geschmack] geben. Gotthelf G. 185; 246; Das hätte sie um kein L. [um Alles in der Welt nicht] mögen. 185; Für kein L. 299; 301 etc., vgl. Stalder 2, 272, doch noch in einigen Verbind. mit Präpos., mit denen L. theils zu einem Wort verschmilzt od. doch sich wenigstens mit kleinem Anfangsbuchst. findet:
a) Mir zu L. (od. zu Liebe, s. d. 2), zu Gefallen, was mir zu Gute kommt etc.: Sie logen dem Wolfe, | meinem mächtigen Feinde, zu l. G. 5, 294; Thut keinem Dieb | nur Nichts zu L. 11, 162; Sch. 120b; Sie schicken dir zu L. den Zoroaster fort. W. 10, 75; Schulden, die ich dir zu l. | gemacht. AttM. 2, 2, 80; 2, 3, 33 etc., auch: Betriebsam, wo ’was zu verdienen sei, | um sich dafür in müßigen Stunden wieder | mit frohen Brüdern . . | am kleinen Herde ’was zu l. [zu gut s. d. 21] zu thun. HB. 1, 143.
b) Mit Etwas für-l. nehmen, es sich gefallen lassen, sich damit begnügen, damit zufrieden sein, z. B.: Daß die .. deutsche allgem. Bibl. für l. genommen, was eine andere gelehrte Zeitschrift abgewiesen. Fichte Nic. 91; Ein Reisender ist so gewohnt, |. aus Gütigk. für-l. zu nehmen. G. 11, 133; Immermann M. 2, 107; Wenn das Beste nicht zu haben, nehme man für gut [s. d. 21] das Gute; | auch für l., ist’s nicht ein tapfrer, dennoch mit dem frohen Muthe. Logau (L. 5, 208); Daß die Zuhörer, wenn sie z. B. die Antigone des Sophokles erwarteten, die Erigone des Physignatus für l. u. gut nehmen mußten. W. 13, 165; Laß dich bitten, mit dem Wenig für-l. zu nehmen. 27, 276 etc., daneben noch nach der ältern Vertauschung v. „vor“ u. dem jetzigen „für“ sehr häufig, fast überwiegend: Vor-l. nehmen; z. B.: Cham. 5, 42; Mit dem Büchel .. vor L. u. Willen zu nehmen. Claudius 4, V.; Vor-l. G. 17, 198; 19, 371; 20, 241; 6, 70 (Gotter); Gotter Sch. 141; Grimm M. 225; Guhrauer Less. 1, 223; Sch. 169a; 472a; 1079a; V. 3, 32; Vorlieb u. vor Willen (s. d.) zu nehmen. Weise Jak. 90; Nehmt vor-l. W. 20, 31 (neuere Lesart: Nehmt ein leichtes Mahl für gut. 12); 19, 184; 23, 4; 35, 6; HB. 1, 99 etc., vgl.: „Fürlieb“. So sagt Logau allezeit, wofür wir itzt fast durchgehends, „vorlieb“ sagen wider unsre eigne angenommene Regel, daß nämlich „für“ allemal pro bedeuten solle. L. 5, 318. 6) als prädikat. Ew., gw. m. persönl. Dat.: Etwas ist Einem l., angenehm; Die Nachricht ist mir sehr l.; Es ist mir l., daß du mir die Nachricht gegeben; Es ist mir l., zu hören, daß etc.; Sich Etwas nicht leid (s. d.), sondern vielmehr l. sein lassen; Diese Verschiedenheit, es möchte nun Gottl. od. leid sein [ihm so gefallen oder nicht] zu erklären. Fichte 8, 390; Solchen Ruhm .. habe ich (von Gottes Gnaden) davon, es sei dem Teufel l. oder leid. Luther 6, 9a etc.; Etwas oder Jemand ist Einem l., werth, theuer, liegt ihm am Herzen, z. B.: So l. dir dein Leben ist; So l. einem Jeden ist, die .. festgesetzte Strafe zu vermeiden. Erbvergl. Beil. 79; So wie der Mensch sich des Auges | köstlichen Apfel bewahrt, der vor allen Gliedern ihm l. ist. G. 5, 10; Der ihr l., wie der Apfel in den Augen. Ramler 234; Leid waren ihm die Frauen und l. die Mannen. Simrock G. 24; Ein Andenken, das nach seinem Tode mir doppelt l. ward etc.; Lasset euch den Schlaf nicht so l. sein, stehet auf! Schaidenreißer 45a etc. (vgl. 7: l. haben). Zuw. ohne Dat.: Wohlgefallen, Wonne, Liebe erregend etc.: Der Kleine ist gar zu l. (ein gar zu l–es Kind 1.); Mein Schatz ist l. und gut. G. 1, 163, vgl. dichterisch: Den Wolken zu vertrauen, | wie l. sie mir’s angethan. 4, 37 etc. 7) in Verbind. mit haben, bekommen, gewinnen etc.: Etwas (oder Einen) l. haben, versch.: gern haben (vgl. 9); Was ich gern habe, Das ist mir, wenn es kommt, als meiner Neigung entsprechend, willkommen; was ich l. habe, Das ist etwas Vorhandnes, was mir theuer und werth ist, woran ich mit Liebe hänge (vergleiche Liebhaber): Nimm Isaak, deinen einigen Sohn, den du l. hast. 1. Mos. 22, 2; Du sollst Gott den Herrn l. haben von ganzem Herzen etc. 5, 6, 5; Wie einer l–er Buhle einen Buhlen l. hat, so werden dich deine Kinder l. haben. Jes. 62, 5; Wer sein Leben l. hat. Joh. 12, 25; Wer Geld l. hat, Der bleibt nicht ohne Sünde. Sir. 31, 5; Wie habt ihr das Eitel so l. und die Lügen so gerne! Ps. 4, 3 etc.; Einen od. Etwas l. gewinnen (selten bekommen), Liebe dazu fassen: Sie ward sein Weib und gewann sie l. 1. Mos. 24, 67; 29, 18 etc.; Demas hat mich verlassen und diese Welt l. gewonnen. 2. Tim. 4, 10 etc.; Einen l. behalten, den l. Gehabten l. zu haben fortfahren etc. 8) adv.: vereinzelt st. gern (s. d. u. vgl. 9; 10); Ich bin itzo noch einmal so l. Kaiser als vorher. Claudius 6, 59; Das gute Herz mag eben so l. eine Kröte sehn, eine rechte Kröte als ihn. Schlegel Sh. 1, 73 etc. 9) der Komparat., sowohl zu l. (s. 1— 7) als zu gern (s. d., Anm.), vgl. 10, z. B.: Diese Nachricht ist mir lieb, um so l–er, als etc.; Jch höre es gern, um so l–er, als etc.; Jch habe nicht gern kalte Stuben, aber doch noch l–er als so heiße; Ich habe ihn fast noch l–er als meinen eignen Sohn; Ich habe keinen l–ern Freund als ihn etc.; „Ich weiß, daß Sie sechzig sind“ Warum [sagen Sie] nicht l–er [= gar] achtzig? Gellert; L–er [s. ehe II. 4 ff.] (will ich) sterben, als die Schande dulden; L–er den Tod als die Schande; L–er todt als mit Schande leben (oder gelebt); Tausendmal leide ich l–er Unrecht, ehe ich mir das Recht erzanken soll. Forster Br. 1, 305 (versch. Tausendmal l–er leide ich Unrecht); L–er betteln gegangen, als so mit sich handeln lassen! L. 12, 393 etc.; Je (s. d. 8 u. 9) eher, länger etc., je l–er. Zuw. ellipt.: Keinen Fiedler, der nicht l–er | eigne Melodieen spielte. G. 4, 51 [als fremde] etc. und mit doppelter Steigrung: Mehr als Moschus sind die Düfte | und als Rosenöl dir l–er. etc. 15. S. auch 2. 10) im Superlat. (vgl. 9 und 11) sowohl zu l. als zu gern:
a) als attrib. Ew., nicht bloß z. B.: Er ist mein l–ster Freund, der l–ste von (all) meinen Freunden, der aller-l–ste von meinen Freunden, mein aller-l–ster Freund etc. (vgl. 11); verstärkt (s. b): Herzallerliebster Mann, sondern auch in Fällen, wo der Posit. nicht gw. ist, dem Adv. (s. d) entsprechend: Meine l–ste Beschäftigung, Das, womit ich mich am liebsten beschäftige, die ich am l–sten habe; Meine l–ste Unterhaltung, Lektüre, Speise; Champagner ist mein l–stes Getränk; Der Aal ist mir der l–ste Fisch etc. Veralt.: Der erste (nächste), der l–ste = beste (s. d. 3b).
b) substantiv. von Pers.: Der, die L–ste, Mz.: Die L–sten, s. 2 und z. B.: Rächet euch selber nicht, meine L–sten! Römer 12, 19; Sie hält alle ihre Freunde und L–sten, sogar ihren Mann für Schattenbilder. G. 8, 164; Durchs Blut erschlagner L–sten [der nächsten Freunde und Verwandten]. 34, 156; Ob er Keines aus dem Bund | meiner L–sten abverlange. Uhland 48 etc., am häufigsten in Bezug aufGeschlechtsliebe, wie ,,der, die Geliebte“ eine zu Jemand in einem Liebes-Verh. stehende Pers. (nach heutigem Gebrauch gew. nicht von Gatten): Sie ist ihrem L–sten untreu; Er hat seine L–ste sitzen lassen; Ohne Dich, L–ste, was wären die Feste? | .. Wärst du mein Schatz nicht, so möcht’ ich nicht tanzen. G. 1, 20; Küßten sich zwei Liebste etc. Talvj 1, 51 u. o.: Wie er um mich besorgt ist! so nur Mensch, nur Freund, nur L–ster! G. 9, 159 etc.; auch: Ihren Herzallerliebsten zu erschnappen. FLSchröder Beitr. 3, 2, 84; dagegen ver- altend: Warum geben Sie denn Ihrer Frau Liebste Alles? Gellert 3, 224; Seiner Frau L–ste. L. 12, 36; 13, 316 (Reiske), vgl. Herrig 16, 430; Seine L–ste [Frau]. Stiling 2, 133 etc., und näher bestimmt: Mit seiner Ehe-L–sten. 4, 50; Rabner 3, 43; Bode Empf. 2, 107; Der Ehe-L–ste [Mann]; vgl. Ehefreuden.
c) subst. sachl. (s. a): Wenn ich das Buch gleich mitnehmen könnte, Das wäre mir freilich das (Aller-)L–ste, am aller-l–sten (d) etc.
d) adv.: Am l–sten, zu gern und l.: Ich habe Euch Alle l., aber ihn am (aller-)l–sten; Am l–sten lese ich die Zeitung gleich Morgens etc. Zuw. st. Kompar.: Dem Hasengeschlechte, das nirgends am l–sten ist, als wo es geheckt ward. Heinse A. 2, 220 etc. 11) der Superl. mit vorgesetztem „aller“, nicht nur vergleichend (s. 10), sondern auch absolut (s. Sanders Krit. 1, 78) und deßhalb ganz gw., wie ein Positiv (vgl. charmant, prächtig) mit unbest. Artikel und als Adv. ohne ,,am“: aller-l–st, auch mit nähern Bestimmungen wie: ganz, recht, gar zu etc. und mit Vergleichen, ja scherzh. selbst aufs Neue gesteigert: Ein (ganz) aller-l–stes Mädchen; Sie tanzt (ganz) aller-l–st; Jron.: Das ist ja eine ganz aller-l–ste [eine höchst fatale] Geschichte; So Aller-L–stes sah ich noch nie. Cham. 3, 303; Was plagte dich denn der Teufel so allerliebst fein zu sein! 5, 81; So war er auch ganz aller-l–st, wenn er etc. G. 17, 274; Ganz aller-l–ste Gegenden. 19, 3; Ein recht aller-l–stes Frauenzimmer. L. 1, 221; Mein sehr aller-l–ster Barnekow! Rahel 1, 543; Es wäre aller-l–st, doch nein es wäre noch aller-liebster, wenn Ihr Freund vorher zu uns käme. Ruge Nov. 253; Klara war auch zu aller-l–st. Waldau N. 1, 40 etc. 12) Fortbild. auf „heit“:
a) Die Liebheit [das L.-Sein, das L–e, Anmuthige, Wohlgefällige] der Welt. G. Stein 1, 116, vgl. Sprchw.: Hagemann und Leifheit [plattd. = Liebe] müssen das Beste zur Freierei thun. Schottel 1118a.
b) (s. 11): Die Hauptgaben .. bestehen in kleinen Arbeiten und Zierlichkeiten, Nippeständeleien und tausend andern artigen Allerliebstheiten [allerliebsten Dingen]. Stahr It. 2, 493.
Anm. Goth. liubs, ahd. liub, mhd. liep, dazu: Liebe, ahd. liubî, mhd. liebe; lieben, ahd. liuban, mhd. lieben, russisch oóurЬ (ljubit) etc., vergl. sanskr. lubh begehren, lat. lubet oder libet, es beliebt etc.; ferner: lieblich, ahd. liuplih, mhd. lieplich etc. S. auch: glauben, Anm.
Zsstzg., meist äußre Zusammenstellungen, z. B.: Engel-: in hohem Grade, himmlisch (od. himmels-) l.: Ein e–es Weib; Das ist einmal e. von Euch, daß Ihr an uns gedacht. Höfer Hausbl. (56) 1, 91 etc.
Frāūen-: den Frauen lieb od. sie liebend, nam. nach Art eines Eigennamens: David, . . König und F. in einerPerson. G. 31, 294.
Fréß-: (s. fressen I. 2b): Einen f. haben. - Gutzkow R. 5, 423; IP. 21, 96 etc. Für- [5b].
Hérz-: herzlich lieb oder geliebt, s. auch [3]und vgl.: Daß Sie einen so herzig-l–en Gebrauch von meiner Phantasie .. gemacht. Knebel 3, 5.
Hímmels-: s. engell.
Jūgend-: vgl. frauen-l.: So ein Büchlein . .| das kurz und j. wär. Hebel 2, 178, vgl. Kinder-, Jugendfreund. Trēū: treu liebend und geliebt [3].
über-: übermäßig lieb.
Un-: Ggstz. von lieb, nam.: Das ist mir sehr unl., unangenehm etc.; seltner: Aus dem Zusammenhang gezerrt und das u–er [ungerner, schwerer] einzuprägen. Keller gH. 1, 238 etc. und: Nur die Städterin hatte mich unl. V. Th. 20, 31.
Viel-: sehr lieb: In meiner v–en Werkstatt. Dingelstedt Hept. 2, 84; Bring ich v–en süßen Gruß. Grün R. 36; V–e Rose. Kinkel 240 etc., auch [3]: Das V–chen, eine v–e Pers., wie auch: eine Art Wette, die zwei Pers., gw. eine Zwillingsfrucht (V–chen) mit einander verzehrend, schließen, wonach Der, der unter gewissen Bedingungen den Andern zuerst mit dem Ruf „V–chen“ begrüßt, gewonnen (dann auch mehrfach modificiert), auch der Preis der Wette etc., so: Ein V–chen mit einander essen, gegen Jemand gewinnen, an ihn verlieren; Das verlorne V–chen durch ein Geschenk einlösen; Einem ein V–chen schenken; Großväterchen will mich .. mein V–chen nicht gewinnen lassen, und wir haben doch gewettet, daß die 100 Jahre voll werden. Gutzkow R. 9, 68. Vor- [5b].
Wúnder-: wunderbar, in hohem Grade lieb, engell.: Jenes Grübchen w. | in w–en Wangen. Heine Lied 80.