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letzen
Létzen: 1) tr., refl.:
den Lechzenden, Verlangenden laben, sein Verlangen (nach Trank, Speise etc.) befriedigen, ihn erauicken, wiederherstellen etc., nam. in gehobner Rede: Zu schnell, die Neubegier des Paladins zu l.; | denn kaum will sich sein Aug’ an einem Bild ergetzen, | so weicht es schon zurück. Alxinger D. 222; Wie an den Wasserbächen | sich die Gazelle letzt, will ich an seinem Sprechen | mich l. Freiligrath SW. 1, 146; Sie l. sich mit Weine. 419; Aus tausend Quellen | frisch will dich l. deiner Kindheit Strand. 443; Das Brot, womit ihr letzt den Greis. 5, 264; Letzest | den leichten Durst am Silberquell. G. 2, 62; Ich will dich l. mit Flöt’ und Sang. 7, 184; Dann wirst du deinen Gaumen l. 12, 60; Sein Herz zu l. 16, 83, Die Eltern, die sich gern an ihm l. möchten. 25, 110; Wir genossen des köstlichen Moselweins, an dem sich mein Gefährte, der eine Wiederherstellung freilich am nöthigsten haben mochte, besonders erquickte. . . Kaum hatten wir uns .. geletzt. 25, 142; Lav. 157; Gotter 2, 51; L. sich | mit Schall elendiglich. H. 15, 248; Wenn .. rauchender Winterkohl | sie geletzt hat. Kl. Od. 1, 288; Wenn geletzt wird jenes leise Sehnen. Kosegarten Rh. 1, 157; Was bleibend letzt, ist oben [himmlisch]. Po. 2, 268; Das Auge letzte sich in wollustreichen Thränen. 294; Opitz 2, 216; JP. Siebenk. 1, 112; Meine Ziege, die nährt und letzt [tränkt] mich. Platen 1, 136; Den will ich nicht l., | der mich will ver-l. Rückert Mak. 1, 37; 55; 95; Dein Auge l. Uhland 58; In voller Freiheit sich zu l. und zu weiden. W. 12, 56 etc. Dazu: Lasst die Becher | zur Letzung jetzt der müden Glieder kreisen. HKleist Hint. 118; Bei ihm, bei ihm ist Letzung. Kosegarten Po. 1, 56 etc. 2) (s. 1) refl.: Sich mit Freunden l., mit ihnen den Abschiedsschmaus halten, und dann allgm.: von ihnen Abschied nehmen, mundartl., vralt.: ab-l. Stalder; Uhland V. 624 etc. Als das Schiff sich hat geletzt [abfuhr etc.]. Fischart (Wackernagel 2, 158 Z. 36); Es l. vielleicht sich unsere Freunde | auch ohne Thränen mit dir. Kl. Od. 1, 22; Luther SW. 61, 387; Freund Spörtler wollte sich noch zum Valet bei einem Abschiedsschmaus mit mir l. Musäus Ph. 4, 235; Schweinichen 3, 14; 47; Spindler St. 1, 10; 70; Nun letzte er sich mit einem Jeden, lief fort und weinte sich unterweges satt. Stilling 3, 138; 4, 146; Zinkgräf 1, 149 etc. Zuw. auch: Vor meinem Hinwegziehen hat sich ein ganze Gemein zu mir versammlet und sich von mir geletzet. Da wir nun sechs Tag in Freude, mit Essen, Trinken und Opfern verzehrten etc. Schaidenreißer 60a etc. S. auch ver-l. 5. 3) tr.: Etwas so beschädigen, daß es nicht unversehrt, nicht ganz, nicht heil bleibt: Man wird nirgend l. noch verderben auf meinem heiligen Berge. Jes. 11, 9; Man schwur, aufs mindste nicht sein Heil und Haupt zu l. Gryphius Fr. 377 v. 221; 718; Daß sie weniger davon geletzt und geschädigt werden. Ryff Sp. 6b; Wie .. zart die Hirnschale sei. Dieweil sie nun .. leichtlich geletzt werden mag. 7a; 24a; Das weiß Geäder wird fast leichtlich davon geletzt und beschädigt. 87b; Th. 77; Stein- höwel (Wackernagel 1, 1058 Z. 14); Es hat fürwahr | bei dir kein Gefahr, | da mag mich Niemand l. Waldis Ps. 61, 2; Daß er sein Fuß nicht letze. 91, 5 etc., wegen der Verwechslung mit 1 veralt. und durch ver-l. (s. d. auch 5) ersetzt, wie dies zu 2.
Anm. S. Letze, Anm.
Zsstzg.: Ab- [2]. Er- [1]: vgl. erlaben etc.: Wenn Dubon Ehre geizt, so kann er diesmal sich | bis zur Genüge dran e. W. 10, 298. Ver- [3]: 1) Ein körperliches Wesen v., z. B. Sachen: Das Siegel eines Briefs, einen Baum, eine Bildsäule v., ferner: Ein lebendes Wesen an seinem Körper oder Körpertheile desselben v. 2. Mos. 21, 22; 3, 24, 19 ff.; Pred. 10, 9; Einen, sich am Leibe, am Fuß, an der Hand v.; Der Schmetterlingsflügel ist verletzt; Soll ein Stahl dies schöne Haar v.? Adelung etc., auch z. B.: Damit eine im Wachsen begriffene Anstalt nicht gehindert noch verletzt werde. G. Br. 202a etc. 2) Eine Person geistig, ihren Geist, ihre Seele, ihr Gefühl, ihr Recht v. (s. 4), ihr zu nahe treten, z. B. schadend: Wer an mir sündiget, Der verletzet seine Seele. Spr. 8, 36; Wir haben Niemand Leid gethan, wir haben Niemand verletzt. 2. Kor. 7, 2, vgl.: Bosheit verletzt sich selbst am härtesten. Zinkgräf 1, 326 etc., und häufiger: kränkend, belei- M . digend, z. B,: Wenige haben das sichre Gefühl, was Andern wohlthun, was sie v. könnte. Gutzkow R. 8, 441; Daß solch verletztes Volk viel Gift und Galle verspritze. 4, 398; 1, 25; Es reuete mich schon, was ich im Kochen | des ungestümen Bluts V–des gesprochen. Rückert Rost. 56a; Wie so leicht ist deine zarte Seele | selbst von des Freundes Hand versehrt, | .. Auch du verletztest ohne Wissen | und ohne Wollen oft des Freundes Herz. CRudolphi NGd. 202; Jch bin zu schwer verletzt, sie hat zu schwer | beleidigt, nie ist zwischen uns Versöhnung. Sch. 426b; Nicht der laute, | nur der gerechte Tadel kann v. 414b; Die Worte klüglich stellen, daß sie Euch | das Herz ergreifen, aber nicht v: 427b etc. (s. 3). Im adjekt. Partic. gesteigert: Die v–dsten Äußerungen etc. 3) Etwas Abstraktes v., dagegen an- oder verstoßen, dawider handeln, so daß dies darunter leidet und so auch: Einen in Bezug auf dergleichen v. (s. 2): Das verletzt die Symmetrie, mein Gefühl für Symmetrie, meinen Schönheitssinn; Seine Pflicht, ein Gesetz, ein Gebot, Jemandes Ehre, guten Ruf, guten Namen, ihn an seinem guten Namen, Jemandes Recht, ihn in seinem Recht, ein Geheimnis, die Treue, seinen Schwur, Eid, den Anstand v. etc. 4) dazu in den verschiednen Nüancen (1—3): a) das Partic. verletzt und Ggstz. mit un- und das Abstr. auf heit (vgl. verletzlich): Das Siegel, das Gras (Götz 1, 177), der Knabe, die Hand, das Geheimnis etc. ist unverletzt; Der unverletzt | auf Asphodilen schlief, die sonst den Schlaf vergiften. W. 12, 202 etc.; Noch unerstiegene Schanzen, noch ohnverletzte Mauern. LPHahn Hohn. 83. Es galt ja, keine Verletztheit (2) zu zeigen. Auerbach Leb. 2, 145: Vor Kummer und Verletztheit. OLudwig Thür. 1, 237 etc. Er bedingte sich .. die Unverletztheit (3) seiner Religionsübung. Monatbl. 2, 156b; Die Unverletztheit des Siegels etc. b) Wie man Verletzungen (1) und Krankheiten in der Jugend rasch überwindet. G. 22, 90; Die Person des Günstlings . . ist gewissermaßen der Schatten der Majestät; Beleidigungen gegen Jenen sind Verletzungen (2; 3) Dieser. Sch. 195b; Weh Dem, | der Theil gehabt an dieser Staatsverletzung. 297a; Dies lässt sich ohne Verletzung (3) | der Rittergebräuche nicht ändern. W. 15, 236 etc. Selten: Geistliche Gänze und Un verletzung. Luther 1,521a. c) Der Verletzer, nam. (3), z. B. des Geheimnisses; Weg zu Tafelrechtsverletzern! V. 3, 188 etc. 5) [2] (veralt.) verabschieden, Einem die Letze (s. d. 2) geben: Sie verletzten die Fuhrleut’ ehrlich. Fischart (Wacker— nagel 2, 158 Z. 15); Bis man sie wohl verletzt heimsandt. Z. 32.