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Leiter
II. Lēīter, f.; –n; –chen, lein; -:
1) ein transportables Werkzeug, daran auf und nieder zu steigen, bestehnd aus einer Anzahl gleichlanger Sprossen, die in angemeßner Entfernung zwischen zwei parallelen Seitentheilen (Stangen, Bäumen) angebracht sind, vgl. Fahrt 2b, Steige, Stiege, Treppe:
a) eig.: Eine L. an die Mauer legen, anlegen, besteigen, hinaufsteigen; Den Wall mit L–n ersteigen; Ein L–chen für den Laubfrosch im Glase; Eine L. stund auf Erden, die rührt mit der Spitzen an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. 1. Mos. 28, 12, s. Himmels-L.; Welche L–n und Wagen trugen und den Sturm anfingen. 1. Macc. 5, 20; Sch. 240b; Des Klostergartens Mauern waren leicht | auf hoher L. Sprossen überstiegen. 503a; Jch war auch nur drei Schritt von der Sakerments-L. [des Galgens], auf der ich in den Schoß Abraham’s steigen sollte. 120a; Als nun der Nachrichter den Verurtheilten über die L–en abstieß. Stumpf 708b etc., auch (s. Strick-L.): Seidne L. W. 11, 284 etc.
b) oft bildl. und übertr., z. B.: Sich eine L. auf den Parnaß aus griechischen und römischen Wortformen zusammenzimmern. G. 21, 107; Die regelmäßige Metamorphose .., welche durch Umwandlung einer Gestalt in die andere, gleichsam auf einer geistigen L., zu jenem Gipfel der Natur .. hinaufsteigt. 36, 18; Die Sprossen auf der L. der Gedanken, die er langsam zu erklimmen versuchte, brachen nicht. Gutzkow R. 5, 25; Eine Stufe höher oder tiefer auf der L. der Empfindungen. WHumboldt 3, 13; Er steigt die ganze L. [der Leidenschaft] von Sprosse zu Sprosse hinauf oder hinab, ohne irgendwo den geringsten Sprung zu thun. L. 7, 121; Wenn er nur nicht damit eine ganze Sprosse aus der L. ausbräche, die ein gewisses Publikum mit besteigen muß, wenn es weiter kommen soll. 12, 522; Die Staffeln sind also diese: Schrecken, Mitleid, Bewunderung. Die L. aber heißt: Mitleid, und Schrecken und Bewunderung sind Nichts als die ersten Sprossen, der Anfang und das Ende des Mitleids. 49; Nichts ist zu hoch, wonach der Starke nicht | Befugnis hat, die L. anzusetzen. Sch. 352a; Nur, weil sie allein ihm den Weg zu der höchsten Gewalt bahnen konnte, hatte die Freundschaft des Fürsten einen Reiz für ihn gehabt und leichtsinnig ließ er die L. hinter sich fallen, sobald sie ihm auf die erwünschte Höhe geholfen hatte. 714a; Unter seinen Füßen die L. der Natur weggezogen. 1152b; Die Demuth ist der jungen Ehrsucht L.; | wer sie hinanklimmt, kehrt den Blick ihr zu etc. Schlegel Sh. 2, 38; Die Schönheit der einzelnen Gestalten ist .. die unterste Stufe auf der L. zum Ziele der Liebeskunst. FSchlegel GrR. 267 etc., s. Stufen-, Grad-, auch Ton-L., wofür sich zuw. L. findet, z. B.: Sing einmal deine L., eine Oktave oder zwei. Heinse Hild. 1, 14* 130 etc. 2) Etwas von der Form der L., auch wenn es nicht zum Steigen dient, s. Zsstzg., z. B.: Rumpf-, Schrot-, Wagen-L., wofür oft bloß L., ferner:
a) früher ein Tortur-Werkzeug, den Inquisiten darauf zu spannen.
b) Schiff.: feste Schlitten am Schiff, s. Reibholz 3.
c) weidm.: viereckig oder spieglicht gestricktes Garn, „Spiegel“, auch: „das Geleiter, Geländer“, was aber auch zugleich die Art der Maschen und des Strickens bez.: An den Seiten [des Treibzeugs] zum Hühnerfang] wird ein Geleiter gestrickt. . . Diese Geleiter werden an Spindeln eingebunden . ., daß das Geleiter fein straff wie eine Wand stehe. Döbel 2, 184a; Die L–n müssen auf der Erde fest gemacht werden. .. Wenn die Forcheln nicht recht feste stehen, stoßen die Hühner das Ge- länder um. 186b; 175a; Winckell 2, 312 etc.; Lauf-, Steck-L.
d) das dem Baum des Webstuhls entsprechende Querholz am Posamentierstuhl, worauf die kleinen Rollen mit der aufgewickelten Seide gesteckt werden.
Anm. Ahd. hleitar, leit(e)ra, mhd. leiter, vgl. Latte und Geländer (s. 2c). Mundartl.: Die Letter. Weise Abs. 283 und Spate.
Zsstzg. vielfach, z. B.: Bāūm-: Garten-L. Fal- merayer Or. 1, 126. Blūmen- [1b]: [Führt, Künstler, den Geist] der Dichtung B. still hinauf! Sch. 25b, s. Dornen-L. Bibliothēks-, Bücher-: Stütz-L., wie sie in Bibliotheken benutzt wird, um Bücher in die obern Fächer zu stellen oder aus denselben zu nehmen.
Dīēbs-:
1) Leiter, deren Diebe sich bedienen: Die D. halten, zu einem Diebstahl mittels Einbruch behilflich sein etc.
2) Galgen-L.
3) Zur Übersteigung der hohen Mauern hatte man keine Leitern mitgebracht. Oberst Laudon ließ seine Kroaten die sogenannte D. herstellen (Menschenpyramiden) und die ausgezeichnete Truppe kam glücklich in den Garten. Pz 3, 174 etc. Dórnen- [1b]: Eine lange harte D. führt am Rosenstocke endlich über weichere Stacheln zu einigen Rosen hinauf. IP. 42, 127. Fárben- [1b]: „Farbenskala“ (G. 39, 421), Stufen-L. von Farben, vgl. Ton-L. Fēūer-: bei Feuersgefahr benutzt: Man holte die längste F. herbei. Hebel 3, 360, auch Stürm-L. Gálgen-: s. [1a] u. G. 5, 170 ff. Gárten-: Stütz-L. der Gärtner. Gêgen-: Stütz-L. Spate. Grād- [1b]: Skala zur Gradmessung an physikal. Instrumenten. Hánd-: (vrsch. I.) leicht zu handhabende Leiter. Hāūpt-: (vrsch. I.) s. Stamm-L. Hêbe- [2]:
1) Hebelade.
2) Fuhrmannswinde. Hímmels-: in den Himmel führend, hineinreichend (s. [b] 1. Mos. 28, 12). H. Ph. 10, 10, vgl. Jakobs-L. Lāden-: Stütz-L. in Kaufläden. Lāūf- [2c]: Leiter am Treibzeug, Steck-L. Rúmpf-: in den Mahlmühlen das aus vier Hölzern bestehnde Gerüst, worin der Rumpf hängt. Schrōt- [2]: aus zwei an den Enden durch Querhölzer verbundenen starken Bäumen bestehend, Fässer in die Keller zu schroten. Spróssen-: die nur Sprossen hat (im Ggstz. einer mehr treppenartigen Stütz-, Stufen-L.). G. 31, 65. Stámm-: (Mus.) die Ton-L., woraus sich die andern ableiten lassen, also C-Dur und A-Moll, bei Campe auch: Haupt-L. Stánd-: Stütz-L. Stéck-: Lauf-L. Stēh-: Stütz-L. Strêbe-: Stütz-L. Stríck-: wobei die Bäume und oft auch die Sprossen durch Stricke ersetzt sind: Der trägt den Haken, der die Stricke-L. Streckfuß Rol. 6, 62, vgl.: Ich warf ein Stufenseil, ans Eisen fest gebunden | zu ihm hinab, er stieg zu mir herauf. Nicolai 2, 20. Bildlich: Sie war mir bei meinen heimlichen Anschlägen der Kloben, an den eine St. befestigt ist; gefährlich hoffend schwebt der Abenteurer in der Luft, das Eisen bricht und er liegt zerschmettert am Fuße seiner Wünsche. G. 16, 95 etc. Stūfen-: selten eig., s. Sprossen-L., gw. [1b]: eine Reihe in gehöriger Stufenfolge, ohne Sprung: Die St. der Empfindungen von der höchsten Freude bis zum tiefsten Schmerz (vgl. Klimar). Stúrm-:
1) deren sich die Belagrer beim Sturm zum Ersteigen der Mauern und Wälle bedienen, s. Feuer-L.
2) (Schiff.): Art Strick-L., daran aus dem Schiff ins Boot zu steigen und umgekehrt. Stütz-: mit einer Stütze, wodurch die Leiter auch unangelehnt fest steht, gw. mit Stufen st. der Sprossen (vgl. Sprossen-L.), Stand-, Strebe-L. Tōn- [2]: Stufen-L. von Tönen, Skala: Chromatische T., nach halben Tönen fortschreitend; Diatonische T. oder bloß T., meist nach ganzen Tönen fortschreitend; Harte oder Dur-T., mit großer —, weiche oder Moll-T., mit kleiner Terz; Normal-T., Stammleiter (s. d.); C-Dur-, C-Moll-T. etc.; übrtr.: Alles wurde von ihm in dieser brummischen T. durchgespielt. Falk G. 86. Wāgen- [2]: die Seiten des obern Theils bei einem Leiterwagen bildend. Wúrf-: Strick-L. u. ä. m.