Faksimile 0075 | Seite 73
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ledig
Lêdig, a.:
frei (s. d.), nam. frei von etwas früher darauf Lastendem oder Beschwerendem, unbesetzt, ungehindert durch Etwas etc.:
1) mit Komplement, vgl. die oft damit verbundnen „frei“ (1) und „los“:
a) im Genit.: Daß wir endlich der jämmeclichen Familiengeschichten [auf der Bühne] l. würden. Börne 1, 28; Des Leibes bist du l., | Gott sei der Seele gnädig! B. 15b; Des Bannes werdet ihr l. G. 5, 237; L. des Drucks | gehäufter Kleinigkeiten, frei | wie Wolken. 7, 191; So waren wir denn .. alles französischen Wesens auf einmal bar und l. 22, 53; Die deine Gunst und Pochen | des Feindes frei und los und l. hat gemacht. Gryphius 528; So wirst du auch heilig, der Sünden los und l. Luther 8, 277a; Eines Knaben ward sie l. [davon entbunden, vgl. Bürde 3]. Müllner 2, 106; Das eigne Herz zu fragen, | wie’s der übermüth’gen Bürde | l–er und leichter würde. Platen 1, 292; Alles Zweifels l., rein von Schuld, | läg’ ich in meiner stillen Gruft. Sch. 437b; Aller Pflichten bist du l. 483b; Aller Schuld bist du jetzt l. 612b; L. der Thorheit sein. V. H. 2, 212; „L. seid ihr nun | des Ritters.“ .. Daß ich befreit bin, Deß sei Gott gedankt. W. 11, 138; 9, 112; Noch einen Wunsch, mein Kind, so bist du meiner l. [mich los]. 12, 58 etc.
b) mit ,,von“: Mache dich los von deinen Sünden durch Gerechtigkeit und l. von deiner Missethat durch Wohlthat an die Armen. Dan. 4, 24; Sollen sie l. sein vom Amt des Diensts und sollen nicht mehr dienen. 4. Mos. 8, 25; Von den Oberaufsichtsansprüchen des Abts .. konnten sie sich erst 1600 l. machen. Fallmerayer Or. 2, 39; Als wär er .. frei und l. von allen Gebrechen. G. 5, 164 etc.
2) ohne Komplement, wo der Sinn nach dem zu Ergänzenden sich versch. gestaltet und modificiert:
a) los von etwas Beschwerendem, Fesselndem etc.: Der sei mein Knecht, ihr aber sollt l. sein [frei]. 1. Mos. 44, 10; Soll dir sechs Jahre dienen, im siebten soll er frei l. ausgehen. 2, 21, 2; Laß los, welche du mit Unrecht verbunden hast; laß l., welche du beschwerest; gieb frei, welche du drängest. Jes. 58, 7; Zu predigen den Gefangenen, daß sie los sein sollen .. und den Zerschlagenen, daß sie frei und l. sein sollen, Luk. 4, 18; Hebr. 13, 23; Er sollt mir den [ge- f 4O fangnen] Buben .. wieder l. lassen. Berlichingen 102; Wie ich meinen Buben wieder l. macht. ebd.; Der Tcufel (s. d.) war überall l. 201 [los, durch Nichts gehemmt, so daß er frei nach seinem Belieben schaltete, eine Teufelswirthschaft, vgl. 2c. Schlegel Sh. 3, 23]; Frei und l. [freien Standes] ist sie. Cham. 6, 259; Wie seid ihr | los und l. geworden? G. 5, 197; Indessen habe ich Alles geordnet und bin so los und l. [durch Nichts gehemmt und beschränkt, so daß ich frei schalten kann, s. b] als jemals. 26, 10; Im Zaume sind sie [die Pferde] gut; | wild, wenn sie l. [zaumlos] werden. Lichtwer 193; Was heißet euer Erlösung denn [als] daß du, der jetzt unter des Teufels Gewalt gefangen . ., durch Christum los und l. gemacht. Luther 5, 532b; 533a; Ein los-l–es Füllen. Polko NNov. 2; Sch. 194b; Der Bischof bat euch l. Schwab 479b etc.
b) insonderheit: unverheirathet, frei vom Ehebande, von Familie. 2. Sam. 13, 20; 1. Kor. 7, 8; 32; L. hättest du .. Platz und mit einer Frau etc. G. 9, 380; Im l–en Stande; Christoph war l–erweise viel älter geworden. Auerbach D. 4, 5; auch: Kinder hab ich nicht und los und l. muß Eins sein, wenn man nicht erschrecken will vor einer Haussuchung. Gutzkow R. 1, 177; Mit einem los-l–en Menschen haben Wenig Verkehr, aber auf den Haus- und Ehestand verlässt sich aller Handel und Wandel. Immermann M. 1, 368 etc. Veralt. auch = unehelich: Die l–en Kinder gleichsowohl . . als die ehelichen. Stumpf 215a.
c) veraltend: leer (s. d.) allgm., jetzt gw. nur mit dem Nebensinn, daß das früher in dem Raum Gewesene oder etwas dahin Gehöriges nicht mehr da ist und etwas Andres an dessen Stelle treten kann (unbesetzt), doch auch verwechselt mit ,leer“ und verbunden damit: Du kannst deine Sachen auf den sonst l. zurückfahrenden Wagen packen; Der Fuchs nimmt von dem augenblicklich l–en Dachsbau Besitz; Jch wartete, daß ein Stuhl l. werden sollte, um mich hinsetzen zu können; Es ist die ebräische Lektion durch Aurogalli Tod l. [vakant] geworden. Luther SW. 56, 69; Er hatte ein Auge auf die Würde eines Oberbonzen .., welche in Kurzem l. werden mußte. W. 7, 191; Wenn das Lehen l. [oder offen] wird etc.; L–e [leere] Krüge. Richt. 7, 16; Eine l–e Bouteille. Forster R. 1, 158; Freute sich schon einen herrlichen Platz in einer seiner Zeichnungen leer und l. zu wissen, den er mit den Gestalten so holder Personen künstlerisch zu verzieren gedachte. G. 18, 230 [dem heutigen Gebrauch gemäß: leer, insofern Nichts darauf steht, und l., insofern die Gestalten dort Platz finden können]; Leider sind jetzt alle Kassen l. [leer]. Gotter Sch. 87; L–e Nußschalen. Luther 8, 43b; L–en und armes Geistes. 1, 38a; So giebt ihm Gott auch Verstand, aber Bauchpfaffen lässt er l. SW. 64, 181; Die durstigen und l–en [hungrigen] Seelen. 40; Die Schüssel war leer und l. [gw.: leer]. Musäus M. 1, 131; Die Höll’ ist l. [leer, vgl. 1: Berlichingen 201] | und alle Teufel hier. Schlegel Sh. 3, 23; Es war uns so wunderlich, als am Sonnabend nach Ihrer Abreise unser ganzes Haus wieder l. ward. V. Br. 2, 175, gw. „leer“, indem „l.“ den Nebengedanken weckt, daß man auf das Leerwerden gewartet, um den Platz anderweitig zu benutzen; Wenn mit l–em [leerem, inhaltlosem] Getön | Phax .. spricht. Wernike.
d) frei oder mit Ausschluß von aller fremden Beimischung, rein (s. h), zumeist als Adv., vgl. als sinnvwdt. „bloß“ (1) = Nichts weiter als: Es ist l. meine Schuld. L. 10, 50; 317; War’s doch l. ein Traum. Sch. 693b, und dafür: Es war lediglich ein Traum. 137b, und so gw.: Fichte 6, 373; 402; 8, 272; Heinse K. 1, 327; Immermann M. 1, 343.
e) zuw. = Unbenutzt (vgl. c: Das Haus steht l.), z. B.: Weil du nicht willst, daß l. liege, was du durch deine Weisheit geschaffen hast. Weisheit 14, 5; Der Acker liegt l., unbebaut, daher (in Meißen, nach Adelung): Die Ledige = Lehde (s. d.).
f) niederd.: L. [müßig] gehn; L.-Gang, -Gänger. Ferner in besonderer techn. Anwendung: g) Bauk.: L–e Balken (s. c), die in dem (leeren) Raum zwischen den eine untre und obre Wand verbindenden Balken liegen. h) Bergb.: Ein l–es Nest finden (s. e), in ein altes verschüttetes Grubengebäude kommen (in ein leeres Nest, wo der Vogel ausgeflogen). L–e (s. c) Bergarten, ohne beachtungswerthen Gehalt. Dagegen: L–er (s. d) Stein, reiner Zinnstein. L. (s. f) schichten, noch nach der eig. Schichtzeit wo 10 *