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leben
I. Lêben: 1) intr. (haben):
ein reges, wirksames Dasein haben:
a) von rein geistigem Dasein und Wirken: So wahr Gott lebt; Ich weiß, daß mein Erlöser lebt; Noch lebt ein Gott, der meines Elends denkt. Cham. 4, 158; Kretzschmer V. 2, 264; Ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt | .. hoch über der Zeit und dem Raume schwebt | lebendig der höchste Gedanke. Sch. 88a etc.; Christus lebt in mir. Gal. 2, 20 etc.; Der Glaube, daß die Seele des Menschen nach dem Tode lebe etc., und so nam. bibl.: die Seligkeit (das ewige L.) erlangen. Luk. 10, 28 etc.; Der Gerechte wird seines Glaubens [durch den Glauben, s. f] l. Röm. 1, 17 etc.
b) rein körperlich, von organischen Wesen: sich in dem Zustand befinden, wo die versch. Organe in einander greifen und das Wesen, dem sie angehören, zur Einheit verbindend, ihre Funktionen verrichten: Die wenigsten Pilze l. über 14 Tage. Oken 3, 33; Solange die Pflanze lebt. Schacht B. 9 ff.
c) nam. aber von Thieren (s. bes. Liebig Th. 8ff.) und Menschen (vgl. h), Ggstz. todt sein: Kaufet uns Getreide, daß wir l. und nicht sterben. 1. Mos. 42, 2; Zu Wenig, um zu l. und zu Viel, um zu sterben. Gotthelf U. 2, 194 etc.; Personen, Thiere l. lassen (versch. f und l), sie nicht tödten; Er hat gelebt, ist todt, s. haben IV. (versch. h). Cham. 4, 154; L. 8, 250; Sch. 584b etc., seltner so im Jmpf.: Ich kann nicht daran denken, daß Das lebte [todt ist], was mir das Theuerste auf Erden war. 576b. Sprchw.: Vorn nicht wissen, daß man hinten noch lebt. Schückingk GsE. 3, 131 etc., von Dummköpfen etc.
d) (s. c) mit Angabe von Ort und Zeit: an einem Ort sich dauernd aufhalten; in einer Zeit oder eine Zeit hindurch eristieren: Thiere, die im Wasser und auf dem Lande l.; In Wäldern, Höhlen, in der heißen Zone l.; Wir l. im Sommer auf dem Lande, im Winter in der Stadt; Er hat drei Jahr in Rom gelebt; Mit Jemand in einem Haus, unter einem Dach l. etc.; Die jetzt, in diesem Jahrhundert l–den Künstler etc., Ungw.: Große Männer lebten mein [in meinem] Jahrhundert. Körner 122b, dagegen gw.: Kurze, lange Zeit, nur einen Tag l.; Wer 80 Jahr gelebt, hat Viel erfahren; Lange lebe unser Freund! (s. l), seltner: Lebet vergnügt in ein langes, langes Alter voll Ehre und Freude! JvMüller 5, 199, so daß euer L. euch dahin führe.
e) (s. c) mit Angabe der Art, wie und der Umstände, Verhältnisse, worin man lebt etc.: Die Pferde l. dort wild, in Herden etc., nam. von Pers. (vgl. 2): Frei, froh, glücklich, zufrieden, herrlich und in Freuden, in Hüll’ und Fülle, wie ein König, wie Gott in Frankreich, wie ein Fisch im Wasser, wie die Mäuse in der Speckseite, wie der Vogel im Hanf etc., kümmerlich, in Noth und Sorgen, in Angst und Kummer, in Trübsal, fromm, unschuldig, unsträflich, gottlos, liederlich, ausschweifend, in Wollust, in Sünden, wild und ungebunden, in Saus und Braus, in stiller Zurückgezogenheit, in einem Amt, ohne Amt, in sorgenfreier Muße, mit Jemand in Frieden, in Unfrieden (Streit, Hader), mit einer Person in glücklicher Ehe oder glücklich, in wilder Ehe, seltner: wild (Gutzkow R. 2, 64), nur nach dem eignen Kopf, nach eignem Gefallen, nach dem Gesetz, nach Jemandes Bestimmung, Willkür, Gefallen, auch: seines Gefallens, unter Jemandes Zucht(ruthe), Vormundschaft, Obhut l. etc.; Als Jungfrau l. und sterben; Er lebte als Knabe, als Mann dort etc., auch: So muß er ’n Schurk l. und sterben. Claudius 3, 24; Lang lebt’ ich eine Gefangene. Heinse A. 1, 249, vgl. (a): Gott lebet ein Richter über Alle. Luther 6, 31b etc.; Ich lebe [bin, stehe] in dem Glauben, in der Erwartung, in der Zuversicht etc., auch mit Genit.: Dagegen lebt man nun der angenehmen Hoffnung, das Gouvernement werde etc. G. 26, 301; Josephine lebte ihres heitern Vertrauens weiter. König Kl. 1, 287 etc.; Auf Etwas l. und sterben, darauf als auf eine im L. und Tod unwandelbare Uberzeugung sich stützen; Auf diesen Glauben will ich l. und sterben; Das ist mein Ruhm, | auf den ich leb’ und sterbe. Gellert 2, 148; G. 1, 165 etc., vgl.: Ich leb’ und sterb’ bei dem Wallenstein. Sch. 329b.
f) (s. c) mit Bezug auf Das, worauf sich das L. stützt, wovon es erhalten wird: Von Etwas l., sich nähren, seinen Unterhalt gewinnen; Von Pflanzen, Kräutern, Fleisch, von seinem Gelde, von seinen Zinsen, von seiner Hände Arbeit, von Almosen, vom Betteln, von Unterstützung, von fremder Gnade l.; Der Mensch lebet nicht vom Brot allein. Matth. 4, 4; Luk. 12, 5 etc.; Von der Hand (s. d. 6d) in den Mund, von einem Tag zum andern (G. 23, 52) l. Veraltet: Weß sie gelebt hätte. Luther 6, 503a; Des Raubs l. Ryff Th. 98, noch zuw.: Jemandes Gnade l. Leibnitz Erm. 5; Musäus M. 5, 114; Opitz 1, 98 etc.; mundartl.: An Etwas l. [engl. live on]. Gotthelf Sch. 149; U. 1, 263 etc., und: Ich hätte daraus l. können. JvMüller 14, 189. Gut l. (s. wohl-l.), gut essen und trinken, ein Bonvivant sein etc.; Nichts zu l. [keinen Lebensunterhalt] haben; mundartl.: Die wollen Alle gelebt [zu l.] haben. Gotthelf Sch. 242 etc.; Ich muß, ich will auch l., das Meine verdienen; L. u. l. lassen (vrsch. b und l), für den eignen Unterhalt sorgen, aber Andern auch Etwas zufließen lassen. G. 10, 171; 11, 5; Sealsfield TrR. 1, 22 etc.
g) Jemand lebt für Etwas, widmet Diesem sein ganzes Sein, seine Thätigkeit, Sorgfalt etc.: Er lebt nur für seine Familie, für das Vergnügen etc., auch mit bloßem Dat.: Daß Die, so da l., hinfort nicht ihnen selbst l., sondern Dem, der für sie gestorben. 2. Kor. 5, 15; Der Gerechtigkeit l. 1. Petr. 2, 24; Cham. 4, 49; Lessing hatte ganz der Literatur und von derselben (f) gelebt. Danzel 314; 507 (L.); Wer | sich Knall und Fall, ihm selbst zu l., nicht | entschließen kann, Der lebet Andrer Sklav’ (e) auf immer. L. Nath. 2, 9; Die ihrem keuschen Dienste l. Sch. 23a; Hier wollen Sie, von Menschen unbehorcht, | den stillen Wünschen Ihres Herzens l. 261a; Seelen, die im Leib, nicht bloß dem Leibe l. Uz 2, 168; Wo wir .. | der Phantasie, uns selbst und unsrer Liebe l. W. 12, 48 etc.
h) vom Menschen (s. b und vgl.
a) oft prägnant, im Ggstz. zu dem bloß thierischen L. oder einem Scheinleben: mit Bewusstsein l., wirklich leben, das L. nützen, genießen (zuw. mit tadelndem Nebensinn: sich den finnlichen Genüssen zu sehr ergeben) etc., vgl. b und haben IV. 1: Das heißt nicht l., Das heißt vegetieren; Eilig gelebt, nun da es noch Zeit! wer weiß, wann der Tod kommt? | L–der, lebe! Du lebst dann auch im Tode noch fort; Schwach und hinfällig, weil er zu viel gelebt hat (s. ver-l. und nach der Analogie mit „,sein“: Der Typus eines abgelebten, zu viel gelebten Menschen. Lubojatzky Ams. 78); Hast du gelebt? hier, fremd in dieser Welt. | verträumtest du die karggezählten Stunden. Cham. 4, 186; Ich höre auf, zu l.; aber ich habe gelebt; so lebe auch du, mein Freund, gern und mit Lust. G. 9, 240; Die erste Geburt könnte man „sein“, die Wiedergeburt „l.“ nennen. Hippel Ehe 149; Besser, zu sterben, weil man lebte, als zu l., weil man nie gelebt. Hölderlin H. 1, 68; Ich lebe nicht mehr, ich athme nur, und das bloße Dasein ohne die Reize des L–s ist das einzige Band zwischen mir und der Welt. Leisewitz Jul. 27; Die’s [dies Glück] nie gefühlt, ihr lebtet nie. Platen 3, 26; Als Königin .. zu l., nicht zu scheinen. Sch. 462b; Wir l. nicht, uns träu- met | des Daseins dunkler Traum. V. 3, 216 etc. i) zuw. elliptisch, z. B.: Vorwärts l. [l–d vorwärts streben]. G. 3, 121 etc., nam. auch: Zu l. wissen [in feinen, gebildeten Kreisen], sich zu benehmen wissen, Lebensart haben, z. B. G. 11, 86; W. 10, 105. k) zuw. von Dingen, z. B.: wie l–d, wie beseelt erscheinen: Ein Porträt, Bild, eine Statüe lebt, vgl.: L. athme (s. d. 1d und 2c) die bildende Kunst! Sch. 29b etc.; Die Cither lebt’ in seiner Hand. Schlegel Gd. 1, 171 etc. Ferner: frischkräftig fortbestehn, z. B.: Sprichwörter, die in Aller Munde l.; Sein Gedächtnis, sein Andenken, das Andenken an diese That, diese That lebt im Herz, im Munde, in den Liedern des Volks, lebt übers Grab hinaus; Auch in Feindes Munde fort | lebt ihm seines Namens Ehre. Sch. 53a; Das Latein, als Volkssprache todt, lebt doch noch als Gelehrtensprache; Manche in der Schriftsprache erloschne alte Wörter l. noch in den Mundarten; In seinem Herzen lebt [glüht] reger Eifer fürs Gute; In mir lebt die Hoffnung, daß etc., u. dichterisch: Tief unter dem feuchten Gehölz lebt glimmt etc.] | langsamen Schmauch aufqualmend das Werg. V. (s. o). Volksthüml.: So Etwas lebt nicht (noch einmal), kommt im Leben nicht wieder vor, ist unerhört. Ferner: Der sonst todte Platz lebt, ist belebt, es wimmelt von Menschen; Der Käse lebt, wimmelt von Maden etc. l) im Jmper., als Ruf, womit man seine Begeistrung für etwas Gefeiertes an den Tag legt: „Es lebe unsre gnädige Frau!“ Sie lebe! G. 9, 143, Es lebe der Jäger, | es lebe sein Glück! 8, 299; Es lebe die Freiheit! es lebe der Wein! 11, 92 etc.; Lebe hoch (s. d.), wer L. schafft! 1, 99, und als sächl. Hw.: Das Lebehoch (s. wohl-l.). Dazu: L. lassen (vrsch. b und f): ein Hoch auf Etwas ausbringen. Beck Arm. 215; Freiligrath Garb. 133; Einen hoch l. lassen. G. 16, 145; W. 31, 464 etc. m) zuw. prägnant: sich lebhaft (s. d.) regen und bewegen, z. B.: Wir kaufen keine Fische, wenn sie nicht l. [zappeln]; Abgerißne Spinnenfüße l. noch eine ganze Zeit; Es lebt Alles an ihm, seine Glieder sind fortwährend in lebhafter, reger Bewegung, vgl.: Alles, was sich reget und lebet. 1. Mos. 9, 3, und nam.: L. und weben, z. B.: Das L. und Weben auf —, in und um diesen Ameisenhaufen. L. 10, 262, das Kribbeln u. Wibbeln, u. so selbst von einer großen Menge lebloser Dinge (Kartoffeln): Wo man nur den Bulten hebt, | schaut wie voll es lebt und webt. V. 3, 210; ferner: Was auf der Erde | lebet und webt. Od. 4, 418; Ehe ich noch war, lebete und webete und nichts [irgendetwas] thun konnte. Luther 8, 315b; Wie er lebt und webt [s. n]. Göckingk Lieb. 95 etc., und mit abhäng. Präpos.: In ihm l., weben und sind wir. Apos. 17, 28, unser Wesen, Thun und Wirken ruht in ihm; O Mai, was frag ich viel nach dir? | der Frühling lebt und webt in ihr. B. 13a; Sein Gott lebte und webte in ihm, sprach aus ihm, wirkte durch ihn, war der herrschende Gedanke seiner Seele. W. 18, 284; HB. 1, 22 etc.; Dann ließ er diese beiden Frauen um sich l. und weben, walten und schalten, genoß mit Behagen, daß sie für ihn lebten und webten etc. Gutzkow R. 9, 227. n) verstärkt durch die Verbind. mit leiben (s. d. Anm.): leibhaft dasein und sich regen, wirken: Wo der Fürst nur leibt und lebet | für den Unterthan. Claudius 6, 89; Auf mehrern Blättern war Mignon, wie sie leibte und lebte, vorgestellt. G. 18, 276; 31, 91; Das Bild war so herrlich gemacht, daß man meinte, es leibte und lebte. Grimm M. 30; Denn allein in seinem Zeitalter leibt und lebt er nun einmal. FHJacobi 5, 170; Leibt und lebt nicht Jhre zweite Frau in Ihrer Jungfer Tochter? L. 1, 309; 11, 746; Was in Klärchen leibt und lebet [ihr ganzes Sein] | ist durch und durch mit ihm verwebet. W. 10, 146 u. v., seltner in umgekehrter Folge: Du trachte, wie du lebst und leibst, | daß du nur immer Derselbe bleibst. G. 3, 65. o) im Partic. nicht bloß wie das Zeitwort überh., z. B.: L–de Wesen; Der L–de hat Recht. Sch. 51l etc.; Seine Schöne steht vor ihm so l–d [lebhaft, als ob sie lebte] vor ihm da, | wie er sie heut im Betstuhl knieen sah. W. 11, 174; Sich l–der Weise langsam ertödten. H. Ph. 10, 24 etc., wofür auch „lebendig“ stehn könnte, dagegen gw. nur l–d, wo es mit adverb. Best. nicht eig. Ew. ist (s. d—g): Ein noch hier l–der Zeuge; Die dort wild l–den Thiere; Ein glücklich l–des Ehepaar; Die nur für ihre Kinder l–de Mutter; Die von Aas l–den Geier etc. (vralt. freilich auch: Ein noch zu Ravenna lebendiger Poet. Garzoni 27a), und so auch in Zsstzg. (s. lebig 2): Kurzsichtigkeit des eintags-l–den Menschen. Volger EE. 237; Unter den jetzt-l–den Schriftstellern; Die kurz-l–de Lilie [s. b]. HVoß JP. 34; Der Unbestattete, ein in Unruhe schein- l–des Gespenst. V. Ant. 1, 206; In unsern schnell-l–den Tagen [in denen man schnell lebt]. Lewald W. 2, 189; Haine des späthin-l–den Ölbaums (s. b). V. Georg. 2, 181 etc. sondern auch in Fällen, wo das Zeitw. sonst nicht od. weniger üblich ist, vgl. lebendig, z. B.: L–d, von l–den Wesen gebildet, so: L–e Bilder (s. d. 2g); Kabinett für die Aufnahme l–der Akte [zum Malen]. Gutzkow R. 3, 287; Durch die l–de Gasse (s. d. 2) geführt. Sealsfield Tr. 1, 120 etc., auch: L–de Hecke (s. d. I. 1); Kastanien, die durch ihre .. Zweige eine Reihe der l–den schönsten Arkaden gebildet haben. HLessing Par. 28 etc., ferner: L–de [noch von einem Volk gesprochne] Sprache; L–des [immer frisch fließendes, Ggstz. todtes stehendes —] Wasser; Sein l–der Bach. V. 3, 56; Aus l–dem Born ihm Fluth zur Sprenge besorgen. Ov. 1, 140; L–de Brunnen. H. 2, 272; Den l–den Quell. Th. 22, 37; Grotten und l–de Teich’. Georg. 2, 469, mit Anm.: Natürliche mit immerfließenden Quellen etc.; Gottes l–de [athmende, hauchende] Winde umwehten sie. V. 3, 29 etc.; L–d Feuer giebt er rasch auf beide [Pistolen]. Talvj 2, 290, vgl. k; L–der [ungelöschter] Kalk; L–der Fels, Stein, in seinem natürlichen Wachsthum, unverwittert (s. II. 8a) oder unbearbeitet; Aus l–dem Bimstein und leichthangendem Toff. V. Ov. 1, 155 etc.; L–der Schwefel, von den Griechen feuerloser genannt, ist unser Jungfernschwefel, den man . . gediegen ausgräbt, da anderer mit Öl ausgeschmelzt wird. Georg. 221 etc.; L–d Silber [Quecksilber, Argentum vivum]. Opitz 1, 94 etc. Auch Buchdr.: L–de Kolumnentitel, Marginalien, die nicht bloß, wie die „todten“, aus Zahlen bestehen. Franke Kat. 53; 59; Buchdr. 71. p) dazu der subst. Infin.: Das L. (s. II.), und z. B. mit den adverb. Bestimmungen verschmelzend: Die Bewohner zur Eintracht und zum friedlichen Nebeneinanderleben bewegen. Fallmerayer Mor. 1, 55; Im Rasch-L. einige Lebenszeiten auslassen. Jahn V. 265 etc.; ferner in Zsstzg.: Ineinanderlebung. Rückert 1, 305, und Leber, s. be-, hinein-, mit-, wohl-l. 2) tr. (s. 1): nam. in der Verbind.: Ein (so oder so beschaffnes) L. l., z. B.: Ein elendes (Beer Arr. 156), ein seliges (Sch. 515b; W. 23, 300) L., ein begrenztes, umfriedetes Familien-L. (Heine Reis. 4, 145), ein fast klösterlich eingezogenes L. (Zschokke 1, 122), ein L. der Zerknirschung (Sch. 514b), ein L. ohne Hoffnung etc. (607b), das L. der Geister (W. 16, 194) l. [oder führen]; Raub | am Himmel ist das L., das ich lebe. Sch. 515a; 350a; L. Nath. 2, 7 etc., vgl.: In dem L., dess die Welt braucht und lebt. Luther 6, 189a, u. mehr thätig: Etwas l–d empfinden oder erfahren, darstellen etc., vgl. er-l.: Was ich jetzt lebe im Fleisch, Das lebe ich in dem Glauben des Sohnes Gottes. Gal. 2, 20; Röm. 6, 10; Ich habe es erfahren, ich habe es gelebt und doch ist es so unglaublich. Börne 1, VII; Die Alten dachten ihr L. und lebten ihre Gedanken. 2, 158; Greift nur hinein ins volle Menschen-L., | ein Jeder lebt’s. G. 11, 9; Das Herz, es ist munter, es regt sich, es wacht, | es lebt den lebendigsten Tag in der Nacht. 10, 279; Wo diese Schaar .. sel’ge Zeiten (s. u.) lebt. 35, 109; Der Deismus lebt, lebt sein lebendigstes L. Heine Verm. 1, 73; Eine Freiheit, die Schiller freilich mehr gelebt als gedichtet hat. Palleske Sch. 1, 254; Wie selten l. wir das eigne L.! | halb wollen wir der Vorwelt Spuren folgen etc. Schefer Laienbr.; Ich versetze mich gern in den Frühling unsrer Liebe, ich sehe die Veränderungen und Verwandlungen, ich lebe sie noch einmal. FSchlegel Luc. 211 etc.; Agathobulus lebte die Weisheit, die er lehrte. W. 17, 104; Philosophie zu l. [statt sie zu deklamieren im L. darstellen etc.]. HB. 1, 40. Ferner zuw.: Eine Zeit l., ver-l., verbringen; Des Volks, das mit Spazieren den Tag lebt. G. 5, 65. 3) refl.:
a) mit Angabe der Wirkung, Dessen, was man durch das L. wird: Verleumdung, daß der Mensch als Sünder geboren werde .., er lebt sich zum Sünder. Fichte 7, 421; Immermann 12, 318, vgl.: Alles in der Welt lebt sich einmal zu seinem Gipfel hinan. 221; Sich satt l. JvMüller 6, 373, vgl. lebenssatt; Der Dichter [Goethe] empfand damals das verzehrendste Leben, aber er war stark und lebte und dichtete sich frei von den innern Bedrängnissen [im Werther]. TUlrich Nat.-Z. 14, 95.
b) selten: Daß die Könige sich [= ihr Leben, s. 2] wenigstens ruhig zu Ende l. konnten. H. Ph. 13, 203.
c) unpers.: Es (s. d. 7) lebte sich seit der letzten Begebenheit still. Fouqué 8, 106; Es lebt sich bei der großen Wärme aufs angenehmste darin [in dem Saal]. G. 24, 66; Kosegarten Rh. 2, 38; Um wie viel schöner es sich lebt dort oben. Platen 4, 258 etc.
Anm. Goth. liban, ahd. lëbên, mhd. lëben; statt des subst. Infin. galt ahd., mhd. lip (m. und n.), unser „Leib“, dessen urspr. Bed. noch erhalten ist in der tautolog. Verbind. Leib und L., s. auch 1n; ferner in: Leib-Gedinge, -Zucht, -Rente [auf Lebenszeit] etc., s. Wackernagel Gl. 360.
Zsstzg. z. B.: b-:
1) tr.:
a) Etwas a. zu Ende leben, vgl. aus-l. 1a, ver-l.: Daß ich der Wahrscheinlichkeit zufolge mindestens zwei Drittel meines Daseins abgelebt. Lewald Leb. 4, 10; Einem, der seine Zeit abgelebet. Olearius Ros. 1, 45; Daß wir unser Leben gar nicht für uns einrichten und a. sollen. Tieck N. 6, 18; [Ich, Tanne, hab] gar manchen Winter abgelebt. Waldis Es. 2, 28 etc.; In abgelebten [vergangnen] Zeiten. G. Stein 1, 25 etc.; Auf diese Weise hatte der Oheim sechs bis sieben der kurzlebigen akademischen Generationen an sich ab- und herunter gelebt. Immermann 12, .. .; Ein Ereignis mit a., als Augenzeuge Dessen Verlauf sehn, wie er-l.: den Eintritt.
b) zuw. nach Analogie von abbezahlen, abbüßen etc.: Wenn man Das an seinem armen Körper a. soll. Tieck 5, 88.
2) refl.:
a) (s. 1a) Die Tage seiner Sklaverei lebten sich endlich ab [gingen zu Ende]. Spindler Stadt 1, 4; Indessen giebt es Zustände, die sich a., Verhältnisse, die endlich ohne Kampf gleichsam aus Altersschwäche sterben. ASchlichtkrul Lat. Mag. 407.
b) (s. 1b) sich lebend abzehren, durch das Leben schwächer werden, von einer Pers.: Tieck 9, 193; auch: Die Landeshoheit, der Nachsprößling des Feudalismus, hatte sich rasch abgelebt und heruntergebracht bis zu hohler Herrscherei auf der einen Seite und bis zur Knechtschaft auf der andern. Immermann 12, 325.
3) intr. (sein): gw. nur im Infin. und Partic.:
a) von dem Leben scheiden, sterben: Nach seinem A. [Tode]. G. 39, 165 etc.; Ich möchte ihn nicht gern getödtet, aber abgelebt. Sch. 112b etc. Zuw. sich mit b berührend (s. d. und ableiben, ver-l. 3a). —,b) (s. 2b) durch das lange Leben schwach u. matt sein, nam. im Partic. abgelebt, vgl. verlebt (3b), das oft die Schwäche in Folge des zu raschen, den Genüssen zu sehr ergebnen Lebens bez., doch z. B. auch: Der Typus eines abgelebten, zu viel gelebten Menschen. Lubojatzky Ams. 78 etc.; Die .. die Wunde mit ihren abgelebten Augen anstarrt. Eschenburg Sh. 567; Schien aber, seines hohen Alters ohnerachtet, noch nicht abgelebt zu sein. Forster R. 1, 250; Ein alter abgelebter Krieger. G. 31, 102; Zelt. 1, 441; Zween abgelebte Kater | quälten sich ihm beizustehn. Lichtwer 33; 140; Uz 2, 87; W. 27, 331 etc. Auch: Handelt .. mit abgelebten [alten] Hosen. Heine Rom. 45; Reis. 3, 109; Diese abgelebten Redensarten. B. 283: Eine alte abgelebte Perücke. Rabener Br. 295 (vgl.: In einem lebenssatten Zeugrocke. 297); Bei andern abgelebten Moden. Uz 2, 87 etc. Seltner: Auf ihrem Siechbett die a–de Nichte. G. 27, 204, sich mit a berührend: die hinscheidende. C) zu a und nam. zu b: Die Abgelebtheit.
Än-:
1) tr.: Sich Etwas a., in dem oder durch das Leben aneignen: So trat er endlich mit der Gestalt, die er sich angelebt hatte, vor das Publikum hinaus. Devrient 3, 362; Aus angelebter zweiter Natur. 7; 2, 149 etc.
2) intr. (vralt.): anfangen zu leben, zum Leben erwachen. JRiemer, s. Grimm. Āūf-:
1) intr. (sein):
a) lebend aufwachsen: Aus der Knabenzeit . . lebt man so- .. gläubig, wenn auch lächelnd, auf. Monatbl. 1, 543b (König). Gw.:
b) A., wieder a., zum Leben (wieder) aufwachen, (wieder) lebendig werden; Vom Tod, vom Scheintod a.; Die erloschne Hoffnung, das gesunkne Vertrauen, Handel, Künste und Wissenschaft sind mit dem Frieden wieder aufgelebt; Wenn ich dir ins Auge sehe, | leb’ ich auf. Heine Rom. 70a; Daß das Vaterland noch einmal auflebe. Klinger 2, 120; Als er aus dem Nichts auflebte. JvMüller 1, 425; Zu reicherer Entfaltung a. etc., auch unpers.: Desto feuriger lebt’s [der Gedanke etc.] in mir auf, | dich als Gemahlin in mein Haus zu führen. Sch. 232a etc. Das A.; Geschichte der Kunst von ihrem Verfall bis zu ihrer Auflebung. G. 24, 67.
c) (s. b) Jetzt aber schien die Ruhe aufzuleben. Schelling (Hungari 2, 379), es lebendig, laut zu werden.
2) tr.: nam. (Maler.): Ein Gemälde a., auffrischen; seltner sonst = a. machen. Klinger 1, 316. Aūs-:
1) tr.:
a) Eine Zeit a. (s. 2), zu Ende leben (vgl. ab-l.), meist mit dem Nebensinn des Ruhigen, Ungestörten etc.: Diese Woche will ich noch in vollem Fleiße hier a. G. (Riemer G. 2, 521); Hier könnte die Tage des irdischen Seins a. | ruhig . . ein Herz, nach Stille begierig etc. Platen 2, 217; Dreißig Jahre haben wir | zusammen ausgelebt und ausgehalten. Sch. 379a; Hier möcht’ ich mit dir a. das Alter. V. Ländl. 2, 493; Der des Lebens Abend hier in selbstgepflanzten Schatten | verlebte, wie Sully und Harley den ihrigen ausgelebt hatte. W. 15, 3; 5, 184; 18, 26; 22, 150; Ihre natürliche Zeit a. 8, 232 etc., doch auch: Es würde kein Mensch einen rechten Winter a. können, wo er sollt’ ohne Feuer sein. Luther 5, 468a etc. Auch: Das unausgelebte Talent [das noch nicht ausgelebt hat, nicht zu einer erschöpfenden Ausbildung gelangt ist], sagt man, ruft die Todten zurück. ASchlichtkrull Lat. Mag. 387.
b) lebend ausprägen, darstellen, s. heraus-l.: Nur ein Leben leben wir aus in manchen Gestalten. H. 16, 36; Goltz 1, 18 etc.
2) intr. (s. 1a): zu Ende leben: Sie würden länger gelebt oder doch heiterer ausgelebt haben, wenn etc. Diefenbach Nov. 1, 66; Wenn ich ausgelebt habe. W. 6, 119, nach meinem A., Ab-L., Tode; Sein A. schmerzhafter machen. G. 14, 111 etc.
3) refl., z. B. (s. 1a und 2): seine Lebens-Lust, -Kraft erschöpfen (vgl. sich austoben): Er fühlte, daß seine Leidenschaft sich ausgelebt hatte. Frese G. 2, 109 etc.; durch das Leben sich ausbilden, sich abschleifen etc., auch (selten): Eine Völkerschaft lebt sich unter der größern Menge aus. Jahn V. 331, verliert ihr Wesen, ihre Eigenthümlichkeit etc. Be-, tr.:
1) (vralt.) er-l.: Ich habe doch belebt, daß etc. JG Müller Lind. 4, 308; Simplicissimus 2, 18.
2) mit Leben erfüllen, lebendig machen, eig. u. übrtr. (vgl. ent-l.):
a) Erschaffen und B. G. 4, 8; Das Abgestorbene zu b. 18, 235; Diese Gesinnung . . belebt die herrlichste Hoffnung. 5, 11; In Hoffnung, daß der Frühling bald Alles noch reichlicher b. würde. 15, 4; Die thätige Mutter belebt im Ganzen die Wirthschaft [als Seele des Ganzen]. 5, 68; Was mich dazu belebt [animiert, angeregt] hat. 17, 202; Der Hauch verliebter Weste | belebt [bewegt] das Laub. Haller 96; 98; Ein Leben glaub’ ich, das Alles belebt. Platen 3, 8 etc.
b) nam. auch: Wieder, frisch, neu b. etc., z. B.: Des Feuers Macht aufs Neue zu b. Cham. 4, 54; Die du .. Todtes neu belebest. G. 6, 54; Kaum wag ich es zu sagen, welch Vergnügen | in eurer Gegenwart mich neu belebt. 13, 115; 15, 10 etc.
c) refl.: (s. a u. b) lebendig (lebhaft) werden, sich mit Leben füllen: Als mein Verhältnis zu Schillern sich belebte. G. 40, 422; Alles will sich mit Farben b. 11, 40; Jch seh sie vor mir, die Erinnerung | belebt sich wieder. Sch. 506a etc.
d) im Partic.: Belebt, mit Leben, mit lebenden Wesen erfüllt, erregt, lebendig, lebhaft: Du bist von den belebten Seelen, | die zur Empfindlichkeit geneigt. Camtz 129; Das Nesseltuch, durch die Farbe der halbaufgerollten Bänder belebt [gehoben]. G. 16, 2; Weil der Marmor, der belebteste, dasteht todt. 31, 6; Als belebte Wolken, . . Insektenschaaren. 13, 313; Die Fürsten, von den Fortschritten Gustav Adolf’s belebt, behaupteten ihre Rechte. Sch. 926b; Flügel, deren Glanz belebet | unter beiden Himmeln schwebet. Weckherlin 378; Indem die Musik des belebten Waldes erwachet. Zachariä Tag. 3 etc., und Zsstzg. z. B. (s. b): In neubelebter Froheit. G. 6, 48; An frischbelebter Vorwelt heitern Blicken. 88 etc., auch: Allbelebt; Muthbelebt [von Muth belebt]. Hun- gari 1, 666; Volkbelebte Gassen (Sch. 78b), Städte (592a) etc., und der Ggstz.: Unbelebte [leblose] Dinge. Lichtwer 92; Ich lebe, wie die Schweizer sagen, ein sehr unbelebtes Leben. FNicolai (L. 13, 50). Niederd.: Belebt, nicht unbelebt sein, Lebensart haben.
e) zu d: [Lieder] von mehr Sinnlichkeit und Belebtheit. Gervinus Lit. 3, 254; Rosenkranz (Kant 1, X) etc.; Die Allbelebtheit der Erdoberfläche. Humboldt K. 1, 369; 371 etc.
f) Be- e nder Hauch etc.; verstärkt: Die herrlichen Gestalten der unendlichen Welt bewegten sich all-l–d in meiner Seele. G. 14, 61; Den all-b–den Strahl [der Sonne]. W. 11, 7; 20, 94 etc.
g) Der Beleber des Muths, der Hoffnung etc.; Die Beleberin Erde. V. 3, 18; Die Griechen Sanders, deutsches Wörterb. II. nannten die Nacht die Muthbeleberin. HVoß JP. 65 etc.
h) Die Belebung der Künste und Gewerbe. W. 6, 56; Der Dogmatism .. ist ein Polster zum Einschlafen und das Ende aller Belebung. Kant SW. 1, 652; Kummer über die ausgeschoßne Belebung [das l–de Wild] dieser Wälder. Gutzkow R. 1, 268 etc.; Die Wiederbelebung der für todt Gehaltenen. G. 18, 340; 26, 259 etc. hin-l., intr. und tr. (ver-l.): Wenn das Volk in glücklichen Tagen dahinlebt. G. 5, 19; Die harmlos d–en Wesen. Gutzkow R. 6, 87; Die zwei Tage wurden nützlich und heiter dahingelebt. Hartmann Unst. 1, 128; Gedankenlos und wohlbeleibt d. bis ins höchste Menschenalter. Heine Reis. 4, 219; Aus dem stumpfen D. Perthes Leb. 2, 43; Selig .. haben die Menschen ihre Tage dahingelebt. Stahr Rel. 28. I. Dúrch-, tr.: eine Zeit oder Etwas darin von Anfang bis zu Ende leben (s. II.): Männer, welche die letzten 50 Jahre durchgelebt [oder durch gelebt]. Börne Frz. 71; Zeitbegebenheiten, Zustände, welche das Publikum selbst durchgelebt hatte. Devrient 2, 181; Die Revolution durchgelebt und durcherfahren. Ense Denkw. 1, 51; Wie ein sorgenloses Thier hat er | sein langes Menschenleben durchgelebt. Gleim 6, 180; Göckingk 2, 158; G. 12, 117; Schlegel Rich. II. 4, 1; Wolfsohn 2, 34 etc., zuw. auch: Etwas lebend durchdringen, durchgenießen, z. B. (mit zweifelhafter Betonung, s. II.): Jch will den nächsten Winter den Haupttheil von Deutschland d., durchsehen und durchhören (s. d. II.). Heinse K. 1, 385; Jtalien muß ich sehen und d. Klencke Stolb. 1, 339 etc. II. Durch-, tr.:
Dahín-:
1) = I. nur als innigere Zsstzg.: Innern und äußern Jammer zu d. Gervinus Sh. 1, 41; Einen heitern Tag nach dem andern zu d. G. 6, 325; 13, 94; Ein durchlebter Tag. 14, 209; Durchlebte Situationen. 132; Ein so bedeutend durchlebter Zustand. 24, 106; 18, 242; 27, 65; Kl. M. 2, 164; Daß du 35 Jahre glücklich durchlebt. JvMüller 6, 25; Musäus M. 1, 106; Sch. 14b; Steffens Erl. 5, 187; Thümmel 8, 10; W. 28, 79 u. o. In manchen Fällen bleibt die Betonung (s. I.) zweifelhaft, z. B.: Das erst d. zu müssen, was einem solchen Tode vorangeht. Tieck A. 1, 169 etc.
2) mit Leben durchdringend erfüllen: Weil die Bildsäule Mensch und ganz durchlebter Körper ist. H. 11, 323. Eī-: selten tr.: Einem Etwas e., durch das Leben einprägen, z. B.: Daß ein Lehrer den Grundsatz obiger Vermaledeiung die Kinder erleben lässt, dadurch daß er denselben ihnen vorlebt, daß er den vertrauensvollen gutmüthigen Schafen diesen Grundsatz einlebt. Diesterweg Red. 30, gw. refl.: Sich (wo oder in Etwas) e., sich durch das Leben darin eingewöhnen und heimisch machen, sich hinein-l., z. B. Cham. 5, 30; Danzel 52; Gervinus Lit. 5, 394; Goltz 3, 25; Holtei Ob. 1, 317; Monatbl. 1, 539b; Mügge Silt. 1, 190; Prutz E. 3, 174 etc.; auch mit sachl. Subj. (s. u.): Ein Volksgebrauch, der sich seit undenklichen Zeiten in die Gemüther einlebte [darin ein- und damit verwuchs etc.; meton.: in den die Gemüther sich eingelebt]. Auerbach SchV. 137. Auch im Partic. mit „sein“: Man ist [hat sich] in die Hundsfötterei schon so eingelebt. Goltz 3, 53; Daß er Sie, die reiche Erbin, .. in bestimmte Kreise eingelebt, verhinderte etc. Freytag DW. 474 etc., u. meton. (s. o.): Solche tief eingelebte Zustände. Devrient 2, 209; Das neue Leben bedurfte längre Zeit, um eingelebt zu werden. Diefenbach Nov. 1, 86. Ferner: Ein um so vollständigeres E. in diese Sphäre. Danzel 11; Die Einlebung in eine fremde Literatur. 5. Empōr-, intr.: lebendig emporsteigen, vgl. auf-l.: So aus dem Tode lebt das Leben neu empor. Rückert BE. 113. Ent-, tr.: (selten) des Lebens berauben, vgl. entseelen, entleiben etc.: Jetzt trugt ihr Steine zu und wolltet ihn e. Fleming 6; Jene entlebten [getödteten] Thiere zube-l. [durch die Kunst lebendig nachzubilden]. G. 22, 22; Weckherlin 53; 57 etc., und refl.: Nimmermehr so sehr du dich | entlebest und entleibst [dich dem Leben und dem Leiblichen entziehst], | entringst du dich, entschwingst du dich | aus seinem [des Leibes] Bau hinaus. Daumer 1, 64. Entgêgen-, intr.:
1) durch das Leben einem Zustand etc. entgegengehn, sich nähern: Einem ewigen Leben jenseits des Grabes (Fichte 7, 395), ewiger Belohnung (Geßner 1, 185), dem Tod (87) e. etc.
2) Einem Befehl etc. e. (Ggstz. nach-l.), zuwiderhandeln, so auch: Dagegen weder selbst zu handeln, noch Jemand . .. einige Entgegenlebung derselben zu gestatten. Erbvergl. Beil. 85. Er-:
1) tr.:
a) Eine Zeit oder Etwas in der Zeit e., so lange leben, bis man das Genannte eintreten und wirklich werden sieht, insofern man zu diesem Eintretenden in einer Lebensbeziehung steht oder gedacht wird; Ach, daß ich den Abend e. möchte! etc. 5. Mos. 28, 67; Die Gerechten werden ihren [der Gottlosen] Fall e. Spr. 29, 16; Klag. 2, 16; Wer erlebet, daß er seinen Feind untergehen sieht. Sir. 25, 10; Freude an seinem Kind e. [erfahren]. 30, 1; Meine Tage sind geflohen und haben nichts Gutes erlebt [eintreten sehen]. Hiob 9, 25; Fühlt sich das Herz doch freudig gehoben, diese Zeit noch mit erlebt zu haben. Auerbach Tag. 4; Eine Neugeburt in allen Dingen zu e. Kühne Fr. 189; Eine solche Malice ist gar nicht erlebt worden [ist unerhört]. Sch. 196b; Das Fest . . ist erlebt [da, ist begonnen]. Thümmel 2, 124; Die Früchte des Gepflanzten nicht mehr e. etc. Auch: Daß man an ihm nie ’was Anders als einen handwerksmäßigen, kleinlichen Kupfer- ätzer e. könnte. Merck’s Br. 1, 219, daß er nie etwas Andres werden könnte etc. Auch mit schärfrer Betonung der Wirklichkeit des Obj. oder der lebhaften Beziehung des Subj. zu dem Geschehenden, der thätigen Betheiligung daran: Der frisch erlebte, was ich träumte nur. Freiligrath Garb. 112; Eine Krönung mit Augen zu e. [zu sehen]. G. 20, 17; Was Freunde mit und für uns thun, ist auch ein Erlebtes, denn es stärkt und fördert unsre Persönlichkeit; was Feinde gegen uns unternehmen, e. wir nicht, wir erfahren es nur, lehnen’s ab und schützen uns dagegen. G. 3, 329 etc. (s. b), vgl.: Statt jener wahrhaften Theologie, wodurch der Mensch Gott in sich erlebt [Gott in ihm lebendig wird]. Falk G. 293. Mehr mund- artl. auch: Eine Person etc. e., mit ihr im Leben zusammentreffen und in Lebensbeziehungen treten; Solche Leute habe ich noch nie erlebt [gesehn, sind mir noch nie vorgekommen]. Gotthelf Sch. 253; Er starb vor meiner Geburt, aber mein ältester Bruder erlebte ihn noch als Knabe. Kerner Bild. 38; Ihn allen Fürsten vorgezogen, welche er gesehen oder erlebet. Luther SW. 61, 323 etc., vgl.: Ein schönes Hans, wie er .. noch keines erlebt [angetroffen]. Hebel 3, 173 etc.; ferner st. über-l.: Viel Väter haben ihr’ Söhn’ erlebet. HSachs G. 1, 117.
b) durch das Leben sich aneignen, erwerben: Die Leibesbildung .. will mehr erlebt als erschult sein. Raumer Päd. 3, 1, 217; Ich habe die deutsche Sprache mehr erlebt als erlernt. Steffens Erl. 5, 28.
2) (mundartl., vralt.) im Partic.: Erlebt, nicht bloß passiv (1a), sondern auch aktiv (vgl. erfahren) von Pers., die viel erlebt haben: Sie bezeichnete sich selbst gern nach einem landläufigen Ausdruck als eine „alt erlebte Frau“. Auerbach Barf. 69; Ein alter, erlebter, betagter Mann. Berlichingen 252; Schaidenreißer 64a; 65b; 77a U. o.
3) selten intr. oder vielmehr (s. 1a) mit Auslassung des Obj.: thätig leben mit Sinn für das Geschehende, um sich damit in Beziehung zu setzen: Es ist ein heiliges Gebot, daß man allüberall den Spuren der Schönheit folge und daß der Lebende erlebe. E. nur ist Leben und es kommt uns nicht Alles ins Haus und auf die Stube. Hartmann BB. 341, vgl.: Lessing’s Methode . ., weil sie selbst auf einem E. beruht und ein E. ist, denn wo wir e. sehen, da e. wir unwillkürlich mit. Danzel 36.
4) dazu (selten): Der Erleber (s. 1a) dieser neuen Konfession. Immermann M. 3, 400; Des Gesanges, | den vollendend ich der Erlebungen seligste fühlte. Kl. M. 16, 212, s. Erlebnis. 5) Doppelzsstzg.: Etwas mit-e. G. 32, 339; Hackländer Tag 2, 266; Es mit ab-e., zu Ende; Etwas nach-e., nachträglich, nachfühlend etc.; Die auf dem Wege dichterischer Nacherlebung über Horaz gewonnenen Einsichten. Danzel 241 etc. Fórt-, intr. und tr.: fortfahren zu leben, weiter leben, das Leben fortführen, lebend fortdauern: Sie werden gleichwohl f. nach ihrem Geiz. Hes. 33, 31; Das Ganze der in Gesellschaft mit einander f–den Menschen. Fichte 7, 381; G. 17, 200; Ramler F. 3, 89; In Feindes Munde fort | lebt ihm seines Namens Ehre. Sch. 53b; Das nackte Leben f. Tieck NKr. 2, 302; So lebte ich denn meine Verdammnis fort. N. 5, 48; Vom F. nach dem Tode etc. Zuw. im Partic.: Alle volksthümlich fortgelebte [fortentwickelte] Völker. Jahn V. 377, s. auch weg-l. Ge-: vralt. st. leben, s. Adelung etc. und z. B.: Fischart B. 234; Ryff Th. 196; 234; Stumpf 547a; Waldis Ps. 119, 18 etc. Hêr-, Hín- etc., intr. und tr., z. B.: Vor sich (G. 15, 311); dunkel (10) stille (13, 162) vor sich; so leidlich (26, 104); in stiller Bescheidenheit thätig (Zelt. 3, 455), unbesorgt (Immermann M. 1, 104), ganz angenehm (Platen 7, 132), frei (Sch. 519) hin-l.; Daß er noch lang’ hinleb’ [sein Leben hinschleppe] und schreckliche Qualen erdulde. V. Od. 22, 177 etc.; Einen Tag nach dem andern kümmerlich hingelebt. G. 9, 371; So leb’ ich .. | die schwarzen Tage traurig hin. Nicolai 1, 27; W. 10, 154 etc.; Der hingelebte [verlebte] Sünder. Seume Gd. 75. Das Fleisch hab’ ich Alles herab- gelebt [von den Knochen]. Claudius 4, 35. Sie, nur ein Jahr jünger als ich, hatte mein ganzes bewußtes Leben mit mir herangelebt [heranwachsend erlebt]. G. 21, 13; 32, 339. Es soll der Gegenstand selbst in sich zur reinen Form herausgelebt [lebendig heraus entwickelt, s. ausl. 1b] werden. Danzel Aufs. 141; Less. 236; Es ist ihm vergönnt gewesen, sein unsterbliches Theil schon hier auf Erden so rein und herrlich herauszuleben. Prutz DMus. 1, 2, 621 etc. Resultat eines über die Hälfte hinaus gelebten thätigen Lebens. H. Ph. 13, 343; Gräber leben über längst begrabene Völker hinaus [über-l. sie]. Jahn V. 360. In den Tag (G. 10, 198; Gutzkow R. 1, 365), in die Welt (Merck’s Br. 2, 68), ins Gelag, in alle die Herrlichkeit (Tieck 16, 7) hinein-l. etc.; Trugschlüsse der In-den-Taghinein-Leber. Jahn M. XXVII; auch refl.: Sich in Etwas hinein-l., ein-l., lebendig versetzen, z. B. Auerbach Dicht. 1, 110; Holtei Lammf. 1, 114; OLudwig Himm. 49; Rüstow gK. 265; Schleiermacher 3, 2, 221; Die große Virtuosität, mit welcher der Briefsteller sich in eine fremde Natur hineingedacht, hineingeschrieben, hineingelebt hatte. Steffens Malk. 2, 318 etc., auch: Sich in das Invalidenhaus hineinl. JP. Fat. 2, 131, sich durch seine Lebensweise hineinbringen. Wenn er in diese Zeiten herüber gelebt hätte. Gervinus Lit. 5, 673; Ich mag gern mit dir in das folgende Jahrtausend hinüber-l. G. 19, 347; Schubert Nachts. 382 etc., und refl.: Meistern, die sich aus einer ältern Periode in unsere Zeit hinübergelebt haben. Vogt Oc. 2, 219. Das eben erwachte Gefühl, hervorgelebt [lebendig hervorgegangen] wie auf Schöpferruf aus der Urleere. Jahn V. 419; Die neuerdings hervorgelebten Wörter Volksthum etc. M. 15 u. ä. m. Lōs-, intr.: Drauf l. W. 29, 154, ins Gelag hin leben etc., s. los. Míss-, intr.: Schmach mußte Der leiden, der ihnen mißlebte [nicht zu Willen lebte etc.]. H. 13, 155, vgl. 8, 458, auch: leben, wie es nicht sein sollte, nam.: Das M. Mít-:
1) intr.: gemeinsam leben etc.: Mitzusterben und mitzuleben. 2. Kor. 7, 3; 2. Tim. 2, 11; Glückliche Verbindung und frohes M. hoffend. G. 19, 141; Der dem . . in Deutschland aufgegangenen Tag m. [mit Andern sein Leben widmen] wollte. Gervinus Lit. 5, 599; Ein frisches Mit- und Nach-L. Danzel 44 etc. Nam. oft: Die M–den [Zeitgenossen, zu denen man in Lebensbeziehungen steht oder gedacht wird]. G. 27, 298; 30, 36; 33, 169; Die Verdienste früherer u. m–der Männer. 162; Sehen wir um einen vorzüglichen Mann sich . . M–de, Mitwohnende, Mitstreitende versammeln. 39, 69; 156; Humboldt K. 2, 398 etc. Selten: Nicht alle Zeitgenossen kennen ein Mitleber. Jahn M. 317.
2) tr.: mit er-l.: Er hatte die ersten begeisternden Bewegungen derselben mitgelebt. König Kl. 1, 171; [So] leben wir die Sache gleichsam mit. Tieck (HKleist Hint. XXXIV.). Nāch-:
1) intr.:
a) zur Richtschnur des Lebens und Handelns machen, z. B.: Ein einziges Buch . ., dem Verfasser nachgefühlt und nachgelebt. Gutzkow R. 7, 35, nam.: Einem Rath (G. 2, 250), einer Vorschrift, einem Gebot etc. n.; Dieser Versicherung n. Sch. 834a; Dem, was er mir gebot, buchstäblich nachzuleben. W. 20, 104; Dem, was sie ihm befiehlt, getreulich nachzuleben. 11, 259 etc.; Die genaue Nachlebung befohlen. Erbvergl. Beil. 79 etc.
b) im Leben nacheifern etc.: Der in Armuth | gleichen will dem Reichen, | n. ihm in aller Weis | mit Hoffahrt, Pracht etc. HSachs G. 2, 108.
2) tr.: Etwas n., es (das Vorgelebte) lebend reproducieren: Ein frisches Mit- und N. Danzel 44, 40 etc., vgl. als Hw. (s. II. Zsstzg.): Das N., das auf das erste Leben folgende. Jahn V. 144; Seinen auf immer abgeschiednen Freuden [durch die Erinnrung] ein kurzes N. zu verschaffen. G. 16, 85, vgl. Vor-L. Über-:
1) tr.:
a) Etwas ü., es er-l. u. darüber hinaus leben; Jemandes Tod oder Jemand ü.; Der Kranke wird die Nacht, den Schreck, Schmerz, Verlust nicht ü. (s. ver-l. 1d); Er hat seinen Ruhm überlebt (s. 2), diesen noch bei seinen Lebzeiten vergehn sehn, zu lange für seinen Ruhm gelebt; Daß man gerade da, wo auf die Regel am entschiedensten und meisten gedrungen wurde, dieselbe zuerst vollständig durchlebte und also als solche überlebte. Danzel Gottsch. 269; Wer die Revolution überlebt hat. G. 33, 114; Sie stirbt in der Geburt, der Schmerzensohn überlebt sie. 20, 166; Der .. Viel gesehn, gehört, erfahren und überlebt hat. Gutzkow Unt. 2, 2, 352a; Selbst den Tod überlebte seine Liebe zu dir. Sch. 124a; Schon öfters überlebte Tugend die Ehre. 190a; Das sei der herrlichste Tod, den man durch einen herrlichen Namen .. überlebe. Zinkgräf 1, 167 etc.
b) ugw.: Wenn er gleich .. hätte so langes Leben, daß er viel Jahr überlebete [über lebete]. Pred. 6, 3, vgl.: [Die Sonne] rückt und weicht, der Tag ist überlebt [zu Ende]. G. 11, 45.
c) Die hier neben mir ihr Leben von Neuem überlebt [es überdenkend, in der Erinnrung gleichsam noch einmal lebt oder durchmacht] und gewiß ernsthafter als das erste Mal. JP. 3, 35.
2) refl. (s. 1): Sich ü., zu lange leben und dadurch die Lebenskraft einbüßen; Er hat sich und seinen Ruhm, sein Ruhm, diese Einrichtung hat sich überlebt; Hast dich an den Lebkuchen (s. d.) überlebt. Kurz Weihn. 83. Dazu das adjekt. Partic.: Ein überlebter Greis; Zeichen moralischer oder physischer Überlebtheit. Auerbach Dicht. 1, 189; Daß er im Alter der Überlebung [in dem die Meisten sich ü.], im 86. Jahre sagen durfte, was nicht viele Menschen außer ihm, daß er seinen Ruhm nicht überlebt, sondern stets mehr erlebt habe. Gervinus Lit. 5, 719; 373. Ugw. aber: Wenn ein Fürst sonst überlebet [gestorben]. Brockes 9, 55.
3) intr. (s. 1): In seiner Gruft ruhn meine Leidenschaften | und in mir überlebt sein ernster Geist [dauert nach seinem Tode fort]. Schlegel Sh. 6, 357. I. Um-, tr.: lebend umgeben: In Allem, was ihn jetzt umlebet. Sch. 24b. II. Um-, tr. (refl.): lebend umgestalten: Das Leben lässt sich nicht wieder u. Jahn (Pröhle J. VIII.). Ver-:
1) tr.: lebend, mit dem Leben, durch Lebensgenuß vergehn machen (a—c und 3), z. B.:
a) Eine Zeit v., hin-, zubringen mit Angabe des Wie, Wo etc.; Seine meiste Zeit, seine Abende im Theater, im Wirthshaus, im Kreis der Familie v.; Wie haben Sie den Winter auf dem Lande verlebt?; Froh, unschuldig verlebte Jahre etc.
b) Er zog sich zurück, um seinen Schmerz zu v. Frese G. 2, 90, ihn durch die Thätigkeit des Lebens zu verwinden.
c) Wem die Natur diese Gabe [die Haare] versagt oder wer sie verlebt [durch das Leben, nam. durch unmäßigen Lebensgenuß verloren, s. 3b]. Börne 4, 220.
d) mehr mundartl.: Denke nicht, daß deine | treue Zaida Das .. verlebt. H. 8, 364 = überlebt.
2) intr. und refl.: mit dem Leben zu Ende gehn (selten, s. 3): In dem Schoße der großen Mutter empfangen wir Kräfte | auszuwirken uns selbst und zu v. damit. H. 16, 35; Alle verlebte (s. 3b) oder sich bald v–de Nationalreligionen. Ph. 10, 77; [Daß ex] doch endlich v., vergrauen .. müsse. Schubarth G. 2, 314 etc.
3) das adjekt. Partic.: Verlebt (vgl. ab-l. 3):
a) (s. 1) vergangen, entschwunden (zuw. sich mit b berührend): Wie fröhlich fühlt das Herz | dann verlebte Leiden. H. 16, 104; Auch dein Traum von schönen Menschengestalten ist verlebt hienieden. Ph. 13, 120; Unsre Sprache zu dieser verlebten Jugendstärke zu verjüngen. 46; Aus einer verlebten [alten, vergangnen] Geschichte. R. 7, 313; Das ganze verlebte [vergangne, vorige] Jahrhundert. Ph. 10 130 etc., und mehr mundartl. = todt: Der mitlebenden oder kurz verlebten [vor Kurzem verstorbnen] .. Schriftsteller. Wurm Spr. 68; Verlebte Sprachen. 78 etc.
b) von aufgezehrter Lebenskraft, s. a, 1c und ab-l. 3b: Der Blasé [heißt] ein Verlebter .., die deutsche Sprache ist ehrlich grob. Auerbach SchV. 222; Ich [die aus dem Schattenreich wieder ins Leben her- aufgeführte Helena] scheine mir verlebt und doch so neu. G. 12, 201; Was drüben blüht, was drüben strebt, | ist für die Andern hie, | als wär’s verwelkt längst und verlebt [todt, s. a] | oder geboren nie. Grün Gd. 332; Ein verlebter Mensch, der Kraftlosigkeit für System ausgiebt. Iffland 5, 1, 16; Mich alten Schüler und nu fast einen verlebten Doktor. Luther 6, 351a; Verlebte Greise. Novalis 1, 75 etc. Dazu: Verlebtheit. Kapper Vorl. 2, 164; Meißner Sans. 2, 162 etc. Vōr-, intr.: z. B. früher leben: Die V–den. Thümmel 7, 17, vgl. mit-l.; Hatte ihm, dem Wildfang, als ein Genie im Lernen vorgelebt. IP. 21, 114, lebend ein Muster gegeben, auch: Einem Etwas v., s. ein-l. Bei Campe auch = das Leben vorweggenießen. Auch als Hw. (vgl. Nach-L.): Das eigentliche Leben des Künstlers beginnt erst mit seiner Thätigkeit als solcher .. Alles, was er vorher gelebt, ist V., Zustand des Werdens, der Entwicklung. Kapper Vorl. 1, 8. Wég-, tr.: durch das Leben weggehn machen oder verlieren (fort-l.): Bei solchem langen Gängeln mußte der größte Theil sein eigenthümliches Wesen w. und eine abgerichtete Gliederpuppe werden. Jahn M. 98 etc., auch: Die aus der Weiblichkeit weggelebten Menscher [die ihre Weiblichkeit verloren]. V. 405. Wōhl-, intr.: wohl (s. d.), so wie man es wünscht oder wie es wünschenswerth ist, leben, z. B.:
a) in Bezug aufs Sittliche: Nur der hat wohlgelebt, der wohl gestorben ist etc., oder auch die Gesundheit, das Wohlsein (s. c).
b) am häufigsten aber, wie auch „gut leben“, ein Leben reich an Sinnengenüssen führen, sich gute Tage (s. d.) machen, sich schmausend, schwelgend etc. Nichts abgehen lassen: Der du spielst, wohllebst, müßig gehst. Iffland 9, 1, 136; [Andre], so fröhlich singen und w. Luther 5, 21a etc., oft im substant. Infin.: Mein eigentlich W. aber ist in Früchten. G. 23, 28; Nicht nur der Schwelgerei, sondern auch dem W. abgesagt. Iv Müller 13, 175; Ein W. oder einen Hochzeitsschmaus anstellen. Musäus Ph. 4, 105; Stumpf 708b; Ich will lieber meine alten Knochen abnagen vor Hunger .. als W. die Fülle verdienen mit einem Todtschlag. Sch. 131b; Hang zum Müßiggang, zum W. und zur ungebundensten Befriedigung jedes thierischen Triebes. W. 9, 185 etc., danach auch zuw.: Seine Seele athmete ein W. [Lust, Befriedigung etc.], darüber er Alles, sogar das Essen vergaß. Pfeffel Pr. 2, 166 etc. Ferner: W–de Leute. Stiling 1, 79 = Lebemänner (s. d.), und dazu (vgl. Bedeutend, Anm.): Die kriegerische Rauhigkeit der Meder mit der persischen Wohllebenheit vermischen. Moser, ferner: Der Wohlleber, als Campe’- sche Verdeutschung für Bonvivant, s. auch sprchw.: Sparmund und Übelleb dem Wohlleb sein Haus abkauft. Schottel 1145b.
c) nam. im Jmperat.: als Wunsch beim Abschied: Leb(e) wohl!; Leben Sie wohl!, auch: Ich wünsche Ihnen wohlzuleben etc., und als sächl. Hw.: Das Lebewohl, –s (uv.); –s, uv.: Giebst du mir ein flüchtiges Lebewohl. G. 9, 239; Nun jedem Unglück sage fern ich Lebewohl. WHumboldt 3, 52; Der Morgen des Lebewohl war gekommen. König Kl. 3, 252; Die Lebewohls. Mügge Chev. 3, 179; Zum letzten Lebewohl. Sch. 34a; Einem, der Schule, den Studien Lebewohl sagen etc., davon Abschied nehmen. Zurück-, refl.: sich mit seinem Leben zurückversetzen, z. B. in vergangne Zeiten. Gervinus Lit. 5, 271; Klencke Stolb. 1, 104 etc., seltner intr.: Wenn ein Landeskreis nur in seine Geschichte zurücklebte. DMuseum 1, 2, 51 etc., s. unter Zsstzg. von II. Rückleben. Zusámmen-, intr.: gemeinsam leben: Ein inniges Z., u. ä. m.