Laune
II. Lāūne, f.; –n; –n-:
1) die Gemüthsstimmung und deren Außrungen, namentl. insofern sie mit dem Augenblick wechseln oder sich in Seltsamkeiten und Wunderlichkeiten kund geben, auch von personific. Ggstdn, z.B. vom Glück, Schicksal, Wetter, April etc.: Gute, heitre, frohe, rosige, rosenfarbne, rosenrothe etc., schlechte, üble, trübe, düstre etc., wunderliche, seltsame, krause, tolle, wechselnde L. etc.; Guter L. oder in, bei guter etc. L. sein, bleiben, Einen erhalten; Der an diesem Morgen just bei guter L. war. 12, 8; Als ihn der Sultan in einer von seinen guten L–n, holen ließ. 9, 2; Er findet | die Dame wach und in der besten aller L–n. 20, 109; Ich komme in nicht gar zu guten L–n [gw. Ez.] zurück. Nachgel. 63; Dann tranken sie mit ihm und wurden froher L–n. Rost. 94a und als Gallicism: Unterhielt ihn von guter L. [de bonne humeur]. 5, 246 etc.; In einem seltsamen Anstoß von sultanischer L. 8, 263; In böse L. fallen. 19, 69; Wie verließen Sie | den König? „In der fürchterlichsten L.“ 304a; Er ist heute in der L., Alles zu verschenken, — Alle zu ermorden etc.; Wohl hundert L–n, kraus und hold, | umflattern täglich meine Traute, | bald singt und lacht, bald weint und schmollt | .. sie. 19b; Reich an tollen L–n. 1, 161; Ich fülle [schöpfe] | gern frohe L. 1, 149; Die üble L. fährt ... ungefragt in jeden Erdensohn. 153; Das giebt so melanchol’sche L. 6, 58; Daß hiebei . . Manches einer augenblicklichen Stimmung seinen Ursprung verdankt. . .. Indessen wird man einige L–n auch wohl einer ernsten Sammlung verzeihen, zu einer Zeit, in der ganze wetterwendische Bücher mit Vergnügen aufgenommen werden. 39, 5; Die Wandelbarkeit unserer L–n. Rh. 3, 329; Daß sie jetzt Männer, jetzt Weiber sein wollen und deß keine gewisse Zeit wissen, wenn sie die Laun ankommen wird. 8, 217b; Wenn in einer lauen | Minute eine sechzigjähr’ge Regel, | wie eines Weibes L., schmilzt. 307a; Meine Mutter, die seine wunderlichen L–n beherrscht. Cymb. 4, 1; In diesem Selbstgespräch war etwas üble L. | Man weiß, sie malt die Dinge gern ins Braune [personif.]. 12, 38; Gute L., Fröhlichkeit, | Muthwille selbst. 44; Ergießung einer fröhlichen, schalkhaften, muthwilligen, satirischen L. 34, 237; Xanthippe .., ihrer sauren L. ungeachtet. 23, 221 etc. —
2) auch ohne Zusatz:
a) L. (als Ez.) = gute L., z. B.: Bei L. sein; Seine L. heiterte auch mich zuletzt auf; Drauf ging’ ich ganz gewiß, | hätt’ ich nicht so viel L., | bräch’ [Drckf.: brächt’] ich mir nicht gar manche Lust vom Zaune, | lacht’ ich nicht da, wo keine Seele lacht. 6, 60; Wenn mich die L. treibt, |. so schreib’ ich dir. 62; Die größten Komiker auf der Bühne sind im Leben unumgänglich; die L. vor den Koulissen ist nur die momentane Erstickung der Launen (s. b) hinter ihnen. Bl. 1, 325 und personif.: Eil’, o Nymph’, und bring herbei | Jugendlust und Schäkerei | Laun’ und Poss’ und lose Tücke. 4, 148. —
b) tadelhaft = böse, mürrische, wunderliche, grillige L., Unmuth, Verdruß etc.: Seine L. verbittert seiner Umgebung das Leben; Die L. des Verliebten. 7, 1; Man erlaubt | sich eine L., ungezähmter wirkt | die Leidenschaft und so verletzen wir | am ersten Die, die wir am zärtsten lieben. 13, 171; Willig trug ich ihre Laun’ und Laue. Rh. 3, 352 etc. und so nam. mit Mz.: Auf meinem stillen Rasen | mir L–n einzublasen, | den Meister will ich sehn. 3, 226; Die L–n nehmen überhand | . . Oft werden aus den L–n.Grillen (s. d.). 12, 37 etc., auch von personif. Dingen: Die L–n [Wechselfälle] des Schicksals, des Glücks erfahren; Der Hunger ist ein scharfer Gast, | der Schlaf hat seine L–n. 3, 210; Der April mit seinen kleinen L–n und winterlichen Rückfällen. R. 7, 480 etc. Von (Haus-) Thieren z. B.: Das Pferd hat die L., nicht in den Stall zu gehn etc. und so nach = Hundsseuche. —
3) die Gabe, sich leichtbeweglich in schnellstem Wechsel in die verschiedensten und wunderlichsten Stimmungen zu versetzen, nam. von Schriftstellen und Darstellungen: L., das Talent, sich willkürlich in eine Gemüthstimmung versetzen zu können, in der alle Dinge ganz anders als gewöhnlich, sogar umgekehrt, und doch gewissen Vernunftprincipien in einer solchen Gemüthsstimmung gemäß, beurtheilt werden. Ich erinnere zugleich, daß ich Humor, wo ich das Wort übersetzen will, durch L. gebe, weil ich nicht glaube, daß man ein bequemeres in der ganzen deutschen Sprache finden wird. 4, 338, vgl. dagegen die unter „Humor (2)“ angeführte spätere Stelle 8, 416; Der naive Humor oder die L. Ästh. 1, 459 ff.
Anm. Aus lat. luna, Mond, nach seinem Wechsel, ahd., mhd. lüne, vgl. frz. avoir des lunes; prendre quelq’un dans sa bonne (mauvaise) lune etc., wie auch: Einfluß [des Monds] auf die Lunigte[n], die sog. Mondsüchtige[n]. 4, 202; Lünig [wetterwendisch]. G. 313; 343 und in der Basler Bibel von 1523 „mönig, lunig“ als Erklärung des „ausländigen“ mondsüchtig. Mundartl.: Wie der Herr den Laun hat. G. 249; Ihr böser Laun. G. 2, 98, f.
Zsstzg. z. B.: Maiköpfchen mit April-L–n [wetterwendische wie der April]. Heine Reis. 3, 209; Daß der Herr Gemahl seine Bären-L. hatte [die brummische, vgl. Brummbär]. Musäus M. 1, 20; Ich bin nicht in der Gebe-L. heut. Schlegel Rich. III. 4, 2; Auf Gut- und Miß-L. des Lehrers. Jahn M. 303; Daß mir selbst wieder die drolligste Kinder-L. im Gemüthe aufstieg. Heine Reis. 3, 99; Wer kann für Mädchen-L–n stehn? W. 11, 222; Miß-L. [üble Laune, Mißmuth]. Böttiger Sab. 247; PHeyse Nov. 158; Tieck N. 4, 92; V. H. 1, 33 etc.; Nachdem ich .. mich jedem Wechsel ihrer Sultans-L–n | mit Sklavendemuth unterwarf. Sch. 422b; 412b; Dergl. Entflammung .. gab unvermerkt wieder einem Mißwollen und einer Übel-L. Raum, welche tief in seinem Gemüthe lagen. Rahel 1, 24 (Ense) etc.; Wechsel-L. [wechselnde, s. Aprils-L.].; In einer Wein-L. [vom Wein angeheiterten Stimmung]. Immermann M. 2, 334; Iffland 3, 3, 108; Wenn Ihr Vapeurs und Wetter-L. [die böse vom Wechsel des Wetters abhängende] und Spleen | .. weg aus dem deutschen Busen lachtet. Gotter 1, 17, ferner = April-L. u. ä. m.
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