Faksimile 0044 | Seite 42
Faksimile 0044 | Seite 42
lau
II. Lāū, a. –est:
1) thauwarm; von milder, gelinder Temperatur, so daß es thaut, nicht friert etc.: L–es Wetter; L–e Luft (Cham. 3, 155; G. 1, 241; W. 10, 84); In dieser feucht-l–en Luft. König Mar. 1, 106; L–er Wind. Freiligrath Garb. 120 etc., z. B.: West. G. 1, 96; Seume Gd. 63 etc.; Süd. Freiligrath 1, 408 etc.; Fahrwindl–es Gesäusels. V. Od. 5, 268; Alle Lüfte säuseln l–er. Salis 54; L–er Regen. 80; Wo sind | die Wintertage l–er. W. HBr. 1, 165, auch: Ein stilles Thal . ., | l. wie der Hain, wo etc. W. 12, 227. Ferner (s. 3): Was ist ein Vorsatz, was Beständigkeit, | was Männertreue, wenn in einer lauen | Minute eine 60jähr’ge Regel | wie eines Weibes Laune schmilzt? Sch. 307a.
2) (s. 1) ein wenig warm, nicht heiß: Das Wasser, die Milch ist l., l.-warm; Sein Purpur färbet sich mit l–em Bürgerblut. Haller 49; Ich soll zuerst ins Bad, ob’s l. ist oder heiß. Müllner 6, 180; Von blauen Äderchen im l–en Schnee [im weißen warmen Körper] durchirrt. Nicolai 1, 240 etc.
3) übertr., Ggstz. von heiß (s. d.) oder warm (vgl. kalt 2): nur wenig Feuer (s. d. 5f), Eifer, Theilnahme habend, matt, flau, unentschieden etc.: Offenb. 3, 16; L–er und gleichgültiger. Forster Br. 1, 478; Unser Kurfürst wird l. gegen die gute Sache. 2, 140; L–e Unparteilichkeit. Heine Verm. 1, 13; Mit immer l–er Liebe. Kosegarten Po. 2, 177; L, ist schlimmer noch als kalt. L. Nath. 5, 5; Da deine Liebe l. geworden. Platen 2, 65; L–er kämpfen. Reithard 92; L–e und flaue Empfindungen. Tieck NKr. 2, 385; Die Gemsen ziehen matt die Beine nach sich, sie sind „l.“ Tschudi Th. 366 und Kohl A. 1, 54 ff.; Träg und l. W. 10, 63; Daß der Wärmemesser | von seiner Liebe bis auf l. | zu fallen droht. 12, 38 etc. Auch: In Etwas l. (11, 246), zu l. (West Dian. 2, 6) sein, Einen l. machen (Hebel 4, 82), = gleichgültig etc.
Anm. Ahd. lâo, mhd. (Gen. lâwes), vgl. Lawine, Anm. Dazu:
1) das Abstr. = das Lausein: Willig trug ich ihre Laun’ und Laue [ahd. lâwî]. Kosegarten Rh. 3, 352, öfter: Mit einer sträflichen Lauheit getrieben. Freytag Soll 1, 236; Lauheit, die man uns wollte angemerkt haben. G. 19, 140; Zu der Lauheit und der Flauheit | deiner Seele. Heine Reis. 1, 64 etc. oder: Lauigkeit. Forster Br. 2, 338; H. R. 7, 86; König Kl. 3, 158; Die Lauigkeit gegen Dasselbe. L. 6, 448; Lichtenberg 3, 130; W. 17, 33; 23, 58 etc.
2) Lauen, intr. (haben): lau sein oder werden, z. B.: Das Wasser lauet noch ein wenig. Adelung; So es anfacht „lawen“ [anfängt zu lauen], so feim die Unsauberkeit oben ab. Büchsenmeisterei 16 etc., auch = thauen, s. Schm. 2, 406 und veralt.: Fiel er ihm ins Angesicht ohn Laugen [Zögern]. HSachs G. 2, 85 etc., häufiger: Erlauen, intr. (sein): lau werden, z. B.: Nichts gewöhnlicher als das Erlauen und Erkalten in einem nur wenig vorgerückten Alter. Forster Br. 1, 403; Kosegarten Rh. 3, 329; Als das junge Jahr erlaute. 380; 2, 36; Po. 1, 292; 294 etc.; [Da] war die Hitze schon erlau’t. Rückert Mak. 1, 160 etc. und tr.: Fern von der Sonn’ erlauendem Strahl. Kosegarten Rh. 3, 89 etc.
3) Laulich, a. = lau: Ein laulicher Wind. G. 1, 275; Benetzt von dem laulichen Wogenschwall. Platen 2, 211; Aus der Quelle geschöpft, ist der Trunk noch eins so erquickend als aus dem laulichen Weiher. V. Myth. 1, 23, vgl. Gd. 3, 56; Den wir sauber | wuschen in laulichem Wasser. Od. 24, 45 etc. und übertr.: Lieber eiskalt als laulich! H. R. 7, 223; Allenthalben eine Mattigkeit, ein lauliches Wesen. Mendels- sohn 4, 2, 167; Daß das Wohlwollen um so schwächer und laulicher werde. Sch. 764b; Der die Partei des Hofes nur laulich nahm. 846b; So laulich, so zerstreut. W. 11, 166 etc.; Laulich t. Matthesius Pr. 105 etc. Dazu: Laulichkeit. Gotter Sch. 113; Hausbl. (58) 2, 147; Klinger F. 6; Kl. M. 10, 292.
4) Lauling, m., –(e)s; –e: ein lauer Mensch, Indifferentist.