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Lappen
I. Láppen, m., –s; uv.; Läppchen, lein; -:
zunächst ein schlaff und weich herniederhängender Theil eines Körpers, so:
1) Anat.: Hauptabtheilungen mehrerer Weichgebilde, durch tiefe Einschnitte bewirkt (lobus): Die L. (Flügel) der Leber, Lunge, Schild-, Brust- Drüse etc.; Zwei ziemlich der Quere nach sehr tiefgehende Windungen, wodurch die Hirnkugeln in drei große L. geschieden werden. Oken 4, 52 etc.
2) (s. 1) ähnl. im gw. Leben: Ein Mundlappe [schlaff hängender Mund]. H. 11, 309 etc.; auch (vgl. Flügel 2a) = Nasenflügel, z. B.: Die Unbestimmtheit, Unvollendung des Nasläppchens. Lavater 1, 105 etc.; der untre Zipfel des menschlichen Ohrs, z. B.: Ich legte ihm zwei Ringe .. an die Ohren; die Ringe .. klemmten das Läppchen. G. 28, 58, s. Ohr-L., dagegen weidm.: L., die hängenden Ohren eines Hunds (vgl. Behang); ferner die niederhangende Haut unter dem Schnabel mancher Vögel, z. B. des Hahns, Truthahns etc.: L., Bart-, Fleisch-, Kehl-, Schnabel-L. etc., s. II. 3a.
3) (vgl.
1) Botan.: L. (Lobus), ein breiter, durch Bogenlinien, die nicht über die Mitte eindringen, begrenzter Pflanzentheil, s. auch Samenlappen und lappig 3. 4) zuw. ein niederhängender Theil der Kleidung, z. B. = Bäffchen (s. d.): Wie gerne setzt’ ich ihm nicht Sonntags immer seine Läppchen zurecht! Gutzkow Bl. 1, 91; ferner: Daß sie ihnen Läpplein machen an den Fittigen ihrer Kleider. 4. Mos. 15, 38 etc., s. Brust-L. 5) nam. aber gw.: ein abgerißnes Stück Zeug, Flicken, Fetzen, eig. u. übrtr., z. B. sprchw.: Niemand flicket ein alt Kleid mit einem L. von neuem Tuch; denn der Lappe reißet doch wieder vom Kleid etc. Matth. 9, 16 etc. u. v., z.B. G. 39, 377; Einem ernsten viel- | versprechenden Gedichte hier und da | wie einen Purpur-L. angeflickt [s. d.], | der weithin glänzen soll. W. HB. 2, 200 (vgl. V. H. 2, 352; W. Luc. 1, 38); Vogt Köhl. 5 etc.; ferner z. B.: Welche ausgerissene L. [s. 9] aus meinen Briefen hatte der kunstreiche Schneider der königl. preuß. Staatszeitung von 1820 seinem schönen Rocke der mannigfaltigsten Buntheit nicht auf- und eingenäht. Arndt Ber. XI; Schneiderherberge .. Säle voll L. und Fetzen. G. 25, 259; L., die der Schneidermeister in die Hölle [s. d. 1c] fahren ließ. Hackländer Stillfr. 1, 38; Phantasie, die aus Tausenden zusammenträgt .., Bettlerarmuth, Lumpen [s. d.] und L. und kein ganzes Stück. Heinse A. 1, 285; Eure L. | und Klappen an antike Rumpfe pappen. Rückert 6, 66; Zu übler Kleider Besserung, | daß sie alte L. neu aufstutze. Mak. 1, 65; Kotzebue .. schneidert und näht nach Herzenslust mit Benutzung alter L. und Flicken. FSchlegel DM. 3, 80; Viel bunte Flitter flattern fort, | ein Läppchen hier, ein Läppchen dort. Simrock; Die Gesellschaft, aus L. von verschiedener Güte und Farbe zusammengesetzt und die du mir wohl nicht zumuthen wirst in eine Musterkarte [s. d.] zu bringen. Thümmel 6, 149; Behängt mit bunten L. Werner Osts. 1, 24; Was .. wie L. eines zerrissenen wollichten Nebels an mir niederwallt. W. 27, 393 etc. S. Lappländer 2; auch verächtl. Bez. eines Kleids etc.; auch ein Stück weichen Leders, z. B. sprchw.: Lässt man ihm [dem Hund] das Läpplin, so wird er fortun lernen das Leder fressen (vgl. Riemen). Luther SW. 56, 60 etc., so auch von Filz und ähnl. Stoffen und übrtr. wie „Wisch“ etc. verächtl. Bez. eines Briefs etc., z. B.: „Nun heraus mit den L.!“ Der Andere reichte ihm stumm die beiden Ordres. Höfer Leb. 245 etc. 6) weidm. (s. 5): an einer Leine in Zwischenräumen befestigte Streifen Leinwand (Tuch- oder Tücher-L.) oder wehende Federn (Feder-, Fleder-, Flitter-L.), die aufgestellt werden, um das Wild zurückzuscheuchen. Döbel 2, 29 f., vgl. Blendzeug. Dazu: Durch die L. gehn: vom Wild, das zu sehr forciert doch aus dem verlappten Bezirk über die Feder-L. fällt. Laube Brev. 271, und danach übrtr. sprchw., z. B.: Sie ging, vorsichtiger Natur, | ihm immer durch die L. [entging, entwischte ihm]. Thümmel 8, 40 etc. 7) Schiff. (s. 5):
a) auf den Rheinschiffen = Segel: Der Schiffer hat alle L. beigesetzt. Bobrick; Lappmann, der auf einem Rheinschiff die Aufsicht über die Segel führt. ebd.
b) (vgl. Flicken, der auf Etwas gesetzt wird) schützende Verdopplung, s. Buß- und Stoß-L. 8) Schlachter. (s. 9): dünne aus Bauch und Wanst des Rindviehs gehackte Stücken Fleisch. 9) (s. 5) mundartl., ver- allgemeinert = Fetzen (s. d.), Stück, z. B.: Riß einen ordentlichen L. Kruste und Krume [Stück Brot] ab. vHorn Schmj. 185; Mit dem Häuschen und meinen paar Läppchen Land. rhD. 2, 52 etc.; Schnee-L., schneebedeckter Fleck. Kohl A. 2, 288 etc. 10) Uneig. auch (in techn. Anwendung) metallne Hervorragung, nam.
a) Maschin.: beim Beschlag an den Armen eines Kehrrads vorragende Stücke zur Befestigung des Kranzes.
b) Schlosser.: das ausgeschweifte, verzierte Ende eines Kofferbeschlags; der im Holz steckende Theil eines Thür- oder Fensterbands, s. Fisch 4.
c) Sporer.: vorragende Verzierung an der Stange des Pferdezaums.
d) Uhrmach.: L., Spindel-L., die Plättchen oder Flügel an der Spindel, die, in die Zähne des Steigrads greifend, die „Hemmung“ bewirken, s. einlappen 5.
e) Wasserb.: an eisernen Wasserröhren die vorragen- (7 den Ränder, mittels deren zwei Stücken durch Schrauben an einander befestigt werden können etc.
Anm. S. Labbe, Anm. Ältre Form: Lappe, z. B. bei Luther (s. 4); Döbel 2, 30a (zu 6); H. (2) etc.
Zsstzg. vgl. die von Flicken (Hader) etc., Tuch, z.B.: Bārt- [2]. Brúst- [4; 5]: ein die Brust bedeckender Lappen, Brustfleck (s. Fleck 2c), vgl. Jammer-L. Brústdrüsen- [2]. Būß- [7b]: eine Verdopplung von Planken vorn am Bug der Grönlandsfahrer. Fä́rbe(r)- [5]: Tournesol-, Schminkläppchen, leinene mit dem Saft einer Pflanze (Chrozophora tinctoria) getränkte Lappen, die zum Schminken dienen oder dienten, s. Karmarsch 3, 538. Fêder- [6]. Fêge- [5]: Wisch-L. Filz- [5]: 1) ein Lappen, Stück Filz. 2) = Filztuch, ein leinenes Tuch, worauf die Hutmacher die Haare filzen (s. d. 1). Flêder- [6]. Flēīsch- [2]. Flíck- [5]: Seiner Rede solche bunte und närrische F. ankleistern. Spate 1, XVIII.
Flítter-:
1) [5] ver- ächtl. Bezeichn. für Flitterstaat. 2) Feder-L. Frēūndschafts- [5]: verschiedene Lappen als Abfall von dn Kleidern etc. Befreundeter, die man zusammenstückt und so als buntfarbiges Ganze verwendet (s. Flicken- oder Lappendecke), z. B.: Einen Ridiküle von sogenannten Freundschaftsläppchen zusammengefügt. Immermann M. 3, 282. Gēīfer- [4; 5]: Geiferlatz (s. d.). Grōß-: Art Flügelschnecke, Strombus latissimus, Breitlippe. Haūt-: lappig niederhängende Haut, z. B. [2]. Hérz-:
1) der muskulöse Anhang der Vorkammern des Herzens, Herz- Ohr.
2) [5] ein nam. Wickelkindern übers Herz gelegter Lappen. Hírn- [1]. Jámmer- [4; 5]: verächtl. Bez. eines Vorhemdes, gleichsam als eines jämmerlichen Lappen, der das Oberhemde ersetzen soll. Kêhl- [2]. Késsel-, Küchen- [5]: in den Küchen zum Anfassen des Kessels, Ruß-L. etc. Klêbe-: sprchw.: Einem ein Klebeläppchen („Kleblebichen“. Olearius Ros. 593) anhängen, etwas Nachtheiliges nachsagen. Lêber-[1]. Lúngen- [1]. Múnd- [2]. Nās(en)-:
1) [2].
2) verächtl. statt Taschentuch, Rotz-L. Öhr- [2]: Am linken O. Sch. 175a; Das Mädchen erröthete bis an die Ohrläppchen. W. 9, 80; Er war verloren, | hätt’ ihn nicht Sonnemon noch beim Ohren- | Läppchen gezupft [mahnend, erinnernd]. 10, 229 etc. Púppen- [5]: kleine Stücken Zeug, insofern sie zu Puppenkleidern zu brauchen sind. Púrpur- [5]. Rótz-: Nasen-L. (2). Rūß-: Kessel-L. Sāmen- [3]: Kotyledonen. G. 36, 20. Schárlach- [5]: 23, 83 etc., s. Purpur- L. Schēūer- [5]: altes Zeug zum Scheuern und Aufwischen. Schmácht-: (mundartl.) Hungerleider: Sch., bleibe mir .. vom Leib! Grabbe Herm. 80. Schmīēr-: schmieriger Lappen etc. z. B. als Bez. eines geschmierten, gesudelten Gemäldes. Thümmel 6, 146 etc. Schmínk-: Färbe-L. Oken 3, 1589. Schmūh- [5]: Zeugabfälle, die der Schneider seinen Kunden entziehend für sich behält. Schnābel- [2]: Truthähne mit närrisch rothen Sch. Heine Reis. 3, 125. Schnēē- [9]. Schnēīder- [5]: Abfälle der Schneiderwerkstatt. Schūh-:
1) [5]: Lappen zum Abwischen des Schuhzeugs. 2) [5] ein Flicken des Schuhzeugs, vgl. Schuhlapper und dann: (geflicktes) Schuhzeug, nam. in der sprchw. Wendung: Sich auf die Sch. [Socken, Strümpfe] machen, gehen, davon gehn. Spindel- [10d]. Spinn- [5]: (Reepschläg.) wollner Lappen, den der Hanfspinner in der Hand hat, durch die der Faden läuft, um sie vorm Wundwerden zu schützen. Spūl- [5]: Wasch-L. Stōß- [7b]: St. des Marssegels, Toppdopplung als Schutz vor dem Schamvielen oder Scheuern durch den Mars. Trócken- [5]: Ein halb Dutzend Spül-, Wasch- und T. Hackländer Tag. 1, 286. Wásch- [5]:
1) Lappen zum Abwaschen in der Küche etc.
2) übrtr. von 1: eine Person ohne Thatkraft, ein schlaffer Mensch: Ein karger wohl charakterisierter, charakterloser W. Cham. 5, 78, vgl.: Was nennt der waschlappige Jacobi Stolz? Dorow 1, 111 etc. Wísch- [5]: Lappen zum Abwischen. Zēūg- [5] u. ä. m.