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künstlich
Künstlich, a.:
1) auf Kunstberuhend, von Kunst zeugend, durch Kunst hervorgebracht etc. oft im Ggstz. des Natürlichen, Naturgemäßen, Echten, Wahren, Einfachen etc., z. B.: der Natur nachgebildet, als Ersatz des Natürlichen (unecht): K–e Haare, Zähne, Gebisse, Nasen, Mineralbrunnen, Diamanten etc. Ferner: Linné’s k–es Pflanzensystem, im Ggstz. des natürlichen, insofern es sich für die Klassifikation auf einige willkürliche Merkmale beschränkt etc. Ferner im Ggstz. des Einfachen, sich ohne viele Kunst gleichsam von selbst Ergebenden, z. B.: Das k–e Jahr, das aus vielen astronomischen Beobachtungen genau berechnete, im Ggstz. des natürlichen, das ohne größre Schärfe von einem Frühlingsanfang bis zum andern gerechnet wird, so auch: in seinen Theilen und in dem Zusammenhang, in der Verbindung derselben nicht einfach (kompliciert): K–e Maschine, Verschlingung der Fäden, Einrichtung, Eintheilung, Berechnung etc., übertr.: Ein k–es Lügengewebe, K–e Ausflüchte, Entschuldigungen etc., (vgl. Kunst 1b), auch oft in dem Sinn des Gekünstelten: K–e Akrosticha, Spielereien, Wendungen etc. Ohne Nebensinn wendet man statt k. lieber: kunst-voll, -reich etc. an, z.B.: K–e Nachahmungen der kunstvollen pindarischen Oden etc., vgl. auch: Der künstlerische Sinn liebt Einfachheit, der k–e Überwindung vieler kleinen Schwierigkeiten etc. : Cherubim sollst du daran machen k. [kunstvoll]. 2. Mos. 26, 1; 28, 6 etc.; Ihm schöpferisch ein bilden, was sie ihm früher nur k. angebildet. Börne 3, 37; Ein Gott versagte mir die Kunst, | die arme Kunst, mich k. [ohne Einfalt, voller Künste, Ränke] zu betragen. G. 2, 32; Nun werdet Ihr, | Natürliches und K–es, nicht mehr | einander widerstreben, sondern stets vereint | der Bühne Freuden mannigfaltig steigern. 6, 354; Wendung und Ausdruck kunstvoll, ja mitunter k. 31, 110; Alle Werke der Natur sind zugleich im höchsten Grade k. Man nennt aber zum Unterschiede Dasjenige schlechtweg k., was nicht natürlich zugleich und bloß durch willkürliche Mittel, insoweit sie zu einem Endzwecke übereinstimmen, entstanden ist. Mendelssohn 4, 2, 213 etc. 2) von Pers.: Kunst oder Künste besitzend, gewandt, schlau, fein: Wie ein k–er Dieb oder Zauberer .. die Füße aus den Ketten herauszieht. G. 16, 44; Wir sind viel k–er als Sie denken, wir haben die Auflösung des Räthsels, noch ehe es uns aufgegeben wurde, schon zu Papier gebracht. G. 17, 311 etc., s. un-, viel-, tausend-k.
Zsstzg. s. die von Künstig etc., z. B. Scheide-k. oder -künstig, als Verdeutschung für chemisch; Ihr meß-k–er Geist. IP. 3, 10, vgl. Wiß- oder weis- (Schottel 1102) k., mathematisch u. ä. m.; ferner z. B.: Schön-k–e Akademien [der schönen Künste]. H. 13, 265; Naīvetät, welche unsre .. über-k–e Zeit kaum mehr richtig aufzufassen im Stande ist. Schelling 2, 2, 299; Tausend-k. [2]: s. tausendkünstig. So wird das Ganze .. immer noch lästig unerfreulich und als zierdelos un-k. erscheinen etc. G. 21, 208; auch [2]: Die übrigen un-k–en Menschen [Nicht- Künstler], Handwerker oder Bauern. Wackenroder Kl. 183; Die Viel-K–e [2: Spinne]. G. 2, 36; Den wunder- k–en [wunderbar k–en] Panzer. B. 212a u. ä. m.