Faksimile 1053 | Seite 1045
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Kuh
Kūh, f.; Kühe; Kühchen, lein; -, (Küh-):
1) das ausgewachsne weibliche Rind: Die K. brüllt, blökt, brummt, muht, drumst etc.; Die K. rindert, lässt den Stier zu, ist trächtig, kalbt, bekommt ein Kalb; Die Kuh giebt Milch; Eine milchende K.; Die K. wird gemelkt; Gelte K.; Fette, magre Kühe; Die K. schlachten etc. Vielfach sprchw. (s. auch Kalb), z. B.: Die Kuh milcht durch den Hals [nach dem Fressen richtet sich der Milchertrag]. Landwirthsch. Zeit. (55) 1146a; Die [Weide-] K. frisst mit 5 Mäulern ebd., zertritt 4mal soviel als sie frisst etc.; Gott beschert die K., liefert sie aber nicht am Seil, das Glück will benutzt sein; Nichts ohne Arbeit; Wem die K. gehört, Der fasst sie beim Schwanz an, Jeder nimmt sich des Seinen wacker an, vgl.: Wenn’s zu thun wäre um die K., wer die sollt beim Schwanz nehmen, d. i., wenn’s zeitlich und weltlich Gut beträfe. Luther 8, 6b etc.; Die K. am Schwanz (s. d.) zäumen. Gotthelf Sch. 308, die Sache verkehrt anfassen etc.; Bei Nacht sind alle Kühe schwarz, alle Katzen [s. d.] grau, z. B. G. 12, 19; Man heißt keine K. Bläßlein (s. d.), sie habe denn ein Sternlein, kein Gerücht ohne etwas Wahres; Etwas ansehen (Luther 5, 500b), angaffen (Waldau N. 2, 157), anglotzen (Gotthelf U. 2, 232), anstarren (B. 466a) etc., wie die K. das neue Thor, mit dummer Verwunderung; Eine K. für eine Kanne (s. d. Anm.) ansehn, besoffen sein; Ehe die K. kalbet (s. d.), Gäste auf den Kalbskopf laden, vgl. Bär 4; Was nutzt der K. Muskate? z. B. Gutzkow R. 1, 344; Weidner 370 etc., vgl.: Seine Perlen vor die Säue werfen; Sprach von der Poesie wie eine K. von der Muskatnuß. Keller gH. 2, 371 etc.; ferner (mit Anspielung auf 1. Mos. 41, 2 ff.): Hätte doch unser Landmann in reichen Jahren so gedacht! denn jetzt werden ihm die magern Kühe wohl Alles verschlingen. Niebuhr Nachgel. 88; Die Almanache sind nicht alle fett, die magern Kühe treiben ihr Unwesen. HVoß JP. 96 etc. Ferner: Er melke seine K. nie an nur einem Püppi, eine gute K. müsse vier Striche haben. Gotthelf Sch. 307 (vgl. Arme Maus, die nur ein Loch hat etc.); Schamlos, wie eine kuhrothe K., die auch nie röther werden kann. G. 304; Solche Kühe seien das lustigste Metzgen [alte reiche Verwandte beerben etc.] U. 2, 341; V. der tauben K. fressen [in der größten Noth sein, nach frz. manger de la vache enragée]. 307 etc.; Das mag eine K. oder Sau mit ihren Klauen an der Wand greifen [s. d.]. Luther 6, 9a, ist mehr als handgreiflich klar; Er ist .. in der heiligen Schrift fertig, behende und läuftig, wie eine K–e auf dem Nußbaum od. eine Sau auf der Harfen. SW. 26, 38 [ganz das Gegentheil]; Einem ist sie [d. Wissenschaft] die hohe, die himmlische Göttin, dem Andern | eine tüchtige K., die ihn mit Butter versorgt. Sch. 96a; Saufen wie eine K., s. Zarncke Br. 330a etc.
2) zuweilen Bezeichn. einer dummen oder viehischen Person etc., z. B.: Als der Arzt fort war, sagte sie, eine solche K. [ein solches Vieh, ein solcher Dummkopf etc.] sei ihr noch nie vor die Augen gekommen. Gotthelf U. 2, 218; 244; Hebel 3, 237; Epikurisch worden, die .. zuletzt lauter Küh u. Säu werden u. also auch hin sterben. Luther 5, 368b.
3) Blinde K. (– –, und zuw. m. uv. Ew., als Zsstzg.: Bei der Blindekuh. Schlegel Haml. 3, 4), s. blind 1c.
4) Kinderspr.: Die Frühlingssprossen des Schilfrohrs in den Marschen ... dienen unter dem Namen Kühlein den Kindern als Spielzeug. Körner Sch. 3, 321, ebenso: Tannen-K. = Tannenzapfen. Rückert Mak. 2, 59, vgl. Bä, Anm., s. auch Gottes-K.
5) zuw., wo keine Verwechslung mit 1 möglich, auch von dem Weibchen einiger bestimmten andern Thiere, nam. des Hirsches (s. d. 1): Der Hirsch hat seine Kühe | zum Waldrand schon gebracht. Freiligrath 2, 199; 1, 237; Wenn ein heißer Hirsch mit seinen Kühen zieht. Nicolai 3, 55 etc. gw. in Zsstzg. (s. d.).
6) K., goldtragende K. in Goldwäschereien ein schräges Gerüst aus ungehobelten Brettern zum Auswaschen des Goldsands.
Anm. Ahd. chuo, mhd. kuo, vgl. lat.-celt. ceva, skr. gaus (Rind). Vrkl.: Kühlein, z. B. Hebel 3, 466; 467; Heine Reis. 1, 169; Rom. 267; Rückert 1, 156 etc. Als Bstw. gw. Kuh-, doch z. B. Küh-Fladen. Fischart B. IVa; -Horn. G. 26, 157; -Hirt. Kohl A. 2, 26; -Recht. Zinkgräf 1, 144 etc. Veralt. Ew.: Ein kühisch Saufen. HSachs G. 2, 102. In Bed. 6 vgl. Kaue, Anm.; doch auch die auf Goldwäschereien gedeutete Sage vom goldnen Fließ.
Zsstzg., nam. zu 1, was unbez. bleibt, z.B.: Antelōpen- [5]: Forster Sak. 92.
Bāūer-: Er hörte schon den Klang der nahen Bauerkühe. Lichtwer 88, Dorf- K., vgl. Stadt-K., vom Stadthirten geweidet etc. Blínde-, Blínzel- [3]. Būffalo- (Sealssield Leg. 1, 143), Büffel- (Brentano Wehm. 96): [5].
Būh-: Kinderw. st. Kuh, ebenso: Muh-K.
Góttes-:
1) Kuh, die zum Nutzen der Kirchendiener auf einem Gut gehalten werden muß.
2) (Kinderspr.) Marienkäfer. Hêêr-: (schwzr.) die die Herde führt: Die H., welche die große Schelle oder Trichle trägt. Tschudi Th. 587. Hírsch- [5]: Rückert Rost. 27b etc. Jmmer-: Gottes-K. (1). Kä́lber-: trächtige Kuh. Kamēl- [5]: Rückert Morg. 1, 170. Māīr-: Die M., die gekrönte Siegerin in den sommerlichen Alpenkämpfen. Grube 3, 350, s. Heer-K. Mást-: gemästete Kuh. Mêêr-: See-K., auch Bez. einer häßlichen Pers.: Wenn ein so hübscher, junger Herr einer solchen M. in den Bratzen liegen sollte. W. 1, 76. Mélk- (V. Georg. 3, 176). Mílch- (Gotthelf Sch. 242): milchende Kuh; übertr.: etwas Ergiebiges. Mérz-: Die sog. Merzkühe, die gegen Ende des Oktobers ausgemerzt werden sollen [aus der Herde]. Landwirthsch. Zeit. (55) 129b. Mōnds-: Die in die silberne M. verwandelte Jo. Stuhr Rel. 42. Rénnthier- [5]: Grube 1, 10. Sēē-: S., Meer-K., eine den Kühen verglichne Art Wale, Manati, s. Oken 7, 1091 ff. Sómmer-: eine im Sommer frischmelk werdende Kuh, Ggstz. Winter-K. Stádt-: s. Bauer-K. Stáll-: die im Stall gefüttert wird, Ggstz. Weide-K. Trǟber-: mit Träbern gemästet: Daß du dich füllest wie ein T. HSachs 4, 127. Wínter-: s. Sommer-K. Zēīt-: zweijährige Kuh, Kalbe. Reithard 364. Zúcht-: zur Zucht oder Fortpflanzung dienend. V.Georg. 169 etc.