Faksimile 1051 | Seite 1043
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kuckuck
Kúckuck: 1) interj.: Ruf, die Stimme des Kuckucks
(ſ. 2) nachahmend, auch als ſächl. Hw.: Machten ihm
zu Ehren | das ſchöne Kukuk zehn mal nach. Gellert 1, 224;
Du prophet’ſcher Vogel du, | Blüthenſänger, o Coucou! ..
Ruf ihm zu: | dein Coucou, | immer mehr Coucou, Coucou.
G. 1, 90; Dann macht er Spuk | und ruft vom Baum Ku-
kukuk. V. 4, 47 ꝛc.; oft im Wortſpiel mit gucken (ſ. d.),
kucken, z. B.: Von fern her ſchickt der Kuckuck ſeinen Ruf.
Ja, guck, guck! Auerbach SchV. 3; Da ſchallt es,,kuck! kuck!“
mit einem Mal. | Wie ſie um ſich kucken ꝛc. FrHofmann
Weihn. 4, 110 ꝛc.; darnach auch ſonſt als Ruf, z. B.:
Laſſt ſie [die Wage] nicht, bis daß ich „kukuk!“ rufe, los.
Droyſen Ar. 3, 506; ferner (wortſpielend ſ. o.) in dem
unter ,,Bu“ (3)geſchilderten Spiel = Bu-guck-hie ꝛc.;
nam. oft aber als Hohnruf (vgl. 2), z. B. ſchon bei
den Alten: Dem oft der Wanderer ſchamvoll | weichend ge-
muſſt, wann laut er daher ihm tönete: Kukuk! V. H. 2, 79
(Sat. 1, 7, 31); Hohneckend ruft der Kukuk dann | von
jedem Baum dem Ehemann: Kuku. Sh. 2, 551 [ihn als
Hahnrei verſpottend] ꝛc.; ſo auch im Kegelſpiel der
Ruf des Kegeljungen, wenn gar kein Kegel geworfen
iſt (vgl. Geduld 1a; Sandhaſe) ꝛc. 2) m., –s; –e,
–s; –chen, lein; –s - (⏑– V. Sh. 2, 550): a) ein nach
ſeiner Stimme (ſ. 1) benannter Zugvogel, Cuculus
canorus, der ſich im Frühling bei uns hören läſſt (da-
her auch Frühlings-, Maivogel, ſ. u.), merkwürdig da-
durch, daß er ſeine Eier andern Vögeln ins Neſt legt,
die ſie ausbrüten (ſ. Anm. 4; K–s-Ei, -Brut u. vgl.
Hahnrei), im Volksglauben als prophetiſcher Vogel
geltend (ſ. 1 und b), nam. als Fragenden die Zahl der
noch zu lebenden Jahre durch ſeinen Ruf verkündend;
anderſeits oft als Bild des Undanks (gegen die Pflege-
eltern), des nur ſich ſelbſt rühmenden Egoismus ꝛc.,
(vgl.: Schmähe dich | kein Hohn der danklos ſchwindelnden
Eiferſucht: | ein Frühlingsvogel, der die Amme | würgt und
den eigenen Namen ausruft. V. 3, 47; Bald ſeht ihr junge
Zucht dem edlen Vater gleich, | ſpielt nicht des Kutſcher’s
Tück’ ihm einen K–s-Streich. 4, 146, wenn ihn der Kut-
ſcher nicht zum Hahnrei macht; Der Vogel ſelbſt, der
uns die heiße Zeit | anmeldet, wird dir auch ein Hochzeitlied
verfaſſen. Gryphius 677 ꝛc.). Der frühſchreieriſche Gucku.
SClara EfA. 2, 703; Guckguck. Hagedorn 3, 148; Guckuck
L. 1, 139; Kuckuc. 3. Moſ. 11, 16; 5, 14, 15 ꝛc.
Sprchw.: Den K. nicht mehr rufen oder ſchreien hören,
(Hebel 3, 121), das nächſte Frühjahr nicht erleben; Der
K. ruft ſeinen eigenen Namen, nam. von Einem, der an
Andern eigne Fehler tadelt ꝛc., oder ſeine eigne Schande
verkündet, vgl.: Dank hab du, lieber Kuckuk, daß du ſo
friſch deinen eignen Namen ausſchreieſt und rühmeſt, daß du
wolleſt der Widerchriſt ſein. Luther 6, 320b; Papiſten
ſchreien ſich ſelbſt aus wie der K. 1, 384b; 8, 25a; 5,
303b, vgl.: Der Guckguck muß ihm ſelbſt ſein Ohrgicht
(ſ. I. Gicht, Anm.) ausrufen. Tappius 199b; Du lohneſt
mir wie der K. der Gorſe [Ammer], 188b, wo aber, wohl
durch einen Druckf., ſteht, „wie dem K. die Gorſe“, vgl.:
Ihr thatet, da wir euch gepflegt, an uns | wie die unholde
Brut, des K–s Junges, | dem Sperling that. Schlegel Sh.
6, 155; Bringt euch zur Vergeltung des Gukuks Dank und
Lohn (ſ. f. und Henkers Dankꝛc.). Hebel 8, 112; Zuletzt
freſſen die jungen K. ihre Mutter, die Grasmücken. Luther SW.
60, 219 ꝛc.; So wie der K. nur im Juni, | gehört, doch
nicht bemerkt. Schlegel Sh. 6, 111; Der K., der der Graſemück|
ſo gern ins Neſtchen heckt | und lacht darobmit arger Tück’ | und
manchen Ehmann neckt. 1, 223 ꝛc.; Kann der K. nicht mehr
ſchrein, | pfeift er’s ſeinen Jungen ein. Werner Oſtſ. 1, 33,
der Böſe ſetzt ſein Treiben durch ähnliche Nachkommen
fort ꝛc. Slaw. als Vogel der Trauer, ſ. Talvi 1,
274 und vgl. f. b) ein die Stimme des K–s nach-
ahmendes Spielzeug: Ganz natürlich wie ein Nürnberger
Kukukchen mit einem Blasbälgchen unter den Füßen. Börne 1,
131*
245; auch an (nam. ältern) Schlaguhren: Knüpfte die
Schnur des Schlaggewichts an den Nagel, | daß ihm den
Schlaf nicht ſtöre das klingende Glas und der Kukuk. V. 2,
149, ferner in Orgeln ꝛc. c) Des K–s Küſter (ſ. f.),
Bez. des Wiede-Hopfs (ſ. d.), z. B.: Das weiß der K.
und ſein Küſter! . . Ich bin des K–s Küſter, | ich bin der
Vogel Wiedehopf, | mit buntem Zopf auf meinem Kopf ꝛc.
FrHofmann Weihn. 4, 110. d) Bez. ähnl. Vögel,
z. B. [im Mund eines Bedienten]: Den fremden K. da
ins Haar ſtecken. Immermann M. 3, 290 = Paradiesvo-
gel ꝛc.; nam. aber in Zſſtzg.: Bart-K., Bucco; Hau-
ben-K., Coccyzus cristatus; Honig-K., Indicator;
Nacken-K., Leptosomus; Ringel-K., Picus auratus;
Schwalben-K., Monasa; Seiden-K., Trogon; Sporn-
K., Centropus; Stelzen-K., Coccyzus; Strauß-K.,
Cuculus glandarius; Trauer-K. bei Oken die Sipp-
ſchaft der Dickſchnäbler; Vieh-K., die Sippſchaft der
Schmalſchnäbler u. ä. m. e) (nach a) als Bez.
einer Perſ. und zwar nam. oft = Hahnrei (vgl. Diez
118), z. B.: Es iſt kein Hornemann in dieſer ganzen Welt|
als, der ſein keuſches Weib für nebengängig hält. | . . Ein
ſolcher Narr iſt werth, daß er ein K. ſei. Rachel 2, 120;
Wem juckt es nicht ein bischen an der Stirne, | wenn er ſich
K. grüßen hört? (ſ. 1) Schlegel Sh. 1, 223 ꝛc.; ferner:
Bezeichnung eines Undankbaren: Kein undankbarer
Kukuck und Verächter des Evangelii (ſ. f). Mattheſius Lthr.
XXXIX ꝛc.; ferner: Recht ſo, alter K.! [von Einem, der
einſam im Walde weilt]. Freytag DW. 136 ꝛc.; bei den
Slawen auch: „Ich armer K.!“ für „ich Beklagenswerthe“
iſt [ſerbiſch] ſprichwörtlich. Talvj 1, 275; Mein betrübtes
K–chen! Bodenſtedt 2, 357 (ruſſiſch) ꝛc. f) K. als
verdeckte Bez. des Teufels (vgl. Geier 3): Still! in
Gukucks Namen! Benedir 2, 284; Eine Pein, um gleich des
K–s zu ſein. Brentano Fr. 1, 273; Unſres Lebens einz’-
gen Mai | zum K. hingedichtet. B. 39a; Es regt ſich hie |
. der K. und ſein Küſter [vgl. c], | ein Kobold, heißt
Genie. 21a; Drum tanzen auch der K. und ſein Küſter
[die Teufelsſippſchaft, vgl. c] auf ihm [dem Blocksberg].
Claudius 3, 117; Die hole der K.! 25; Wenn ſie nur der
Guckuck nicht holt. Forſter Br. 1, 224; Das Goldlein fliegt
dem Kukuk zu. Hebel 2, 214; Des Gugucks werden. 3. 425;
„Dieſen . . Rechtshandel hab ich gut für Euch geführt.“
Den Gukuk hat er. 247; Was K. führt Dich hierher? Kapper
Chr. 1, 252; Mein Mann iſt ganz des K–s. König Kl. 3,
106; [Er] ſchicke mich je eher je lieber zum Guckguck. L. 11,
525; Beim K.! Immermann M. 1, 172; Sch. 327a; Potz
K.! iſt ſo ein hergebrachter Ausruf, wenn wir nicht grade flu-
chen wollen. Tieck NKr. 4, 180. (Gotthelf U. 2, 105;
Schlegel Sommern. 3, 1 ꝛc.); Potz Heide-K.! Das iſt eine
Lumpenwirthſchaft! Auerbach D. (1849) 1, 174; Das hei-
lige Reich iſt dennoch zum K. und zum Küſter gegangen.
Zſchokke N. 3, 212 u. o. g) Meer-, See-K., Name
einiger Fiſche, Trigla cuculus und Ostracion quadri-
cornis. h) Name einiger Pflanzen, z. B.: Blauer
K., Ajuga pyramidalis und reptans; Geſprenkelter K.,
Orchis maculata ꝛc. i) K., das iſt ein ſehr fatales
Bier, welches in Wittenberg gebraut wird. Tieck NKr. 4,
381 ꝛc. k) eine Blendlaterne auf Kriegsſchiffen,
deren man ſich bedient, um den Feind nicht merken zu
laſſen, wann und wohin gegangen wird, auch,,Schlunt“
(Schlunsje).
Anm. Als Tonw. vielen Sprachen gemeinſam, mit
ſchwankender Schreibweiſe (ſ. o., u. vgl. Gauch 1; auch:
Guckuckgauch. Ryff Th. 114 ff.). Die von uns gewählte (ſchon
bei Luther, nur daß in der Bibel das Schluß-k fehlt; Eppen-
dorf 143 ꝛc.) iſt heute wohl die überwiegende. Mz. zu-
meiſt: Die K–s. Claudius 5, 4; Gutzkow Zaubr. 1, 250;
Kohl A. 3, 243; Pz 3, 16 ꝛc. (ſ. S.) neben: Die K–e.
Droyſen A. 3, 192. Tſchudi Th. 67; 77; 79; 124; 295;
W. 34, 298 ꝛc., auch: Da ſchreien K. und Staare. Tieck N.
3, 99; Luther SW. 60, 219 ꝛc.
Zſſtzg. ſ. [2d und g].