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Kreide
Krēīde, f.; –n (s. Anm.); -, (–n-):
1) eine weiße, stark abfärbende und somit nam. zum Schreiben benutzte Erde, „nakürlicher kohlensaurer Kalk in lockrem, zerreiblichem Zustand“: Weiß, blaß, bleich wie K., auch: k-weiß etc.; An allen Zimmern stehe mit K. deutlich angeschrieben, wer darin wohnen solle. G. 16, 184; Die Anwendung der K. zum Zeichnen, als ordinäre Malerfarbe, zur Kittbereitung, zum Putzen von Metallen, zur Sodafabrikation und tausend andern Zwecken ist allgemein bekannt. Karmarsch 2, 199; Das tertiäre Gebirge oder das Gebirge über der K. 1, 162 etc. Jnsofern die K. zum Anschreiben, z. B. von Schulden nam. in Wirthshäusern dient, in mancherlei Redensarten (s. ankreiden), z. B.: Der Wirth, der ist bezahlt | und keine K. malt | den Namen an die Kammerthür | und hintendran die Schuldgebühr. Hebel 2, 140; Herr Wirth, leihet mir jetzt eure K., aber nicht die doppelte, die Wand könnt ihr wieder abwischen. 3, 475; Mit doppelter K. anschreiben, Einem Mehr auf die Rechnung setzen, als man bekommen. Auch z. B.: Der das weitläufige Inventarium unter seiner K. [Berechnung] und Aufsicht hat. Thümmel 5, 32 etc.; dann auch = Kredit (s. d.; vielleicht ursprüngl. im anklingenden Wortspiel), der Borg, die Rechnung über das Geborgte: Bis eine Rechnung von 5 Fl. 16 Xr. auf der K. stand. Hebel 3, 10; Zecht immer auf die K. los. PHeyse Nov. 77; Ich stehe mit 14 Pfennig in der K. für Klarbier. V. Sh. 3, 330; Daß Herr Stirgel eine starke K. bei der Wäscherin habe. Waldau N. 3, 151 etc. und übertr.: Sie sind nur froh, daß Ihr schon ’was auf der K. habt [daß sie Euch Etwas vorzuwerfen haben]. Auerbach Leb. 1, 213; Man [die Franzosen] werde ihnen [den Engländern] die Schlacht von Waterloo mit dicker K. anschreiben. Börne 4, 170; Für jetzt ist ihm seine Zeche abgeschrieben; bekömmt er aber wieder Etwas auf die K., dann hängt er doch. Sealssield Leg. 3, 222 etc.
2) erweitert auch auf ähnliche färbende Erden, z.B.: Braune K., Umbra; Gelbe K., Ocher, z. B. zum Kollern des Leders. G. 25, 146; Grüne K., Art Chlorit; Rothe K., Röthel; Schwarze K., Zeichenschiefer etc., so auch Braun- K. etc., vgl. bei Spate Blei-K. = Bleistift etc.; ferner: Spanische K., Speckstein etc.; Ein Porträt in drei K–n etc.
Anm. Ahd. crîda, mhd. kride, aus lat. creta, wie frz. craie mit der Fortbildung crayon (s. Krayon). Vgl.: Rothe, gelbe und schwarze Kreite. Möser Osn. 1, 99. Versch. (ver- alt.): Hahn, mit seinem hohen Kamm oder K. [aus frz. crête, lat. crista]. Eppendorf 148; 52 etc., ferner s. Krei, Anm. Als Stoffname ohne Mz., dagegen (s. 2): Die verschiedenen K–n (oder K.-Arten); als Bstw. gw. uv., doch z. B.: Kreiden-Fels. Salis 35; -Land. Chamisso 5, 193; -Stift. Mörike N. 104; -Wand. Kosegarten Rh. 2, 108.
Zsstzg. s. 2; ferner zu 1, z. B.: Die Einquartierungs-K. an den Hausthüren noch nicht ausgelöscht. G. 26, 198 etc. und zur Bez. der Arten: Mêhl-: viel lockrer als die gew. Kreide, die sogenannte Schreibe-K.
Schlä́mm-: zu feinem Pulver zerriebne und dann geschlämmte Kreide, auch „Spanisch Weiß“.
Schrēībe-: s. Mehl-K.
Sílber-: bei Nemnich, Creta argentaria etc.