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Kreatur kreaturlich
* Kreat~ūr (lat.)f.; –en; Kreatürchen, lein: Ge-
ſchöpf: 1) (vralt., bibl.) allgm., etwas Geſchaffenes,
von Sachen und lebenden Weſen und kollektiv: die
Schöpfung, das Geſchaffne: Von Anfang der K. hat ſie
Gott geſchaffen ein Männlein und Fräulein. Mark. 10, 6;
Alle K. Gottes iſt gut. 1. Tim. 4, 4; Das ängſtliche Har-
ren der K. wartet auf die Offenbarung. Röm. 8, 19; Die
Menſchen ſollen herrſchen über die K–en. Weish. 9, 2 ꝛc.;
So doch der Wein eine gute K. Gottes iſt. Luther 8, 22b;
Da Gott allerlei gute K. im Anfang ſchufe, ließ er auch ..
Klüft, Flöz und Gänge werden . ., wie David im 65. Pſalm
dieſe Berg-K–en und Gaben Gottes .. rühmet. Mattheſius
(Wackernagel 3, 1, 437, Z. 20) ꝛc. 2) lebendiges Ge-
ſchöpf. Tob. 8, 7; Ofenb. 5, 13 ꝛc., nam.: auch von
Menſchen: Predigt das Evangelium aller K. Mark. 16, 15;
[Unſer Herz] möchte gern gekannt ſein, überfließen | in das
Mitempfinden einer K. G. 1, 62; Damit ſie nicht von ihren
irdiſchen Mit-K–en zu ſehr gelobt werden. Heine Reiſ. 2,
196 ꝛc. 3) (ſ. 2 und 4) mit verächtl. Nebenſinn,
nam. vom Frauenzimmer: Ich ſollte der gute Freund von
einer ſolchen K. ſein? Weiſe; Niederträchtige, infame K. ꝛc.
Auch verkl.: Du fängſt doch mit den kleinen Kreatürchen zu
tanzen an. Gutzkow R. 2, 188; Daß dieſer ein Kreatürchen,
wie Citaliſe iſt, zu ihm ins Haus brächte. L. 7, 435; 13,
280 ꝛc. 4) Jemand, inſofern er ſeine Stellung der
Gunſt eines Andern dankt, deſſen Willen er dafür wil-
lenlos und knechtiſch vollführt: Und was ich bin, dir
ſchuld’ ich es nur; | dein bin ich, deine K. Chamiſſo 3, 224;
Des Papſts geſchmierete Kreatürichen, Mönche ꝛc. Luther SW.
60, 264; 202 ꝛc.; Dieſe K. des Miniſters ꝛc. 5) bibl.
(ſ. 1 und 2): Die neue K., ein Wiedergeborner, der
neue Adam ꝛc. ~ūrlich, a.: in der Weiſe eines ge-
ſchaffenen Weſens; wirklich, weſenhaft: Die Erſcheinung
jedes K–en iſt, von dieſem Standpunkte aus betrachtet, weit
mehr als ſie ſelbſt weiß. JFalk G. 266; Immer weſenhafter,
k–er wächſt die Jdee des Rhabarbers in mir. Immermann M.
1, 82; Sichtbar und k. werden. Tieck NKr. 4, 32 ꝛc., auch:
Mit ſeiner Eutycherei und „Creaturlicheit.“ Luther 8, 174a;
Lehre, wonach Chriſtus als geſchaffen erſcheint.