kratzen
Um-Kratzen
Krátzen, tr. refl., u. intr., (haben u. ſein): mit
etwas ſcharf Eindringenden, ſich Einhakendem, Rauhem
hart über Etwas hinfahren, vgl. krauen: 1) intr.
(haben), oder vielmehr ohne beſ. ausgedrücktes Obj.:
Katzen, | die vorne lecken und hinten k.; Dürft ihr ſchmatzen,
darf ich k. Immermann M. 1, 370; In Gedanken ſo kratzt
Peter den Otto am Arm (ſ. 2a) | ... Was kratzeſt du?
K–d erwidert | Otto: Mir juckt der Arm. V. 4, 179; Mein
Burſche .. kratzt [ſich, ſ. 2a] hinterm Ohr. W. 12, 10
ꝛc.; Der Barbier, das Raſiermeſſer kratzt; Er [der Barbier]
wetzt, er ſtutzt, er kratzt [raſiert, ſchabt], er putzt. Chamiſſo
3, 199. Wie viel dazu gehört, Jemanden zu barbieren, eben
daß es nicht kratzt (ſ. 2a). G. 10, 200 ꝛc.; Guter Wein
gleitet (ſ. d. u. vgl. glatt) hinunter, ſchlechter (vgl.
Krätzer) kratzt im Halſe; Schlechter Taback, Hagebutten k.
im Halſe; Ein K. [Gefühl der Rauheit] im Halſe haben ꝛc.;
Die Hühner k. und ſcharren im Sande; ſie k. nach Würmern,
nach Körnern [ſuchend]; übrtr. (ſ. 3d) von Geizigen:
Scharren und k., als wollten ſie gar Hungers ſterben. Luther
5, 410b; Daß er nicht ſo geize und kratze. 350b; Da fängt
er erſtlich an zu ſchaben und zu k. Rachel 4, 117; Zu k. und
zu ſchinden. 277 ꝛc.; Auf der Geige k. (vgl. 2c), mit dem
Fiedelbogen k., v. dem rauhklingenden Spiel: Orcheſter..,
das nicht aufhört zu k. G. 29, 356 ꝛc., ſ. 2. — 2) tr.
(ref.), mit dem gekratzten Ggſtd. als Obj.: a) Einen,
ſich k.; Den Kopf, Arm, Ellbogen, die Stelle, wo’s juckt, k.;
Wen’s juckt, Der kratze ſich! Sprchw.; Daß Einer den An-
dern kratzt, damit er ihn wieder kratze. Claudius 4, 7; Fühlſt
du irgendwo ein Jücken, | kratze dich! Heine Verm. 1, 185;
253 ꝛc.; Ein Bader kratzt [raſiert], wäſcht und putzt dich.
Zinkgräf 1, 158; Bartputzer | du ſollſt den Bart mir k.
Chamiſſo 3, 197 ꝛc.; Ich kratz’ den Kopf, reib’ an den Hän-
den [verlegen; nicht wiſſend, was zu thun]. G. 11, 117;
Zieht Mäuler ihr, kratzt euch (Dat.) die Köpfe? Werner Oſtſ.
1, 31 ꝛc.; Sich in den Haaren (Ramler F. 1, 56), hinterm
Ohr, hinter den Ohren k. Chamiſſo 6, 275; Schwab 389;
Thümmel 3, 44 ꝛc., wo das „ſich“ gw. Accuſ. iſt, vgl.:
Da ſteheſt du und kratzt [ſ. Anm.] dich hinter den Ohren.
Benedir 3, 287; Gleim 3, 375; Thümmel 3, 65; 6, 45 ꝛc.,
vgl.: Hahnebutten .. k. mich im Hintern. G. 6, 154; Hahne-
butten, ſo ſehr ſie Einen im Halſe k. Tieck N. Kr. 4, 120 ꝛc.,
wofür doch auch der Dat. richtig iſt (ſ. 1 u. vgl. beißen
Anm. 1. und Herrig 15, 60): Sie k. mir im Halſe [= in
meinem Halſe]. Andrerſeits findet ſich anakoluthiſch
auch der Accuſ. des Obj. ſt. Dat. der Perſ. bei Präpoſ.
mit Accuſ.: Hat ſie nach ihm geſchlagen u. ihn ins Geſicht
gekratzt. Heinſe A. 1, 214; Freytag DW. 364 ꝛc. Vgl. da-
gegen: „Zärtliche Freundin“ Die beiden R in dieſen Wör-
tern k. mir durch die Seele. Möſer Ph. 4, 105 ꝛc. — Wolle
k. (ſ. krempeln, ſtreichen; ſchrubbeln), mittels der K.
bearbeiten, Tuch k., auf-k., karden, rauhen ꝛc. — c) Die
Geige k., ſchlecht ſpielen. Gutzkow R. 3, 70. — 3) tr.
(refl.), mit Angabe der Wirkung neben dem Obj. od.
auch des durch das K. Bewirkten als Obj.: a) Eine
Stelle ganz roth, ſich [Accuſ.] wund (od. durch-), — ſich
[Dat.] eine Wunde k.; Durch die ſteinerne Mauern gelang
es Jſegrim endlich | eine Spalte zu k. G. 5, 158; Ein Wort
aus-k. und dabei ein Loch ins Papier k., das Papier durch-k.;
Etwas entzwei k. ꝛc. Selten ſt. der Zſſtzg. ohne Zuſatz,
z. B.: Über die ich W. hätte die Augen [aus-] k. mögen.
H. Merck 1, 15. — b) (ſ. 2c) Ein Lied auf der Geige k.,
ab-, auf-, daher-, her-k. ꝛc. [k–d ſpielen] ꝛc. —
c) Buchſtaben in die Wand k., hinein-, ein-k., an-k. ꝛc.;
Etwas aufs Papier k. (vgl. kritzeln und Gekratz), ſchlecht
ſchreiben, z. B.: Das unleſerliche höchſt übel gekratzte
Billett. FLSchröder Beitr. 3, 3, 34; Mit einem Krähenfuß |
geſchrieben .. Die Hand, die Dies gekratzt. W. 11, 215, ſ.
zuſammen-k. ꝛc. — d) ferner nam. mit Bezug auf die
Ortsveränderung: durch K. oder Scharren von einem
Ort weg, an einen Ort hin ſchaffen, z. B.: Daß ich,
wie jene Katze, | dir die Kaſtanien aus den Gluthen kratze.
G. 12, 68; Ein paar tauſend Gulden in einen Haufen (od.
zuſammen-) zu k. Gotthelf U. 2, 52; Kratzte ſich die Ähren
aus dem .. Haar. Gutzkow R. 1, 17; Die Hühner k. Körner
aus dem Miſt (heraus, hervor); Die Rinde von der
Wunde k. (ab-, fort-, weg-k.); Veſpaſianus ließ ſeine
Amtleut immerhin [Geld, ſ. 1] an ſich k. Hammer RH. 314
ꝛc., ſ. Zſſtzg. — 4) intr. (ſein): mit den Füßen k–d od.
ſcharrend ſich in Eile fortbegeben, nam. in Zſſtzg.: Hui!
wie iſt er da von der Stelle (ab-, aus-, daher-, ein-
her-, fort-, her-, hin-) gekratzt! vgl. Kratzfuß ꝛc.
Anm. Ahd. chra(z)zôn, mhd. kratzen, vrwdt. mit
ritzen (ratzen, reißen ꝛc., vgl. kritzeln), gr. ~αραooc, wohl
urſpr. Tonw. Vgl. frz. gratter ꝛc. (Diez 181). — Für du
kratzeſt (ſ. Sanders Orth. 68) findet ſich auch zuw. mit Aus-
fall des „e“: du kratzt.
Zſſtzg. z. B. Áb-: 1) tr. [3 d]: a) Den Schorf v.
der Wunde, die Wunde, die Pocken a.; Den Schmutz v. den
Schuhen, die Schuhe a.; Nachdem der Trog mit der Scharre
raſch abgekratzt worden. Karmarſch 1, 373; Die Alte .. kratzt
ſich die Schminke ab. W. 12, 320. — b) [3b] Eine So-
nate auf der Geige a., kratzend abſpielen. — 2) [4]: ab-
ſchurren (ſ. d.), nam. ſterbend: Schändlich, daß Das erſt
jetzt aufkommt, wo ich bald a. muß. Auerbach Ab. 275, ſ.
aus-k. 2. — An-: z. B. [2c] Etwas an die Wand a.,
ſchreibend ꝛc., nam. aber [3 d]: Sich Etwas a., esgeizig
ſcharrend ſich aneignen, vgl. zuſammen-k.: Kratze,
Trulle, | dir den hübſchen Jungen an! Chamiſſo 3, 115. —
Āūf-: 1) [3b] Ein Lied a., kratzend aufſpielen; Etwas
a. [3c], aufkritzeln, auf Etwas ein-k. ꝛc. — 2) [3d]
Etwas kratzend aufmachen, öffnen, Löcher, Vertie-
fungen in Etwas hinein-k.: [Jch] kratze die Wang’ auf,
um Dich zu nähren. Talvj 2, 43; Mit wohl zerzauſtem Haar
und aufgekratzten Wangen. W. 11, 230; IP. 3, 141; Die
Hühner kratzen die Erde auf ꝛc., ſ. 3 und 4. — 3) [3 d]
empor-k., durch Kratzen in die Höhe bringen: Die
Hühner im Miſt kratzen die Körner auf (oder empor). —
4) (ſ. 2) durch Kratzen aufarbeiten, beſſer machen:
Schlechte Abdrücke der alten aufgekratzten Platten. Merck’s Br.
1, 272; Wolle, Tuch a. [2b] ꝛc. und übrtr.: Mir iſt
wohl in meiner Pein, ſolche Diſteln kratzen uns auf und be-
reiten uns zu. IP. 21, 190; Ihr Gedächtnis ein wenig auf-
zukratzen [aufzufriſchen]. W. Merck 1, 126 ꝛc. u. nam. im
Partic. = aufgeräumt (ſ. d.): Schmauchte ſein Pfeifchen
ſo emſig und aufgekratzt. Goltz 1, 140; 2, 379 ꝛc.; Die
Aufgekratztheit. — 5) [2 b] Alle Wolle a., ver-k.,
ſie kratzend auf- oder zu Ende arbeiten. — Āūs-:
1) tr.: [3a] Einem die Augen a. G. 20, 77; W. 15, 188
ꝛc.; Einen Klitter auf dem Papier a. [ausradieren]. Zink-
gräf 1, 166; Eine Teufelei mit der andern a. Sch. 164a ꝛc.
— 2) [4]: Kreuz Donnerwetter! der Hund von Häſcher iſt
ausgekratzt. Droyſen A. 3, 168; Jetzt wollen wir einmal a.
[laufen]. Grube 3, 33 ꝛc. — Be-, tr.: Etwas b., daran
kratzen, z. B.: Kerker, die bekratzt der Staatsgefangnen
Meſſer. Freiligrath SW. 5, 266; Als Türk [der Hund] die
Schwelle bekratzt und hinaus wollte. Gutzkow Zaubr. 1, 167
ꝛc. — Dahêr-: z. B. 1) [3b] Der Du auf altem Fiedel-
brett dasſelbe Hiſtörchen daher gekratzt. KSchmidt ꝛc. — 2[4].
— Eīn- [3a]: Mit dem Feuerſtein Etwas ins Glas e. —
Einhêr [4]. — Empōr-: ſ. auf-k. (3). — Er-
[3e]: kratzend, zuſammenſcharrend erwerben, erkargen:
Das erkratzte Gut. Lichtwer 214; Rollenhagen Fr. 259. —
Fórt-: 1) [3d]: Etwas Geſchriebnes f. ꝛc. — 2) [4]. —
Hêr-, Hin- ꝛc. [3b; c; d u. 4 ꝛc.]. — Nāch-:
z. B. [3b] Das vorgeſpielte Stück auf der Fiedel n. ꝛc. —
I. Um-: kratzend umwühlen: Die ihren Acker nicht be-
ſtellen, ſondern nur um-k. Möſer 3, 268; Die Hühner haben
den ganzen Miſt umgekratzt. Auch: Etwas kratzend um-
werfen. — II. Um-: Etwas allſeitig, rings herum
be-k. — Ver-: 1) Etwas kratzend verderben, vgl.
zer-k.: Anderſt verkratze er das Papier zugleich mit dem
Klitter. Zinkgräf 1, 166 ꝛc. — 2) [2b] Die Wolle ver-k.,
auf-k. (5). — Zer- [3a]: entzwei kratzen: übel zer-
biſſen .., zerkratzt. G. 5, 279; [Die vergiftete Ratte] zer-
nagt, zerkratzt das ganze Haus 11, 187; So rings ſah ich
zerkritzt Euch und zerkratzt. HKleiſt Kr. 107 ꝛc. — Zū-:
1) [3a] durch Kratzen ſchließen, zuſcharren: Das Loch
in der Erde z. — 2) intr.: tüchtig, mit Eifer kratzen:
Drunter liegen die Schätze | Kratzt und ſcharret nur zu!
G. 5, 185. — Zuſámmen- [3d]: Ein beträchtliches
Vermögen z. W. 13, 66; Luc. 1, 76; Die Pfote mag der
Teufel leſen, iſt’s doch, als hätten’s die Hühner zuſammen-
gekratzt. Wagner Kind. 78, ſ. [3c].
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