Faksimile 1023 | Seite 1015
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Krankheit
Kránkheit, f.; –en; –s-: der Zuſtand des Krank-
ſeins und die Geſammtheit der dieſen Zuſtand bedin-
genden Erſcheinungen: Gefährliche, anſteckende, hitzige,
ſchwere, leichte, unheilbare, tödtliche, galante, veneriſche K.;
Eine K. haben, bekommen; An einer K. liegen (Opitz 1, 180),
gw.: daniederliegen; In eine K. fallen, verfallen, gerathen;
Von einer K. be-, überfallen, ergriffen, heimgeſucht werden;
Eine K. greift Einen ſehr an, nimmt ihn übel mit; An einer
K. ſterben; Das Opfer einer K. werden; Eine K. vertreiben,
heben, heilen, kurieren, Jemand von einer K. kurieren; Von
einer K. geneſen; Die K. überwinden, überſtehen, durch-
machen; Eine K. herrſcht, graſſiert; Von einer K. angeſteckt
werden; Die engliſche K., Rhachitis; Die ungriſche K.,
Fleckfieber ꝛc.; K–en des Viehs, der Pferde, der Hühner ꝛc.,
der Pflanzen, der Bäume ꝛc., des Geiſtes ꝛc., eines Staats ꝛc.;
Die Übel, die [dem Staat] von außen kommen . ., gleichen
den Verwundungen; die Übel, die von innen kommen, gleichen
den K–en. Börne Frzfr. 55; Da die ſociale K. Europa’s in
die franzöſiſche Revolution ausbrach. Devrient 3, 40; Ein
entſchiedenes Apercü iſt wie eine inokulierte K. G. 39, 453;
Die ſchreckliche K. des Exils, die Armuth. Heine Lut. 2, 139;
Der Enthuſiasmus iſt eine wahre anſteckende K. der Seele,
die mit einer unglaublichen Geſchwindigkeit um ſich greift. L.
11, 79 ꝛc. Zuw. für eine beſt. K. (vgl. Kränke) oder
für einen krankhaften Zuſtand, z. B. bibl.: die monatl.
Reinigung der Frauen (3. Moſ. 18, 19 ꝛc.; Heſ. 18, 6;
22, 10) oder die nach der Geburt (3. Moſ. 12, 2) ꝛc.
Zuw. noch (vralt., ſ. krank, Anm.) = Schwäche. Jeſ.
53, 4 ꝛc., ferner: Hüttenw.: eine Beſchädigung des
Hohofens, wobei das Schmelzen keinen gehörigen Fort-
gang nimmt ꝛc.
Zſſtzg. unerſchöpflich, nam. nach dem Hauptſitz der
K., von wo ſie ausgeht, leicht zu mehren nach den fol-
genden: Āūgen-. Bérg-: 1) Krankheit, der die
Bergleute beſ. ausgeſetzt ſind, z. B. Schwindſucht ꝛc.:
Von der Bergſucht [ſ. d.] und andern B–en. Paracelſus 1,
632. 2) der krankhafte Zuſtand, in welchem ſich
Bergſteigende befinden: Von Übligkeiten und Magen-
krampf als ſchmerzhaften Symptomen der B., welche darin
der See-K. [ſ. d.] analog iſt. Humboldt KlSchr. 1, 148.
Blä́tter-: Junge Kiefern ſind .. häufig einer B., dem
ſogenannten Schütten unterworfen: die Nadeln der jungen
Bäume werden gelb, ſie fallen ab. Schacht B. 308.
Brúſt-. Drêh-: eine Krankheit nam. der Schafe,
die ſich beſ. in Drehen und Taumeln kund giebt, vgl.
Dreh-Kopf, -Wurm ꝛc. E-: Wogegen der Deutſche
mit der unausſtehlichen E. behaftet iſt, denn tauſend und
tauſend Nenn- und Zeitwörter endigen mit dem ſtummen „e“.
Knebel 3, 72. Entwícklungs-: Krankheiten, die
mit der Entwicklungsperiode zuſammenhängen. G. 3,
230. Erb-: erbliche Krankheit: Der Jähzorn iſt eine
E. in meiner Familie. W. 21, 51. Famīli-en-:
die ſich erblich durch eine Familie zieht. Fāūl-:
Krankheit, wobei die Säfte in Fäulnis übergehn;
ſcherzh.: die Faulheit als Krankheit, z. B. bei Schü-
lern, „Schul-K.“. Gállen-. Gēīſtes-.
Glīēder-: Gicht. Gellert 1, 18. Gríllen-,
Grǖbel-: Hypochondrie. Campe. Hāūpt-:
1) Kopf-K. 2) hauptſächliche Krankheit, im Ggſtz.
von Neben- oder Nach-K. Hāūt-: Krankheiten der
Haut, nam. ſolche, die mit Abſchilfrung der Haut ver-
bunden ſind. Júngfern-: Chloroſis, Bleich-
ſucht. Kartóffel-: eine Krankheit der Kartoffel,
namentl. eine, wobei ſie in Fäulnis übergehn; ferner
die Kräuſel-K. ꝛc. Kínder-: wovon nam. Kin-
der heimgeſucht werden. Kōhlenſtoff-: Krank-
heiten durch Überſchuß an Kohlenſtoff verurſacht, ſ.
Lungen-K. Körper-: im Ggſtz. zu Geiſt-, See-
len-K. Krámpf-. Krǟūſel-: ſ. Kartoffel-
K. Krīēbel-: Raphanis, eine (epidemiſche)
Krampf-K., die mit Kriebeln und Jucken verbunden
iſt. Muſäus M. 2, 109 ꝛc. Lêber-: Die L., die ihm
aus Auge und Geſicht dunkelt. Tieck N. 5, 114. Lún-
gen-: Im Sommer ſind bei uns die Leber-K–en (Kohlen-
ſtoff-K–en), im Winter die L–en (Sauerſtoff-K–en) vorherr-
ſchend. Liebig Th. 23. Nāch-: eine Krankheit als
Nachbleibſel und Folge einer andern. Nêben-:
neben einer Haupt-K. begleitend auftretend. Nīē-
ren-. Sāūerſtoff-: ſ. Kohlenſtoff- und Lun-
gen-K. Schlāf-: Schlafſucht. Schūl-: ſ.
Faul-K. Weidner 172. Sēē-: krankhafter Zuſtand,
der, vom Schaukeln des Schiffs verurſacht, die Seefah-
renden ergreift, ſ. Berg-K. (2): Die nur noch jämmer-
lich an der S. litt und bis aufs Blut vomierte. Heinſe A. 1,
158. Sēēlen-. Stírn-: bei Campe eine Art
Pferde-K. Theāter-: z. B. krankhafte Neigung
zum Theater (ſ. Schauſpielerfieber). Holtei Jahr 2, 177.
Tōd-: tödtliche Krankheit. V. Sh. 3, 420.
Trāūben-: vgl. Kartoffel-K. Vólks-: epide-
miſche Krankheit. Wēīn-: 1) Trauben-K.
2) Krankheit, die vom Genuß des nam. mit Blei-
glätte ꝛc. verarbeiteten Weins herrührt. Wólfs-:
nach dem Arab. ſt. Hunger. Rückert Mak. 1, 124.