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Kragen
Krāgen, m., –s; uv. (Krägen); Kräglein, elchen; -:
1) Hals, Schlund, nur noch in einigen Wendungen der niedern Sprache:
a) in Bezug auf das Innre, den Schlund etc.: Was das Kind nicht mag, | Das geht der Ammen in den Krag. (Sprchw.) Tappius 79b; Sein Gut .. zu verspielen und durch den K. zu jagen. Weidner 246; 14; Ein Andrer wünscht dem K., | so viel er schlingen mag. Rachel 5, 77; Das [Glas etc.] war kaum durch den K. 7, 145; 177 etc. Wohl auf den Kropf der Vögel geht zunächst die Wendung: Etwas im K. haben, z. B. = voll oder betrunken sein, ferner: Aber Das wird nicht das Einzige sein, was du im K. hast, gieb gleich Alles füre [sprich es aus]. Gotthelf G. 345; Da ich endlich gern Das aussprechen möchte, was mir im K. sitzt. G. Knebel 519; Mir liegt ein ander Ding nur noch im K. Müllner 5, 244 etc., wo K. sich durch „Kopf“ etc. ersetzen ließe.
b) von dem entsprechenden äußern Theil, dem „Hals“: Der Kranich stieß seinen langen K. dem Wolf in den Rachen. Luther 5, 272a; Ein Tippchen auf den K., | ein Schnippchen auf den Scheitel. Weise Is. 22; Den K. sich abzuschneiden. W. 12, 59 etc.; Ein Gans trug er beim K. Uhland V. 565; Daß wir die Gans nicht mehr beim K. haben. Fischart B. 101a; Luther SW. 60, 246; Er hatte Lampen beim K. G. 5, 126; 11, 89; Jemand beim K. kriegen (34, 254), nehmen (Kurz Sonn. 32; Spindler Stadt 1, 7), packen, fassen, auch zuw. von Sachlichem: Er faßt seine Rolle kurz beim K. und spielt sie, wie sie der Dichter empfunden. Gutzkow 3, 302, vgl. (wohl eher zu 2 gehörig): Er hatte eben zwei junge Robespierre .. bei den Krägen gefasst und vor die Thüre gesetzt. Heine Verm. 1, 40 etc.; Es geht an den K. [ans Leben, handelt sich um sehr Ernstes etc.]. Auerbach Gv. 287; G. 5, 198; Lewald Leb. 2, 58 etc., in etwas andrem Bilde: Wenn Einem das Wasser an den K. geht. Immermann M. 3, 329 etc., dagegen wieder: Einem nicht an den K. (kommen) können. Klencke Gsp. 1, 181; Stahr Rep. 2, 43 etc. Vgl. auch die häufige Verbind.: Sanders, deutsches Wörterb. I. Es ging an Kopf (s. d. 2e) und K. Alexis H. 2, 3, 302; Wo Kopf und K. sicher war. Claudius 6, 74; Um Kopf und K. sprichst du dich. Prutz W. 27; Er wollte seinen Kopf und K. dagegen setzen. V. Br. 1, 315; Ein hohes Spiel, wobei man Kopf und K. verlieren kann etc.
c) mundartl., veralt. auch wie ,,Hals“ von Sachen, z. B. von musikal. Instrumenten, von Geschirren etc., s. Frisch.
d) wie „Hals“ in einigen Zsstzg. zur tadelnden Bez. eines einer schlechten Leidenschaft Ergebnen, vgl. mhd.: Ein loser krâge, z. B.: Der Geiz-K. frisst mit seinen Dienstboten am selben Tisch. Auerbach Leb. 1, 321; Scherr Nem. 1, 23; Er ist ein wüster Geizkrag. Kurz Weihn. 3 etc.; Neid-K. [Neidhart]. Platen 1, 300 etc.
2) in heute gewöhnlichster Bed.: ein sich an den Hals anschließender, ihn umgebender Theil der Kleidung, theils ein bloßer Theil eines andern Kleidungsstücks, z. B. K. am Hemde, Rock, Mantel etc., theils ein selbständiger Theil des Anzugs geworden, so nam. bei Damen, bei Kindern und bei Geistlichen (vgl. Halskrause etc.): Mit Mantel und K. | ward stattlich Hans Bendix zum Abte geschmückt. B. 67a; Im seidnen Mantel und Kräglein. G. 7, 209; Als wenn mich Merck am K. [vgl. am Armel] zupfte. 22, 341; Manches Krägelchen, manchen Spitzenschmuck. Gutzkow Z. 2, 201; Oberröcke mit kleinen Kräglein. Heine Sal. 1, 21; Houppelande mit unzähligen Krägelchen. Verm. 1, 239; Busen, der mit steifen Spitzen und vielzackig festonnierten Krägen wie mit Thürmchen und Bastionen umbaut war. Reis. 1, 99; Die Feldhühner tragen sie dort allerliebst auf mit dem unberupften Kopfe und um den Hals ein papiernes Krägelchen. Immermann M. 2, 243; Im gold’gen K. | der Herzog. Schwab 295; Als Prediger .. doch ohne K. Schütze Hamb. Th. 350, vergl.: K. oder Krause nennen wir das Rad von krausfaltiger Leinwand, das zu feierlichem Schmuck die Geistlichen und in Reichsstädten die Rathsherren um den Hals tragen. V. 1, 188 (s. Rathsherrn-K.); Den Junker . ., | wie er sich getragen | vom Absatz bis zum ausgezackten K. W. 11, 184; Wir unterscheiden, wie billig, den Mann von seinem K. [Amt]. 15, 97 etc. Auch zuw. Jemand mit einem K., vgl.: Einige protestantischeKrägelchen. Lichtenberg 5, 438.
a) so auch in vielen (großentheils von der Mode abhängigen) Zsstzg., z. B.: In ihrem schwarzen Atlaskleide mit dem hohen Stuart-K. etc., ferner z. B.: Gehüllt vom Bären-K. [vgl. Pelz-K.]. Lenau 2, 53. Von den fein lakierten Stiefeln an bis zu den steifen und hohen Hals-Krägen. Hackländer Skl. 1, 116; D Museum 1, 2, 445 etc. Trieb es [das Schwert] in Gottfried’s Halsschienen, zwischen der linken Schulter und dem Helm-K., bis zur Hälfte hinein. VWeber 2, 115. Hemd- (Bucher Nat. Z. 11, 299; Gutzkow R. 2, 21), Hemde-K. (Lewald W. 3, 263; Waldau N. 3, 151). Kanten-K., s. Spitzen-K. Kapp-K. [Kapuchon]. Campe. Mantel-K. Pelz-K., aus Pelzwerk. Priester-K., auch: eine von der Gestalt der Blume hergenommene Bez. für Chrysanthemum leucanthemum; Pfefferkrämer, denen ihr Rathsherrn-K. um die Hälse hängt wie dem Esel die Halfter. Klinger F. 97. Ring- K., eig. ein ringförmiger K., wie früher der am Harnisch und daher auch als eine Art Ersatz desselben das silberne Schildchen, das dienstthunde Officiere auf der Brust tragen. Auch Name eines Vogels, Muscicapa torquata. Rock-K. Spitzen-K., aus Spitzen oder Kanten etc. G. 11, 165; 12, 89 etc. Steh-K., emporstehend, ebenso: Steif-K. (Freytag DW. 103), vgl. als Ggstz. z. B.: Meinen weißen Überklapp-K. DMuseum 1, 2, 445 etc. Über-K., den Damen überm Kleid tragen, Ggstz.: Unter-K., der, unterm Kleid getragen, nur mit dem obern Theil hervorsieht. Überwurf-K., Pelerine u. ä. m.
b) zuw. auch etwas K–n-Ahnliches, z. B. Arzn.: Spanischer K., Entzündung der Vorhaut. 3) Fleischer., Kochk.: übertr. von 2, wie „Krause“, Bez. des Gekröses. 4) Schiff.: K., Segeltuchs-K. der Masten und Pumpen, Stücke getheerten Segeltuchs, die da, wo ein Mast durchs Deck fährt, zur Abhaltung des eindringenden Wassers, sowohl aufs Deck als um den Mast gespickert sind, Masten-K. Spiel- oder Wandel-K., ein Holzreif, der zur Sichrung des Masten-K–s sowohl aufs Deck als um den Mast gespickert ist, s. Spielluke. Stag-K., ein schwerer Stropp oder ein Auge, womit der untre Theil eines Stags festgelegt wird. 5) Wappenk.: K., die innre Einfassung des Wappenschilds. Turnier-K., s. Bank 2h.
Anm. Ahd., mhd. chrage, krage, daher richtiger in Mz. ohne Uml. als Krägen, s. o. und z.B. Gutzkow Bl. 2, 367; König Jer. 1, 102 etc. Mundartl. Fortbild.: krägeln, umhalsen; abkrägeln, den Hals abschneiden. Schm. Vgl. Kragstein. Zstzg. s. o., die ohne beigefügte Zahl zu [2a]: Bären-; Geiz- [1d]; Hals-; Helm-; Hemd(e)-; Kanten-; Kapp-; Mantel-; Masten-[4]; Neid-[1d]; Pelz-; Priester-, Rathsherrn-; Ring-; Rock-; Segeltuch- [4]; Spiel- [4]; Spitzen-; Stag- [4]; Steh-; Steif-; Turnier- [5]; Über-; Überklapp-; Überwurf-; Unter-; Wandel- [4] K. etc.