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knupfen
Knǘpfen: 1) tr.:
eig. einen Knoten (s. Knopf 3) schlingen, aber mit den eine Trennung bez. Präpos. auch: ihn entschlingen. Das Obj. kann der Knoten etc., das zum Knoten Geschlungne, das dadurch Verbundne oder durch Entschlingung desselben Gelöste, das durch das Schlingen desselben irgendwo Befestigte oder durch Entschlingen desselben davon Abgelöste sein, vgl. „binden“ und dann auch, wie Dies, vielfach übertr. (vgl. Band, Knoten etc.): Ich habe den Knoten | künstlich geknüpft. G. 5, 201; Er .. knüpft und löst | die Knoten hin und wider und gewinnt | mit solchen Künsten solche Herzen. 13, 174; Den Knoten aus einander k.; Eine Schlinge, eine Masche, Einem die Nestel (s. d.) k.; mehr mundartl.: Eine Faust k., die Hand zur Faust verschlingen, gw. ballen: Knüpften ihm Fäuste vor die Nase. Stilling 1, 24; 28, ihm mit Schlägen drohend etc.; Ein Endchen Band an die Peitschenschnur (an-)k., es von der Schnur (ab-)k.; Eine Perücke, ein Taschentuch k., Knoten darin machen; Etwas ins Taschentuch (ein-)k., es aus dem Taschentuch (aus- oder heraus-) k.; Sie knüpft das rothe Seil ins Fenster. Jos. 2, 21; Einen an den Galgen k. Sch. 108a; ihn vom Galgen (los-)k.; Euch am langen grauen Bart dort | an den Stechpalmenstrauch zu k. Scheffel T. 168; Wo, mit Tau’n geknüpft an Marmorpflöcken | angebundne Schiffe ruhn. Platen 4, 281; 2. Mos. 28, 28; Wir haben ein paar Stunden gebraucht, um ihn [den Teppich] hinauf zu k. G. 6, 335, ihn hinaufzubringen und dort k–d zubefestigen etc. Die Erfahrung im allerniedrigsten Sinne des Worts, das bloße Aneinander-K. von Sinneseindrücken und den Erzählungen davon. Fichte 8, 26; Weil ihr Schicksal .. an diesen Zusammenhang geknüpft ist [davon abhängt]. G. 15, 7; Das lose geknüpfte Band noch fester zu ziehen. 18, 256; Hätte mich nicht an Hofrath Böhmen Scheu und Achtung und an seine Gattin Zutrauen und Neigung festgeknüpft. 21, 47; Als meine Gedichte mir noch ans Herz geknüpft waren [sich noch nicht davon losgelöst hatten, mir lieb und theuer waren]. 22, 218; Ans Große hat sie [die Natur] ihren Schutz geknüpft. 40, 386; Du erscheinest als Liebe, die Elemente zu k. [ver-k.]. 1, 248; Ein armer Fremdling kann sich in Paris gar an Niemand k. [anschließen], Niemand knüpft sich an ihn. HKleist (Monatbl. 2, 517b); Was Völker [ver-] knüpft und trennt. L. 1, 186; Drum knüpfte die Natur in uns der Liebe Band. Lichtwer 240; Knüpfe dein Geschick an meins! Platen 4, 293; Eine jahrelang erprobte Freundschaft | knüpfte mich an deinen Vater. 326; Da er ihr Vertrauen an nichts Jrdisches an-k. kann, so knüpft er es an den Himmel. Sch. 1017b; Im einsamen Luftraum | hängt nur der Adler und knüpft an das Gewölke die Welt. 77a; Wenn Ihre Staatsmaxime Bande knüpfet. 287a; An des nächsten Morgens Schicksal knüpfte | der ahnungsvolle Geist die fernste Zukunft. 369b; Die kriegerische Bühne, | die .. mir an das Leben, an die Wahrheit knüpft, | was mir ein schöner Traum nur hat geschienen. 347a; 358a u. b; Laune löst, was Laune knüpfte. 492b etc. 2) das Partic. Geknüpft in einzelnen Fällen auch: durch etwa Hinderndes seiner Kraft beraubt, z. B.: durch Zauber zum Beischlaf untüchtig, vgl.: Daß den neuen Eheleuten zu einer Unvermögenheit möchte eine Schalkheit angethan werden, wie sie dann darmit, sonderlich mit Bänder-K. sehr fertig und geflissen sind. Olearius Reis. 318a, s. Nestel und (5) Nestelknüpferin, ver-k. 3; Wodurch die Blutigel ihre Saugkraft verlieren, wo man sie dann „geknüpft“ nennt. Landwirthschastl. Ztg. (55) 556b etc. 3) refl. (s. 1): Ich habe noch keinen Knoten gesehen, der sich so menschlich schön knüpfte. G. 9, 381; Obgleich eine ihm mißfällige Erinnerung sich an diesen Namen knüpfte. Lewald W. 4, 141 etc. 4) intr. (haben): An einem Knoten k., sich mühen, um ihn zu k. etc., vgl.: Einen Knoten k. (1); Wohin ich bis jetzt wegen . .. der Kommunikationsungelegenheit nicht wieder k. konnte. G. Zelt. 4, 342, vgl. an-k.; Ich lehre kleine Mädchen stricken und k. 9, 327, gw. klöppeln, knöteln (s. d.). 5) dazu: Die ersten Erfinder und Knüpfer der bürgerlichen Bande. Claudius 6, 35; Daß einem Manne, wie er, durch alle Zauberei | von allen Nestelknüpferinnen [s. 3] | der ganzen Welt so ’was noch nie begegnet sei. W. 3, 177; Mein natürlicher Hang zu einer gewissen dramatischen Knotenknüpferei. 23, 176; Knüpfung des Freundschaftsbundes etc.
Anm. S. Knopf. Plattd. knuppen, knüppen (s. Knüppel, Knittel etc.) mit der Fortbildung: knüppern (nam. 4) = knöpfeln, knöteln, z. B.: Knüppert unser Postillion an den Pferden. Rahel 1, 348. Vralt.: knipfen. Fischart B. 32b u. o., s. knipsen 2.
Zsstzg. s. dievon binden, z. B.: Áb-: Jhre Strumpfbänder abgeknüpft. Thümmel 7, 132.
An-:
1) tr.: an Etwas knüpfen:
a) mit,,an“ und Accus.: Einen Faden an die Schnur a.; Zwei Enden Bindfaden an einander a. etc., auch übertr.: An das Gelesene einige Bemerkungen a.; Daß ich an jede Arbeit dieser Art immer Gedanken angeknüpft habe. G. 18, 228; So knüpfen ans fröhliche Ende | den fröhlichen Anfang wir an. Kotzebue etc.
b) (s. a) mit bloßem Dat., wodurch ein innigeres Verbundensein des An- und Zusammengehörigen hervorgehoben wird: [Morea] mit leichter Hügelkette | Europens letztem Bergast angeknüpft. G. 12, 204; Die dem Lebensinteresse das historische Wissen anzuknüpfen verstehn. 22, 33; Wie sie dem Schlüssel ein Stück Holz anknüpften, um ihn nicht zu verlieren. 32, 344 (Möser); Es gilt aber, wer dem Andern die Schellen [als Zeichen des Narrenthums] anknüpft. Luther 1, 288a; Die bessern [Fäden] dem Gewebe ihrer schönen Seele anzuknüpfen. Thümmel 5, 60; Sie knüpfeten Seile dem Strand an (s. c). V. Il. 1, 436 etc.
c) mit Präpos. und Dat., rein örtl. auf die Frage: wo?: Ein Seil, das Schiff am Strand a.; Mit leichtem Muthe knüpft der arme Fischer den kleinen Nachen an im sichern Port. Sch. 400b etc.; Unser Theater wird jedesmal an dem Schiller’schen Drama wieder a. müssen. Prutz GschTh. 392.
d) ohne derartige Bestimmung: Von dem Henker angeknüpft [an den Galgen]. Luther 4, 527b, gewöhnl. auf-k., namentl. (s. Faden 4e und anspinnen, anzetteln etc.): Knüpfte ich eine Menge Fädchen wieder an, die ich zerrissen fand. G. 9, 49; Einen Theil der verschränkten Schicksalsfäden selbst wieder aufgefasst und angeknüpft zu haben. 19, 168; Jetzt wurde angeknüpft, zum Schuß fertig gemacht und gewoben. Hebel 3, 391; Ich habe da ein Fädchen angeknüpft; wenn sich das so fortspinnt, wie es sein soll. Prutz Muf. 3, 72; Den Faden unserer Korrespondenz wieder a. L. 12, 451; Den Briefwechsel wieder a. W. Cic. 1, 244; Ein Gespräch (G. 15, 13), ein Verhältnis, eine Liebschaft, eine Verbindung, eine Unterhandlung mit Jemand a., wieder a. (s. 2 und 3); Mein Abenteuer, wenn nicht zu vollfüh- ren, | doch anzuknüpfen. G. 8, 38 etc.
2) (s. 1) refl.: Wenn jüngere Wesen sich um mich versammeln und an mich a. [anschließen]. 22, 67; Eben schien sich ein neues Verhältnis a. zu wollen (s. 1d). 18, 28; Knüpfet sich kein Liebesknoten | zwischen Kind und Mutter an? Sch. 54b; Güter zu suchen | geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an. 82a etc.
3) intr. (haben): s. 1, nam. 1d: Der Faden riß .. Betroffen knüpft’ ich [ihn] wieder an. V. 3, 155; An Etwas a., dies als den Punkt nehmen, woran man Etwas reiht. wovon man ausgeht, als Anknüpfungspunkt: Als knüpfe seine wiederkehrende Erinnerung auf dem Punkte an, auf dem ihm das Bewusstsein entschwunden. Lewald W. 2, 449; Keine Institution . .., an welche man hätte a. können. Stahr Rep. 2, 22 etc.; Mit Einem a. [eine Unterredung]. Gotthelf Sch. 367; [eine Verbindung]. Gutzkow R. 6, 20 etc., vgl. anbinden 2, nur daß dies am häufigsten auf ein feindliches Verhältnis sich bezieht, während a. freundliche Beziehungen bez.
4) Eine weitere Anknüpfung des Gesprächs mit dem Dulder war nicht möglich. Gutzkow R. 4, 246; Jede Anknüpfung der Kunst an große Jnstitutionen .. Alle Anknüpfungen der Künste etc. 3, 300; Weil für eine zeitgemäße Bildung die Anknüpfungen fehlen. 302; Die empörendsten hochverrätherischen Anknüpfungen. Paalzow Th. 2, 366. Āūf-:
1) knüpfend in die Höhe binden: Das Tischtuch mit seinen .. aufgeknüpften Zipfeln. G. 31, 54; Ihr Haar hinten aufgeknüpft. 125 etc., nam.: Einen a., aufhängen: Wie ein Dieb aufgeknüpft an die Rahe eines fremden Schiffes. Stahr Rep. 3, 263 etc.
2) etwas Geknotetes auflösen, auseinander schlingen: Die Treibschnur . ., die sich verknotet hatte, a. Auerbach Barf. 174; Alle Bänder an ihren Kleidern a. Gutzkow R. 6, 400; Sich auch so zu verhängen und zu verwickeln, daß weder A. noch Aufschneiden etwas hilft. Lichtenberg 3, 561; Ich weiß ganz wohl, wo der Knoten sitzt, und den will ich Ihnen a. Stilling 2, 135 etc. Aūs-: Das ins Taschentuch gebundne Geld a. etc. Eīn-: Geld ins Taschentuch e. etc.; Er fing an, Stellen zu lesen, sprach dazwischen und knüpfte Anmerkungen und Erzählungen mit ein. G. 17, 329 etc., vgl. an-k.; ferner: Einem Etwas e., einbinden (s. d. 4), einschärfen: Daß er dem Angelo einknüpft, den Grafen nicht bloß zu verwunden, sondern niederzuschießen. Engel 1, 156 etc., vgl.: Jene Demüthigung zu üben, die den Söhnen des heiligen Franz in den weißen Lendenstrick eingeknüpft wird. D Museum 1, 1, 123 (König) u.: Einen Knoten ins Taschentuch machen, als Erinnerungszeichen. Zuw. (nam. mundartl.: einknüppern): verwirrend in einen nicht leicht aufzulösenden Knoten schlingen. Ent-: auf- (2), aus-k. Lōs-: Festgeknüpftes losmachen. I. Um-: umschlingen: Den schönsten Kranz, umknüpft von Trauerband. G. 2, 130; Fassen will ich dich, Todesgöttin, um-k. mit meinen Armen. 7, 224; Rückert 1, 125 etc. II. Um-: knüpfend herumschlingen; auch: anders knüpfen. Ver-:
1) Etwas mit etwas Andrem ver-k., verbinden (s. d. 5), knüpfend verschlingen: Zwei Bänder (mit einander) ver-k.; Mit der Vergnügungsreise zugleich ein Geschäft ver-k.; Die Reise ist mit vielen Kosten verknüpft; Die Einzelheiten zu einem Ganzen ver-k.; Wie gern verknüpft’ ich, | wär’s zum Kranze, wär’s zum Strauße, | Flora-Cypris, deine Gaben! G. 10, 274; Es muß doch eine gewisse Würde mit der menschlichen Natur innig verknüpft sein. 29, 225; So vielfach ist’s verschlungen und verknüpft, | daß Keiner .. sich .. unverworren halten kann [s. 3]. 13, 68; An dessen .. vielen Sinn v–den [„viel-v–den“. 34, 163] Gesprächen. 15; Diese Zustände zu entwirren, aufzulösen, zu ver-k. 15, 263; Jedes Ansehen geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein V. 37, XV; Opitz 1, 28; Dessen Loos mit deinem Loos verknüpft ist. Platen 4, 294; Die Länder-v–de Straße. Sch. 75b etc. Zuw. noch (veraltend) statt des einfachen knüpfen, nur verstärkt, z. B. mit „an“: Verbindungen, die an unser Wohl das Wohl Anderer ver-k. Garve Br. 83; Welche Bande Sie an mich ver-k. 121* L. 1, 595 etc.; ferner: Verknüpft in dieses Tages Riß. Haller 187; Die andern Wind’ all in einen Schlauch verknipft. Schaidenreißer 40b; Wird ihnsen] verknüpft ihr Schlund und Hals. Rollenhagen Fr. 286, durch einen umgeknüpften Strick zugeschnürt. Ferner zuw. (ebenfalls veraltend, vgl. 4) von Pers.: Wir sind verknüpft [verbunden], Marbod und ich. HKleist Hinterl. 218; Wirst du Bürge für deinen Nächsten, so bist du verknüpft mit der [gebunden durch die] Rede deines Mundes. Spr. 6, 2; Du bist voll bittrer Galle und verknüpft mit Ungerechtigkeit. Ap. 8, 23.
2) rcfl., zu 1, z. B.: Ihm war alles isolierte Thatsächliche unhandlich, bis es sich zur künstlerischen Bewältigung verknüpfte. Gervinus Lit. 5, 395 etc. Dazu (weidm.): sich begatten, von Wolf und Luchs. Adelung (gw. rollen, ranzen).
3) tr. u. refl., verwirrend knüpfen, mund- artl.: verknüppern: Statt einen ordentlichen Knoten zu machen, hast du den Band verknüpft; Das Roß .. schleift | den Reiter, dessen Fuß im Bügel sich verknüpfet. Alxinger D. 299 etc.
4) (zu 3): Eheleute zu ver-k. (s. Nestel knüpfen). Gryphius Fr. 260; Verknüpfte Kinder (so heißen hier [in der Schweiz] die skrophulösen und rhachitischen Kinder. Kohl A. 1, 214.
5) nam. zu 1: Dieser Sprache Kraft | und künstliche Verknüpfung. G. 13, 329; Gewisse Verwicklungen . . schlichten und bedenkliche Verknüpfungen auflösen. 19, 54; Mich in die seltsamsten Verknüpfungen [Kombinationen] zu verirren. 21, 1; In einer sehr klugen Verknüpfung dieser Motive zu einem effektvollen Ganzen. 32, 358; Durch eine sonderbare Verknüpfung von Umständen. 37, 10; Durch eine unerklärliche Verknüpfung von Ideen. 17, 15; Ein zuverlässiges Glied in der Kausalver- knüpfung der Kräfte [in ihrem ursachlichen Zusammenhang]. Sch. 1153a etc. Ferner: Die Gestalt seiner Begriffe, die Art und die Grenze ihrer Verknüpfbarkeit. Schleiermacher 3, 2, 213. Zū-: Ggstz. auf-k. 2: Die Bänder, Etwas mit einem Band z. Ugw. statt zuknöpfen: Indem er sich noch eine Weste über seinen Leib zuknüpfte. HKleist Erz. 1, 4. Zusámmen-: Das Vergangne mit dem Gegenwärtigen z–d. G. 22, 241; 39, 79; Klinger Giaf. 330; Zu einer Riesenschleife zusammengeknüpft. Lewald W. 1, 310; Jetzt werden sie, was planlos ist geschehen, | weitsehend, planvoll mir z. etc. Sch. 362a; Alle Umstände sehr richtig zusammengeknüpft [kombiniert]. W. 9, 185; O daß .. Amor .. | mit dem Blumenkranz dich und mich zusammenknüpfte! 34, 26 etc.; Den Leuten die Haare (s. d. 1d) z. u. ä. m.