Faksimile 0963 | Seite 955
Faksimile 0963 | Seite 955
knicken
Knicken, intr. (haben und sein) und tr.:
(s. knacken) den mit „knick“ bez. Laut von sich geben oder hervorbringen; mit diesem Tone zerbrechen intr. (sein) und tr.; nam. auch wobei die Beziehung auf den Ton oft ganz zurücktritt so brechen, daß ein Knick (s. d. 2b) entsteht, z. B. auch von den Füßen des in die Kniee Sinkenden (s. knickeln 2), s. auch nicken, genicken etc.: 1) Das Glas hat geknickt, ein Ton hören lassen, wie er beim Zerspringen gewöhnlich ist, ist geknickt, hat einen Sprung; Eine Blume ist geknickt, ist eingebrochen, so daß des Stengels Theile einen Winkel machen; Eine Blume k., sie so ein-, aber auch ab-k.: Der geknickte Halm ist [jetzt] ganz abgebrochen. Auerbach Gv. 138; Burmeister gB. 2, 203; Der Dulder schritt einher, | ein schwaches Rohr, geknickt von Sturmgewalt. Chamisso 4, 26; Die gelbe Rinde spellt’ er, | hob sie mit vorsicht’gem Holzkeil, | schälte ungeknickt vom Stamm sie. Freiligrath Garb. 93; Das überreife Korn knickte fast unter der Bürde der Ähren. Immermann M. 3, 116; Hier schlug so mörderischer Eisenregen | entgegen ihm, daß seine Reiterschaar, | wie eine Saat, sich k–d niederlegte. HKleist Hint. 36; Durch Windbruch geknickte Stämme. Kinkel E. 8; Henker, kannst du keine Lilie k.? Sch. 5b; Knickt’ es [das Reisig] entzwei und umhäufte das Kesselchen. V. 2, 171; Il. 5, 216; Ihr schönes Haupt hing gleich einer geknickten Rose auf den Busen. W. 27, 8 etc. und übertr. (s. o.): Daß kein deutsches Policeiregiment ihr Selbstgefühl geknickt und ihren Charakter gebrochen hätte. Stahr Weim. 437; Die Hoffnungen des Mannes scheinen grausam geknickt zu sein. Vogt Oc. 2, 234 etc. Auch: Da woll’n wir Alles k. und knacken | und in kleine Stücke zerhacken. Nicolai 1, 176 und: Er hat nur noch ein Ohr in die schon genugsam zerknitterte Karte geknickt. G. Br. 439b etc., 2) Etwas zerdrücken, so daß man den Ton „knick“ hört: Hanfkörner (zer-)k., zerknirschen, zerquetschen; namentl. von Ungeziefer: Und durften sie [die Flöhe] nicht k. | und weg sie jucken nicht. | Wir k. und ersticken | doch gleich, wenn einer sticht. G. 11, 92; Und er knickte und er knackte | Pulices [Flöhe] und Klerisei. Heine Rom. 149 etc. 3) Mit den Füßen k., in die Kniee sinkend, gw. aus Schwäche, vgl. dagegen: knicksen und knappen (6) u. s. knien, Anm. und nicken: Jemand, ein Pferd knickt im Gehn; seine Füße k. (ein), s. knickeln 2 und Knick-Bein und -beinig: Ew. Excellenz stehen so derb auf den Füßen, anstatt daß mein Alter immer mit geknickten Beinen herumschlurft. G. 6, 349. 4) übrtr.: aus Kargheit Etwas abzuzwacken suchen, vgl. abknappen, abkneipen, gew. knickern (s. d. u. Zsstzg.). 5) Einen Hasen etc. k.,ab-k., richtiger ab-genicken (s. d., z. B. Döbel 1, 31b). 6) dazu: Knickung, f., –en: das K. (nam.
1) und das Geknickte, der Knick: Weil der Flachs beim Fortschreiten durch die feiner geriffelten Cylinder mehr Knickungen empfängt. Karmarsch 1, 807.
Zsstzg. s. knickern, ferner z. B.: tr. u. intr. (sein): Áb-: knickend abbrechen: Stuhlbeine wurden abgeknickt. Auerbach D. 1, 29; O, welch ein zart und süß | abgeknickt Reis. Freiligrath Pol. 1, 30; Wenn der letzte Zweig, an dem wir uns halten wollen, abknickt wie ein schwaches Rohr. OMüller Ack. 430; Soviel die Eine vom Gebackenen abknickte, soviel bröckelten die Andern sich zu. IP. 1, 46; 124; Dieser Strahl knickte auch an der Erde ab. 3, 91 (vgl. Strahlenbrechung); Die scharfe Spitze abzuknicken. W.20,70 etc.; auch [5].
An-: ein wenig ein-k.
Āūf-: knickend öffnen: Hanfsamen a.
Eīn-: einen Knickoder Knicke in Etwas machen: Der Hase wird in der Küche eingeknickt, damit er bei Tafel leicht zu zerlegen ist, s. Hasenbrecher; Mit eingeknickten Beinen gehn; Der Hagel hat die Fenster eingeknickt, sie knickend zerschlagen etc.; intr.: Einige Scheiben knickten ein [vom Sturm]. Gutzkow Zaubr. 3,363; Die Füße knicken vor Müdigkeit ein etc.
Hín-: geknickt hinsinken und hinsinken machen.
Nīēder-: s. hin-k.: Die besten Pflanzen knickten Stürme nieder. KlGroth 87; Sauseten 2 bis 3 Brandkugeln herüber und knickten hinter der Schustergasse nieder. König Kl. 3, 289, schlugen mit knickendem Geräusch nieder.
Úm-: knickend umsinken und umsinken machen: Daß ein Wirbelwind die Bäume umknickte. Kohl A. 2, 125 etc.
Ver-: durch Knicken verderben oder zerstören; auch (selten) refl.: Durch Grillen nicht gedrängt, | verknickt sich keine Lust. G. 1, 96.
Zer-: entzwei knicken: Sonst lehnet | deine Liebe auf ein Rohr sich an. | Ach, dies würde bald z. Göckingk (Matthison A. 8, 295); G. 8, 310; Zerknickt wie die Halmen .. nach einem Hagelschlag. Hebel 3, 157; Jene Lilien | von Valois zerknickt ein span’sches Mädchen. Sch. 266a; Thümmel 2, 206; So sinkt, im Sturm zerknickt, | der Lilie welkes Haupt. W. 20, 195; Dreschen .. | so hageldicht, daß zwischen Schlag und Schlag | sich unzerknickt kein Lichtstrahl drängen mag. 61; Ein Siegel .., unzerknicket. 11, 7; Die auffallenden Zerknickungen. Burmeister Gsch. 231 etc.
Zusámmen-: knickend zusammenbrechen und zusammenbrechen machen: Im Fallen habe ich eine junge Eiche zusammengeknickt. Auerbach Gv. 26; Als sei er innerlich zusammengeknickt. vHorn rhD. 2, 273.