Faksimile 0961 | Seite 953
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kneifen
Knēīfen, kniff (kneifte); gekniffen (gekneift), tr.:
1) zwiſchen Etwas, das wie eine Zange klemmend faſſt,
drücken, Nbnf. zu „kneipen“ (ſ. d. u. vgl. zwacken
ꝛc.): Einen mit den Fingern k., braun und blau k., ſeine
Wange, ihm die Wange (Er kneifte ihr die zarten Wangen
ſo ſtark Auerbach Dicht. 1, 115), ihm od. ihn (ſ. Herrig 15,
60) in die Wange k.; Nun kneift er gar die Juno [Hündin]
in den Schwanz. Freiligrath Garb. 152; Kniff mich ins Bein.
Kinkel E. 182; Kohl E. 2, 224; Kniff den Zar ich in die
Waden. Platen Pol. 51; Er kniff ſich in die Haut und fühlte
Nichts. Stilling 4, 131 ꝛc.; Er lachte leis und kniff die Lippe
mit dem Zahn [das Lachen zu verbeißen]. Rückert Roſt.
27a; Kniff ſich ſchnell mit den Zähnen auf die Lippen. Auer-
bach Dicht. 1, 161 u. meton.: Kneifte die Zähne über ein-
ander. 2, 90 ꝛc.; Seine Excellenz . . kniffen eine goldne
Lorgnette ſcharf in die Augenhöhle. Gutzkow R. 1, 316 ꝛc.;
Sie kniff den Rock [zupfend]. L. 7, 62; Aber ſchon zu viel
eine Saite gekniffen, die ich gar nicht berühren wollte. 11,
539, hergenommen vom Spiel der Harfe ꝛc. (vgl. frz.
pinces); Der Rock iſt zu eng, er kneift mich unterm Arm ꝛc.
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2) das Partic. adjekt. (vgl. kniffen und Kniff), zunächſt
wohl vom zuſammengekniffnen Auge, im Ggſtz. des
freien, offnen Blicks, lauernd-ſchlau ꝛc.: Mit einem
eigenthümlich gekniffenen, lauſchenden Blicke ſeines ſcharfen
Auges. Gutzkow R. 4, 43; Character der Schlauen und
Gekniffenen. Zaubr. 2, 204; Gekniffenheit. 3)
Schiff.: Den Wind k., ſ. knapp I. 3. 4) Fechtk.:
(burſch.): in eine Blöße hineinhauen od. zwicken ꝛc.,
ſ. kneipen. 5) mundartl. ſcherzh.: Einen k., Eins
trinken.
Zſſtzg. ſ. die von kneipen, z.B.: Ab-: 1) kneifend
abbrechen, z. B. übertr.: Sprach das Engliſche kurz ab-
gekniffen. Gerſtäcker Flatb. 64. 2): [3], auch: Einem
Schiff den Wind a. od. abgewinnen, durch eine Wendung
auf die Windſeite desſelben kommen, ſo daß dies „die
Luv verliert.“ Aūs-: intr. (ſein): ſich drücken (ſ.
d. 2c) und ſo ſich heimlich davon machen, vgl. aus-
kratzen: Verwünſchte Geſchichte mit dem A. der Hallunken.
Gerſtäcker Bl. W. 18; Brand iſt .. fort und wir glaubten,
auch Sie wären ausgekniffen. Scherr Gr. 2,244, nam.
burſch. auch: er-k. Eīn-: kneifend eindrücken:
Sein Mund ſchien ein Geheimnis einzukneifen. Arnim Kron.
1, 83; Kneift blinzelnd die Lorgnette ein. Prutz Woch. 117;
Selbſt der Mond vor Keuſchheit kniff die Augen ein. 125;
Runzlicht eingekniffen | das Geſicht. Schlegel Span. 2, 61.
Er-: durch Kneifen erlangen: Ich könnte zuſammen-
raffen, erſparen, e. Tieck 3, 462, vergl. erſcharren.
Ex-: ausk. Ver-: 1) [1; 2]: durch Zuſammen-
K. verſtecken, verzwicken: Der Burſche mit einem etwas
verkniffenen Antlitz. Auerbach Leb. 2, 67; Mit Rührung
v–dem Gebärdenſpiel. Goltz 3, 334; Mundt Rob. 2, 250
ꝛc.; Um ſeinem verkniffenen Augenblinzeln nicht ausgeſetzt zu
ſein. Schücking Gſ. Erz. 3, 69; auch: Die Frage, an ſich
ſchon äußerſt ſubtil, wird durch ein höchſt kniffliches [ſ. d. 2]
Wort „Berückſichtigung“ noch verkniffener. Volksz. 8, 33,
verzwickt, ſchwer zu behandeln od. zu löſen. 2)
ref. = „ſich ſchneiden“, d. h. ſich irren: Sie verkniff
ſich, denn ſie meinte, er ſollte ſelber von dem Dinge zu reden
anfangen. Kinkel E. 85. Zer-: entzwei kneifen.
Zū-: Die Augen z., kneifend zudrücken. Immermann M.
3, 300; Lewald Ferd. 2, 189; Stahr Par. 2, 104 ꝛc.
Zuſámmen-: Die Augen z., Gutzkow R. 1, 25; 4, 238;
5, 317; Die bebuſchten Augenbrauen z–d. 4, 355; Die
zuſammengekniffenen feinen Mundwinkel. 1, 228; Dem Karg-
heit nicht die Hand zuſammenkneift. Rückert Mak. 2, 161 ꝛc.